Donnerstag, 30. November 2023

Hamburg Wasser

Seit dem Sommer liefere ich mir einen Kleinkrieg mit den Wasserwerken. Was man eben so macht, wenn man sonst nichts zu tun hat. Los ging es mit dem geplanten Austausch der Warmwasserzähler. Irgendein Gesetz schreibt vor, sie müssen jetzt digital und von überall ablesbar sein. Bei zwei Dritteln meiner Zähler stellte dies kein Problem dar. Über einen brummelte der Techniker anschließend irgendetwas in seinen nicht vorhandenen Bart. Ein paar Wochen später erhielt ich ein Schreiben von Hamburg Wasser, in dem sie mir mitteilten, einer der drei müsse noch ausgetauscht werden. Der Wechsel sei wegen eines Ventils nicht möglich. In bewährter Manier beschloss ich, den Brief zu ignorieren, zumal ich den Fall noch immer nicht verstanden hatte. Unterdessen Herbst erreichte mich ein weiterer Brief, diesmal in weniger freundlichem, dafür deutlich fordernderem Ton. Ich verstand zumindest so viel, dass ich mich um einen Handwerker für ein Ventil kümmern müsse. Da Hamburg Wasser nicht nur bei Zählern auf Digitalisierung setzt, konnte ich per Mail antworten, um die Lösung hoffentlich zu beschleunigen. Ich schrieb, ich habe keine Zeit, mich um Handwerker zu kümmern. Schließlich werde die Suche dadurch erschwert, dass ich weder wisse, wo der Schaden liege, noch welches Gewerk damit zu beauftragen sei. Die Antwort ließ wirklich nicht ganz so lange auf sich warten. Als Eigentümerin sei ich verpflichtet, für die Funktion der Ventile Sorge zu tragen - und ich dachte, mein Kontingent unerwarteter Pflichten erschöpfe sich mit zwei Kindern - und hier ein Link zu Handwerkern in meiner Nähe. Nichts jedoch zur Frage, welcher der drei Zähler der betroffenene sei (Wolle mache kleine Spielchen?). Die Handwerker-Akquise entpuppte sich als überraschend einfach. Ich geriet an einen freundlichen und zuvorkommenden Wassertechniker ganz in der Nachbarschaft, der zudem bereit war, demnächst vorbeizukommen. Vor seinem Besuch machte ich mich auf die Suche nach dem analogen Zähler, Sherlock von Garnier fand ihn im Gästebad. Bei meiner Fahndung stellte ich fest, der neue fancy Digi-Zähler in der Küche ist so beschlagen, dass man ihn klassisch vor Ort nicht mehr ablesen kann. Wie ich nun weiß, bin ich selbst zuständig für die einwandfreie Funktion dieser Geräte. Der Handwerker übrigens kam, sah und lachte. Das vermeintlich defekte Ventil im Gäste-WC arbeite tadellos, an wen er seine Rechnung schicken könne. An mich, damit ich die Mail zusammen mit Sinnlosigkeit des Unterfangens und der Info über den nicht fachgerecht verbauten anderen Zähler an die Wasserwerke weiterleiten kann. Obwohl digital ließ die Antwort von Hamburg Wasser in dem Fall länger auf sich warten. Honi soit qui mal y pense. Sie wiederum brachte mich zum Lachen: Um welche Zählernummer es sich beim Beschlagenen in der Küche handele. Ich antwortete mit dem Foto. Mal sehen, ob ihnen die Digitalisierung hilft, wenn das trübe Auge überfordert ist.





Freitag, 24. November 2023

In echt Flamingo Friday

Immer wieder heißt es, es gebe in fortgerücktem Alter keine ersten Male mehr. Erneut muss ich widersprechen.
Heute bzw. schon gestern habe ich erstmalig vergessen, dass ich einen Urlaubstag habe. Der Wecker klingelte, ich quälte mich aus dem warmen Bett, um dann festzustellen, dass es lediglich notwendig ist, über meine Abwesenheit zu benachrichtigen. 
Kürzlich ist mir außerdem zum ersten Mal beim Stoßlüften (das ich in den Augen mancher Nachbarn als Biodeutsche sogar beherrschen kann) ein spatzengroßer Vogel ins Zimmer geflogen. Um sich in seiner Verwirrung auf meinen Bildschirm niederzusetzen und diesen vollzukacken. Das war nicht nur ein Novum, sondern bringt sicherlich auch noch Glück. Dabei ist doch heute gar nicht Freitag, der Dreizehnte. 



Freitag, 17. November 2023

Friday Night Fever

Sähe ich nicht aus wie an die Wand gespuckt, hustete oder schniefte nicht abwechselnd und fühlte mich nicht noch einigermaßen niedertourig, könnte ich ab jetzt das verpasste letzte Wochenende und alles, was danach gewesen wäre, ausgiebig nachholen. Es liegt wahrscheinlich nur an der allgemein novembrigen Stimmung, dass rechte Euphorie nicht aufkommen möchte. Als einen klitzekleinen Affront deute ich es allerdings, dass der leise Strich, der heute Mittag verschwunden ist, sich hartnäckig bis in die gestrige Dunkelheit hielt. Hatte ich doch Pläne für heute. Nicht nur einen Urlaubstag genommen, nein, auch Bahntickets nach und ein Hotel in Frankreich gebucht. Ja, dort sogar eine schicke Restaurantreservierung für heute Abend. Das wäre eine anständige Überraschung geworden. Und dann macht mir nicht etwa der Bahnstreik, sondern der weitere hellrosa Balken einen Strich (!) durch die Rechnung. Um sich heute - Pardon my French (!) - zu verpissen. Das darf man dann schon persönlich nehmen. Nur nicht allzu lange. Schließlich freue ich mich, zum Einkaufen wieder unter Menschen zu dürfen und einen Freund aus Berlin zu treffen, den ich bis jetzt hinhalten musste. Schade einzig, dass mein andauernder Nikolaustag mit schönen Gaben vor der Tür nun zu einem Ende gekommen ist.



Mittwoch, 15. November 2023

Seuchentrude

Prinzipiell ist gegen Tage im Bett nichts einzuwenden, wenn es draußen zu jeder Uhrzeit dunkel ist, der Regen gegen die Fenster peitscht und der Sturm die letzten Blätter von den Bäumen fegt. Schön wäre nur, wenn dies selbstbestimmt geschähe und weniger mit Unwohlsein, als mehr mit Lust zu tun hätte. Doch auch - oder gerade? - in erzwungener Bettruhe/Isolation kommt es zu Erkenntnisgewinn. Knäckebrot und trockener Husten interagieren und entwickeln katalytische Wirkung. Für Sie getestet! Doch ich will nicht den falschen Eindruck entstehen lassen, ich darbe derzeit. Erhalte ich doch nicht nur viele Hilfeangebote, sondern auch einiges an Nahrung; Geistiges in Form von Büchern und Kalorisches in Form von Gebäck, Obst, Getränken und gar warmen Mahlzeiten, die allesamt vor meiner Tür landen. Bei letzterem handelte es sich nicht nur um irgendein Essen, nein! Es war ein ganzer Hektoliter, speziell nach meinen Wünschen konfigurierter Hühnersuppe. Auf die Frage, ob sie mit Nudeln oder Reis sein solle, kann es ohnehin nur eine Antwort geben. Die uns Maurice Sendak schon in Kindertagen mitgegeben hat: Hühnersuppe mit Reis. Sie alleine sorgt dafür, dass der Strich auf dem Selbsttest immer blasser wird. Ganz so steht es zwar meines Wissens nicht im Buch, aber ich bin sicher, so ist es. Langsam verflüchtigt sich sogar die Watte in meinem Kopf. So kann ich mich der Lektüre widmen. Und in den Momenten, in denen ich mit Buch über dem Kopf kurz davor stehe einzuschlafen, freuen, wie liebevoll ich verwöhnt werde.

Dienstag, 7. November 2023

Goldener Herbst?

Was soll man an diesen Zeiten mögen? Ganz abgesehen vom Weltpolitischen wäre ich bereit für einen mindestens viermonatigen Winterschlaf.
Ja, irgendwelche Blätter färben sich bunt. Wenn sie nass und platt auf Gehwegen und Straßen liegen, sind sie ungefähr so attraktiv wie eine entsprechende Anzahl bunter Kaubonbonpapiere. Vor allem, weil sie sich im feuchten Zustand nicht ohne Mühe wegfegen lassen.
Ab und an gibt es trockene Momente mit Flecken blauen Himmels. Die soll man dann überschwänglich als schönste Jahreszeit feiern. Doch ganz ehrlich: Das hiesige Balkonkraftwerk liefert seit Anfang Oktober nichts mehr. Rien, nada, niente. Und wenn es so schön wäre, warum muss ich dann von morgens bis abends Licht anhaben? Komme mir jetzt niemand mit: „Kerzen sind doch so gemütlich!“. Was an Adventskranz und Tannenbaum stimmt, muss am Arbeitsplatz noch lange nicht richtig sein; vielleicht ist es sogar gefährlich.
Zugegeben, es gibt Lichtblicke wie das Wochenende. Doch die gibt es zu anderen Jahreszeiten auch. Und kann dort mit ihnen eventuell mehr anfangen, als im Schummerlicht die Steuererklärung fertigzustellen oder Laub zu fegen (besser: glitschige rot-braun-gelbe Masse zu verschieben). Bei der Gelegenheit: neben denen an der Hand existieren die Blasen an meinen Füßen, hervorgerufen durch unmenschliche, geschlossene Schuhe, noch immer.
Ein Trost sind die vielen schönen Bücher, die um diese Jahreszeit erscheinen. Doch Lesen geht in der warmen Sonne viel besser als in Decken gehüllt. Sie brauchen kein tristes Grau im Hintergrund. Meine Meinung. Blöd außerdem, wenn das schöne Buch nach fast tausend Seiten plötzlich und unerwartet ausgelesen ist. Das kann schon mal ein tiefes Tal bedeuten.
Wahrscheinlich muss auch der Feiertag am Reformationstag aka Halloween als ein Herbst-Highlight herhalten. Ich feiere ihn allein deswegen, weil seit seiner Einführung keine Abendschüler mehr an meiner Wohnung vorbei marodieren, um unsere Fenster mit Eiern zu bewerfen. Da nehme ich gerne in Kauf, am 31.10. am U-Bahn-Kiosk hoffnungslos überteuerte Kaubonbons erstehen zu müssen, um sie an vorbeiziehende Kinder verteilen zu können. Hätte mir schließlich früher einfallen können.
Vermutlich liegt der Abgabetermin für die Steuererklärung nur deswegen in trüber Jahreszeit, um etwas Stimmungsaufhellendes zu haben, wenn man sie endlich geschafft hat. Psychologie, so wichtig.
Neben dieser Erkenntnis bringt mir der Herbst noch eine weitere: Die Attraktivität von Laubpustern liegt darin begründet, dass man von ihrer Betätigung keine Blasen an den Händen bekommt. Somit war und ist die Herbsttristesse doch nicht umsonst.

(Sie nennen es Fachliteratur - Von der Steuer absetzen?)