Dienstag, 30. Januar 2024

Wie man‘s macht…

Vielleicht war ich etwas zu euphorisch, als ich sagte, Wetter können sie hier. Kaum dass meine spärlichen Urlaubstage beginnen sollten, war es hier anhaltend grau. Zugegeben, nicht das bleierne Grau des Nordens, sondern mehr ein helles, aber definitiv kein strahlendes Blau mehr. Auch die Temperaturen unterscheiden sich um San Paolo herum nur unwesentlich von Sankt Pauli. Man spricht hier von „traurigem“ und kalten Wetter. Dabei habe ich brav aufgegessen. Und mich pfadfindergleich im Dienste der noch weniger Einheimischen als mich begeben. Einem - ihrem Zahnstatus nach zu urteilen - etwa neunjährigen asiatischen Mädchen auf seine auf spanisch gestellte Frage, was das (tellergroßes, gestrandetes Objekt grau-lila Färbung) sei, ebenso auf spanisch geantwortet, dass es sich um eine Qualle handele. Was es pflichtschuldig seinem Vater in eine mir nicht geläufige Sprache übersetzte, woraufhin mich beide anstrahlten. Das Mädchen umso schöner, mit seinen zweireihigen Eckzähnen. So weit ich weiß, habe ich mir während meiner Arbeitswoche hier nichts zu schulden kommen lassen.
Nächstes Mal mache ich es andersherum: erst Urlaub, dann Arbeit. Wenn das Wetter dann umgekehrt ist, nehme ich es persönlich.



Sonntag, 21. Januar 2024

Unglaublich

Eine Woche ist es her, dass ich mich mit dem Weihnachtsbaum beschäftigt habe. Am Vorabend noch einmal die Kerzen anzünden und anschließend das große Abschmücken, Zersägen und Vor-Die-Tür-Bringen. Und jetzt sitze ich hier, entledige mich ungläubig nach und nach meiner Oberbekleidung sowie der Schuhe und Strümpfe. Anfangs noch in Yeti-Hausschuhen und dicken Socken - schon ein Gewinn gegenüber den ewigen Profilschuhen der kalten Heimat - ist unterdessen selbst der Steinboden durch die Januarsonne so aufgewärmt, dass man ihn barfuß betreten kann, ohne zu frieren.
Im Restaurant gegenüber - dem einzigen, das zu der unwirtlichen Jahreszeit geöffnet hat - füllen sich die Tische draußen langsam mit wackeren Menschen in Daunenjacken, die zum Glück zeitweilig einen Kaffee haben, der sie zusätzlich wärmt. Während ich im T-Shirt schwitze, trotzen sie der ola de frío. Heute nur Höchsttemperaturen von +14° im Schatten. Die winterliche Atmosphäre wird verstärkt durch die aufgewühlte See, der mediterranen Entsprechung des blanken Hans‘.
Sie finden mich hier vermutlich verrückt in meinem T-Shirt. Unentschieden. Ich sie auch mit ihren Handschuhen.



Dienstag, 16. Januar 2024

Beendet

Endlich kann ich wieder entspannt durch unser beschauliches Dorf gehen. Ich muss nicht mehr an jeder Ecke denken: „Och, der ist doch noch gut!“, denn nach der zweiten Runde sind nun alle Tannenbäume von der Stadtreinigung abgeholt. Nicht ganz rückstandsfrei, weil sie einige Zweige am Wegesrand gelassen haben. Ich gebe zu, sie sind von mir - und ich finde es kleinlich, dass sie nicht mit gehäckselt wurden. Gehörten sie doch einst zum großen Konzeptbaum, den ich allerdings zersägen musste, weil er die statthafte Abholhöhe von 2,50 m überschritt. Egal. Es siegt die Freude, es rechtzeitig zum zweiten Entsorgungstermin geschafft zu haben. Erledigt nicht nur, den Weihnachtsbaum aus dem Wohnzimmer zu expedieren, auch den Schmuck ohne Schäden zu verstauen (einziger Verlust diese Saison: ein kleiner Pilz, der beim Wiederverwenden des Einwickelpapiers herausfiel), die Nadeln auszufegen, aufzusaugen, Wachsreste vom Boden zu kratzen und anschließend feucht durchzuwischen. Der Sohn, der vorher vollmundig seine Mithilfe bei diesem Projekt angekündigt hatte, tauchte erst auf, als der Baum schon vor der Tür war, und wunderte sich über den vielen Freiraum und dass schon alles - naja, nicht ganz alles - passiert sei. Offensichtlich arbeite ich nicht nur effektiv, sondern auch lautlos. Trotz größter Anstrengung werden wir Nadeln vermutlich noch über den Sommer hinaus wiederfinden. Ähnlich wie ich noch immer auf schwarze Hundehaare treffe, von einem Besuchshund im letzten Jahr. 
Noch entspannter werde ich nur unterwegs sein, wenn auch Schnee und Eis erledigt sein werden. Frau Holle ist leider eine weniger ordentliche Hausfrau als ich.





Donnerstag, 11. Januar 2024

Und so weiter

Für alle, denen es bisher zu schwer war, das Alter der Jubilarin zu erraten, haben wir hier noch ein paar zusätzliche Hinweise eingebaut (bei Tag ist es zudem leichter):



Zahn der Zeit

Leider merke ich unterdessen das Alter meiner Kinder in den Knochen, wenn ich fast noch am Vorabend ihrer Geburtstage nach Back- und Deko-Aktionen - im Anschluss an einen vollwertigen Arbeitstag - ins Bett falle. Gestern habe ich sogar zweimal gebacken. Da hier skandinavische Temperaturen herrschen, dachte ich mir, ich könnte zusätzlich zum obligatorischen Geburtstagskuchen auch noch das backen, was die Tochter für landestypische Küche hält: eine Rosenkohl-Quiche. Die letzte Silberdekoration am eigentlichen Kuchen kann erst à la minute erfolgen, daher befindet er sich noch nicht auf dem Bild. Fragt sich bloß, wie alt das Kind wird?



Donnerstag, 4. Januar 2024

Alles neu

In unserem kleinen Dorf nimmt man offensichtlich die guten Vorsätze fürs neue Jahr ernst. Trotz Wind und vor allem Regen wurden die Bäume auf dem nahe gelegenen Schulhof geschnitten. Von Profis mit dem entsprechenden Werkzeug, fachgerechter Absperrungen mit vielen Pylonen und mehreren Fahrzeugen mit blinkenden Hebebühnen. Das erfreute nicht nur mich als Passantin, die sich nun weniger über fallende Äste sorgen muss. Für Spektakel sorgte es auch im angrenzenden Kindergarten. Technik, die so sehr begeistert, dass sich viele Kinder an Zaun und Fenstern die Nasen platt drückten. Bei den bewunderten Akteuren wiederum war die Begeisterung kaum geringer: hatten sie doch einen schülerlosen Pausenhof für sich und konnten in ihrer aktiven Mittagspause die Tore selber für ein munteres Fußballspiel nutzen. Erstaunlich wie viel Freude allerseits aus einem trüben Tag Anfang Januar zu holen ist.



Montag, 1. Januar 2024

Schwein gehabt

Was ich zum Jahresende eines okayren (die Tochter), aber nicht superen Jahres nicht gebraucht hätte, wäre ein Gerstenkorn gewesen. Mich fragt aber keiner. Wie gut, dass derzeit an einem Großteil des Tages Dunkelheit herrscht. Meine Kur „Silvester am Grill“ war vermutlich nicht die geeignetste. Dafür waren immerhin Glut und Grillgut exquisit. Außerdem konnte ich klietschäugig ohne Übertreibung behaupten, das nächste Jahr wird besser. Wenn nicht in jedweder Hinsicht, dann zumindest im Hinblick auf die Sicht. Eigentlich kann in diesem Jahr dank Neujahrsdeko nichts mehr schiefgehen: unsere Showtreppe habe ich kurzerhand zur Schweinetreppe umarrangiert. Einzig Eberhard Porkow (zu sehen auf der unteren Stufe; ein Türstopper, den ich von den Kindern zu Weihnachten bekam und der die Feiertage im wesentlichen auf meinem Arm verbrachte) habe ich schweren Herzens für die Allgemeinheit hergegeben. Doch fürs Glück meiner Lieben bringe ich selbstverständlich Opfer.