Dienstag, 30. November 2021

Umsetzung

Die neu erworbene Fähigkeit, Großgeflügel essbar verarbeiten zu können, reiht sich in die althergebrachten Skills ein, einigermaßen anständige Adventskränze bauen zu können. Bauen ist allerdings nicht ganz die passende Vokabel, da ich die eigentliche Herstellung des Rumpfkranzes den Profis überlasse und bereits gebundenes Grün kaufe. Wenn nicht, würde der Kranz nie fertig. Die Produktion scheiterte an meinem Symmetrie-Perfektionismus. Bei anderen, selbst bei den Profis, bin ich auch in dem Punkt nachsichtiger; die Unregelmäßigkeit liegt dann nicht mehr in meiner Verantwortung. Ich bin also nur für das Bunte zuständig. Selbst das trifft es nicht ganz, habe ich doch gestern noch einen Kranz für einen bedürftigen Freund fertiggestellt, dessen Farbgebung sicher über allen Kummer hinweghilft. Nicht nur über den, dass er erst nach dem ersten Advent nutzbar ist. Dieses Modell nannte ich „Brutalismus“, auch wenn es mir dafür noch ein wenig zu verspielt geraten ist.
Jemand anderes empfahl mir, eine Adventskranz-Zeitreihe auszustellen, weil unter ihnen ein paar gelungene dabei sind. Dies will ich gerne mehr oder weniger unkommentiert tun, wenn auch unvollständig. Mein eigener Favorit ist übrigens das Modell „Club Tropicana“, bei dessen Ansicht sich im geistigen Ohr unweigerlich „Last Christmas“ festsetzt. Gefolgt von „Damp 2000“ aus dem Jahr 2018. Auch der letztjährige Corona-Kranz (!) ist mir nicht schlecht gelungen, finde ich. Mit den Exponaten will ich nicht angeben. Im Grunde geht es mir darum, mein schlechtes Gewissen loszuwerden, weil ich dieses Jahr erstmalig wenig Gedanken an Adventskalender für die Brut verschwendet habe und auch garantiert keinen fristgerecht erstellt bekomme. Als Rabenmutter muss ich mich am Ende nicht über Traumata der 22-Jährigen und des 21-Jährigen wundern. 























Montag, 29. November 2021

Viel Brauchtum

Nach einer wenig traditionsbasierten, privaten Thanksgiving-Feier am dafür vorgesehenen Donnerstag kam die eigentliche Veranstaltung etwas verspätet am Samstagabend. Die Verzögerung lässt sich nicht ernsthaft durch Zeitverschiebung erklären. Sie hatte ihren Grund darin, dass sich 50-Stunden-Arbeitswochen nicht mit der Garzeit einer Pute vertragen. Vor allem, wenn man die opulente Mahlzeit vor Mitternacht einnehmen möchte. Und anders als die meisten Amerikaner nicht den Freitag danach frei hat. An diesem Tag scheinen hier nur die dortigen Kaufgewohnheiten herübergeschwappt. In Unkenntnis der Lage hatte ich für letzte Besorgungen rechtzeitig kurz vor 19 Uhr Feierabend gemacht, um mich in den gebremsten Slalomlauf zwischen vielen beladenen Black Friday-Kaufwütigen zu begeben. Als zusätzliche Hürden dienten dabei Weihnachtsmarktbuden. Kein Vergleich zum Marktbesuch am Mittag, nach dem ich den schweren Vogel nach Hause geastet hatte. Doch was tut man nicht alles fürs Übersee- und Heimatbrauchtum. Denn nach dem Erntedank ist nur kurz vor dem ersten Advent. Zu letzterem hatte sich die Brut zum Frühstück, nein, zum Brunch (Der Sohn: „Mama, was isst man da überhaupt?“) eingeladen. Leichte Enttäuschung auf Seiten der Tochter, weil vom Vorabend kein Rosenkohl übrig geblieben war, den sie zum Frühstück, ach nein, Brunch hätte essen wollen. Für später bekam ich noch eine Einladung zum Käsefondue, mit dem ich wiederum vorher keine Erfahrung verzeichnen konnte.
Bilanz dieses Wochenendes: Ich bin mindestens fünf Kilo schwerer. 







Montag, 22. November 2021

Noch mehr November

Letzthin wunderte ich mich, warum mir die nächtliche Einschlaflektüre schwer fiel. Von sinnentnehmenden Lesen, diesem wichtigen Bestandteil schulischer Bemühungen, will ich gar nicht sprechen. Ich hatte vergessen, das Licht anzuschalten. Es brauchte allerdings eine Zeit, bis ich auf die Lösung kam. Wahrscheinlich beschreibt die Begebenheit die aktuelle Verfassung recht gut. Herbst und nicht zu bewältigende Mengen Arbeit. Es trug nicht unbedingt zur Verbesserung der Stimmungslage bei, dass die zeitweilige Untermieterin nur noch ein touristisches Wochenende mit ihrer Schwester einlegte, um dann endgültig ihre Zelte nach Süddeutschland zu verlagern. Gestern Vormittag fragte ich die Schwester nach ihren Tagesplänen. Sie kündigte einen Flohmarktbesuch an und dass sie auf den Dom gehen wollen. Ehe sie loszogen, gab ich ihnen den Profitipp „Fischbrötchen erst nach der Krake“ auf den Weg. Ihre Reaktion auf den Ratschlag konnte ich nicht sehen, waren sie doch im Rausgehen begriffen. Im Nachhinein musste ich feststellen, dass sie mich wahrscheinlich für eine in Rätseln sprechende, verrückte Norddeutsche gehalten haben müssen. Denn heute erfuhr ich, dass sie den Tagesordnungspunkt „Auf den Dom gehen“ ausfallen ließen, weil es ihnen zu feucht und zu windig gewesen sei. Die Kirche selbst habe ihnen jedoch sehr gut gefallen. Sie hielt den Michel für den Dom. Der Plan beschrieb nicht den Besuch der Kirmes, sondern den des Kirchturms. Es gibt sie also doch, die Nord/Süd-Verständigungsschwierigkeiten. 

(So schön ist die Heimat.)

Mittwoch, 17. November 2021

Hoch und Tief

Auch wenn ich nicht als größte Befürworterin der aktuellen Jahreszeit bekannt bin, wartet sie mit Höhen und Tiefen auf wie alle anderen Zeiten.
Zu den Höhen gehört, wenn der Paketzusteller handschriftlich auf das Päckchen der Nachbarin schreibt, das er bei einem anderen Nachbarn abgeliefert hat: „Tut mir leid, aber Frau von Garnier war nicht da.“ Das muss Liebe sein. In dem Zusammenhang fällt auch eine weitere positive Wendung auf. Seit letztem Mittwoch/Donnerstag sind die Pusteln auf dem Rückzug. Wenn ich jetzt noch rote Punkte auf der Haut entwickele, sind es klassische Pickel. Diese haben den entscheidenden Vorteil, bei mir nicht so zahlreich aufzutreten und vor allem nicht zu jucken. Doch wo Sonne ist (hier nicht so), ist auch Schatten: Seit ich die narkotisierenden Tabletten gegen den Juckreiz nicht mehr nehmen muss, beschäftige ich mich nachts wieder intensiv mit Grübeleien. Meine Gedanken drehen sich sicherlich nicht ausschließlich darum, aber ein Teil befasst sich auch damit, wie ich in Zukunft meine Wohnung sauber halten soll. Die Untermieterin, die hier so eifrig den Staubsauger führte, gehört der Vergangenheit an. Sie bekam am Donnerstag einen Nachrücker-Studienplatz in Freiburg, den sie bis Montag antreten musste. Was sie tat. On the bright side: Mein tolles neues Vileda-Spielzeug kann ich nun wieder ganz alleine benutzen. Sie nennen es Ausgleichssport. Feudeln bei Flutlicht nach zehn-elf Stunden vor dem Bildschirm. 

(Es ist nicht alles grau im November.)

Freitag, 12. November 2021

Neblige Zeiten

Je trister die Tage und je kahler die Bäume werden, umso schwerer fällt neben allem anderen die eigene Motivation. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, sind kleine Fluchten sicherlich nicht schlecht. Sie haben jedoch den Nachteil, nicht allzu lange für Strahlkraft zu sorgen. Für längerfristige Effekte hilft eine Reiseplanung und vor allem -buchung. Dachte ich mir auch. Und habe endlich etwas klargemacht. Mein Konzept überzeugt mich besonders, weil ich lediglich die Hinreise organisiert habe. Um die Rückkehr ins montägliche, dunkle und voraussichtlich regnerische Tal kümmere ich mich später. Das Ding hat das Zeug zu einer pfiffigen Geschäftsidee: Vielleicht werde ich demnächst Hinreiseanbieterin. Die Rückreise erledigen  dann alle auf ihre eigenen Kosten, viel zu spät und viel zu teuer - versteht sich! Das Konstrukt ist außerdem  ungeheuer demokratisch, denn ich schließe mich selbst nicht aus.



Montag, 8. November 2021

Herbstreigen

Unterdessen bin ich so alt, dass meine größte Freude durch ein neues Vileda-Produkt hervorgerufen wird. Wahrscheinlich ein Abfallprodukt der Weltraumforschung. Tritt man auf eine Pedale, wirft der Wischmob seine Haare im Kreis und schleudert mithilfe der Zentrifugalkraft nahezu alles Wasser aus ihnen heraus. Technik, die begeistert. Wenn ich nicht die Wohnung feudele, begebe ich mich nach draußen, um dort Blätter aufzufegen, die uns saisonbedingt verlassen, Wege in glitschige Angelegenheiten verwandeln und, wenn man sie ungehindert ließe, Siele in der Nähe meines Kellers verstopfen. Mit Chance schaffe ich die Outdoor-Aktivität, ohne eine fette Husche mitzunehmen. Doch so viel Glück wird mir selten zuteil. Nachdem ich begossener Pudel dann die Wohnung betreten habe, kann ich gleich wieder nebelfeucht durchwischen. Und immer so weiter. Bis plötzlich Weihnachten ist.

(Als sie noch alle obenauf waren.)

Dienstag, 2. November 2021

Weiter so

Außerhalb eines Dermatologenkongresses ist mit mir nach wie vor kein Staat zu machen. Pusteln und Juckreiz haben unterdessen das Regiment über den ganzen Körper übernommen. Den ganzen Körper? Nein, ein kleiner Teil wehrt sich standhaft: das Gesicht! Danke dafür. Dennoch musste ich gestern die Arbeit eine Zeit lang unterbrechen, um draußen aus der Kratztrance herauszukommen. Damit Luft an die Haut kommt, bringt ein Spaziergang im November vergleichsweise wenig. Davon profitiert nur das Gesicht. Vor allem das Auge. Zum weiteren Glück wurde ihm einiges geboten. Vorsatz im November (zum Jahreswechsel kann jeder): ich sollte diese kleinen Fluchten öfter einbauen. 



Montag, 1. November 2021

Über Nacht

In Anlehnung an ein von mir seit langer Zeit geschätzten Liedes einer Lieblingsband singe ich seit gestern eine leicht abgewandelte Version. Im Original ein traurig-schöner Herbstsong, in dem es unter anderem heißt: „Über Nacht kamen die Vögel und bildeten einen Verein…“ Ersetze „Vögel“ durch „Pusteln“ - und meine Bilanz stimmt. Bleibt zu hoffen, dass der zweite Part der Strophe hier auch bald eintreten wird: „… der verzieht sich bald ans Mittelmeer und lässt uns im Regen allein.“ Ich spekuliere sehr darauf, denn momentan befinde ich mich noch im Stadium „Vereinsbildung“. Außerdem jucken die Dinger wie blöde und sehen auch noch ekelhaft aus.