Samstag, 30. Dezember 2017

Weise Worte

Der Silvestereinkauf hat nicht nur schlechte Seiten. Die Vorzüge mögen auf den ersten Blick nicht zu sehen sein, wenn das Getümmel groß ist und Hamsterkäufe getätigt werden, als ob der dritte Weltkrieg bevorstünde. Doch ich sage: selten hat man so viel Gelegenheit, den Konversationen seiner Mitmenschen zu lauschen wie an Präfeiertagen. So wie das junge Paar hinter mir in der Spitalerstraße (denn natürlich war ich es, die die etwas knappe Hose des Sohnes umtauschte):
Er: „Boah, ist das warm! Gestern war es voll kalt und heute ist es so warm.“
Sie: „Stimmt.“
Er: „Das ist voll sinnlos, dass es heute so warm ist. Das Wetter ist so sinnlos.“
Mir fehlte in diesem Zusammenhang noch die Vokabel „unnötig“, aber ansonsten hätte ich es nicht schöner sagen können.

Freitag, 29. Dezember 2017

Starten aus der Pole-Position

Ein Tag hat Luft nach oben, wenn er damit beginnt, dass man nach dem (frühen) Aufstehen beide Kinderzimmer unerwartet leer vorfindet. Er bleibt auch medioker, wenn ein gründliches Durchforsten nichts ergibt. Er wird nicht besser, wenn beide Mobiltelefone keinen Pieps außer „Der Teilnehmer ist zur Zeit nicht erreichbar“ - das weiß ich selbst! - von sich geben. Er wird erst dann wieder brauchbar, wenn vom Sohn (!) die knappe Nachricht kommt, sie seien in der Nachbarwohnung.

Donnerstag, 28. Dezember 2017

Dreifaltigkeit

Es ist der kalte Entzug. Nicht etwa, weil ich nun morgens wieder früh aufstehen muss. Irgendwann musste es mal vorbei sein, das unpreußische Bettengelümmel. Nein, es sind drei andere Dinge, auf die ich nun verzichten muss:
1. Fast zwei Wochen lang bekam ich nicht nur Frühstück, es wurde mir auch zubereitet. Vorbei die goldenen Zeiten.
2. Das eine oder andere Glas Wein, das ich zum Glück noch nicht am Morgen vermisse, das zum Abend hin jedoch recht willkommen wäre.
3. Die ersten beiden Punkte wären für einen lebensgestählten Menschen wie mich ohne Probleme zu verschmerzen, wäre da nicht noch folgender: Wo ist das allabendliche Kniffelspiel? Mein Leben ist plötzlich plan- und sinnlos geworden.

Dienstag, 26. Dezember 2017

Na, bitte!

Es begab sich zu der Zeit, dass ich aus Gründen am Vorabend Heiligabends zu Saturn musste. War klar, dass es mich nach zwei Wochen Aussteigen aus der Vorweihnachtszeit irgendwann einholen würde. Nie habe ich in einem Elektronikfachgeschäft so viel Personal angetroffen wie an diesem 23. Dezember. Nie war mir bisher bewusst, dass die meisten Verkäufer wie Fußballtrainer ausstaffiert sind. Statt „Fackelmann“ oder „Würth“ stehen jedoch bei Saturn „Philips“ oder „Kitchen Aid“ auf den Krägen der Fachkräfte. Anders als sonst sucht man nicht händeringend nach dem Experten, sondern wird aktiv angesprochen: „Kennen Sie Airfry?“ Obwohl eigentlich auf der Suche nach anderem Technikkram blieb ich fasziniert bei den Saugrobotern stehen. Der Duktus des dortigen Verkäufers ließ mich an Robert Gernhardt denken („Wenn Sie nicht nur eine Waschmaschine haben möchten sondern einen Waschfreund...“). Während ich gebannt die Putzmaschinen bestaunte, konnte ich dennoch mit einem Ohr den spannenden Geschichten des Braun-Verkäufers (zusätzlich zum bestickten Kragen trug dieser noch eine neckische rot-weiß gemusterte Barkeeperweste) lauschen: „Und dann wollte sich Lars gestern Abend noch die restliche Bolognese warm machen. In die Maschine brachte er nicht den Rühraufsatz sondern das Messer an - und dann klebte die ganze Soße püriert am Schüsselrand.“ Spannende Geschichten aus dem Alltag eines gleichgeschlechtlichen Paares. Währenddessen blökte der Philips-Mann mindestens fünf Frauen - vornehmlich mit türkischem Migrationshintergrund - an: „Kennen Sie Airfry?“. Ich hatte den Eindruck, seinen Zielpersonen könnte nichts egaler sein als fettfreies Fritieren. Aber vielleicht täusche ich mich. Den krönenden Abschluss fand mein Saturn-Besuch an der Kasse, als die dortige Fachkraft zu mir meinte: „Selbst schuld, wer heute einkauft.“

Sonntag, 24. Dezember 2017

La mer

Es fehlt mir. Das weiß ich schon nach einem Tag zurück im hanseatischen Bleigrau. Es führt dazu, das eigene Lebensmodell zu überdenken: von einem ganzen Jahr etwa drei Wochen am Meer zu verbringen, scheint mir die falsche Ratio.

Immerhin bietet die Rückreise die Möglichkeit, an allerlei Konversationen Anteil zu nehmen, von denen man im ersten Moment überrascht ist, dass sie auf deutsch geführt werden. Da waren am Flughafen zum einen die deutschen Studentinnen (warum alle weiblich? Bietet die Universität Valencia vor allem klassische Frauenstudiengänge?), zumeist blond, die alle Vorurteile über die Korrelation zwischen ebendieser Haarfarbe und dem Denkvermögen bestätigten. Ich weiß nicht einmal, ob das weitere Vorurteil „NRW-Abitur“ ausreichend Erklärung böte. Zum anderen gab es die genauso tendenzblonden, wenn auch unterdessen ergrauten Fred und Bärbel. Zu Anfang ließ er sich darüber aus, dass die für die Feiertage geheuerten spanischen Hilfskräfte den armen daheim gelassenen Hund (ein deutscher Schäferhund? Gesichert ist lediglich der Name: Luna) bestimmt nicht fachgerecht füttern werden. Bärbel zerstreute die Sorge ihres Partners nicht etwa, sondern setzte noch einen drauf. Wenn er sich derartig abhängig mache, müsse sie sich überlegen, ob sie ihn in Zukunft noch mit auf ihre Reisen nehme. Einmal mehr freute ich mich über die vorangegangene Sicherheitskontrolle. So würde er seine Frau nicht erschießen können. Erwürgen hätte zu viel Aktion erfordert. Nein, Fred blieb ruhig (was mir selbst zusehends schwerer fiel). Erst erkundigte er sich, ob Bärbel die Musik in Peters Auto (der sie zum Flughafen brachte) genauso wenig gefallen habe wie ihm („RockFM“). Sie erwiderte ganz neckisch, sie sei versucht gewesen, Peter zu sagen, er habe ja ein schönes neues Auto, aber das Radio darin sei Mist. Die Furcht vor dem Rauswurf auf halber Strecke hielt sie wahrscheinlich von der Äußerung ab. Anschließend fragte Fred, ob sie den Flughafen auch so überheizt finde (Schnuckis, das hat nichts mit Heizung zu tun, man nennt es Sonne!). Sie, offenbar nie um eine Replik verlegen: „Deswegen hatte ich dir das kurzärmelige Hemd herausgelegt!“ Er, leicht bockig: „Ich wollte heute aber etwas Blaues anziehen!“ Selten wurde die Redewendung „Wer schön sein will, muss leiden“ besser szenisch performt als von diesem deutschen Rentnerpaar flying home for Christmas. Ein weiterer Bonus: anders als ein Großteil der Studentinnen blieben uns Fred und Bärbel bis ans Hamburger Gepäckband erhalten. Zumindest ist ihnen anzurechnen, dass sie beim Warten auf Koffer und Taschen, als zwei besitzerlose Koffer in der Dauerschleife an uns vorbeizogen, über meinen Flachwitz lachten, neues Gepäck gebe es erst, wenn das alte aufgebraucht sei.

Mittwoch, 20. Dezember 2017

Wie sagt man?

Noch immer suche ich nach dem passenden Adjektiv. In „verstörend“ habe ich wohl das nächstbeste gefunden. Denn es ist in der Tat irritierend, dass in sehr wenigen Tagen Heiligabend sein soll. Zwar klagen wir hier halbherzig über das nur noch mittelgute Wetter. Doch dieses hindert mich nicht daran, beim Strandspaziergang etwa knietief durchs Wasser zu waten. Unter den verstörten Blicken der wenigen Passanten, die sich - wie es sich gehört - mit Mütze, Daunenjacken und Handschuhen gerüstet haben. Mit etwa 18° ist das Meer hier so warm wie die Ostsee bestenfalls im August wird. Aber zugegeben: für die Hiesigen ist es etwa zehn Grad kälter als im Sommer.
Auch hier wird es langsam ernst. Die Weihnachtseinkäufe werden drängender. Neben Geschenken werden ganze Schinken, Schokolade und viel Gebäck aus den Läden getragen. Das Verstörendste scheint mir, dass es wohl eine Tradition gibt, zu den Feiertagen Ferkel zu essen. Diese befinden sich in großer Zahl tiefgefroren und in durchsichtiger Folie vakuumverpackt in eigens für sie vorgesehenen, offenen Tiefkühltruhen. Man hätte das ihnen eigene verträumte Grinsen vielleicht ignorieren können. Wäre da nicht das neue System der einzelnen Schlange im hiesigen Supermarkt - sicherlich ein Produkt der Weltraumforschung -, das dafür sorgte, Einkäufer direkt hinter uns an Kasse 9 zu platzieren, die nacheinander vier aus ihrer Folie grinsenden, aber verdammt toten Ferkel aufs Kassenband legten. Manchmal fühle ich mich meinen vegetarisch/veganen Kindern sehr nah. Auch wenn uns gerade viele Kilometer trennen.

Montag, 18. Dezember 2017

Smells like Urlaub

Im Nasswerden haben wir hier Erfahrung. Neu ist allerdings, dass nicht der blanke Hans für nasse Körper sorgt. Genau genommen ist es diesmal unsere Unfähigkeit, unbeschadet Weinflaschen zu öffnen. Während mir der Sektkorken mit Bande (Wohnzimmerdecke) auf den Kopf knallte, und sich das gute Getränk auf meine Chemisette ergoss, hatte die Reisebegleitung einfach nur Pech mit dem Korkenzieher und dem Rotwein. Egal. Die Waschmaschine kümmert sich um jedwede Flüssigkeit auf Kleidung.

Freitag, 15. Dezember 2017

Halbzeit

Leider bin ich verschnupft. Mehr als im buchstäblichen Sinne alllerdings im metaphorischen. Es gab bisher noch keinen Tag, an dem von morgens bis abends die Sonne schien. So hatten wir nicht gewettet, Spanien! Aber was noch viel schwerwiegender ist: die traditionell hier beheimateten Radfahrer-Jungs der AG2R LA MONDIALE haben bereits ihr Trainingslager im ersten Hotel am Platz beendet. Diesen Verlust könnte man vielleicht verschmerzen. Doch wenn wegen deren Abreise das „Espa“ des Hotels auch für alle anderen schließt, darf man als vorweihnachtlicher Stammkunde verschnupft sein. Dann lassen wir das Geld eben im Nivea-Haus in Hamburg. So.

Mittwoch, 13. Dezember 2017

Erste Welt

Heute war also der erste Morgen hier, an dem ich von blauem Himmel geweckt wurde. Jetzt fühlt es sich wirklich wie Urlaub an. Auch wenn die Hiesigen klagen, es sei so kalt geworden. Ich teile diesen Unmut bei 16 Grad nicht unbedingt. Finde eher, dass meine offenen Schuhe nicht so recht zur Eisbahn auf der Plaza del Prado passen wollen. Irgendwie vergesse ich in diesem Umfeld, dass es nur noch etwa anderthalb Wochen bis Weihnachten sind. Insgesamt scheint mein Denken abgeschaltet. Wenn meine vordringlichste Sorge die um meine Hautalterung (Sonneneinfluss!) ist, kann ich derzeit  wohl keine echten Probleme haben.

Montag, 11. Dezember 2017

Dahinten wird's heller

Auf meinen Timelines finden sich zahlreiche Winterwonderland-, Schneemann-, Schneeball- und Glühweinbilder. Da mir der Fernseher beständig verrät, er habe kein Signal, sind Facebook und Instagram neben der letzten Pronto-Ausgabe (180 Seiten 1€ und dazu auch noch eine handbemalte Krippenfigur!) meine derzeitigen Informationsmedien. Ersteren entnehme ich, dass in Deutschland der Winter ausgebrochen ist. Da habe ich mich wohl gerade rechtzeitig abgesetzt. Den hier Ansässigen kommen die etwa 16 Grad allerdings auch sibirisch vor. Heute habe ich einen Passanten mit einer russischen Armee-Fellmütze gesehen - ich schwör'. Weil es so empfindlich kalt ist und ich es mir mit den Einheimischen nicht verscherzen möchte, habe ich darauf verzichtet, mit den Füßen durchs Wasser zu waten. Deswegen habe ich den Strandspaziergang mit Schuhen im Sand einsinkend durchgezogen. Ich kann mich morgen auf Muskelkater gefasst machen. Was ich nach wie vor nicht kann: Selfies.
  

Samstag, 9. Dezember 2017

Achtung, Cariños!

Die Verrückte ist zurück. Die, die mit hochkrempelten Hosen am Strand spazieren geht, während die Einheimischen Handschuhe und Daunenjacken tragen. Was beide Seiten wohl bei mittleren zweistelligen Plustemperaturen für geboten halten. Die, die im Dezember mit ihren unglaublich bleichen Beinen den Möwen und Hunden den Platz am Ufer des Mittelmeers streitig macht. Die es trotz hochgekrempelter Hosen nicht schafft, den Strand halbwegs trocken zu verlassen. Von sandfrei wollen wir gar nicht sprechen. Die, die bei Tageslicht betrachtet keinerlei Fähigkeiten im Fußnagellackieren mit sich bringt. Die, die beim Bäcker Papiertüten bestellt - angeblich um daraus Weihnachtssterne zu basteln. Die verrückte Deutsche, die abends alleine Essen geht; man stelle sich das vor. Sie ist wieder da.
Allein, ein Gutes hat sie: sie nimmt dem alten Paar aus Toledo - einer Stadt, von der schließlich jeder weiß, dass dort nur dumme und eitle Menschen herkommen - oft und gerne den Parkplatz weg, von dem sie irrigerweise glauben, sie haben auf ihn einen Anspruch.

Donnerstag, 7. Dezember 2017

Wir haben es ja!

Ein Vorteil, in einem großen Unternehmen beschäftigt zu sein, besteht darin, direkt bei der Arbeit einen Geldautomat zu haben. Dies wird umso wichtiger, je unwirtlicher die Jahreszeit wird. Gestern begab es sich also, dass ich trockenen Fußes Geld holen wollte und konnte. Um das Gerät waren kreisförmig mehrere Zettel angebracht, man solle daran denken, das Geld zu entnehmen. Wenn nicht, schalte sich der Automat ab. Gerade dachte ich noch: „Wer ist so blöd, das Geld nicht mitzunehmen?“ - eine eher rhetorisch gedachte Frage -, als ich diverse Scheine meines Vorgängers in der Maschine fand. Es steht zu vermuten, dass ich nicht nur karmaneutral aus der Sache herauskomme, denn ich steckte das Geld nicht in die eigene Tasche, sondern gab es am Empfang ab. Ich maikäferte herum, bis mir der erfahrene Herr am Empfang sagte: „Das kommt andauernd vor. Aber nicht alle geben das Geld ab.“
Wie erwartet war die Reaktion auf meine Begebenheit zu Hause nicht ganz so wohlwollend. Der Sohn fand, es wäre ein schöner Beitrag zu seinem Taschengeld gewesen. Mit 17 hat man einfach noch nicht sein Karma und das große Ganze im Blick.

Mittwoch, 6. Dezember 2017

Nikolaus

Die Kollegin betrieb gestern wahrscheinlich Erwartungsmanagement, als sie den Praktikant darauf hinwies, er solle bei uns nicht zu große Hoffnungen auf den Nikolaus und dessen Gaben setzen. Daraufhin fing er an, von früher zu erzählen (dürfen das Anfangzwanzigjährige überhaupt?): seine Oma sei sehr katholisch gewesen. Sie habe Namenstage immer für wichtiger als Geburtstage gehalten und entsprechend üppiger seien die Geschenke zu ersterem ausgefallen. Ich fragte mich ernsthaft, warum er diesen Schwank aus seiner Kindheit erzählte. Bis auch mir der Bezug dämmerte: er heißt Niklas. Wenn die Kollegin auch immer Jonas zu ihm sagt...
Doch der Tag bringt nicht nur Erkenntnisgewinn. Die Aussicht auf den bärtigen Klaus brachte auch die Tochter am Vorabend nach Hause. Manchmal scheint das Heim doch mehr als der Freund zu können. Und wenn es nur Traditionen und Brauchtum sind. Artig bedankte sich die Brut für ihre Geschenke. Ich leite es weiter.
Das Beste des Tages jedoch: der Praktikant durfte anlässlich seines Namenstages eine Maus in unserem Büro entdecken. Eben doch reichlich beschenkt. Mein zusätzliches Präsent war die Aussage des Office Service, der Schädlingsbekämpfer komme vorbei. So war für jeden etwas dabei.

Sie nennen es Urlaub

Ein Urlaubstag zuhause hat seinen Charme. Man kann am Sonntagabend mit dem Sohn vor dem Fernseher versacken, ohne Reue viele Serienfolgen sehen und dabei asiatisches Essen verhaften, das man sich ins Wohnzimmer bestellt hat.
Man kann am Montag außerdem erste Weihnachtsgeschenke besorgen und sich fragen, warum die Stadt bereits mittags gesteckt voll ist. Außerdem kann man vorsätzlich und unfreiwillig Miteltern treffen. Und Nikolaus-Schnickedöns besorgen.
Man nervt die Kinder durch übertriebene Anwesenheit auch nur ein ganz kleines Bisschen.

Sonntag, 3. Dezember 2017

Bei aller Liebe

Die Kinder werden wohl vernünftig und erwachsen, wenn sie beginnen, sich über die an unserer Wohnung vorbei marodierenden Schüler zu beklagen. Dass sie zu laut und zu unerzogen seien. Dass der Lärm an Wochentagen schon schlimm genug sei, aber auch noch an einem Sonnabend! Es schloss sich eine Debatte darüber an, dass besagte Schule die Zeit von 11 bis 13 Uhr nicht ernsthaft als "Info-Tag" bezeichnen könne. Info-Stunden wären wohl gegangen, allerdings von der Brut auch nicht sonderlich goutiert worden (siehe oben). Die Tochter kam auf ihren Ausgangspunkt zurück. Es gehe gar nicht, dass Schüler Justin rufe: "Halt die Fresse, Janina! Halt die Fresse, Cassandra!" Da, finde ich allerdings auch, hört der Spaß auf. Er hätte schließlich sagen können: "Haltet die Fresse, Janina und Cassandra!"

Freitag, 1. Dezember 2017

Schönes Ding

Meine Planung geht auf. Kaum dass sich der erste Dezember ankündigt, taucht die Tochter wieder einmal auf - und übernachtet sogar bei uns. Beinahe hätte ich ihre Anwesenheit nur an ihren Schuhen, der geschlossenen Zimmertür und der Benutzung meines Deos bemerkt, aber selbst das wäre doch ein schöner Anfang gewesen. Und überhaupt: was kann die Tochter dafür, dass ich nächtens als letztes nach Hause komme und morgens als Erste wieder gehe? Was muss ich mich auch so lange auf dem Adventsbasar des Arbeitgebers herumtreiben?
Aber das Beste kommt noch: ich habe von den Kindern auch einen Adventskalender bekommen! Ein Cars 3-Modell, Palm Oil Free and 1 Figurine Guaranteed. Und zusätzlich noch einen Beutel After Eight-Weihnachtskugeln. Mehr geht nicht.

Donnerstag, 30. November 2017

48 von 48

Am 29. November um 21:35 Uhr war es so weit, der Adventskalender war fertig. So früh war ich noch nie dran. Was furchtbar nach Streberin klingt, war in Wahrheit nur Vernunft. Schließlich habe ich am letzten Novemberabend anderweitige Verpflichtungen. Dass mir die letzten zu installierenden Beutel ständig herunterfielen, führte leider zu wenig vorweihnachtlicher Sprache meinerseits. Streichen wir aus dem Protokoll. Jetzt freue ich mich, dass es vielleicht der Adventskalender schafft, die Tochter das eine oder andere Mal nach Hause zu locken. Schließlich gefiel ihr mein Bild des unvollendeten auf Instagram. Ich rate auch zur rechtzeitigen Präsenz, denn der Sohn hat postuliert, ihre Beutel mit veganem Inhalt zu reklamieren, wenn sie von ihr nicht binnen einer von ihm festgelegten Zeit geöffnet werden. Ob Concealer vegan ist?




Dienstag, 28. November 2017

19 von 48

Im Moment verdinge ich mich hauptsächlich als Managerin des Sohnes. Alle Mütter werden jetzt vermutlich fragen: „Where‘s the news? Das macht man doch spätestens mit Schuleintritt ohnehin täglich.“ Stimmt. Aber zusätzlich manage ich noch seine Jobs. Zum Glück sind sie so sporadisch, dass ich nicht den eigenen kündigen muss. Doch der Koordinationsaufwand ist so hoch, dass ich überlege, meinen Provisionsanteil zu erhöhen. Aktuell liegt er bei 0%. Wenn ich es genau überlege, bekomme ich doch bereits einen nicht unerheblichen Anteil - wenn auch in Form von herumliegenden Münzen. Das traurige Ende eines Zwanzigeuroscheins.
Und überhaupt sollte es für mich Lohn genug sein, wenn ich von seiner Arbeitgeberin eine Nachricht mit folgendem Inhalt bekomme: „also: der ist ja bezaubernd!“ Da schlägt das Mutterherz noch höher als das der Managerin. Ich sollte wohl die Münzen wieder abliefern.
In der ganzen Aufregung darf allerdings nicht vergessen werden: der Advent nähert sich in Riesenschritten. Netto blieben mir gestern noch zwei Abende für die Fertigstellung des Adventskalenders. Der bestand bisher lediglich aus einem Themenhaufen, neben denen für den Adventskranz und die Weihnachtskarten. Mit Stolz kann ich das Ergebnis des gestrigen Abends verkünden: fast die Hälfte der Beutel hängen und der Rest ist schon gefüllt und vorbereitet. Allein das Projekt „Früh ins Bett“ verschiebt sich auf unbestimmte Zeit.

Montag, 27. November 2017

Driving Home for Thanksgiving

Wenn man ein Wochenende Ende November hauptsächlich autofahrend und essend verbringt, scheint sich die Monotonie der  Autobahn auch auf die Hirntätigkeit zu übertragen. „Mental besenrein“ beschreibt den Zustand am besten - wie es der große Frank Schulz so treffend formuliert. Es mangelt mir an Inspiration.
Immerhin ein Phänomen wird nach zweimal vier Stunden Autobahn nachvollziehbarer: dass so viele Deutsche AfD wählen. Sie sind einfach doof. Das zeigt sich, wenn sie in krasser Selbstüberschätzung und in bester Herrenmenschenmentalität (Deutsches Auto!) bei novembrigen Lichtverhältnissen mit 200 Sachen links drängeln, rechts überholen und dabei noch am Telefon hängen. Wahrscheinlich wählen genau diese Erbsenhirne auch AfD. Der Prozentsatz kommt meiner Extrapolation nach ganz gut hin.
Ach, übrigens: ich wäre jetzt bereit fürs Wochenende.

Samstag, 25. November 2017

Kleine Freuden

Stand gestern sieht die aktuelle Bedürfnispyramide des Sohnes folgendermaßen aus: ganz oben steht ein Smoking, dann folgen Schuhe und unten sind Rasierschaum, Deo und Shampoo zu finden. Diese Reihenfolge kommt wohl dadurch zustande, dass er den gestrigen Nachmittag damit verbrachte, auf seinem Laptop alte James Bond-Filme zu sehen. Danach meinte er, er brauche unbedingt einen Smoking. Überhaupt besitze er kein einziges Stück, das smokingkompatibel sei. Ein unmenschliches Schicksal für einen Siebzehnjährigen. Den Schuhnotstand finde ich nachvollziehbar. Hat er doch tatsächlich kaum einen Schuh, der nicht löchrig ist. In Sachen Hygieneartikel bin ich nicht vollständig überzeugt. Der schnelle Verbrauch meiner entsprechenden Produkte erklärt sich nicht gänzlich durch Eigenbedarf. Aber wer will schon wieder kleinlich sein?
James Bond jedenfalls ist aktuell der Größte. Sean Connery hier, Sean Connery da. In meinem Neid über so viel Begeisterung erwähnte ich beiläufig, Connery bedeute in französischer Aussprache „Blödsinn“. Dies wurde als miese Verschwörungstheorie abgetan. Einzige Zugeständnisse des Sohnes: das Idol rauche in den Filmen übertrieben viel, und sein Verhalten Frauen gegenüber sei schon etwas „Borderline-rapey“. Für mich wäre das ausreichend, einen Schauspieler oder zumindest seine Rolle unsympathisch zu finden. Aber wahrscheinlich bin ich kleingeistig. Wieder einmal. Zum Glück scheint man mir meine Defizite nicht auf den ersten Blick anzusehen, denn auf dem U-Bahnsteig wies mich heute die Klassenlehrerin einer ebendort auf die Bahn wartenden, etwa fünften Klasse vorauseilend darauf hin: „Wir fahren nicht weit, aber steigen Sie lieber woanders ein!“ Manchmal läuft‘s.

Mittwoch, 22. November 2017

Kernkompetenzen

Der Sohn und ich unterhielten uns darüber, wie es wohl sein wird, wenn der Bundespräsident auf seinen alten Genossen Martin Schulz trifft, um ihn eventuell doch von einer großen Koalition zu überzeugen. Ich stellte mir vor, dass Frank-Walter den SPD-Chef mit "Martin, alte Dreckhecke!" begrüßt. Der Sohn fand das nicht authentisch, denn niemand außer mir sage Dreckhecke. Und by the way auch nicht Braunkack. In dem Punkt weiß ich, dass er unrecht hat; sagen doch bekanntlich alle Sch'tis ständig dieses Wort. Doch zurück zum Thema. Als präsidiale Begrüßung vermutete er eher die Vokabel "Pimmelnase". Das wird dann wohl so sein, denn in Sachen Politikersprechweise kennt sich der Sohn zwangsläufig viel besser aus als ich.  

Wie jetzt?

Jeden Morgen wache ich auf und denke, dieses oder jenes werde ich gleich erledigen, wenn ich abends nach Hause komme. Auf wundersame Weise befällt mich dann während der Arbeit eine partielle Demenz. Das Einzige, an das ich ich am Abend erinnere, ist das Sofa, das nach mir ruft. Manchmal auch das Fernsehprogramm oder ein Glas Wein. Aber sicher nicht der zu wischende Küchenboden, die zu lackierenden Nägel oder die Vorhänge im Schlafzimmer. Umso überraschender, dass mich nicht die gleich Demenz bin, wenn es um die Arbeit geht. Hier nehme ich gerne auch Jobs mit in die Nacht.
Sollte Vattenfall doch nicht recht haben?

Montag, 20. November 2017

Es ist soweit

Beim Aufwachen dachte ich heute früh: „Jetzt ist schon Ende November!“ Zum Tee habe ich dann eine Kerze angezündet. Man muss das Beste aus der Saison machen. Sollte mich allerdings jemand fragen, wie viele Weihnachtsgeschenke ich bis jetzt schon besorgt habe, wird es um meinen Versuch einer positiven Grundeinstellung geschehen sein. Ich habe noch kein einziges. Allein im Fall des Sohnes kann ich sagen: „Und das ist auch gut so.“ Hier empfiehlt es sich, Geschenke à point zu besorgen. Im Hinblick auf Geschenkwünsche bewegt er sich auf dem Stand eines Dreijährigen. An der Börse hieße es, seine Wünsche seien sehr volatil. Es gibt aber noch mehr zu Beschenkende. Man sagt mir zuweilen, ich habe eine Tochter.
Genau genommen geht dieser November nicht als Depressions- sondern fast als Wonnemonat durch. Naja, zumindest als Schauspielhausmonat. Erst Max Goldt, dann die Premiere vom goldenen Handschuh, und beides gleichermaßen großartig - wenn auch sehr unterschiedlich. Wobei letzteres auch noch dadurch bestach, dass es sich wie ein Klassentreffen anfühlte, da sich anscheinend unser gesamtes beschauliches Dorf (sowie Partnerstadt Borken) zur Premiere eingefunden hatte.
Wenn es noch Karten gibt: seht euch das Stück an! Die Braunis können auch Ernstes, die Stimmung - wenn auch oftmals sehr abstoßend - ist hervorragend herübergebracht, das Bühnenbild toll - und Charly Hübner ohnehin eine Weltmacht.
Dass sich der November mit seiner ewigen Dunkelheit so hervorragend als Kulisse drumherum eignet, mag in die Planung eingeflossen sein, macht es aber für den Einzelnen nicht leichter. Und so landeten wir am Ende trotz abschreckender Beispiele doch beim Alkohol. Immerhin war es Wein und kein Schnaps oder "Bierchen!".

Freitag, 17. November 2017

Des einen Freud

Meine gute Erziehung verbietet es mir, mich allzu lautstark über den Zugang zur Premiere des Theaterstücks „Der goldene Handschuh“ zu freuen. Denn eigentlich darf ich nur mit, weil ein junger Mann seine Verabredungen am Samstag nicht so richtig auf die Reihe bekommen hat. Am Ende können Smartphones vielleicht doch nicht alle Jobs übernehmen.
Hatte ich erwähnt, dass ich mich sehr über den Besuch der Uraufführung am Samstag freue?

Donnerstag, 16. November 2017

Alle Jahre wieder

Seit einigen Tagen schlafe ich nun im Wohnzimmer auf dem Sofa. In meinem Schlafzimmer regierte der Schimmel. Dies ist nicht allzu überraschend, denn eigentlich ist es ungefähr einmal im Jahr so weit. Der Zeitpunkt jedoch ist verwunderlich. Normalerweise befallen die Sporen das Zimmer erst nach dem Winter. Das sagt wahrscheinlich viel über den Sommer 2017. Nach Hochdruckreinigung (zumindest im übertragenen Sinne) muss ich nun noch die Ergebnisse des Schimmel-Heimtests abwarten, ehe ich wieder in mein angestammtes Reich zurück kann. Besser ist das. So lange baue ich eben mein Bett jeden Abend auf und morgens wieder ab. Nicht weiter beklagenswert. Die Besonderheit daran ist, dass bei der Metamorphose des Bettes zum Sofa - kurioserweise nicht schon vorher beim Aufbau - jeden Morgen diverse Münzen aus dem Möbel herausfallen. Der Sohn verliert sie nach seinen Einkäufen aus seinen Taschen. Ich sammele sie ein und deute sie als Entschädigung für meine Unannehmlichkeiten. Seit Montag jedoch scheint diese Einnahmequelle versiegt. Seitdem finde ich meine Lage beschwerlich.
Ich glaube, ich sollte für Taschengeldnachschub sorgen.

Mittwoch, 15. November 2017

Schon wieder?

Spätestens im Oktober eicht sich mein Auge auf Gadgets, die in EDEKA-Butterbrotbeutel passen. Schließlich gilt es 48 (in Worten: achtundvierzig) solcher zu befüllen. Zusätzlich erschwert wird die Aufgabe dieses Jahr durch die Restriktion, dass 24 Tüten vegan beschickt werden müssen. Als ob das nicht genug sei, wünscht der Sohn aktuell nur „Gesundes“, also Ballaststoffhaltiges, Nicht-Zuckerhaltiges und Salzarmes. Darüber sehe ich jedoch großzügig hinweg, finde ich doch das Bemühen der Brut nach gesunder Ernährung ein wenig widersprüchlich zu ihrer beider Zigarettenkonsum. Aber wahrscheinlich sehe ich wieder einmal das große Ganze nicht.
Vielleicht mache ich es mir ohnehin unnötig schwer. Extrapoliert man die aktuelle Anwesenheit der Tochter auf 24 Dezembertage, müsste ich höchstens vier Beutel füllen und aufhängen. Stelle ich mir hübsch vor: erst kommt die Papiertüte, die mit ‚1’ beschriftet ist, dann die mit ‚2 - 8‘ und so weiter. In diesem Fall hätte ich wohl alles zusammen. Schließlich haben mir die Kolleginnen schon sehr geholfen und einiges Kleinteiliges gestiftet.
Blieben also nur noch die Beutelinhalte für den Sohn. Hier beschäftigt mich eine Frage von höchster ethischer Tragweite: darf man als verantwortungsvolle Mutter Feuerzeuge mit Mopsbildern („Süß!") in Papiertüten füllen? Mein geringeres Problem ist dabei die Feuergefahr. Mein größerer Zwiespalt: Einerseits will ich nicht zum Rauchen animieren. Andererseits wären die hübschen Objekte auch für mich eine willkommene Abwechslung zu den Knäckebrotstückchen der sonstigen Beutel. 
Niemand hat gesagt, es sei leicht Mutter zu sein.

Sonntag, 12. November 2017

Ach so!

Gestern Abend verabschiedete sich der Sohn relativ früh in Richtung Bett. Ich war nicht wirklich überrascht, als er später in voller Montur noch einmal auftauchte. Als kleingeistige Mutter konnte ich dennoch nicht umhin, ihn darauf anzusprechen. Er meinte, ich solle nicht so viel darauf geben, „was junge Leute sagen“. „Das machen die Hormone.“ Wenn das so ist, muss ich die Statements zu Auslandsaufenthalten, Karrierefeldern und Schulvorbereitung wohl auch nicht zu ernst nehmen. Ich bin nicht entschieden, ob es mich beruhigt oder verunsichert.

Samstag, 11. November 2017

Freitag, Samstag oder irgendein anderer blöder Wochentag

Wenn du dich beim Schlafengehen freust, dass du morgens eine Kanne Tee trinken wirst, weißt du spätestens, dass die blöde Jahreszeit angebrochen ist.
Wenn das größte Highlight des Wochenendes ist, dass du ausnahmsweise nicht im Dunklen aufstehen musst, erfährst du weitere Bestätigung deiner Annahme.
Wenn sich hinter allen Bildern und Vorhängen deines Schlafzimmers Schimmel gebildet hat, weißt du, die Heizperiode hat begonnen.
Wenn selbst der Sohn nicht mehr in T-Shirt und Adilette vor die Tür geht, weißt du: jetzt ist wirklich Herbst.
Wenn die Weihnachtstasse kein ironisches Statement mehr ist, steht zu befürchten, das Jahresende naht.
Wenn nicht einmal mehr der dauernde Kontakt mit bewusstseinserweiternden Drogen der vorbeimarodierenden Abendschüler innere Zufriedenheit bereitet, muss wohl unterdessen der zähere Part der dunklen Jahreszeit angesagt sein.
Wenn nur noch die Lektüre des neuen Max Goldt-Buchs oder der Konsum von Alkohol oder gar beides dir ein kleines Glücksgefühl zu verschaffen vermag, braucht es schon alle preußische Disziplin, um die saisonale Depression in ihre Schranken zu weisen.
Hatte ich erwähnt, dass es meinetwegen keinen November geben muss?

P.S.: Du weißt, du hattest ein Gläschen zu viel, wenn du den Post zwar schreibst, aber nicht hochlädst.

Donnerstag, 9. November 2017

Neid

Wahrscheinlich geht es mit der eigenen Attraktivität doch bergab, wenn ausschließlich der Praktikant einen hübschen Kaffee zubereitet bekommt.
Vielleicht wird von den Tresenkräften auch nur angenommen, dass man in fortgeschrittenem Alter nicht mehr allzu viel Sinn für Verspieltes wie Bären im Kaffee hat. In meinem Fall: eindeutig falsch angenommen!
Ich tröste mich damit, es liege nur daran, dass ich Kaffee ohne Milch trinke. Vermutlich sollte ich einfach meine Kaffeewahl überdenken.

Mittwoch, 8. November 2017

Menschen aus Niedersachsen

Heute gab es mal wieder ein Heimspiel: Max Goldt las im Schauspielhaus. Während der Lesung wurde mir die sowohl für ihn als auch für mich recht uncharmante Tatsache bewusst, dass ich seine Veranstaltungen nun schon seit fast 30 (in Worten: dreißig) Jahren besuche. Zum Glück haben Max Goldts Lesungen in dieser langen Zeit nichts an Unterhaltung und Kurzweiligkeit eingebüßt. Wenn es damals schon bei einer aus Gründen weitgehend schwul besuchten Veranstaltung mit Klaus Wowereit hier in unserem Dorf hinter mir hieß, "der Klaus sei aber mopsig geworden",  lassen sich leider nur weniger charmante Worte für die stetige Veränderung im Leibesumfang des Herrn Goldt finden. Naja, wir werden eben alle nicht jünger. Heute Abend fand ich, der Autor sehe ein wenig aus wie Sigmar Gabriel in blond. Ein Vergleich, der mir ganz gut gefiel. Zumal sie doch beide aus Niedersachsen kommen und in den Endfünfzigern sind. Der Sohn fand den Vergleich an den Haaren herbeigezogen, meint er doch, dass Sigmar Gabriel "süß" sei und dessen Haut viel mehr Spannkraft habe.

Beim Signieren darauf angesprochen erinnerte sich Max Goldt auch an die Lesungen vor langen Jahren in Berlin. "Schreckliche Veranstaltungen" seien das gewesen. Da er zusammen mit Wiglaf Droste las, habe er sich entweder an dessen schlechtes Vorlesen oder an dessen Alkoholpegel oder gar an beides anpassen müssen. Alle Varianten seien ihm in irgendeiner Weise unangenehm gewesen. Darin unterscheidet sich vielleicht am Ende der Niedersachse vom Ostwestfalen.

Dienstag, 7. November 2017

Mol sagen

Zu meiner, aber mehr noch zu seiner eigenen Überraschung stellte der Sohn gestern Abend fest, dass er recht detailgetreu Dittsche imitieren kann. Dass er das Missingsch beherrscht: bei Brut und Aufzucht in der Mitte Hamburgs kein Wunder. Dass er jedoch den Tonfall so gut trifft, verwunderte ihn. Mich beeindruckte eher, dass er typische Floskeln und entsprechendes Vokabular beherrscht. Gibt er doch vor, deutsche Comedians im Gegensatz zu englischsprachigen langweilig zu finden und vor allem HSV-Fans zu boykottieren. Wahrscheinlich funktioniert es über Superlearning - genau wie Mathe und Geschichte.

Sonntag, 5. November 2017

Von mir haben sie das nicht!

Eigentlich ein schönes Wochenende, denn ich durfte die Tochter wiedersehen. Und sogar für länger als die Dauer einer Dusche. Genau genommen half sie mir sogar, das Ikea-Sofa im Zimmer des Sohnes resp. Bruders aufzubauen. Zwischenzeitlich konnten wir wunderbar zweistimmig fluchen. Es war allerdings kein Kanon. Sie echauffierte sich, die blöden Bilder seien wenig hilfreich, was spreche gegen eine Anleitung auf Englisch? Ich fluchte über die mitgelieferten scheddrigen Werkzeuge, mit denen man angeblich alles aufbauen können soll. Als unser Werk endlich vollbracht war und der Sohn von seiner Verabredung zurückkehrte, war er nicht angemessen angetan, mussten wir feststellen. Er fand, das Sofa zerstöre die Anmutung einer "Ergotherapiepraxis". Ich versuchte es mit billigen Müttertricks, er müsse serviceorientierter denken und dort auch einen Wartebereich einrichten. Nein, er habe nur Stammkunden, mehr wolle er nicht und die müssen auch nicht warten. Manchmal ist mir meine Brut sehr fremd.
So auch, als ich die Tochter später abends noch einmal traf - ein Sechster im Lotto gar. Sie war den Tränen nahe. Ich befürchtete, ihr Freund habe mit ihr Schluss gemacht und sie finde das im Gegensatz zum Letzten nicht "fresh". Stattdessen stellte sich heraus, ihr war das Handy heruntergefallen und es sagte nichts mehr außer bunte Farben auf dem Display anzuzeigen. Goldene Zeiten, als man sie Nummer des Freundes nachts um drei noch auswendig konnte! Über Freundinnen, deren Nummern in meinem Telefon gespeichert waren, mussten wir uns die Nummer des Freundes schicken lassen. Ich rechnete schon gar nicht mehr mein gutes Stück wiederzubekommen, denn anschließend musste natürlich die Nummer ausprobiert werden. Länger. Doch irgendwann bekam ich es wieder, weil sie ihn lieber live sehen wollte. Ich gerierte mich als überängstliche Mutter, denn es war mir nicht recht, sie gegen ein Uhr nachts noch ohne Handy bis zur Bahn laufen, U-Bahn fahren und dann zu ihm gehen zu lassen. Sie guckte mich sehr komisch an, als ich ihr ein Taxi bestellte und ihr das Geld dafür gab. Für das Geld hätte man sich wahrscheinlich drei Zigarettenpackungen kaufen können (ich kenne den Kurs nicht so genau). Von ihr erntete ich wenigstens nur überraschte Blicke. Der Sohn hingegen fand meine Aktion am nächsten Morgen vollkommen unnötig. Es endete damit, dass ich ihn anquakte, mit meinem Geld könne ich machen, was ich wolle. Ich sei schließlich die Einzige in unserem Haushalt, die es selbst verdiene.
Pädagogisch nicht ganz 1A, weiß ich schon...  

Donnerstag, 2. November 2017

Neuer Businessplan

Endlich komme ich dazu, von meinem "Rendezvous" mit dem französischen Bariton zu berichten. Er sang sehr gut, auch wenn Rossini nicht ganz mein Fall ist - aber einem geschenkten Karpfen guckt man nunmal nicht hinter die Kiemen. Dass die Welt eine Erbse ist, zeigte sich daran, dass ich einen Bekannten in der Vorstellung traf. Genau genommen sah er mich, als ich zu spät ankommend im Dunkel versuchte, meinen Platz zu finden. Ehe ich mit meiner Suche weiter für Unmut sorgte, setzte ich mich neben ihn, denn dort waren noch Plätze frei. Kurz nachdem das Spektakel losgegangen war, raunte er mir zu, der Sänger im weißen Anzug sei sehr attraktiv. Ich bestätigte das und sagte, ebendieser sei der Grund meiner Anwesenheit. Ehe er allzu enttäuscht war, erklärte ich ihm, dass ich die Freikarte habe, weil ich seine Brieftasche gefunden und wieder zu ihm gebracht habe. Meine Plauderei sorgte für indignierte Blicke seines Vaters, der neben ihm saß. Ich schwieg fortan lieber.
Nach der Vorstellung wurde ich zum weiteren Dank noch auf ein Getränk eingeladen. Man saß zwischen Hauptdarstellerin, Regisseurin und Tontechnikerin. Es war sehr nett und mein Gastgeber sehr charmant. Unterdessen bin ich mir ziemlich sicher, es war kein Zufall, "dass mir in Saint Georg geraubt wurde". Der Bariton fährt nicht in meinem Bus (um es mit einem Bekannten zu sagen, der übrigens Nachbar des getroffenen Bekannten ist).
Ich glaube, ich werde mich jetzt im Matchmaking verdingen.

Pro-Argumente

Es gibt gute Gründe, zufrieden zu sein:
1. Ist diese Woche eine kurze. Beim gefühlten Montag handelt es sich genau genommen um einen Mittwoch.
2. Haben wir nun 364 Tage Ruhe vor Halloween.
3. Habe ich zum ersten Mal seit Jahren keine Eierpampe an meinen Fenstern kleben. Entweder sind die üblichen Verdächtigen unterdessen verstorben oder gehbehindert, oder sie haben ein ökologisches Bewusstsein entwickelt oder die Eierpreise sind ihnen heutzutage zu hoch. Man weiß es nicht und will es im Grunde auch nicht wissen.
Allerdings frage ich mich, warum sich trotz aller Gründe keine gute Laune einstellen will. Es muss wohl am Herbst liegen.

Dienstag, 31. Oktober 2017

Früher war nicht alles schlecht

Heute war wieder der einseitig sehr beliebte Spontanbesuch des Vaters meiner Kinder angezeigt. Vielleicht weil es zum Monatsende so Usus ist - die Wege des Herrn sind unergründlich. Der Grad der Spontaneität war noch höher als sonst, weil er ohne weitere Vorankündigung ins Zimmer des Sohnes einfiel. Fast so schnell wie er drin war, war er auch wieder draußen. Dem Sohn stand der Sinn wohl nicht nach Vater-Sohn-Gesprächen. So blieb uns noch ein wenig Zeit zur Konversation, in der ich meinen teuflischen Plan schmiedete: der ehemalige Mitbewohner könnte sich verdient machen, indem er die vor der Tür befindliche Maus beisetzte. Last Exit Restmüll. Gebet nicht vergessen. Zumindest die Bestattung (im dargereichten Premium-Herbstmotiv-Küchentuch) übernahm der Mann klaglos. Egal wie selten sie waren, so etwas hilft, sich auch an die guten Zeiten zurück zu erinnern.

Montag, 30. Oktober 2017

Stürmische Zeiten

Nun haben auch wir das erste Todesopfer durch Sturm Herwart zu beklagen:

Ich freute mich ursprünglich sehr, dass mein Rhododendron nicht umgekippt war. Das pflegt er sonst bei jedem größeren Sturm zu tun. Es flogen jedoch Äste anderer Bäume herum. Und so hat es die Maus am Ende doch neben meiner Pflanze erwischt.
Für mich müsste es diesen ganzen Mist mit Sturm, fallenden Blättern, Eicheln, Nebel, Kälte, Laubpustern und Laternenumzügen nicht geben. Ich käme gut ohne Herbst klar. Aber mich fragt ja keiner. Also schalte ich die Heizung an und koche Suppe.

Sonntag, 29. Oktober 2017

Autumn Leaves

In meiner Euphorie, dass ich tatsächlich eine höchst charmante Einladung des französischen Künstlers bekam, dessen Brieftasche ich gestern fand und vorbeibrachte, konnte ich mich heute weniger lustigen Aufgaben widmen. Mal was Verrücktes tun: die Fenster schon vor Halloween putzen (danach dann vermutlich auch nochmal). Eigentlich wollte ich nur die Fensterbank entrümpeln und säubern, doch dann packte mich der Ehrgeiz. Und siehe da, es war ein wenig so, als hätte ich beim Laubfegen Geld gefunden. Als ich das Gelump von der Fensterbank entfernte, stellte ich fest, dass die Orchidee dahinter verborgen einige Blüten produziert hatte. Offensichtlich bekommt ihr meine Zuckerbrot-und-Peitsche-Behandlung aus sporadischem Fluten und wochenlangem Vergessen. Wenn ich nicht geputzt hätte, wäre mein unglaublich grüner Daumen vermutlich unbemerkt geblieben.


Samstag, 28. Oktober 2017

Vive le pont!

In unserem kleinen, beschaulichen Dorf ist immer etwas los. Vor unserer Tür fand sich heute morgen eine Brieftasche. Genau genommen hatte der Sohn sie schon in der Nacht entdeckt. Er hob sie jedoch nicht auf, weil er sie für ein Zeichen von Gott hielt. Was auch immer es ihm sagen wollte.


Mein Ansatz war weltlicher. Nachdem die Nachbarn beschlossen hatten, sie haben keine Zeit für einen Polizeibesuch, blieb die Aufgabe an mir hängen. Denn es war recht wahrscheinlich, dass die Brieftasche gestohlen, ihres Geldes beraubt und dann chez nous entsorgt wurde. Was vermutlich nur am von mir vor der Tür positionierten Aschenbecher liegt. Dieser ist den neuen Nachbarn ohnehin ein Dorn im Auge, da ihr Sohn ihn für einen Trinkbecher hält. Ich nenne es Darwinismus. Ehe ich mich also zur Polizei aufmachte, googlete ich erst einmal den Namen auf dem Personalausweis (Carte d‘ identité de la Republique Française). Es stellte sich heraus, dass sie einem französischen Bariton mit Gastauftritt in Hamburg gehörte. Der überraschend ansehnlich war. Wenn auch einige Jahre jünger als ich. Das wusste ich allerdings schon vom Personalausweis. Ich rief in seinem Theater an. Die Dame an der Theaterkasse konnte sich leider nicht vom Fleck bewegen. Deswegen bat sie, ob ich die Brieftasche vorbeibringen könne. Ich konnte. Mir wurde in Aussicht gestellt, ich bekomme in Zukunft bestimmt Ermäßigungen oder Freikarten.
Der Sohn mutmaßte bei meiner Rückkehr, ich sei zu frankophil, für einen Deutschen hätte ich das nicht getan. Dabei lag es nur am Brückentag.

Freitag, 27. Oktober 2017

Was Friseure können, können nur Friseure

Wenn ich es nicht schon seit 17 Jahren wäre, spätestens jetzt verliebte ich mich in den Sohn. Er sieht auch für weniger befangene Menschen als Mütter ohnehin recht gut aus und hat jetzt zusätzlich eine "freshe Frise". Diese hat ihm der Vater eines Freundes verpasst, der vom Fach ist.
Ich stehe dazu, man darf auch mal ganz oberflächlich sein und das eigene Kind anhimmeln. Man ist nur gut beraten, es nicht allzu auffällig zu tun, denn es könnte der Brut zu Kopf steigen. Auch der Sohn wirkt mit seinem Äußeren im Reinen. Für ihn beste Voraussetzungen für anstehende Prüfungen. Für mich auch, da ich ihm nur ein klitzekleines Bisschen übelnehme, dass er mich heute Abend aus der eigenen Wohnung ausgeladen hat, um sturmfrei zu haben.

Donnerstag, 26. Oktober 2017

L‘enfer, c‘est la mâche

Wenn ich ganz ehrlich bin - und hier kann ich es sein, denn wir sind entre nous -, das Beklagenswerteste an der dauerhaften Abwesenheit der Tochter ist bestimmt, dass ich sie nicht einsetzen kann, um Feldsalat zu putzen. Meine Hölle wird daraus bestehen, dass ich ohne Unterlass kleine grüne Blätter von Dreck und sandigen Wurzeln befreien muss, während nach und nach immer mehr ganz kleine, nasse Blätter an den Fingern kleben. Wer spricht vom 1A-Abitur? Das wahrhaft Tolle an der Tochter ist, dass sie diese Arbeit klaglos erledigt. Ich werde ganz eifersüchtig, wenn ich mir vorstelle, dass sie den Job wahrscheinlich in einem Haushalt in Hoheluft übernimmt.
Blöderweise habe ich Feldsalat eingekauft. Ein Anfängerfehler in unserer häuslichen Situation. Und noch blöder, dass ich den Sohn von der veganen Variante überzeugt habe. Es hört nämlich nicht mit Salatwaschen auf. Anschließend muss man noch eine Salatsauce hinbekommen und Brotwürfel in Olivenöl rösten. Und aufpassen, dass keine kleinen Kohlestücke daraus werden. Am Ende schmeckt es ihm so gut, dass er sich diesen Mist auch am nächsten Tag wünscht. Ein kleiner Vorgeschmack auf das Jenseits?

Mittwoch, 25. Oktober 2017

Früher war alles schlechter

Es soll Menschen meines Alters geben, die digitale Kommunikation als Teufelszeug verdammen. Ich gehöre nicht dazu. Ich freue mich zu wissen, dass die Tochter noch lebt, wenn sie meine Instagram-Bilder mag. Der (das?) Like kommt eigentlich immer innerhalb von Sekunden. Meist ist es ein Fotofinish zwischen ihr und unserem Bundestagsabgeordneten, wer als erster den Doppelklick schafft. Unterdessen poste ich manchmal Bilder, um ein Lebenszeichen (der Tochter!) zu provozieren.
Noch ergiebiger und erfreulicher ist jedoch die Kommunikation über WhatsApp. Nachts um 4:10 Uhr erhält man Sprachnachrichten, in denen sie sich nach meiner Einstellung zu Homöopathie erkundigt. Dass ich sie überhaupt bemerke, liegt an einer schlechten Nacht meinerseits. Die Panik über Nachrichten um diese Uhrzeit währt zum Glück nur kurz; eben, bis ich sie abgehört habe. Ich vermute, das WLAN bei ihrem Freund ist nicht zu jeder Zeit stabil. Eigentlich dächte ich, das sei im Alter der Tochter ein Trennungsgrund. 
Wie gut, dass ich den Sohn mehr live erleben kann. Er hat es nicht so mit der digitalen Kommunikation. Dafür erkundigte er sich fürsorglich, ob ich ihn und sein Gerumpel denn während der schlafarmen Nacht gehört habe. Musste ich leider bejahen. Er brummelte etwas wie, war ja klar mit den Fledermausohren. Ich begann meinen Unmut auszudrücken, so schlimm sei deren Form gar nicht, außerdem habe er die gleichen... Er so: „Nein, Mama, Du hörst so verdammt gut. Wie Fledermäuse eben.“
Hat man schon schönere Komplimente von Söhnen gehört?

Montag, 23. Oktober 2017

Tiptop

Nach der ersten Halbzeit am Sonnabend sah es sehr gut aus für meine Tipps. Ich wäre sehr dafür gewesen, diesen Ergebnisstand einzufrieren. Doch es kam anders. Wenigstens hatte ich Ablenkung. Ich durfte mich in die pickepackevolle S 31 quetschen. Viva la Sardina! Diese fuhr lange Zeit nicht los, da irgendjemand regelmäßig von Hauptbahnhof bis Eidelstedt an jedem Halt die Türen versperrte. Zum Glück fand Sherlock von Garnier schnell heraus, wer der Übeltäter war:
Doch ich will nicht klagen. Es gab schließlich Karten für das Spiel HSV gegen Bayern geschenkt. Die Tickets waren der Gewinn eines Tipp-Spiels, den meine Ex-Kollegen und ich aufgrund unserer hervorragenden Teamleistung im Tippen ergattert hatten. Selbst der Sohn, der normalerweise kein gutes Haar an Verflossenen lässt, fand es sehr nett, dass die Ex-Kollegen mich trotz meines Weggangs noch in den Gewinn einbezogen. "Das ist wirklich nett. Hätte er echt nicht gemusst.", war wohl der genaue Kommentar dazu. Zu den Schattenseiten des Events gehörte nicht nur das Fritz-Walter-Wetter, das die Zeit nach der S-Bahnfahrt erschwerte. Auch die Anwesenheit vieler Bayernfans erfreute das Herz nicht allzu sehr. Überraschend fand ich, dass kaum jemand von ihnen aus Bayern zu kommen schien. Die, die ich traf waren allesamt Rheinländer, Westfalen oder Zonis. Im Heimatbahnhof traf ich eine Truppe Bayern München-beschalter Sauerländer, die im Dschungel der Großstadt verloren waren. Ich gab die Reiseleiterin. Sie bedankten sich artig und konstatierten lautstark, sie seien eben keine Städter. Als ob ich das nicht gemerkt hätte. Dafür schienen sie sich in Sachen Bier auszukennen: "Wir kommen von da weg, wo das Bier herkommt. Warstein und so." Am Ende befand eine der mitreisenden Damen der Gruppe, es gehe ihnen mit den Hamburger Fahrplänen wie den Städtern bei ihnen mit den Wanderkarten. Die mir eigene Höflichkeit und Bescheidenheit verboten es, ihr zu antworten, dass ich selbst als Orientierungsnull mit ländlichen Karten mehr anfangen kann.
Immerhin brachte mir dieses Spiel wichtige drei Punkte beim Tippen.

Freitag, 20. Oktober 2017

Fürs Leben lernen

In letzter Zeit bringe ich den Sohn immer wieder an die Grenzen seiner Diplomatie-Fähigkeiten. In meiner Begeisterung, welche Lebensmittel unterdessen auch in veganer Variante erhältlich sind, besorge ich ihm oftmals das eine oder andere. Im Grunde sagte er mir gerne, Dinge die herkömmlich schon scheiße schmecken, werden nicht allein dadurch besser, dass sie vegan sind. Ich merke ihm an, dass er sich bloß nicht traut, es so zu sagen. Wenn seine mathematische Bildung schon etwas weiter gediehen wäre, könnte er sich mit notwendigem und hinreichendem Kriterium 1 A aus der Affäre ziehen. Doch dafür braucht es wohl noch etwas. Als garstige Mutter behalte ich meine kleinen Geheimnisse für mich. So exerziert er nach wie vor die Gratwanderung, mich einerseits für meine Unterstützung seines tierfreundlichen Lebensstils zu loben, mich aber andererseits nicht zu sehr anzuregen, noch mehr unverdaulichen Schrott mitzubringen.
Doch auch ich mache mir Gedanken (nicht etwa Abendbrot). Nach der Sneak Preview des Brigitte-Plätzchen-Extra (ja, es ist wohl schon fast wieder so weit) überlege ich nun, ob ich zur Saison veganen Baumkuchen hinbekommen werde. Man muss sich auch Ziele setzen im Leben.

Mittwoch, 18. Oktober 2017

Jugendlichenmund

Meine Teilhabe am Leben meiner Kinder ist sehr eingeschränkt. Beim Sohn war es schon immer so. Eltern von Söhnen verstehen vermutlich die Problematik. Fragen nach der Schule werden maximal einsilbig beantwortet. Weitere Nachfragen werden in jedem Fall mit einem Augenrollen, meist auch mit lautstarkem Aufstöhnen quittiert. Bei der Tochter war mehr an Information zu holen. Zu Grundschulzeiten erfuhr ich die Interna aus der Klasse des Sohnes von ihr. Goldene Zeiten. Unterdessen sehe ich sie zu selten, um über mehr als Wäschewaschen oder Hygienestandards in der Wohnung zu sprechen.
Es scheint jedoch ein Naturgesetz zu sein, dass die Brut immer dann extrem mitteilsam ist, wenn ich mich gerade vor den Fernseher geparkt habe und eigentlich in Ruhe der Handlung folgen möchte. Meine Bemerkung, "Ich möchte da zuhören.", wird auch wieder von ausdauerndem Augenrollen flankiert. Spätestens beim "Pssst!" kann ich damit rechnen, dass mir Lieblosigkeit, Desinteresse oder Drastischeres vorgeworfen wird. Letztes Mal war die Reaktion des Sohnes immerhin so, dass sie am Ende unterhaltsamer war als der Tatort, dem ich eigentlich folgen wollte: "Mama, du hast wohl heute einen Pantomimen gefrühstückt."

Technik, die begeistert

Meine virtuelle Ruhe hat weniger damit zu tun, dass ich keine Inspiration oder viel zu viel um die Ohren habe. Sie hat eher technische Gründe. Manch‘ einen wird das nicht wundern, kennt er mich doch als Technikspacken. Doch diesmal scheint meine Unfähigkeit höchstens zweitrangig zu sein. Das kam so:
Das iPhone quakte mich schon seit langem an, ich solle das Update auf iOS Elfpunktirgendwas durchführen. Ich scheute mich. Schließlich waren bisher bei jedem dieser Updates immer meine Musik, häufig meine Fotos und manchmal meine Kontakte unwiederbringlich verloren gegangen. Letzten Samstag bin ich dann ungewollt eingeknickt. Ich war noch müde und tippte „Ja“ und „Azeptieren“ an. Vielleicht nicht so schlimm; schließlich habe ich ohnehin nie Kopfhörer, um Musik zu hören. Die sind ungefragt (Ehrensache!) in den Besitz des Sohnes übergegangen. Als das Telefon wieder anging, sah es zwar etwas ungewohnt aus, aber alles war noch an seinem Platz. Ich freute mich. Aber nur kurz.
Die App für die Posts ging nicht mehr. Fand ich noch nicht so schlimm. Ich beschloss, im AppStore (komisches neues A) einfach eine neue Version herunterzuladen. Ok, sie hatte einen neuen Namen und eine andere Funktionalität, was mich als spontankonservativen Menschen nicht unbedingt für sie einnahm. Der Ärger kam, als ich feststellte, dass man in der Gratisversion nichts hochladen kann. Großartig für eine Blog-App! Na gut, dann eben die Bezahlvariante - was sind schon 5,49€? Die wiederum lässt sich nicht herunterladen. Ehrlich, ich habe es wirklich mehrfach auf verschiedenen Wegen versucht. Danke Apple und danke Google! Ich lebe gerne im sekundären Urzustand der Steinzeit. Und im Zirkelbezug sowieso.

Montag, 16. Oktober 2017

Gesammelte Werke

Ein Wechselbadwochenende. Erst hatte ich keine Brieftasche, als ich Freitag bei der Arbeit ankam. Es gab die Alternativen Vergessen, Verloren oder Geklaut. Ich hoffte auf Ersteres. Um das in Erfahrung zu bringen, klingelte ich die Tochter aus dem Bett, die zum Glück ein nächtliches Gastspiel bei uns gab. Entsprechend verlangsamt waren ihre Reaktion und ihre Suche. Noch mehr Glück: die Brieftasche liege auf dem Küchentisch, sagte sie irgendwann nach sehr, sehr langer Zeit. Nun gab es nur noch das Problem mit der Mittagspause; sie zu bestreiten gestaltete sich ohne Geld und Hausausweis schwierig. Ein Freund und Kollege hielt mich aus. Und ich kam neben der pekuniären Lösung in den Genuss eines höchst vergnüglichen Lunchs.
Doch dann dachte ich, Freitag, der 13. setze sich am Samstag, den 14. fort. Ich nötigte den Sohn, an den Entrümpelungen seines Zimmers zumindest mitzuwirken. Als wir gerade eine Matratze unsere Showtreppe herunterwuchteten, glaubte ich mich bereits auf der letzten Treppenstufe, war aber erst auf der vorletzten oder gar vorvorletzten, und verknackste mir fies den linken Fuß. Als ich im wahrsten Wortsinne am Boden lag, fiel mir wieder auf, wie sinnvoll doch die Fähigkeit zum räumlichen Sehen sein könnte. Das Gute war: alle Folgearbeiten dieser Disziplin verschoben sich in die alleinige Obhut des Sohnes (der sich allerdings noch Unterstützung von seinem Freund holte).
Zum Abend standen dann die Zeichen auf Party. Als ob das nicht genug der Freude wäre, bot mir besagte Feier auch noch die Möglichkeit, die Tochter zu sehen. Sie schrieb mir - ausnahmsweise keine Sprachnachricht! -, dass sie auch am Start sei. Ich antwortete ihr, sie erkenne mich am Kleid. Darauf erstarb die Kommunikation. Ein wenig schwierig wurde es bei der Vorbereitung, meinen Fuß in die Sandale zu pressen. Aber offenes Schuhwerk Mitte Oktober, das muss ausgenutzt werden! Da muss man sich schon mal am Schlüpper reißen. 
Auf der Party gab es ein zu dekorierendes Gästebuch für die Jubilarin. Das befand sich aus Diskretions- wie aus Klimagründen auf dem Balkon. Ebenso erfreulich wie unerwartet, dass ich die Bastelarbeiten trotz Schummerlicht unverletzt überstand. Nicht umsonst bin ich die Einzige in unseren Breitengraden, die es geschafft hat, sich auf einem Kindergarten-Elternabend eine Kinderschere so in den Handteller zu rammen, dass ich blutete wie abgestochen und mich freute, dass die Schere nicht auf dem Handrücken herausguckte. 
Es war eine schöne Geburtstagsfeier. Die Tochter meinte: „Mama, du fühlst die Playlist, oder?“ Und sie hatte recht. Doch nicht nur die Musik war - wie die Tochter sagte -  „ein Banger“. Auch die bildende Kunst kam nicht zu kurz. Ich bekam mein kürzlich erworbenes Bild. Es ist nun wirklich in meinem Besitz! Selbst dem Sohn gefällt es. 
Dass ich jedoch nach ausgiebigem Partyleben erst sehr spät im Bett war, ließ den Sonnensonntag sehr kurz werden. Außerdem war ich ganz offenkundig noch nicht im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, als ich nach dem Aufstehen (Vormittag konnte man nicht mehr dazu sagen) auf dem Balkon die Zeit las. Die Literatur-Beilage hatte ausschließlich Schule zum Thema. Irgendwie sehr einseitig. Beim Zuschlagen des Heftes löste sich das Rätsel auf: ich hatte den Titel falsch gelesen, es war die Beilage „Zeit Abitur“ (nicht Literatur). Manchmal fehlt mir nicht nur das räumliche sondern auch das sinnentnehmende Sehen.

Donnerstag, 12. Oktober 2017

All In

Mein Peinlichkeitspoker geht in die nächste Runde. Ich schaffe es nicht nur, wochenlang Handwerker zu drangsalieren, damit sie unnütz vorbeikommen. Ich kann mir auch Kontaktlinsenlösung ins Auge geben, die keinesfalls dorthin darf. Mit dem Erfolg, dass ich den gestrigen Tag wie ein bebrilltes Kaninchen aussah. Und mich auch heute noch - sagen wir - rosa Augen zieren. Mal sehen, was der heutige Tag bereithält.
Immerhin kann ich mich damit trösten, dass ich in diesem Spiel im Sohn meinen Meister gefunden habe. Der Zustand seines Zimmers sollte ihm extrem peinlich sein. Allerdings befürchte ich, dass ihm in diesem Punkt Schämen vollkommen abgeht. So bleibe ich am Ende doch wieder allein in der Partie.

Mittwoch, 11. Oktober 2017

Mental Hangover

Der gestrige Tag geht nicht nur als der 17. Geburtstag des Sohnes oder als internationaler Tag des Hundes in die Annalen ein. Es ist auch der Tag, an dem der Klempner endlich Zeit für uns hatte. Und es auch der Tag, an dem ich ihn umsonst bestellte. Denn die seit Wochen defekte Toilettenspülung beschloss, pünktlich zum Besuch des Fachmannes wieder ihren Betrieb aufzunehmen. Ohne irgendwelche Einschränkungen. Ich denke, ich sollte meine Haare blond färben. Passt auch super zum rot gewordenen Gesicht.

Dienstag, 10. Oktober 2017

Der Jubilar

Manchmal bin ich beeindruckt, wie sehr meine Kinder wie ein Ehepaar nach der Diamantenhochzeit wirken. Als ich das Glück hatte, die Tochter vor nicht allzu langer Zeit einmal zu sehen, erkundigte ich mich bei ihr, ob sie schon ein Geschenk für ihren Bruder habe. "Wir schenken uns nichts", war ihre Replik. Geht es noch protestantisch-freudloser? Gestern fragte sie mich dann (wieder wie üblich via dreiminütiger WhatsApp-Sprachnachricht, an der alle Kollegen teilhaben konnten, weil der Sohn mir natürlich den Kopfhörer gemopst hat), ob ich glaube, dass es ok sei, wenn sie erst im Laufe des Tages zum Geburtstag ihres Bruders erscheine. Sie sei von ihrer Freundin - nach einem unmenschlich langen Monat Abwesenheit gerade erst wieder zurück in Hamburg - zum Nick Cave-Konzert eingeladen. Da werde es sicher später und dann sei es besser, wenn sie bei ihrem Freund übernachte. Das sehe ich doch auch so? Wer wollte so vielen Worten widersprechen? Nach einigen Jahren des Zusammenlebens sollte das kein Problem sein. Eine Assistenz bei der Vorbereitung hatte ich ohnehin nicht erwartet. So ging es nach der Arbeit im Schweinsgalopp zum Einkaufen, Kuchenbacken, Dekorieren. Ich legte dem Sohn nahe, er wolle am Vorabend seines Geburtstages doch bestimmt früh ins Bett gehen. Er hatte noch eine viel bessere Idee: er verbringe den Abend in der Wohnung seiner Großeltern, in der aus Gründen zufällig gerade sein Freund untergebracht ist. Auch gut. So konnte ich ungestört wirtschaften. Irgendwann kam dann doch der kleine Junge in ihm durch, als er an der Wohnungstür klingelte, sich (ungelogen!) die Augen zuhielt und mich bat, ihm Schlafsachen zu geben, damit er auch im Exil übernachten könne. Blind taperte er ins Badezimmer, um sich dort noch die Zähne zu putzen. Ich musste an mich halten, um die asiatische Gesichtsbeherrschung zu wahren und um ihm zum Pyjama nicht noch ein Kuscheltier mitzugeben.

Montag, 9. Oktober 2017

First Things First

Gestern hatte ich ungewohnt hohen Besuch (und ich im Räuberzivil ohne auftoupierte Haare!). Die Tochter und ihr Freund fanden sich ein. Wahrscheinlich lag ihr Auftritt daran, dass ich in der vorangegangenen Nacht von ihnen träumte: Sie hatten beschlossen zu heiraten. Ich wunderte mich nicht sonderlich. Ich fand nur, dass es nun aber endlich Zeit werde, seine Eltern kennenzulernen. Im Grunde meines Herzens weiß ich, dass ich die Ehre eher ausgehender Wäsche zu verdanken habe und der Freund der Tochter wahrscheinlich anbot, sie mit dem Auto in ihre vermeintliche Homebase zu fahren. So oder so, ich freute mich. Nicht nur, weil die Tochter Ordnung machte und der nette Freund sich andiente, die abgebrannten Feuerzeuge des Haushalts mit Kraftstoff aufzufüllen. Währenddessen echauffierten sie sich unisono über Dreck und Unordnung ihrer jüngeren Geschwister. Es gibt da wohl einige Parallelen zwischen dem Sohn und der Schwester des Freundes. Als Zweitgeborene konnte ich nur mäßig mitreden. 
Was ich sagen kann: dass ich heute früh natürlich ihre Gläser, Tassen und Kannen wegräumte. Sie übernachteten wie üblich bei ihm.

Sonntag, 8. Oktober 2017

Audimax

Ein Wochenende, das man zur Hälfte mit Werkspionage verbringt, ist nicht nur gefühlt ein sehr kurzes. Vor allem, wenn die Spionagetätigkeit ein Aufstehen vor der Zeit bedeutet. 
Nicht schlecht, was die Kollegen da aufgefahren haben. Wenn auch organisatorisch Luft nach oben gewesen wäre.
Jedwede Uni versprüht ihren eigenen Charme. Irgendwie hat man die schlechte Luft dort und ebendiesen Zustand der Toiletten erfolgreich verdrängt. 
Was der Wettbewerb offenkundig nicht so gut kann, ist das mit den weiblichen Führungskräften. In einem "Panel" namens "Chefinnensache" fährt die stellvertretende Chefredakteurin ihren Kolleginnen des Öfteren in die Parade. Sie versprüht den Charme unserer Heimleitung. Besonders, als sie das gerade etwas unruhig gewordene Auditorium anherrscht (sic!): "Meine Worte verdienen es, gehört zu werden!" So etwas denkt man maximal, aber spricht es doch nicht aus. 
Wenn am Ende der Becher aus der Goodie Bag ausläuft (klebriger Inhalt - Ehrensache!), kann man bei allem Wohlwollen nicht von einer hundertprozentig gelungenen Veranstaltung sprechen.

Freitag, 6. Oktober 2017

Tagesbilanz

Man merkt, dass es nicht hundertprozentig der eigene Tag wird, wenn einem am Morgen durch die Ungeschicklichkeit einer Kollegin (garantiert nicht vorsätzlich!) eine schwere Tür vor den Körper knallt und der Türgriff genau und mit voller Wucht den Beckenknochen trifft. Man merkt, dass der Tag nicht vollkommen verloren ist, wenn es die andere Seite, also nicht die ohnehin angeschlagene, erwischt hat. Asiatische Gesichtsbeherrschung war es trotzdem, denn auch links tat es einigermaßen weh. 
Es passte in den Verlauf des Tages, dass ich abends mindestens sechs Bahnen in die Gegenrichtung fahren sah (nach der sechsten hörte ich vorsichtshalber auf zu zählen), ehe die richtige kam. Diese war dann natürlich krachvoll. Und blieb - ölsardinig wie sie war - erst einmal ein paar Minuten im Bahnhof stehen, ehe sie loszuckelte. Ich wünschte mich nach London, wo der Fahrer durchgibt, dass sich seine Schwiegermutter an der vorletzten Kellertreppe den linken (ein Glück!) großen Zeh angestoßen hat, er sie erst einmal zum GP bringen musste, dort lange Wartezeit in Kauf nehmen musste - NHS, man kenne das - und deswegen seinen Dienst erst verspätet antreten konnte. In Hamburg: kein Wort der Erklärung. Stattdessen lediglich eine Anzeige am Gleis, die immer wieder die Zeit zurückdreht. 
Doch ich will nicht jammern. Ich bin nahezu unverletzt durch den Tag gekommen. Als ich endlich zuhause ankam, mahnte mich der Sohn an mein Versprechen, ihm vegane Spätzle zuzubereiten. Ich hatte ihn am Vorabend immerhin herunterhandeln können, dass er diese erst am Folgeabend bekommen werde und nicht schon am Morgen. Es gibt nichts, was ich mir gegen 20 Uhr nach einem vollgepackten, stürmischen Tag mehr wünsche, als klebrige Masse in kochendes Wasser zu hobeln, das Produkt in eine Auflaufform zu schichten und mit angebratenen Zwiebeln und Pilzen zu garnieren. Der Tag war nicht nur schlecht: es schmeckte ganz brauchbar.

Donnerstag, 5. Oktober 2017

Saisonales Grummeln

Es muss wohl Herbst sein. Jeden Morgen vergesse ich, mir Strümpfe aus dem Schrank zu holen. Diese Routine sitzt nach fünf Monaten Sockenabstinenz noch nicht wieder. Morgens ist es stockfinster, wenn der Wecker klingelt. Überhaupt frage ich mich, warum ich mich nachts oft schlaflos hin und her werfe, während ich nach dem Weckerklingeln ohne Probleme stundenlang fest schlafen könnte. Wahrscheinlich knallen am frühen Morgen kaum noch Eicheln auf Autodächer; die sind ja bereits in der Nacht alle lautstark heruntergefallen. Sie verhalten sich ähnlich wie meine nachtaktiven Mitbewohner, deren Umtriebigkeit auch spätestens gegen sechs Uhr morgens endet. Um mit dem Genörgel weiterzumachen: in diesem Jahr konnte noch kein einziger Monat überzeugen. 2017, es bleiben nicht mehr viele Monate übrig! Mir fehlt das Vorstellungsvermögen, dass mich das Novemberwetter für sich einnehmen wird. Aber wahrscheinlich bin ich nur phantasielos. Immerhin ein Lichtblick: die katalanische Flagge, die sich der jüngere der beiden Nachtaktiven zum baldigen Geburtstag wünschte, könnte sich erübrigt haben. Bei allem Engagement für die Sache betrübt ihn nun, dass sich die Katalanen keine Gedanken gemacht zu haben scheinen, wie sie die Unabhängigkeit organisieren wollen. Selbst globalisierte Sechzehnjährige können wahrscheinlich ihren preußischen Hintergrund nicht vollständig abschütteln.

Mittwoch, 4. Oktober 2017

Feiertage

Der Nachteil an diesem Fake-Sonntag war, dass ihm kein Sonnabend voranging. Der Vorteil, dass ihm eine überraschend kurze Woche folgt. Außerdem gut, dass ich die Brut mal wieder live erleben konnte. Die Tochter freute sich, dass sie "sich mit ihren Haaren wieder wohlfühle". Das Haarschneide-Tutorial war nicht so gut. Ich empfehle ohnehin eher ein "Wie geht das mit Briefen und der Post (also nicht elektronisch)?". Sie fand, sie sah anschließend aus "wie Joan Jett" (wirklich ihre Worte; ich schwör'!). Die neue Farbe brachte es. Betretene Mine, als ich meinte, ich fühle mich mit ihren neuen Haaren nicht ganz so wohl, weil das Badezimmer seit ihrer Färbe-Aktion irreversibel verändert sei. Man merkt, dass sie doch schon erwachsen geworden ist. Sie rannte auf meine Kritik (vollkommen ungerecht natürlich) nicht sofort schmollend in ihr Zimmer.
Der Sohn ist von diesem Entwicklungsstadium noch ein wenig entfernt. Wie ein Dreijähriger wechselt er im Moment minütlich seine Geburtstagswünsche. Mal ist es ein Mantel, mal sind es Hosen oder Kopfbedeckungen. So kann ich schlecht arbeiten - zumal es nur noch sechs Tage bis dahin sind. Einzige Konstante in seinen Wünschen: seine Solidarität mit den Katalanen zum Ausdruck zu bringen, am besten garniert mit einer Katalonien-Flagge ("aber nicht, wenn sie teuer ist"). Die machte sich bestimmt auch super, wenn er seine selbstverfassten Lieder in Landessprache vorträgt.

Samstag, 30. September 2017

Wochenende - wenn auch kein langes

Über die wahrhaft unterhaltsamen Begebenheiten des Wochenendes musste ich mich verpflichten, Stillschweigen zu wahren. So kann ich eigentlich nur über meine eigene Ungeschicklichkeit berichten. Immerhin hatte ich noch rechtzeitig die Ahnung, das Fahrrad am Freitagabend stehen zu lassen - obwohl ich es endlich aufgepumpt hatte. Denn irgendwie geriet ich selbst auf dem Weg ohne Verkehrsmittel, sprich zu Fuß ins Straucheln. Erst knickte ich mit dem Fuß um, ruderte mit den Armen, um nicht hinzufallen, scheiterte und landete erst auf den Knien, dann auf der Hüfte. Ich fand mich gestrandet auf dem Radweg wieder - wie symbolisch. Außer Peinlichkeit, kaputter Hose, aufgeschürften Knien und abgeschürftem Fußnagellack passierte zum Glück nichts. Meinen Stunt nenne ich intrinsischen Dominoeffekt. 
Ansonsten habe ich vor, jetzt final die spaßbefreite Mutter zu spielen und der Tochter vorzuschreiben, sich entweder aushäusig (z.B. vom Profi) die Haare färben zu lassen oder dieses erst wieder zu tun, wenn sie eine eigene Wohnung hat. In der Hoffnung, dass ich nicht für deren Kaution zuständig sein werde. Unser Bad ist von ihrer letzten Aktion dieser Art jedenfalls lustig mit einigen rot-violetten Flecken geschmückt. Wer mir jetzt Schmutzradierer andienen möchte, muss damit rechnen, dass ich ihr oder sein Gesicht mit ebendiesem bearbeiten werde.
Zwei Lichtblicke: Erstens ist es Oktober und ich kann eher als in den fünf vorangegangenen Monaten offene Schuhe tragen. Zweitens hat der Sohn heute neben seiner Mitsinginterpretation von Princes "Purple Rain" ("Kurt Cobain") nun auch "Paracetamol" anstelle von Element of Crimes "Damals hinterm Mond" zum besten gegeben. Er sollte Musiker werden.

Freitag, 29. September 2017

Bois d'allumage

Gestern ging ich an einer Gewerbe-Mülltonne vorbei und war trotz großer Eile sehr versucht stehenzubleiben. Zu lange habe ich vorher - genau genommen die ganze letzte Woche - auf der Suche nach Anfeuerholz verbracht. Einen nicht unerheblichen Teil der Sightseeingtour durch Concarneau trug ich beispielsweise eine etwas sperrige Obstkiste aus oben genannter Provenienz mit mir herum. Bis wir begannen, sie auf einer Bank mit schönstem Blick über das Meer in handlichere Stücke zu zerlegen. Laut über die übertrieben vielen Krampen fluchend - Ehrensache! Komische Marotten haben deutsche Touristen. Der Mangel an Kleinholz brachte verschrobene Gedankengänge hervor: ich überlegte, das Eichenparkett mit dem Käsehobel (wie üblich in Frankreich bestens ausgerüstete Küche im Ferienhaus) zu bearbeiten, um brennbare Holzlocken zu erhalten. Am Ende fanden wir im örtlichen Intermarché Anmachholz und kauften ganz unsportlich welches. Zusammen mit mehreren zerlegten Gemüsekisten hatten wir dann ausreichend. 
Doch mein Kopf scheint diese Entwicklung noch nicht nachvollziehen zu können. Siehe oben. Obwohl... das nächste Grillen naht schließlich.

Donnerstag, 28. September 2017

War jut jewesen

Herr Regener war überraschend leutselig und bester Stimmung. Das Buch war bekannt gut. Wir hatten einen tollen Auftritt, als wir etwas zu spät unsere schönen Plätze in der Mitte der zweiten Reihe besetzen wollten. 'Tschuldigung... 'Tschuldigung... 'Tschuldigung usw. usf. Nach der Lesung erwartete mich noch ein Ego-Boost. Ein unbekannter junger Mann sprach mich an. Ich rechnete mit Komplimenten für mein formidables Zitronenkleid. Doch es kam anders. Er vermutete, dass ich aus der Pole Position die besten Bilder gemacht habe. Ob ich sie ihm zuschicken könne. Ja, aber erst im heimischen WLAN. Reduziertes Datenvolumen, Monatsende, er verstehe doch die Problematik. Ich versuchte, mich bei Generation Y anzubiedern. Erntete jedoch wenig Verständnis. Stattdessen tippte er seine Mailadresse in mein Telefon. Ich versprach, ihm vorab zumindest eine blanke Mail zu schicken. Selbst die ging nicht. Besorgt sprach er mich im Herausgehen an (sein Begleiter bestätigte): er frage sich die ganze Zeit schon, ob er sich wohl bei der eigenen Adresse vertippt habe. Diese Unruhe hätte ich ihm als Digital Native gar nicht zugetraut. War aber so. Am Ende wurde alles gut. Die Adresse war richtig und einzeln gingen die Fotos durch.
Einziger Wermutstropfen: Herr Regener war so gut gelaunt, dass er wider seine Gewohnheiten im Anschluss an die Lesung Bücher signierte. Und ich hatte sowohl "Wiener Straße" als auch "Der Schienenbus" zuhause gelassen! Manchmal läuft es eben nicht ganz rund.

Mittwoch, 27. September 2017

Gegebenenfalls auch umgekehrt

Dass heute ganz im Zeichen des Lesens stehen würde, war von vornherein klar. Schließlich freue ich mich schon seit Wochen - ach, was sage ich: Monaten! - auf die Lesung von Sven Regener aus "Wiener Straße". Umso mehr, seit ich das Buch gelesen habe. Doch überraschend kam hinzu, dass ich heute ein wahres Lektürekleinod auftat: "Der Schienenbus", ein zweimonatlich erscheinendes Premium-Presseerzeugnis. Das man für unsäglich günstige 5,90€ pro Ausgabe oder 29,50€  für das Jahresabo erwerben kann. In dem so spannende Themen wie "Triebwagenvielfalt im Sauerland" behandelt werden. Wenn nicht die Schlange dermaßen lang gewesen wäre, hätte ich Sven Regener heute Abend die aktuelle Der Schienenbus-Ausgabe (5/2017) anstelle der Wiener Straße (lag ohnehin zuhause) signieren lassen. Ich glaube, das wäre auch beim Autor gut angekommen.

Dienstag, 26. September 2017

Erster Versuch

Nicht, dass ich ernsthaft besorgt gewesen wäre, aber nach einer Woche Abwesenheit wollte ich doch wissen, ob die Kinder sich vertragen haben. Schließlich war es das erste Mal, dass ich sie so lange sich selbst überließ. Und sie kennen sich einfach zu gut, um nicht um die Trigger des jeweils Anderen zu wissen. Netterweise holte mich die Tochter vom Flughafen ab. So konnte ich auf der U-Bahnfahrt bei ihr vorfühlen. Auf meine Frage antwortete sie, sie seien eigentlich ganz gut ausgekommen. Eigentlich haben sie wenig gestritten. Bis auf die eine Gelegenheit, als ihr Bruder den großen Spiegel in ihrem Zimmer zerstört habe. Richtig geschimpft habe sie erst, als er es nicht habe zugegeben wollen und stattdessen krause Geschichten erzählte, wie es dazu gekommen sei. Aber ansonsten habe es kaum Streit gegeben. Zwischen ihnen auf jeden Fall weniger als zwischen dem Bruder und dessen Freund, den er sich als Sicherheit gegen die Einsamkeit zu uns nach Hause eingeladen hatte. Er konnte ja nicht wissen, dass seine Schwester über Gebühr häuslich sein würde. Seit ihr Freund spontan noch einmal in den Urlaub gefahren ist, hat man sie in den letzten beiden Wochen so häufig vor Ort gesehen wie in den letzten sechs Monaten in Summe nicht. 
Ich glaube, das Pilotprojekt lässt Wiederholungen zu.
Nur an den Selfies muss ich noch arbeiten, sagt die Brut.

Montag, 25. September 2017

Katerstimmung

Nach "Alles in Butter (pur beurre)" ist jetzt alles doof. Dass die blöde AfD ein zweistelliges Ergebnis erzielen würde, stand zu befürchten. Der Ärger darüber war damit vorprogrammiert. Was ich jedoch nicht gedacht hätte, dass demnächst die zweitbescheuertste Partei des neuen Bundestages wieder am Ruder sein würde. Wieso wählen fast elf Prozent eine Partei, die keine Inhalte liefert, sondern nur einen haartransplantierten, blondierten Affen nach vorne stellt, der sich für den Traumschwiegersohn hält? Doch mein eigenes Hauptärgernis ist die verschenkte Stimme. Was für ein Argument ist bitte: "Wir opfern uns und gehen in die Opposition, damit die AfD nicht stärkste Oppositionskraft ist"? Als ob es irgendeinen Unterschied bedeutete, wenn die SPD die größte Opposition stellt. Wenn sie keine Lust auf Regierung und Große Koalition mehr haben, hätten sie das vielleicht schon ein bisschen früher sagen können? Zumal das Abschneiden der blöden Rechtstorfnasen keine Überraschung war und die Entscheidung noch vor der ersten Hochrechnung kundgetan wurde. Dann hätten wir wenigstens ein etwas kurzweiligeres TV-Duell gehabt. Aber nein, nicht einmal diese Freude wird uns gegönnt! Einziger Lichtblick des gestrigen Abends: als der Sohn meinte, jetzt müsse "wieder ein antifaschistischer Schutzwall errichtet werden; nur in die andere Richtung."

Sonntag, 24. September 2017

Mein Ohr an der Zielgruppe

Auch nach einer Woche Urlaub kann ich meine professionelle Seite nicht ganz ablegen. So horchte ich auf, als auf dem Rückflug nach Hamburg in der Reihe hinter mir das Buzzword "Brigitte" fiel. Geäußert wurde es wahlweise von Mutter (70+) oder Tochter (40+) norddeutscher Provenienz, meine Schätzung ist Lübeck. Die Mutter wolle sich lieber mit Unterhaltung als Lektüre die Zeit vertreiben. Es gebe jedoch seit neuestem eine neue Brigitte. Die Tochter zählt alle ihr bekannten Brigitten auf: "Brigitte, Brigitte Woman..." mehr kennt sie nicht. Gerade will ich die weiteren Spin Offs soufflieren, und sie über Brigitte Wir als letzten Ableger aufklären, als sie sich beide einig sind, dass "die Brigitte auch nicht mehr so gut sei wie früher". Ich beschließe, sie nicht bekehren zu wollen. Ihr Durchschnittsalter passt mir nicht.

Samstag, 23. September 2017

Kénavo!

Nie fühlt man sich seinen Kindern so nah, als wenn man weit weg von ihnen ist. Vielleicht liegt es sogar nicht einmal daran, dass man sie in der Ferne über Gebühr vermisst. Wahrscheinlich fühle ich unterdessen fast wie sie. Die Bretonen mögen fast alles erfunden haben, ein paar Dinge sind garantiert nicht ihnen zuzuschreiben. Darunter das Netz und dessen Verbreitung. Ich werde langsam so hibbelig wie die Brut an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen ohne WLAN. Nur dass ich meine Ansprüche schon so weit zurückgeschraubt habe, dass ich mich über gelegentliches LTE freue. Meinen beiden Stadtkindern käme ein Urlaub hier vor wie der Vorhof zur Hölle: Neben fehlendem Internet ist es auch noch sehr ländlich. 
Vielleicht bin ich trotz fortgerückten Alters flexibler, denn all' das hat seinen Reiz. Heute entdeckte ich ein Auto aus Mecklenburg-Vorpommern. Dessen Insassen fühlen sich sicherlich zu Hause mit Meer, Landwirtschaft und eingeschränkten Öffnungszeiten. Da stört es kaum, dass sie in diesem Tal der Ahnungslosen eine merkwürdige Sprache sprechen (und ich meine nicht bretonisch). Schließlich ist es hier wärmer.

Dienstag, 19. September 2017

Bienvenue à Kerharengueac

Mich erinnert die Bretagne an Mecklenburg-Vorpommern. Nicht nur weil es hier viel Landwirtschaft und schöne Küste gibt. Auch weil Öffnungszeiten denen von Heringsdorf zu entsprechen scheinen. Sonntag nach 13:30 Uhr Mittagessen? Ein fast unmoralisches Ansinnen. Überhaupt am Sonntag "hors saison" gastronomischen Service zu verlangen, grenzt an Unverfrorenheit. Dass es in Frankreich Supermärkte geben sollte, die um 19:30 Uhr schließen, hätte ich vorher nicht für möglich gehalten. Man merkt, dass die Bretagne nur nominell ein Teil Frankreichs ist.

Samstag, 16. September 2017

Verrückt geplant

Um es mit der Nachbarin zu sagen: es wird Zeit das Muster zu durchbrechen. So habe ich mich heute früh zu nachtschlafender Zeit aus dem Haus geschlichen - und zwar auf Füßen, die im September in geschlossenen Schuhen steckten. 
Vollkommen verrückt, aber auch ein wenig berechnend. Wenn ich nahezu (wetter-)festes Schuhwerk mitnehme, wird das Wetter bestimmt selbst ganz im Westen Europas schön.

Freitag, 15. September 2017

Traum oder Wirklichkeit

Als ob herbstliche Morgengrauen nicht ohnehin schon die Betonung auf dem zweiten Wortteil hätten, schreckte ich heute früh hoch, als ich träumte, der Wecker habe geklingelt und ich ihn überhört, also verschlafen. Als er dann tatsächlich klingelte, war ich vollends verwirrt und maximal unlustig, seinem Ruf zu folgen. Wer morgens Schwierigkeiten hat zu wissen, wie er heißt und wo er sich befindet, sollte sich selbst nicht mit der Frage "Vorstellung oder Wirklichkeit?" belasten müssen.
Ebenso unvorstellbar kam mir vor, dass sich der Sohn gestern im Haushalt betätigte. Chefsache sozusagen: er wischte in der Küche die Zitate-Tafel sauber, um endlich nicht mehr den Spruch von Gerhard Polt ("Die Heimat der Salmonellen ist nicht ausschließlich der Kartoffelsalat") sehen zu müssen, den ich - zugegeben - vor längerem in Erwartung eines Sommers dorthin geschrieben hatte. Sein Wunsch, diesen zu tilgen, resultierte allerdings weniger aus der langen Verweildauer. Vielmehr fehle ihm "bei den Quotes die Internationalität". Ich erhielt außerdem die strenge Auflage, als Ersatz nichts von Element of Crime oder Sven Regener anzubringen. Die arme geschundene Brut!
Nicht verwunderlich also, dass es wohl bei den dreißig Minuten netto bleibt, die ich die Tochter zwischen ihrer Rückkehr vor einer Woche und meinem Abflug morgen gesehen habe. Von mehr kann ich ja nachts träumen.

Donnerstag, 14. September 2017

Servicegedanke

Wenn ich sie auch nicht sehe, kann ich der Tochter doch manchmal WhatsApp- oder Telegram-Nachrichten schicken. Die Reaktionen sind meist prompter und positiver als Face-to-Face. Man sollte die neue digitale Welt also nicht per se verdammen. Schon gar nicht zu Zeiten der dmexco, wenn nahezu die gesamte Timeline aus tollen Fotos von stylischen Messeständen und virtuellen Craft-Beer-Hipstern besteht.
Dass ich neben digitalaufgeschlossen auch dienstleistungsorientiert bin, habe ich bemerkt, als ich der physisch wohl dauerhaft abwesenden Tochter eine Empfehlung für ein Weihnachtsgeschenk an ihren Freund gab. Ich habe mich auch nur ein ganz klein wenig darüber geärgert, dass ich nicht in der Lage war, ihr den Link über Instagram zu schicken. Etwas mehr, als Instagram mir sagte: "Du kannst diesen Beitrag mit Freunden teilen." 

Dienstag, 12. September 2017

Täglich grüßt das Murmeltier

Wieder einmal beschleicht mich das Gefühl, in den letzten Tagen nichts geschafft zu haben. Nicht den Zeit-Stapel aus diversen Ausgaben abgearbeitet, keinen Post bzw. keine Auftragstexte geschrieben, nicht sichtbar aufgeräumt, nicht die Tochter nach Hause bestellt (obwohl ich sie vor meiner Woche Abwesenheit schon noch gerne sähe), nicht das Zeugnis des Sohnes organisiert und kein Geld abgehoben. Selbst diese Liste weiter fortzusetzen, schaffe ich nicht.
Vielleicht bin ich aber auch zu selbstkritisch. Wahrscheinlich sollte ich den Einsteigertipp gegen Depressionen beherzigen und eine Liste mit allen Dingen erstellen, die ich geleistet habe: körbeweise Wäsche gebügelt, einen Kleinkrieg mit den Nachbarn geführt ("Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten."), den Sohn zu mehr Ordnung gemahnt (nutzlos), den Küchenboden gewischt (nachdem ich darauf großflächig ein Jahr überfällige Erfrischungsstäbchen verteilt hatte, als ich sie in den Müll werfen wollte; sie kleben übrigens wie frische) und nebenbei noch täglich mindestens acht Stunden gearbeitet. Na, bitte - geht doch! Obwohl... nicht einmal das frühere Zubettgehen habe ich geschafft.

Sonntag, 10. September 2017

Geständnis

Manchmal befürchte ich, gerade zu einer miesepetrigen Alten zu mutieren. Unsere neuen Nachbarn beginnen, mir auf den Wecker zu gehen.
Dass sie dem Massagemäuschen ähnelt (wie der Gatte der Tochter unerwünscht sagte: "Sie war nicht der Grund sondern nur der Anlass."), dafür kann sie nichts. Das ist mein Problem. 
Dass er ständig den Aschenbecher wegräumt, den ich vor unsere Wohnungstür stelle, damit mir bekannte und unbekannte Jugendliche nicht den Treppenabsatz mit Kippen, Asche o.ä. vollmüllen ("Der Kleine hält das immer für einen Trinkbecher."), ist vielleicht schon ein gemeinsames Problem. Wofür der Kleine die Gießkanne hält, die ich als Erinnerung neben die Pflanzen in unserem gemeinsamen Eingangsbereich gestellt habe, weiß ich nicht. Als Kompensation stellen sie zum Glück irgendwelche Getränkekisten an den leeren Platz.
Dass sie den Goldjungen sonntags vor 9:30 Uhr vor meinem Schlafzimmerfenster immer und immer wieder mit dem Bobbycar die Rampe heruntersausen lassen (ohne Flüsterräder auf Pflastersteinen - Ehrensache!), stört mich in meiner Wochenendausschlafroutine. Ich weiß, für Eltern mit kleinen Kindern ist zwei Stunden nach dem Hellwerden keine Zeit, aber für Mütter von jugendlichen Kindern ist sie es schon.
Mich beruhigte immerhin, dass ich nicht übertrieben genervt auf die junge Familie reagiere, als der Sohn meinte: "Die sind ja nett, aber das geht nicht." Stein des Anstoßes war, dass sie ungefragt ihre Wäsche auf dem Balkon meiner Eltern trocknen. Fragen müsse man schon.

Samstag, 9. September 2017

Zukunftsmusik

In ein paar Tagen wird hoffentlich diese Novembertristesse ein Ende haben.
In etwa drei Wochen werde ich wissen, ob ich mich für den Gerinnungsstammtisch qualifiziere. Ich bin sehr daran interessiert, seit ich den Flyer bei meinem gestrigen Besuch der entsprechenden Ambulanz entdeckte. Ich stelle es mir ungemein spannend vor, wie wir uns darin ergehen würden, wessen Von-Willebrand-Faktor nun niedriger sei. Was könnte es Schöneres geben?
Bis in alle Ewigkeit jedoch wird wohl meine Vorstellung von "Die Küche Aufräumen" himmelweit von der meiner Kinder abweichen.

Freitag, 8. September 2017

Vielleicht auch nur Herbstblues

Im Prinzip halte ich mich für einen vernünftigen Menschen. Doch meine Entscheidung, gestern Abend einer Party bei der Ex-Arbeit beizuwohnen, war nur mäßig klug. Zum einen aus den naheliegenden Gründen: wenig, später und restalkoholisierter Schlaf erschwert selbst den Casual Friday deutlich. Zum anderen habe ich dabei nicht bedacht, dass ich heute (endlich!) einen Termin in der Gerinnungsambulanz habe. Jetzt frage ich mich, ob sich am Ende Passivrauchen auch in irgendwelchen Blutwerten niederschlägt. Und wie schnell baute sich Alkohol nochmal ab? Hätte ich doch in Biologie besser aufgepasst.
Doch was mich am meisten beschäftigt: dass sich alles auch nach über einem halben Jahr wie zu Hause anfühlte, dass es immer noch diese Vertrautheit mit den Zurückgelassenen gibt und dass ich mich einfach an meinen alten Platz hätte setzen und losarbeiten können. 

Donnerstag, 7. September 2017

Na, toll!

Es wird wohl wirklich Herbst. Nach meiner Schließerrunde gestern Abend war es nahezu dunkel. (Ja, Eure Wohnungen stehen noch!) Das bedeutete, ich musste mir zusätzliches Licht verschaffen, als ich versuchen wollte, den zukünftigen Schal aus seinem Topflappenstatus herauszuholen. Ich stellte mir also meine Flamingolampe neben das Sofa. Da Geschicklichkeit nicht so mein Thema ist, warf ich sie im Verlauf des Abends um bzw. herunter. Sie funktioniert zum Glück noch, doch der Flamingo hat ein paar Federn lassen müssen (pardon the pun!). Die Sollbruchstellen Hals und Schwanz brachen durch bzw. ab. Ein weiteres Stück Glück, dass ich Sekundenkleber vorrätig hatte. Es kam, wie es kommen musste: schon beim Aufschrauben der Tube hatte ich es geschafft, den Inhalt größtmöglich auf die Finger meiner rechten Hand zu schmieren. Mit links kann man auch kleben, ich weiß es jetzt. Die gute Nachricht: Der Flamingo lebt wieder! Nur Ornithologen werden seine Brüche nach genauer Inspektion erkennen können.

Doch was mit meinen Waranfingern unternehmen? Über Nacht, beschloss ich, sie zu ignorieren. Wenn auch das Herauspicken der Kontaktlinsen etwas erschwert war. Doch pünktlich zum Weckerklingeln wurde mir das Problem wieder bewusst. Ich entschied mich für die Badewanne. Der Plan war, die Finger schrumpelig werden zu lassen und dann die entstandenen Hohlräume zum Abtragen auszunutzen. Gute Idee, doch ich beklage die klar-weiße Farbe von Sekundenklebern. Man kann Haut so schlecht von Klebe unterscheiden. Über Bimsstein und Schmerz zu gehen, ist wahrscheinlich die harte Schule. Egal, Schwamm drüber! 
Dass mein Telefon mich wohl nie mehr als Inhaberin erkennen wird, weil mein Daumenabdruck auf ewig entstellt sein wird, finde ich nicht so schlimm. Dann merke ich mir wenigstens die PIN. Dass ich die Flamingolampe nun nicht mehr mit in die Wanne nehmen kann, auch kein allzu großer Verlust. Dass mir jetzt jedoch nie wieder jemand Komplimente wegen meiner weichen Hände machen wird, das trifft mich hart. 

Mittwoch, 6. September 2017

Es riecht nur schlecht

Da heißt es häufig, Print sei tot. Wie oft habe ich den Satz bei meinem Jobwechsel gehört, als ich vom Medium Fernsehen zu dem Publikumszeitschriften überschwenkte. Ich hatte den gleichen Satz schon seit längerem und so oft zum Fernsehen gehört, dass ich darauf nicht mehr allzu viel gab. Am Rande: der Sohn baute gestern darauf, dass mein TV-Wissen aufgebraucht sei, als er mir auf der Suche (anstrengend ohne Fernbedienung) nach dem Qualifikationsspiel Türkei-Kroatien verklickern wollte, Nitro sei Pay TV. Ganz so dement bin ich nicht, Freundchen! Doch zurück zu Print. Das soll angeblich noch toter sein als Fernsehen. Meine n=1-Erfahrung sagt etwas anderes. 
Gestern erhielt ich eine Sprachnachricht (Ehrensache!) der Tochter, die aktuell auf Kreta weilt. Ganz im Muttermodus befürchtete ich, es sei etwas passiert. Sie meldet sich doch sonst nicht... Was soll ich sagen? In der Nachricht bat sie mich darum, ob ich ihr eine GEO WISSEN-Ausgabe besorgen könne. Die heiße "Was kommt nach der Schule? und klinge sehr gut und ihre Freundin habe das". Sie wisse nicht, wie aktuell es sei, aber falls es älter sei, könne ich es vielleicht im Archiv auftun. In meiner Freude, dass nichts Schlimmes geschehen war, überlegte ich kurz eine - zugegeben etwas schnippische - Antwort (geschrieben, Ehrensache!), ob es dazu keine YouTube-Tutorials gebe. Dann habe ich einfach mal gar nicht geantwortet. Das schien mir zielgruppenadäquat und die Variante mit dem meisten Swag.

Dienstag, 5. September 2017

Neue Freiheit

Es gibt viele Gründe, derentwegen ich mich freue, den Arbeitgeber gewechselt zu haben. Wie immer gibt es natürlich auch ein paar Nachteile. So fehlen mir manche liebgewonnene Ex-Kollegen und die Vertrautheit mit ihnen. Doch einer der Hauptgründe, mich über den Wechsel zu freuen, ist sicherlich, dass ich heutzutage die taz der Nachbarin (die ich derzeit wegen ihrer Abwesenheit lesen darf) offen mit zur Arbeit nehmen kann, ohne mir in der Folge wochenlang Kommentare des Chefs anhören zu müssen. Manchmal läuft es eben.