Freitag, 31. März 2023

Kommen und Gehen

Der Aufenthalt im sonnigen Süden kann auch etwas, wenn der Urlaub vorbei ist und das Home Office ebenda liegt. Für Sie getestet. Der größte Unterschied besteht ohnehin darin, dass die Kolleginnen davon sprechen, bei mir sei „Teint im Spiel“, während die Hiesigen meinen, ich sei „morena, morena“. Von der Reisebegleitung hieß es stattdessen uncharmant, sie sei rot („tipo nordico“ eben). Tröstlich ist zumindest, dass es für Deutsche im Ausland immer besser ist, als rot und nicht als braun zu gelten.
Wie gesagt, mit dem hier herrschenden Klima und einem Hauch mañana-Mentalität lassen sich hier auch Arbeitstage ohne Probleme aushalten. Die Feierabende muss ich allerdings nicht zwingend mit Warten auf den Abschleppdienst, Batterie-Überbrücken und -Austausch verbringen. Doch selbst das hat einen gewissen Unterhaltungswert, wenn einem auf der Rückfahrt im Schummerlicht (mit neuer Batterie) der tätowierte Abschlepper in seinem Wagen begegnet und wir uns zuwinken, als hätten wir uns nicht vor zwei Stunden sondern vor dreißig Jahren das letzte Mal gesehen.
Leider weiß ich nicht mehr, wer auf die blöde Idee kam, den Aufenthalt hier auf zwei Wochen zu beschränken. Könnte sogar sein, dass ich das war.



Freitag, 17. März 2023

Für und Wider

Peinlich berührt fiel mir heute Nacht auf, dass ich vergessen habe mein Trosthuhn mit auf die Fahrt zu nehmen. Andererseits ist es so, dass man für eine Reise in den Süden hoffentlich keinen zusätzlichen Trost benötigt, weil Sonne und Wärme ohnehin alle Sorgen verjagen.
Was ich beim Aufenthalt in Frankreich nicht unbedingt erwartet hätte: eine spirituelle Bereicherung. Schließlich ist das Land eher für seine streng säkulare Haltung bekannt. Durch die hiesige Anregung jedoch weiß ich, dass ich in Zukunft in jedes meiner Nachtgebete einschließen werde, nichts in die Toilette zu werfen. Erhaltung der Schöpfung, so wichtig.



Donnerstag, 9. März 2023

Angeschlagen

Was mir bis Anfang der Woche noch als amüsante Anekdote galt (auch nüchtern ist es möglich, in Blumenrabatten zu fallen), hat sich seit zwei Tagen, vor allem seit zwei Nächten, zu einer anständigen Quälerei gemausert. Seit gestern Vormittag sogar zu einer attestierten. Sie nennen es Rippenprellung. Die Wahl der medizinischen Versorgung erwies sich in doppelter Hinsicht als professionell. In der Nacht hatte ich den Besuch der Notaufnahme erwogen, mich am Morgen doch für die Hausarztpraxis entschieden. Der Arzt kannte die passenden Schmerzmittel. Schon allein, weil er selbst schon mit den gleichen Malessen zu kämpfen hatte. Das Pferd habe ihn schon häufiger abgeworfen. Der Profi wusste auch zu berichten, dass eine Prellung einem Bruch in Sachen Schmerzen in nichts nachstehe. Beruhigend.
Seitdem bewege ich mich wie eine richtig alte Frau, die ich hoffentlich irgendwann in ferner Zukunft einmal sein werde. Und trainiere meinen rechten Arm, weil der linke keinen Spaß bereitet.
Als ich nach dem Arztbesuch in der dörflichen Apotheke die verschriebenen Medikamente bestellte, meinte die Apothekerin bei der Geldübergabe, das sehe nach Schmerzen aus. Ich sagte nur: „Rippen.“ Daraufhin bedauerte sie mich gebührend. Seitdem frage ich mich: Ist sie Reiterin oder auch einfach nur ungeschickt?

(Aus der guten, alten Zeit, als ich noch zu Fuß von der Arbeit nach Hause ging.)

Montag, 6. März 2023

Vorprogrammiert

Es hätte mir klar sein sollen. Wenn der Tag damit beginnt, dass der Tee nach Spülwasser schmeckt, ist eigentlich alles gesagt. Vor allem, wenn es der Geschmack des eigenen Spülmittels ist und niemand außer mir selbst dafür verantwortlich sein kann. Immerhin Bio und immerhin Verbenenaroma, es hätte schlimmer sein können. 
Die eigentliche Überraschung des Tages blieb der gelungene New York Cheesecake, den ich auf Wunsch des Sohnes nach dem Teefiasko gebacken hatte. Manchmal doch vorteilhaft, sich zumindest annähernd an Rezepte zu halten. Es stimmt übrigens, der Kuchen gewinnt, wenn man es schafft, ihn über Nacht stehen zu lassen.
Im Anschluss verlief der Tag wie durchs Teeorakel angekündigt. Nicht ganz rund, aber zum Teil erfolgreich. Im ersten Schritt hatte ich mir ein Auto ausgeliehen, um einen Kollegen für den kürzlich neu erworbenen Sessel zu besorgen. Routine im Recruitment, so wichtig. Die leicht milchverglaste Frontscheibe störte mich, zumal sich ihr Zustand durch Sprühen und Wischen nicht allzu sehr verbessern ließ. Kurz entschlossen bog ich an der nächsten Tankstelle ab, um für Abhilfe zu sorgen. Da ich schon einmal dort war, konnte ich auch gleich volltanken. Nein, konnte ich nicht. Der Tankdeckel ließ sich partout nicht öffnen. Draufdrücken, gut Zureden, Fluchen, Hebel Betätigen - die Motorhaube bekam ich auf - nichts half. Mit Spülwassertee im Bauch machte es nichts mehr aus, fand ich, die Tendenzblonde zu geben und die Angestellten der Tankstelle um Hilfe anzugehen („Ich würde die Elf gerne bezahlen, wenn ich es nur schaffte, den Tankdeckel zu öffnen. Können Sie mir helfen?“). Sie standen zu zweit hinter der Kasse und wären beide sofort bereit gewesen. Ein junger Mann ging dann mit mir zum Auto. Versuchte genau wie ich sein Glück und scheiterte ebenfalls. Am Ende zückte er verzweifelt sein Telefon, um die Lösung online zu recherchieren. Hätte nicht gedacht, dass das die Profilösung wäre - und vor allem nicht, dass er das Automodell falsch einsortierte. Seine Google-Suche versprach einen Hebel, meine besagte beherztes Tankdeckeldrücken. Simsalabim, ich bekam ihn auf! Und zusätzlich die Bewunderung des Tankwartes: „Wie haben Sie das denn geschafft?“
Der weitere Weg und die nachfolgenden Aktivitäten verliefen erfreulich ereignislos. Selbst das Einladen der Sessel- plus Tischteile ging mir als erfahrener Tetris-Expertin gut von der Hand, obwohl ich vorher bereits Blumen, Blumentöpfe und Blumenerde im nicht allzu großen Auto verstaut hatte. Schwieriger wurde es, die Sesselverpackung loszuwerden, die nun wirklich nicht mehr ins Auto passte. Ich ließ den Blick über den Parkplatz schweifen und entdeckte nicht weit entfernt in der übernächsten Parkreihe einen entsprechenden Container. Mit dem Pappungetüm ging ich vorsichtig durch die saisonal kargen Blumenrabatten, um auf kürzester Distanz dorthin zu gelangen. Der Mann südländischer Provenienz, den ich für einen Mitstreiter mit ähnlicher Mission gehalten hatte, entpuppte sich als ein fluchender Mitarbeiter. Er wies mich freundlich an, die Pappe daneben zu legen („Nicht hier, da. Scheiße. Nicht dein Problem, ist meins. Scheiße…“). Befreit trat ich den Rückweg an. Leider achtete ich dabei weniger aufs Gelände. Das führte dazu, dass ich mich wohl an einem Hagebuttenstrunk verhedderte und schrankengleich, seitlich in die Rabatten fiel. Die Erde, auf der ich landete, war nicht gefroren, was den Aufprall milderte, aber den Dreck an mir erhöhte. Dennoch kam mir gleich eine besorgte Passantin zur Hilfe: „Sie waren plötzlich verschwunden!“ „Ja, so kam es mir auch vor.“
Ich schreibe es meiner preußischen Disziplin zu, dass ich die Möbel zu Hause trotz Schmerzen im Brustkorb sofort aufbaute. Anschließender Cheesecake zur Belohnung half auch. Eine Ibuprofen in der zweiten Nacht danach erst recht. Umso besser. So kann ich heute wieder frisch ans Werk. Das bekomme ich normalerweise ohne größere Unfälle hin. Wenn mir der Tee gelingt.