Freitag, 29. September 2023

Nase voll, trotzdem toll

Es war vorprogrammiert. Wenn ich endlich Urlaub habe, werde ich zum Start erstmal krank. Aber ich bin gut davon gekommen, denn es ist nur die erste Erkältung seit ungefähr drei Jahren. Es hätte schließlich auch Scharlach oder das böse C sein können. So ist es nur ein Schnupfen. Dessen größte Probleme darin bestehen, bei dreißig Grad an die notwendigen Taschentücher zu denken und bei azurblauem Himmel die Sonne zu meiden. Gut war hingegen, quasi serienmäßig eingebaute Wadenwickel zu nutzen. Das geht so: Beim Strandspaziergang zum Sonnenuntergang die Hose hochzukrempeln. Dann gleich die ersten kleinen Wellen mitnehmen, so dass sich die Hosenbeine wegen der Nässe entkrempeln. Im Anschluss etwa sechs Kilometer mit gut befeuchteten Waden durch die Meeresbrise laufen. Diese Erkältung kann gar nicht anders, als ganz schnell zu verschwinden.



Sonntag, 24. September 2023

Endlich

Entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten stand der Sohn am Küchenfenster und drückte sich dort die Nase platt. Nicht nur bildlich sondern wirklich: ich versuchte mich hinterher daran, die Spuren von der Scheibe zu wischen. Normalerweise kann er nicht weit genug von den Fenstern entfernt sein. Man könnte ihn von außen sehen. Es ist nur meiner hartherzigen Art zu verdanken, dass ich seinem fortwährend vorgetragenen Ansinnen nach Vorhängen oder Jalousien in der Küche (und im Wohnzimmer) aus Prinzip nicht nachkomme. Verwraste Gardinen sind schließlich kein Argument. Und doch, diesmal stand er ungeachtet dessen im Spotlight. Zusätzlich überraschend, dass es ihm nicht darum ging, die Hunde auf dem gegenüberliegenden Auslaufplatz zu beobachten. Stattdessen schien er eine andere Mission zu haben. Irgendwann hörte ich seinen Ausruf: „Der ist von DHL, das respektiere ich nicht!“ Zugegeben, die gelben Jacken mit roten Applikationen tun nichts für die Kollegen, aber derartige Modegesichtspunkte sind dem Sohn bei anderen eigentlich fremd. Es hatte zwar im weitesten Sinne mit Mode zu tun, aber es stellte sich heraus, dass er auf Hermes wartete. Deren Mitarbeiter sollten ihm vor seinem Italienurlaub zwei Hosen liefern („Bis 15 Uhr gebe ich ihnen noch, danach habe ich keine Hoffnung mehr.“). Zur Überbrückung hörte der Sohn nicht etwa „Urlaub in Italien“ sondern Anleitungen in Landessprache, wie man am besten süditalienische Köstlichkeiten zubereite. Irgendwann nach 16 Uhr ging er nicht ganz so beschwingt wie sonst zu seiner Freundin. Zum Glück blieb ich wie sonst noch etwas länger im Home Office. Kurz vor 19 Uhr kam die ersehnte Fracht. Als partiell weniger hartherzige Mutter schickte ich ihm eine Nachricht mit Fotobeweis. Auf die ich wie sonst keine Antwort bekam. Nun ist er angemessen bekleidet in Italien, während ich Urlaub in Frankreich machen darf. Er mag Lieder und Hosen haben, wir haben Le Touquet.


 

Mittwoch, 13. September 2023

Ach so

Den zweiten Tag in Folge wachte ich auf und wusste nicht, in welcher Welt ich mich befand. Und das, obwohl ich seit einigen Tagen im gleichen Bett schlafe. Die Orientierung war nicht das Problem. Die Geräusche von draußen waren nicht zu deuten. Irgendwann dämmerte es mir: Regen. Eigentlich hätte ich gedacht, dass nach diesem Sommer das Geräusch vertraut sein müsste. Doch im Juli und August war viel Tristesse mit gelegentlichem Niederschlag. Jetzt ist viel Regen mit Sommerendblues. Gebt mir noch ein paar Tage, damit ich weiß, was mir besser gefällt. So wäre es mir am liebsten:



Mittwoch, 6. September 2023

Ohne Liebe geht es auch

Nach wie vor fremdele ich mit dem neuen Album, doch als Abschluss eines hervorragenden Konzertsommers eigneten sich Sven Regener und die Seinen in jedem Fall. Vielleicht gehören die vielen Moll-Lieder einfach zwingend zur leicht melancholischen Spätsommerstimmung. Andere haderten mehr mit der Konzertstätte. Ich fand die Laeiszhalle stimmungsvoller als die Sporthalle und wahrscheinlich auch als die Elbphilharmonie. Vielleicht waren die Sitzplätze einfach nur zielgruppenadäquat und altersgemäß. Nicht nur auf der Bühne sondern auch davor dominierten die Grauhaarigen. Zusätzlich die Gefärbten (zu denen Herr R. zum Glück nicht mehr zu gehören scheint), Haarlosen und Haarreduzierten. Meine Gunst hatte sich Element of Crime wieder vollständig erspielt, als sie - anders als beim letzten Mal im schlammigen Stadtpark - wie es sich gehört für einen Auftritt in Hamburg „Vier Stunden vor Elbe 1“ darboten. „Scheiß‘ doch auf die Seemannsromantik…“ entschädigt für Drinnen und Sitzplätze allemal.