Samstag, 28. Oktober 2017

Vive le pont!

In unserem kleinen, beschaulichen Dorf ist immer etwas los. Vor unserer Tür fand sich heute morgen eine Brieftasche. Genau genommen hatte der Sohn sie schon in der Nacht entdeckt. Er hob sie jedoch nicht auf, weil er sie für ein Zeichen von Gott hielt. Was auch immer es ihm sagen wollte.


Mein Ansatz war weltlicher. Nachdem die Nachbarn beschlossen hatten, sie haben keine Zeit für einen Polizeibesuch, blieb die Aufgabe an mir hängen. Denn es war recht wahrscheinlich, dass die Brieftasche gestohlen, ihres Geldes beraubt und dann chez nous entsorgt wurde. Was vermutlich nur am von mir vor der Tür positionierten Aschenbecher liegt. Dieser ist den neuen Nachbarn ohnehin ein Dorn im Auge, da ihr Sohn ihn für einen Trinkbecher hält. Ich nenne es Darwinismus. Ehe ich mich also zur Polizei aufmachte, googlete ich erst einmal den Namen auf dem Personalausweis (Carte d‘ identité de la Republique Française). Es stellte sich heraus, dass sie einem französischen Bariton mit Gastauftritt in Hamburg gehörte. Der überraschend ansehnlich war. Wenn auch einige Jahre jünger als ich. Das wusste ich allerdings schon vom Personalausweis. Ich rief in seinem Theater an. Die Dame an der Theaterkasse konnte sich leider nicht vom Fleck bewegen. Deswegen bat sie, ob ich die Brieftasche vorbeibringen könne. Ich konnte. Mir wurde in Aussicht gestellt, ich bekomme in Zukunft bestimmt Ermäßigungen oder Freikarten.
Der Sohn mutmaßte bei meiner Rückkehr, ich sei zu frankophil, für einen Deutschen hätte ich das nicht getan. Dabei lag es nur am Brückentag.

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