Dienstag, 31. Oktober 2017

Früher war nicht alles schlecht

Heute war wieder der einseitig sehr beliebte Spontanbesuch des Vaters meiner Kinder angezeigt. Vielleicht weil es zum Monatsende so Usus ist - die Wege des Herrn sind unergründlich. Der Grad der Spontaneität war noch höher als sonst, weil er ohne weitere Vorankündigung ins Zimmer des Sohnes einfiel. Fast so schnell wie er drin war, war er auch wieder draußen. Dem Sohn stand der Sinn wohl nicht nach Vater-Sohn-Gesprächen. So blieb uns noch ein wenig Zeit zur Konversation, in der ich meinen teuflischen Plan schmiedete: der ehemalige Mitbewohner könnte sich verdient machen, indem er die vor der Tür befindliche Maus beisetzte. Last Exit Restmüll. Gebet nicht vergessen. Zumindest die Bestattung (im dargereichten Premium-Herbstmotiv-Küchentuch) übernahm der Mann klaglos. Egal wie selten sie waren, so etwas hilft, sich auch an die guten Zeiten zurück zu erinnern.

Montag, 30. Oktober 2017

Stürmische Zeiten

Nun haben auch wir das erste Todesopfer durch Sturm Herwart zu beklagen:

Ich freute mich ursprünglich sehr, dass mein Rhododendron nicht umgekippt war. Das pflegt er sonst bei jedem größeren Sturm zu tun. Es flogen jedoch Äste anderer Bäume herum. Und so hat es die Maus am Ende doch neben meiner Pflanze erwischt.
Für mich müsste es diesen ganzen Mist mit Sturm, fallenden Blättern, Eicheln, Nebel, Kälte, Laubpustern und Laternenumzügen nicht geben. Ich käme gut ohne Herbst klar. Aber mich fragt ja keiner. Also schalte ich die Heizung an und koche Suppe.

Sonntag, 29. Oktober 2017

Autumn Leaves

In meiner Euphorie, dass ich tatsächlich eine höchst charmante Einladung des französischen Künstlers bekam, dessen Brieftasche ich gestern fand und vorbeibrachte, konnte ich mich heute weniger lustigen Aufgaben widmen. Mal was Verrücktes tun: die Fenster schon vor Halloween putzen (danach dann vermutlich auch nochmal). Eigentlich wollte ich nur die Fensterbank entrümpeln und säubern, doch dann packte mich der Ehrgeiz. Und siehe da, es war ein wenig so, als hätte ich beim Laubfegen Geld gefunden. Als ich das Gelump von der Fensterbank entfernte, stellte ich fest, dass die Orchidee dahinter verborgen einige Blüten produziert hatte. Offensichtlich bekommt ihr meine Zuckerbrot-und-Peitsche-Behandlung aus sporadischem Fluten und wochenlangem Vergessen. Wenn ich nicht geputzt hätte, wäre mein unglaublich grüner Daumen vermutlich unbemerkt geblieben.


Samstag, 28. Oktober 2017

Vive le pont!

In unserem kleinen, beschaulichen Dorf ist immer etwas los. Vor unserer Tür fand sich heute morgen eine Brieftasche. Genau genommen hatte der Sohn sie schon in der Nacht entdeckt. Er hob sie jedoch nicht auf, weil er sie für ein Zeichen von Gott hielt. Was auch immer es ihm sagen wollte.


Mein Ansatz war weltlicher. Nachdem die Nachbarn beschlossen hatten, sie haben keine Zeit für einen Polizeibesuch, blieb die Aufgabe an mir hängen. Denn es war recht wahrscheinlich, dass die Brieftasche gestohlen, ihres Geldes beraubt und dann chez nous entsorgt wurde. Was vermutlich nur am von mir vor der Tür positionierten Aschenbecher liegt. Dieser ist den neuen Nachbarn ohnehin ein Dorn im Auge, da ihr Sohn ihn für einen Trinkbecher hält. Ich nenne es Darwinismus. Ehe ich mich also zur Polizei aufmachte, googlete ich erst einmal den Namen auf dem Personalausweis (Carte d‘ identité de la Republique Française). Es stellte sich heraus, dass sie einem französischen Bariton mit Gastauftritt in Hamburg gehörte. Der überraschend ansehnlich war. Wenn auch einige Jahre jünger als ich. Das wusste ich allerdings schon vom Personalausweis. Ich rief in seinem Theater an. Die Dame an der Theaterkasse konnte sich leider nicht vom Fleck bewegen. Deswegen bat sie, ob ich die Brieftasche vorbeibringen könne. Ich konnte. Mir wurde in Aussicht gestellt, ich bekomme in Zukunft bestimmt Ermäßigungen oder Freikarten.
Der Sohn mutmaßte bei meiner Rückkehr, ich sei zu frankophil, für einen Deutschen hätte ich das nicht getan. Dabei lag es nur am Brückentag.

Freitag, 27. Oktober 2017

Was Friseure können, können nur Friseure

Wenn ich es nicht schon seit 17 Jahren wäre, spätestens jetzt verliebte ich mich in den Sohn. Er sieht auch für weniger befangene Menschen als Mütter ohnehin recht gut aus und hat jetzt zusätzlich eine "freshe Frise". Diese hat ihm der Vater eines Freundes verpasst, der vom Fach ist.
Ich stehe dazu, man darf auch mal ganz oberflächlich sein und das eigene Kind anhimmeln. Man ist nur gut beraten, es nicht allzu auffällig zu tun, denn es könnte der Brut zu Kopf steigen. Auch der Sohn wirkt mit seinem Äußeren im Reinen. Für ihn beste Voraussetzungen für anstehende Prüfungen. Für mich auch, da ich ihm nur ein klitzekleines Bisschen übelnehme, dass er mich heute Abend aus der eigenen Wohnung ausgeladen hat, um sturmfrei zu haben.

Donnerstag, 26. Oktober 2017

L‘enfer, c‘est la mâche

Wenn ich ganz ehrlich bin - und hier kann ich es sein, denn wir sind entre nous -, das Beklagenswerteste an der dauerhaften Abwesenheit der Tochter ist bestimmt, dass ich sie nicht einsetzen kann, um Feldsalat zu putzen. Meine Hölle wird daraus bestehen, dass ich ohne Unterlass kleine grüne Blätter von Dreck und sandigen Wurzeln befreien muss, während nach und nach immer mehr ganz kleine, nasse Blätter an den Fingern kleben. Wer spricht vom 1A-Abitur? Das wahrhaft Tolle an der Tochter ist, dass sie diese Arbeit klaglos erledigt. Ich werde ganz eifersüchtig, wenn ich mir vorstelle, dass sie den Job wahrscheinlich in einem Haushalt in Hoheluft übernimmt.
Blöderweise habe ich Feldsalat eingekauft. Ein Anfängerfehler in unserer häuslichen Situation. Und noch blöder, dass ich den Sohn von der veganen Variante überzeugt habe. Es hört nämlich nicht mit Salatwaschen auf. Anschließend muss man noch eine Salatsauce hinbekommen und Brotwürfel in Olivenöl rösten. Und aufpassen, dass keine kleinen Kohlestücke daraus werden. Am Ende schmeckt es ihm so gut, dass er sich diesen Mist auch am nächsten Tag wünscht. Ein kleiner Vorgeschmack auf das Jenseits?

Mittwoch, 25. Oktober 2017

Früher war alles schlechter

Es soll Menschen meines Alters geben, die digitale Kommunikation als Teufelszeug verdammen. Ich gehöre nicht dazu. Ich freue mich zu wissen, dass die Tochter noch lebt, wenn sie meine Instagram-Bilder mag. Der (das?) Like kommt eigentlich immer innerhalb von Sekunden. Meist ist es ein Fotofinish zwischen ihr und unserem Bundestagsabgeordneten, wer als erster den Doppelklick schafft. Unterdessen poste ich manchmal Bilder, um ein Lebenszeichen (der Tochter!) zu provozieren.
Noch ergiebiger und erfreulicher ist jedoch die Kommunikation über WhatsApp. Nachts um 4:10 Uhr erhält man Sprachnachrichten, in denen sie sich nach meiner Einstellung zu Homöopathie erkundigt. Dass ich sie überhaupt bemerke, liegt an einer schlechten Nacht meinerseits. Die Panik über Nachrichten um diese Uhrzeit währt zum Glück nur kurz; eben, bis ich sie abgehört habe. Ich vermute, das WLAN bei ihrem Freund ist nicht zu jeder Zeit stabil. Eigentlich dächte ich, das sei im Alter der Tochter ein Trennungsgrund. 
Wie gut, dass ich den Sohn mehr live erleben kann. Er hat es nicht so mit der digitalen Kommunikation. Dafür erkundigte er sich fürsorglich, ob ich ihn und sein Gerumpel denn während der schlafarmen Nacht gehört habe. Musste ich leider bejahen. Er brummelte etwas wie, war ja klar mit den Fledermausohren. Ich begann meinen Unmut auszudrücken, so schlimm sei deren Form gar nicht, außerdem habe er die gleichen... Er so: „Nein, Mama, Du hörst so verdammt gut. Wie Fledermäuse eben.“
Hat man schon schönere Komplimente von Söhnen gehört?

Montag, 23. Oktober 2017

Tiptop

Nach der ersten Halbzeit am Sonnabend sah es sehr gut aus für meine Tipps. Ich wäre sehr dafür gewesen, diesen Ergebnisstand einzufrieren. Doch es kam anders. Wenigstens hatte ich Ablenkung. Ich durfte mich in die pickepackevolle S 31 quetschen. Viva la Sardina! Diese fuhr lange Zeit nicht los, da irgendjemand regelmäßig von Hauptbahnhof bis Eidelstedt an jedem Halt die Türen versperrte. Zum Glück fand Sherlock von Garnier schnell heraus, wer der Übeltäter war:
Doch ich will nicht klagen. Es gab schließlich Karten für das Spiel HSV gegen Bayern geschenkt. Die Tickets waren der Gewinn eines Tipp-Spiels, den meine Ex-Kollegen und ich aufgrund unserer hervorragenden Teamleistung im Tippen ergattert hatten. Selbst der Sohn, der normalerweise kein gutes Haar an Verflossenen lässt, fand es sehr nett, dass die Ex-Kollegen mich trotz meines Weggangs noch in den Gewinn einbezogen. "Das ist wirklich nett. Hätte er echt nicht gemusst.", war wohl der genaue Kommentar dazu. Zu den Schattenseiten des Events gehörte nicht nur das Fritz-Walter-Wetter, das die Zeit nach der S-Bahnfahrt erschwerte. Auch die Anwesenheit vieler Bayernfans erfreute das Herz nicht allzu sehr. Überraschend fand ich, dass kaum jemand von ihnen aus Bayern zu kommen schien. Die, die ich traf waren allesamt Rheinländer, Westfalen oder Zonis. Im Heimatbahnhof traf ich eine Truppe Bayern München-beschalter Sauerländer, die im Dschungel der Großstadt verloren waren. Ich gab die Reiseleiterin. Sie bedankten sich artig und konstatierten lautstark, sie seien eben keine Städter. Als ob ich das nicht gemerkt hätte. Dafür schienen sie sich in Sachen Bier auszukennen: "Wir kommen von da weg, wo das Bier herkommt. Warstein und so." Am Ende befand eine der mitreisenden Damen der Gruppe, es gehe ihnen mit den Hamburger Fahrplänen wie den Städtern bei ihnen mit den Wanderkarten. Die mir eigene Höflichkeit und Bescheidenheit verboten es, ihr zu antworten, dass ich selbst als Orientierungsnull mit ländlichen Karten mehr anfangen kann.
Immerhin brachte mir dieses Spiel wichtige drei Punkte beim Tippen.

Freitag, 20. Oktober 2017

Fürs Leben lernen

In letzter Zeit bringe ich den Sohn immer wieder an die Grenzen seiner Diplomatie-Fähigkeiten. In meiner Begeisterung, welche Lebensmittel unterdessen auch in veganer Variante erhältlich sind, besorge ich ihm oftmals das eine oder andere. Im Grunde sagte er mir gerne, Dinge die herkömmlich schon scheiße schmecken, werden nicht allein dadurch besser, dass sie vegan sind. Ich merke ihm an, dass er sich bloß nicht traut, es so zu sagen. Wenn seine mathematische Bildung schon etwas weiter gediehen wäre, könnte er sich mit notwendigem und hinreichendem Kriterium 1 A aus der Affäre ziehen. Doch dafür braucht es wohl noch etwas. Als garstige Mutter behalte ich meine kleinen Geheimnisse für mich. So exerziert er nach wie vor die Gratwanderung, mich einerseits für meine Unterstützung seines tierfreundlichen Lebensstils zu loben, mich aber andererseits nicht zu sehr anzuregen, noch mehr unverdaulichen Schrott mitzubringen.
Doch auch ich mache mir Gedanken (nicht etwa Abendbrot). Nach der Sneak Preview des Brigitte-Plätzchen-Extra (ja, es ist wohl schon fast wieder so weit) überlege ich nun, ob ich zur Saison veganen Baumkuchen hinbekommen werde. Man muss sich auch Ziele setzen im Leben.

Mittwoch, 18. Oktober 2017

Jugendlichenmund

Meine Teilhabe am Leben meiner Kinder ist sehr eingeschränkt. Beim Sohn war es schon immer so. Eltern von Söhnen verstehen vermutlich die Problematik. Fragen nach der Schule werden maximal einsilbig beantwortet. Weitere Nachfragen werden in jedem Fall mit einem Augenrollen, meist auch mit lautstarkem Aufstöhnen quittiert. Bei der Tochter war mehr an Information zu holen. Zu Grundschulzeiten erfuhr ich die Interna aus der Klasse des Sohnes von ihr. Goldene Zeiten. Unterdessen sehe ich sie zu selten, um über mehr als Wäschewaschen oder Hygienestandards in der Wohnung zu sprechen.
Es scheint jedoch ein Naturgesetz zu sein, dass die Brut immer dann extrem mitteilsam ist, wenn ich mich gerade vor den Fernseher geparkt habe und eigentlich in Ruhe der Handlung folgen möchte. Meine Bemerkung, "Ich möchte da zuhören.", wird auch wieder von ausdauerndem Augenrollen flankiert. Spätestens beim "Pssst!" kann ich damit rechnen, dass mir Lieblosigkeit, Desinteresse oder Drastischeres vorgeworfen wird. Letztes Mal war die Reaktion des Sohnes immerhin so, dass sie am Ende unterhaltsamer war als der Tatort, dem ich eigentlich folgen wollte: "Mama, du hast wohl heute einen Pantomimen gefrühstückt."

Technik, die begeistert

Meine virtuelle Ruhe hat weniger damit zu tun, dass ich keine Inspiration oder viel zu viel um die Ohren habe. Sie hat eher technische Gründe. Manch‘ einen wird das nicht wundern, kennt er mich doch als Technikspacken. Doch diesmal scheint meine Unfähigkeit höchstens zweitrangig zu sein. Das kam so:
Das iPhone quakte mich schon seit langem an, ich solle das Update auf iOS Elfpunktirgendwas durchführen. Ich scheute mich. Schließlich waren bisher bei jedem dieser Updates immer meine Musik, häufig meine Fotos und manchmal meine Kontakte unwiederbringlich verloren gegangen. Letzten Samstag bin ich dann ungewollt eingeknickt. Ich war noch müde und tippte „Ja“ und „Azeptieren“ an. Vielleicht nicht so schlimm; schließlich habe ich ohnehin nie Kopfhörer, um Musik zu hören. Die sind ungefragt (Ehrensache!) in den Besitz des Sohnes übergegangen. Als das Telefon wieder anging, sah es zwar etwas ungewohnt aus, aber alles war noch an seinem Platz. Ich freute mich. Aber nur kurz.
Die App für die Posts ging nicht mehr. Fand ich noch nicht so schlimm. Ich beschloss, im AppStore (komisches neues A) einfach eine neue Version herunterzuladen. Ok, sie hatte einen neuen Namen und eine andere Funktionalität, was mich als spontankonservativen Menschen nicht unbedingt für sie einnahm. Der Ärger kam, als ich feststellte, dass man in der Gratisversion nichts hochladen kann. Großartig für eine Blog-App! Na gut, dann eben die Bezahlvariante - was sind schon 5,49€? Die wiederum lässt sich nicht herunterladen. Ehrlich, ich habe es wirklich mehrfach auf verschiedenen Wegen versucht. Danke Apple und danke Google! Ich lebe gerne im sekundären Urzustand der Steinzeit. Und im Zirkelbezug sowieso.

Montag, 16. Oktober 2017

Gesammelte Werke

Ein Wechselbadwochenende. Erst hatte ich keine Brieftasche, als ich Freitag bei der Arbeit ankam. Es gab die Alternativen Vergessen, Verloren oder Geklaut. Ich hoffte auf Ersteres. Um das in Erfahrung zu bringen, klingelte ich die Tochter aus dem Bett, die zum Glück ein nächtliches Gastspiel bei uns gab. Entsprechend verlangsamt waren ihre Reaktion und ihre Suche. Noch mehr Glück: die Brieftasche liege auf dem Küchentisch, sagte sie irgendwann nach sehr, sehr langer Zeit. Nun gab es nur noch das Problem mit der Mittagspause; sie zu bestreiten gestaltete sich ohne Geld und Hausausweis schwierig. Ein Freund und Kollege hielt mich aus. Und ich kam neben der pekuniären Lösung in den Genuss eines höchst vergnüglichen Lunchs.
Doch dann dachte ich, Freitag, der 13. setze sich am Samstag, den 14. fort. Ich nötigte den Sohn, an den Entrümpelungen seines Zimmers zumindest mitzuwirken. Als wir gerade eine Matratze unsere Showtreppe herunterwuchteten, glaubte ich mich bereits auf der letzten Treppenstufe, war aber erst auf der vorletzten oder gar vorvorletzten, und verknackste mir fies den linken Fuß. Als ich im wahrsten Wortsinne am Boden lag, fiel mir wieder auf, wie sinnvoll doch die Fähigkeit zum räumlichen Sehen sein könnte. Das Gute war: alle Folgearbeiten dieser Disziplin verschoben sich in die alleinige Obhut des Sohnes (der sich allerdings noch Unterstützung von seinem Freund holte).
Zum Abend standen dann die Zeichen auf Party. Als ob das nicht genug der Freude wäre, bot mir besagte Feier auch noch die Möglichkeit, die Tochter zu sehen. Sie schrieb mir - ausnahmsweise keine Sprachnachricht! -, dass sie auch am Start sei. Ich antwortete ihr, sie erkenne mich am Kleid. Darauf erstarb die Kommunikation. Ein wenig schwierig wurde es bei der Vorbereitung, meinen Fuß in die Sandale zu pressen. Aber offenes Schuhwerk Mitte Oktober, das muss ausgenutzt werden! Da muss man sich schon mal am Schlüpper reißen. 
Auf der Party gab es ein zu dekorierendes Gästebuch für die Jubilarin. Das befand sich aus Diskretions- wie aus Klimagründen auf dem Balkon. Ebenso erfreulich wie unerwartet, dass ich die Bastelarbeiten trotz Schummerlicht unverletzt überstand. Nicht umsonst bin ich die Einzige in unseren Breitengraden, die es geschafft hat, sich auf einem Kindergarten-Elternabend eine Kinderschere so in den Handteller zu rammen, dass ich blutete wie abgestochen und mich freute, dass die Schere nicht auf dem Handrücken herausguckte. 
Es war eine schöne Geburtstagsfeier. Die Tochter meinte: „Mama, du fühlst die Playlist, oder?“ Und sie hatte recht. Doch nicht nur die Musik war - wie die Tochter sagte -  „ein Banger“. Auch die bildende Kunst kam nicht zu kurz. Ich bekam mein kürzlich erworbenes Bild. Es ist nun wirklich in meinem Besitz! Selbst dem Sohn gefällt es. 
Dass ich jedoch nach ausgiebigem Partyleben erst sehr spät im Bett war, ließ den Sonnensonntag sehr kurz werden. Außerdem war ich ganz offenkundig noch nicht im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, als ich nach dem Aufstehen (Vormittag konnte man nicht mehr dazu sagen) auf dem Balkon die Zeit las. Die Literatur-Beilage hatte ausschließlich Schule zum Thema. Irgendwie sehr einseitig. Beim Zuschlagen des Heftes löste sich das Rätsel auf: ich hatte den Titel falsch gelesen, es war die Beilage „Zeit Abitur“ (nicht Literatur). Manchmal fehlt mir nicht nur das räumliche sondern auch das sinnentnehmende Sehen.

Donnerstag, 12. Oktober 2017

All In

Mein Peinlichkeitspoker geht in die nächste Runde. Ich schaffe es nicht nur, wochenlang Handwerker zu drangsalieren, damit sie unnütz vorbeikommen. Ich kann mir auch Kontaktlinsenlösung ins Auge geben, die keinesfalls dorthin darf. Mit dem Erfolg, dass ich den gestrigen Tag wie ein bebrilltes Kaninchen aussah. Und mich auch heute noch - sagen wir - rosa Augen zieren. Mal sehen, was der heutige Tag bereithält.
Immerhin kann ich mich damit trösten, dass ich in diesem Spiel im Sohn meinen Meister gefunden habe. Der Zustand seines Zimmers sollte ihm extrem peinlich sein. Allerdings befürchte ich, dass ihm in diesem Punkt Schämen vollkommen abgeht. So bleibe ich am Ende doch wieder allein in der Partie.

Mittwoch, 11. Oktober 2017

Mental Hangover

Der gestrige Tag geht nicht nur als der 17. Geburtstag des Sohnes oder als internationaler Tag des Hundes in die Annalen ein. Es ist auch der Tag, an dem der Klempner endlich Zeit für uns hatte. Und es auch der Tag, an dem ich ihn umsonst bestellte. Denn die seit Wochen defekte Toilettenspülung beschloss, pünktlich zum Besuch des Fachmannes wieder ihren Betrieb aufzunehmen. Ohne irgendwelche Einschränkungen. Ich denke, ich sollte meine Haare blond färben. Passt auch super zum rot gewordenen Gesicht.

Dienstag, 10. Oktober 2017

Der Jubilar

Manchmal bin ich beeindruckt, wie sehr meine Kinder wie ein Ehepaar nach der Diamantenhochzeit wirken. Als ich das Glück hatte, die Tochter vor nicht allzu langer Zeit einmal zu sehen, erkundigte ich mich bei ihr, ob sie schon ein Geschenk für ihren Bruder habe. "Wir schenken uns nichts", war ihre Replik. Geht es noch protestantisch-freudloser? Gestern fragte sie mich dann (wieder wie üblich via dreiminütiger WhatsApp-Sprachnachricht, an der alle Kollegen teilhaben konnten, weil der Sohn mir natürlich den Kopfhörer gemopst hat), ob ich glaube, dass es ok sei, wenn sie erst im Laufe des Tages zum Geburtstag ihres Bruders erscheine. Sie sei von ihrer Freundin - nach einem unmenschlich langen Monat Abwesenheit gerade erst wieder zurück in Hamburg - zum Nick Cave-Konzert eingeladen. Da werde es sicher später und dann sei es besser, wenn sie bei ihrem Freund übernachte. Das sehe ich doch auch so? Wer wollte so vielen Worten widersprechen? Nach einigen Jahren des Zusammenlebens sollte das kein Problem sein. Eine Assistenz bei der Vorbereitung hatte ich ohnehin nicht erwartet. So ging es nach der Arbeit im Schweinsgalopp zum Einkaufen, Kuchenbacken, Dekorieren. Ich legte dem Sohn nahe, er wolle am Vorabend seines Geburtstages doch bestimmt früh ins Bett gehen. Er hatte noch eine viel bessere Idee: er verbringe den Abend in der Wohnung seiner Großeltern, in der aus Gründen zufällig gerade sein Freund untergebracht ist. Auch gut. So konnte ich ungestört wirtschaften. Irgendwann kam dann doch der kleine Junge in ihm durch, als er an der Wohnungstür klingelte, sich (ungelogen!) die Augen zuhielt und mich bat, ihm Schlafsachen zu geben, damit er auch im Exil übernachten könne. Blind taperte er ins Badezimmer, um sich dort noch die Zähne zu putzen. Ich musste an mich halten, um die asiatische Gesichtsbeherrschung zu wahren und um ihm zum Pyjama nicht noch ein Kuscheltier mitzugeben.

Montag, 9. Oktober 2017

First Things First

Gestern hatte ich ungewohnt hohen Besuch (und ich im Räuberzivil ohne auftoupierte Haare!). Die Tochter und ihr Freund fanden sich ein. Wahrscheinlich lag ihr Auftritt daran, dass ich in der vorangegangenen Nacht von ihnen träumte: Sie hatten beschlossen zu heiraten. Ich wunderte mich nicht sonderlich. Ich fand nur, dass es nun aber endlich Zeit werde, seine Eltern kennenzulernen. Im Grunde meines Herzens weiß ich, dass ich die Ehre eher ausgehender Wäsche zu verdanken habe und der Freund der Tochter wahrscheinlich anbot, sie mit dem Auto in ihre vermeintliche Homebase zu fahren. So oder so, ich freute mich. Nicht nur, weil die Tochter Ordnung machte und der nette Freund sich andiente, die abgebrannten Feuerzeuge des Haushalts mit Kraftstoff aufzufüllen. Währenddessen echauffierten sie sich unisono über Dreck und Unordnung ihrer jüngeren Geschwister. Es gibt da wohl einige Parallelen zwischen dem Sohn und der Schwester des Freundes. Als Zweitgeborene konnte ich nur mäßig mitreden. 
Was ich sagen kann: dass ich heute früh natürlich ihre Gläser, Tassen und Kannen wegräumte. Sie übernachteten wie üblich bei ihm.

Sonntag, 8. Oktober 2017

Audimax

Ein Wochenende, das man zur Hälfte mit Werkspionage verbringt, ist nicht nur gefühlt ein sehr kurzes. Vor allem, wenn die Spionagetätigkeit ein Aufstehen vor der Zeit bedeutet. 
Nicht schlecht, was die Kollegen da aufgefahren haben. Wenn auch organisatorisch Luft nach oben gewesen wäre.
Jedwede Uni versprüht ihren eigenen Charme. Irgendwie hat man die schlechte Luft dort und ebendiesen Zustand der Toiletten erfolgreich verdrängt. 
Was der Wettbewerb offenkundig nicht so gut kann, ist das mit den weiblichen Führungskräften. In einem "Panel" namens "Chefinnensache" fährt die stellvertretende Chefredakteurin ihren Kolleginnen des Öfteren in die Parade. Sie versprüht den Charme unserer Heimleitung. Besonders, als sie das gerade etwas unruhig gewordene Auditorium anherrscht (sic!): "Meine Worte verdienen es, gehört zu werden!" So etwas denkt man maximal, aber spricht es doch nicht aus. 
Wenn am Ende der Becher aus der Goodie Bag ausläuft (klebriger Inhalt - Ehrensache!), kann man bei allem Wohlwollen nicht von einer hundertprozentig gelungenen Veranstaltung sprechen.

Freitag, 6. Oktober 2017

Tagesbilanz

Man merkt, dass es nicht hundertprozentig der eigene Tag wird, wenn einem am Morgen durch die Ungeschicklichkeit einer Kollegin (garantiert nicht vorsätzlich!) eine schwere Tür vor den Körper knallt und der Türgriff genau und mit voller Wucht den Beckenknochen trifft. Man merkt, dass der Tag nicht vollkommen verloren ist, wenn es die andere Seite, also nicht die ohnehin angeschlagene, erwischt hat. Asiatische Gesichtsbeherrschung war es trotzdem, denn auch links tat es einigermaßen weh. 
Es passte in den Verlauf des Tages, dass ich abends mindestens sechs Bahnen in die Gegenrichtung fahren sah (nach der sechsten hörte ich vorsichtshalber auf zu zählen), ehe die richtige kam. Diese war dann natürlich krachvoll. Und blieb - ölsardinig wie sie war - erst einmal ein paar Minuten im Bahnhof stehen, ehe sie loszuckelte. Ich wünschte mich nach London, wo der Fahrer durchgibt, dass sich seine Schwiegermutter an der vorletzten Kellertreppe den linken (ein Glück!) großen Zeh angestoßen hat, er sie erst einmal zum GP bringen musste, dort lange Wartezeit in Kauf nehmen musste - NHS, man kenne das - und deswegen seinen Dienst erst verspätet antreten konnte. In Hamburg: kein Wort der Erklärung. Stattdessen lediglich eine Anzeige am Gleis, die immer wieder die Zeit zurückdreht. 
Doch ich will nicht jammern. Ich bin nahezu unverletzt durch den Tag gekommen. Als ich endlich zuhause ankam, mahnte mich der Sohn an mein Versprechen, ihm vegane Spätzle zuzubereiten. Ich hatte ihn am Vorabend immerhin herunterhandeln können, dass er diese erst am Folgeabend bekommen werde und nicht schon am Morgen. Es gibt nichts, was ich mir gegen 20 Uhr nach einem vollgepackten, stürmischen Tag mehr wünsche, als klebrige Masse in kochendes Wasser zu hobeln, das Produkt in eine Auflaufform zu schichten und mit angebratenen Zwiebeln und Pilzen zu garnieren. Der Tag war nicht nur schlecht: es schmeckte ganz brauchbar.

Donnerstag, 5. Oktober 2017

Saisonales Grummeln

Es muss wohl Herbst sein. Jeden Morgen vergesse ich, mir Strümpfe aus dem Schrank zu holen. Diese Routine sitzt nach fünf Monaten Sockenabstinenz noch nicht wieder. Morgens ist es stockfinster, wenn der Wecker klingelt. Überhaupt frage ich mich, warum ich mich nachts oft schlaflos hin und her werfe, während ich nach dem Weckerklingeln ohne Probleme stundenlang fest schlafen könnte. Wahrscheinlich knallen am frühen Morgen kaum noch Eicheln auf Autodächer; die sind ja bereits in der Nacht alle lautstark heruntergefallen. Sie verhalten sich ähnlich wie meine nachtaktiven Mitbewohner, deren Umtriebigkeit auch spätestens gegen sechs Uhr morgens endet. Um mit dem Genörgel weiterzumachen: in diesem Jahr konnte noch kein einziger Monat überzeugen. 2017, es bleiben nicht mehr viele Monate übrig! Mir fehlt das Vorstellungsvermögen, dass mich das Novemberwetter für sich einnehmen wird. Aber wahrscheinlich bin ich nur phantasielos. Immerhin ein Lichtblick: die katalanische Flagge, die sich der jüngere der beiden Nachtaktiven zum baldigen Geburtstag wünschte, könnte sich erübrigt haben. Bei allem Engagement für die Sache betrübt ihn nun, dass sich die Katalanen keine Gedanken gemacht zu haben scheinen, wie sie die Unabhängigkeit organisieren wollen. Selbst globalisierte Sechzehnjährige können wahrscheinlich ihren preußischen Hintergrund nicht vollständig abschütteln.

Mittwoch, 4. Oktober 2017

Feiertage

Der Nachteil an diesem Fake-Sonntag war, dass ihm kein Sonnabend voranging. Der Vorteil, dass ihm eine überraschend kurze Woche folgt. Außerdem gut, dass ich die Brut mal wieder live erleben konnte. Die Tochter freute sich, dass sie "sich mit ihren Haaren wieder wohlfühle". Das Haarschneide-Tutorial war nicht so gut. Ich empfehle ohnehin eher ein "Wie geht das mit Briefen und der Post (also nicht elektronisch)?". Sie fand, sie sah anschließend aus "wie Joan Jett" (wirklich ihre Worte; ich schwör'!). Die neue Farbe brachte es. Betretene Mine, als ich meinte, ich fühle mich mit ihren neuen Haaren nicht ganz so wohl, weil das Badezimmer seit ihrer Färbe-Aktion irreversibel verändert sei. Man merkt, dass sie doch schon erwachsen geworden ist. Sie rannte auf meine Kritik (vollkommen ungerecht natürlich) nicht sofort schmollend in ihr Zimmer.
Der Sohn ist von diesem Entwicklungsstadium noch ein wenig entfernt. Wie ein Dreijähriger wechselt er im Moment minütlich seine Geburtstagswünsche. Mal ist es ein Mantel, mal sind es Hosen oder Kopfbedeckungen. So kann ich schlecht arbeiten - zumal es nur noch sechs Tage bis dahin sind. Einzige Konstante in seinen Wünschen: seine Solidarität mit den Katalanen zum Ausdruck zu bringen, am besten garniert mit einer Katalonien-Flagge ("aber nicht, wenn sie teuer ist"). Die machte sich bestimmt auch super, wenn er seine selbstverfassten Lieder in Landessprache vorträgt.