Dienstag, 30. Juni 2020

Erwachsen

Die Kombination aus Wochenstart, eigener Arbeit (eine Präsentation erstellen, eine weitere, bereits fertige halten), technischen Schwierigkeiten, Co-Working-Host und „Kinder“-Betreuung überforderte mich gestern etwas. Zumal das eine Kind den Antrag für seine Prüfungen fertigstellen und abschicken musste. Zumal ich es, resp. den Sohn, schon seit einigen Tagen auf Deadlines und die Notwendigkeit, sich zu kümmern, hinweisen musste und mich selbst schon an der einen oder anderen Stelle gekümmert hatte. Der stete Tropfen höhlte aber wirklich den Stein: der Antrag war gegen Mittag fertig und die Dokumente bis auf ein paar Kopien vollständig - so hoffe ich zumindest. Bestand also nur noch die Hürde, ihn zur Post zu bringen. In diesem Punkt wirkte der Sohn etwas anstelliger als die Tochter. Er bedankte sich sogar höflich für die Briefmarke, die ich ihm zur Verfügung stellte (ja, ich opferte einmal Theodor Fontane - und das für die Behörde!), und wusste, wofür sie einzusetzen sei. Auch zum weiteren Vorgehen, zu Funktion und Standort der Postkästen hatte er keine Fragen. Da „wir“ recht knapp in der Zeit lagen, wies ich ihn darauf hin, er solle beim Einwerfen darauf achten, einen zu nehmen, der noch am Nachmittag geleert werde. Ein Ansinnen, mit dem ich die Tochter vollends überfordert hätte, das dem Sohn jedoch fraglos umsetzbar erschien. Er ging also los, um erst im Copyshop die Kopien anzufertigen und anschließend den Brief einzuwerfen. Ich konnte mich wieder meiner eigentlichen Arbeit widmen. Nicht allzu viel später kehrte der Sohn zurück, mit dem Briefumschlag in der Hand. „Mama, ich brauch’ einen Prittstift (den immerhin kennt er)! Hast du einen? Der Umschlag klebt nicht richtig. Er geht nicht zu.“ Ich entnahm ihm den Brief, zog möglichst wenig demonstrativ - Selbständigkeit, bei Kindern so wichtig! - den welligen Papierstreifen von der Klebefläche (er schien immerhin zu wissen, dass dieser normalerweise zum Befeuchten ist) und schloss ihn. Der Sohn murmelte mehrfach, er könne sowas einfach nicht, brachte dann die kostbare Fracht klaglos zum Postkasten mit Nachmittagsleerung. Als er zurückkam, war das vorherige Ereignis vergessen und er beschwingt. Wie ich auch. Jetzt heißt es nur noch Lernen. Aber das ist ein Klacks gegen den Versand des Prüfungsantrags; fürs Lernen gibt es schließlich YouTube-Tutorials.

Montag, 29. Juni 2020

Schön und gut

Der Nachteil an Premium-Wochenenden ist, dass sie irgendwann vorbei sind. Diese Entwicklung wäre immerhin nachvollziehbar, wenn es - wie beispielsweise das letzte -  mit so vielen schönen Erlebnissen, Eindrücken und viel Empfinden vollgepackt ist. Und damit meine ich noch am allerwenigsten mein erfolgreiches Tippergebnis des letzten Spieltages. Wenn im Anschluss das Heimarbeitshamsterrad ansteht, ist der Kontrast einfach zu groß. So bleibt in jedem Fall die Motivation auf der Strecke. Na, gut. Ich stehe trotzdem auf.

Samstag, 27. Juni 2020

Wichtig

Um zu den wirklich weltbewegenden Dingen zu kommen: Wir haben jetzt wieder die Temperaturen erreicht, in denen die Wäsche, die in der Wohnung trocknet, frischer riecht als die, die auf dem Balkon gebraten wird. Außerdem handelt es sich um die klimatischen Verhältnisse, in denen ein Aufenthalt an der See sinnvoller ist als im Landesinneren. Kurzarbeit ist übrigens nicht nur schlecht, wenn es mir dadurch wie gestern vergönnt ist, bereits am Vormittag zu einem Ausflug an die Lübecker Bucht mitgenommen zu werden. Eigentlich ist die Destination nicht meine bevorzugte. Oft und gerne gebe ich zum Besten, dass ich die südwestliche Ostsee nicht als Meer akzeptieren kann, weil es dort auch stickig ist, wenn es in der Stadt stickig ist, und weil der Wannsee mehr Brandung hat. Von Quallen möchte ich gar nicht sprechen. Die sind im Wannsee nämlich deutlich seltener. Gestern konnte ich daher mein Glück kaum fassen: eine Brise, die die Überlegung zuließ, auch mittags die Oberbekleidung noch etwas länger anzubehalten, eine Brandung, die an echtes Meer anmutete, und Wasser, das zwar für die Jahreszeit vergleichsweise lau war, aber sich dennoch ziemlich quallenarm präsentierte. Was für eine schöne Ausnahme der Regel. Wenn jetzt unsere krakeelenden Krähen auch in der Sommerfrische weilen (und das möglichst lange!), werde ich noch zufriedener. Ich habe beschlossen, dieses Wochenende geht jetzt mindestens genauso außergewöhnlich gut weiter. Meine Meinung.



Mittwoch, 24. Juni 2020

Im Norden nichts Neues

Undeutlich meine ich mich zu erinnern, schon einmal erwähnt zu haben, dass es hier Nachbarinnen und Nachbarn gibt, die ich vergleichsweise wenig ins Herz geschlossen habe. Normalerweise relativiert die Blödheit der einen oftmals die der anderen. Heute jedoch sah es so aus, als wollten sich die üblichen Verdächtigen im Dämlichkeitslimbo in Echtzeit messen. Die eine Partei kündigte gestern Nachmittag an, heute früh mit dem Aufbuddeln des Vorplatzes (direkt vor meiner Küche) beginnen zu lassen. „Sollte jemand von euch dadurch Unannehmlichkeiten haben, tut uns das Leid“ war nicht anders zu interpretieren als: kümmert uns nicht für einen Sechser, wenn ihr dadurch gestört werdet. So begannen die Arbeiter morgens - nicht ganz so früh wie geplant, aber pünktlich zu meinem Arbeitsbeginn - ihr lautstarkes Werk, fast genauso lautstark kommentiert von ihren Auftraggebern, die in bester Gutsherrenart Anmerkungen von sich gaben. Fun Fact am Rande: die Fahrzeuge des Personals standen so schlecht geparkt, dass die Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zu ihrem letzten Schultag dieser Saison über Poller und Grundstücksmarkierungen steigen mussten. Es war also in vielerlei Hinsicht störend, für mich jedoch so, dass ich meinen angestammten Arbeitsplatz nicht nutzen konnte, wenn ich vorhatte, in Ansätzen produktiv zu werden. Ich beschloss, stattdessen auf den Balkon auszuweichen. Dort waren die Arbeiten zwar auch zu hören, aber nicht ganz so durchdringend. Eine Viertelstunde ging es gut. Dann wiederum beschloss die Nachbarin, die maximal von mir entfernt wohnt und die wir angemessen liebevoll „Stalin“ nennen, auf ihrem Balkon freisprechend mit einer Freundin/Kollegin o.ä. zu telefonieren. Sagen wir so: ich weiß jetzt zu welcher Zeit die Gesprächsteilnehmerin mittags eine Pause und in der Zeit „Telegymnastik“ macht - und viele spannende Dinge mehr. Bei der Lautstärke, die ich noch weit entfernt gehört habe, hätte es mir mit dem Lautsprecher in der Nähe mindestens ein Ohr weggeflext. Reuevoll zog ich wieder zu meinem Stammplatz, um dort festzustellen, dass Arbeiten auch nur bedingt möglich ist. Und so ging das Spiel wieder von vorne los. Heute dürfte sich das Finanzamt nicht beschweren: die Pendlerpauschale habe ich mir zumindest an einem der ca. 220 Arbeitstage des Jahres 2020 mehr als verdient.

Hübsch ist es ja. Aber das sonstige Umfeld lässt Raum nach oben.

Dienstag, 23. Juni 2020

Augen auf!

Es passte hervorragend in die aktuelle Kritik an großen Konzernen, als ich feststellen musste, dass mir Ferrero ein Bild zu wenig fürs Album geliefert hatte. Vier statt fünf - das Stadion von Porto fehlte. Ich habe extra alles aufgereiht fotografiert, um mit diesem Beweis eine geharnischte Mail an die italienischen Betrüger zu schicken. Anschließend war ich sehr froh, beschlossen zu haben, erst die Sticker einzukleben und mich dann zu ärgern. Es ersparte mir viel Peinlichkeit. Manchmal ist es eben doch sinnvoll, auf den Preis zu achten.



Montag, 22. Juni 2020

Nachlese

Jetzt darf ich es sagen: wir waren am Wochenende Überraschungsgäste eines Geburtstags. Und das für uns selbst genauso überraschend im Weserbergland. Seit gefühlt ewigen Zeiten habe ich daher wieder einmal eine Nacht in einem Hotelzimmer verbracht. Ich wusste gar nicht, ob das noch klappt. Als Service für alle, die auch zweifeln: es geht! Es verlernt sich wohl nicht so schnell. Noch besser wäre allerdings gewesen, wenn diese Übernachtung eine Woche später stattgefunden hätte, denn im Hotelgarten - mit lauschiger Autobahnkulisse - stand ein riesiger Kirschbaum mit hellen Kirschen, die schon fast reif waren, aber eben nur fast. Doch es wäre wohl vermessen, an Termine anlässlich Geburtstagen oder Jubiläen Ansprüche an den passenden Zeitpunkt zu haben. Neben der Nacht im Hotel gab es auch ein Frühstück. Dabei bekannte die Reisebegleitung endlich und quasi öffentlich, Leberwurst zu essen. Ich vermute, das ging nur nach vielen Terminen bei den AL, den anonymen Leberwurstesser/innen. Diese haben sich gelohnt, denn jetzt ist es raus. 
Eine weitere Erkenntnis war für mich, dass in diesem ostwestfälischen Dorf (anders als im eigenen) um Punkt Mitternacht die Straßenbeleuchtung ausgeschaltet wird. Und dann wird es auch um Mittsommer herum stockfinster, wenngleich sich die Glühwürmchen alle Mühe geben - an ihnen lag es nicht. Die Autobahn mit ihrem diffusen und relativ lauten Rauschen sorgte hingegen weder für Licht noch für Orientierung. Nach einem nur knapp verhinderten Zusammenprall mit einem Mountainbikefahrer, der stimmig ohne Beleuchtung unterwegs war und regionalen Charme versprühend herumpöbelte, wies uns anschließend die Taschenlampe des iPhones den Weg. Zumal das Geläuf zusehends (!) schlechter wurde. Fast hätten wir uns wieder auf Poel wähnen können. Denn auch die Gefahrenlage scheint vergleichbar:

Poel - Porta Westfalica 1:1

Mittwoch, 17. Juni 2020

Unterm Strich

Dank einer Steuerrückerstattung beschloss ich vor Kurzem, mir nach monatelanger Abstinenz mal wieder etwas zum Anziehen leisten zu können. Gestern Mittag kam das Paket aus Frankreich an. Seitdem habe ich einen neuen Lieblingspullover. Auch wenn ich ihn wegen der sommerlichen Temperaturen nicht einmal am späten Abend anziehen konnte, fand ich, es sei wohl seit langem mal wieder ein Glückstag. Schließlich fand das neue Kleidungsstück sogar Gnade vor dem Herrn Sohn. 
Doch das vollkommene Glück wollte sich nicht einstellen. Am Anfang lag es nur daran, dass ich in der Wohnung im Weg war und deswegen mein Home Office auf dem Balkon aufschlagen musste. Prinzipiell kein Rückschlag, aber wenn es dort so warm und so blendend hell ist, dass ich meinen Arbeitsplatz auf dem Boden sitzend (dreckig) im Schatten des Balkontischs installieren muss, will bei mir keine nachhaltige Freude aufkommen. Bei den Nachbarn wahrscheinlich schon eher. Dank unserer neapolitanischen Outdoor-Verhältnisse konnten sie mich in dieser horstigen Position gut beobachten und hatten vermutlich ihren Spaß. Abgesehen von ein paar Verspannungen wäre das noch zu verschmerzen gewesen. Vollkommen geschehen um die gute Laune war es dann allerdings, als offenbar wurde, dass am Nachmittag zwei der drei in unserem Haushalt befindlichen Wasch- bzw. Spülbecken durch übereifriges Putzen so undichte (löchrige) Wasserabflüsse entwickelt haben, dass das oben hineingegebene Wasser 1:1 ins Badezimmer bzw. in den Unterbauschrank läuft. Ein Stück Glück zumindest, dass der Klempner letzthin bei der Reparatur des von ihm installierten Heizkörpers eine Visitenkarte mit der handschriftlichen Aufschrift „Falls es wieder tropft“ an ihr festgemacht hatte. Als ob er seherische Fähigkeiten hätte. Wenn er auch erst am Montag kommen kann, gab er zumindest den Tipp, das eurostückgroße Loch abzutapen. Was mich jetzt wirklich freut: dass das Tape farblich hundertprozentig zum Rohr passt. 

De rien.

Montag, 15. Juni 2020

Harte Fakten

So richtig gerecht ist es nicht, dass nach einem grauen Wochenende in Waschküchenatmosphäre am Montagmorgen seit vier Uhr irgendwas die Sonne so ins Zimmer scheint, dass die mich garantiert vom Schlafen abhält. Immerhin muss ich auf die Weise nicht das Licht anschalten, um lesen zu können. So signalisiere ich der scheinheiligen Sonne nämlich: „Ich wollte gar nicht mehr schlafen, auch wenn ich erst gegen Mitternacht im Bett war; Lesen ist viel besser.“ 
Auch ungerecht: dass nach längerer Abwesenheit vom Tisch ein Gutteil der mühsam erworbenen Pingpong-Fähigkeiten wieder verschüttet sind, während sich die Kerninkompetenzen Am-Ball-Vorbei-Schlagen und Die-Ausmaße-Der-Platte-Verschätzen wacker halten. Aber was soll’s, schließlich bekommen wir an der Tischtennisplatte wieder mehr Kontakt zu den Nachbarn. Auch das ist nicht nur Vergnügen, aber bei Gewitter heißt es, demütig zu sein. Immerhin bemerkt die Nachbarin, ich sei sehr braun geworden. Ich hingegen bemerke beim Abgleich mit der eigenen Alterskohorte, ganz so schusselig und vergesslich wie sie bin ich zum Glück (noch?) nicht. Während wir die Bälle hin und her schmettern - oder auch nicht - bereiten Andere einen Ausflug mit Übernachtung vor. Nachdem sie die Wohnungstür bereits abgeschlossen hat, kehrt die Nachbarin mehrfach zurück, um Vergessenes mitzunehmen. Unter anderem hat sie eine Wassermelone getragen. Und das am Tag, an dem im Hamburger Autokino „Dirty Dancing“ gezeigt wird. Wenn das kein Zeichen ist! Leider weiß ich nicht, wofür. 
Außerdem nicht ganz fair, dass ich mich nach einem schwülen Tag mit Aufräum- und Gartenarbeiten in Sicherheit wog, nachdem der Sohn eine große Tüte Chips aus dem Asia-Markt verdrückt hatte, um dann von ihm den Wunsch vorgetragen zu bekommen, ob ich nicht noch Suppe kochen könne. Wäre es nicht er und wäre da nicht sein Charme gewesen, hätte ich ihm bei 24° und 90% Luftfeuchtigkeit vermutlich mit „Suppe ist draußen genug“ geantwortet. So habe ich dann doch noch gekocht. Zum Glück nicht metaphorisch, denn der Inhalt einer ganzen Gulaschkanone war bis zum Ende des Abends rückstandslos verschwunden.
Weiteren Lohn meiner Arbeit bekam ich von der Reisebegleitung: die Freude über meine selbst gebastelte schwarze Maske mit der Aufschrift „¡manos arriba!“ war echt. Ebenso wie die Erleichterung des Sohnes (als er sie nach Fertigstellung sah), dass ich sie nicht selbst tragen sondern verschenken werde.

Samstag, 13. Juni 2020

Schwierig

Nach zwei Wochen Abstinenz tue ich mich mit dem Konzept bezahlten Frondienstes schwer. Wenn dann noch schlechtes Wetter und ein Feiertag in anderen Bundesländern hinzukommt, wird es besonders hart. Es liegt vielleicht am Alter. Zudem musste ich wieder einmal feststellen, dass die Widerstandskraft des Sohnes deutlich höher ist als meine. Er besorgte Essen vom Osmanen. Während ich nach dem Verzehr eines mitgebrachten Döners beschloss, nie wieder Ähnliches zu konsumieren, ging der mir bekannte Teenager gleich am Folgetag wieder dorthin, um sich eine adäquate Anzahl Kalorien zu besorgen. Dummerweise scheine ich auch das selbstständige Kochen verlernt zu haben. Da trifft es sich umso besser, dass ich von meiner Mutter wieder einmal ein Care-Paket mit (geschältem!) Spargel bekomme.

Sinnbild: Meine Anpassungsgeschwindigkeit

Dienstag, 9. Juni 2020

Letzter Ausflug vor dem Urlaubsende

Gestern gab es nochmals einen kleinen Nachschlag Urlaub. Und auch wieder See, Sonne und Zone. Während die Natur sehr schön und erholsam war, waren es die Menschen nur bedingt. Vom Optischen will ich gar nicht sprechen. In dem Punkt kann ich außer einem gegebenenfalls ansprechenden Teint selbst nichts in die Waagschale werfen. Aber dass dort Menschen mit deutschtümelnden Insignien und entsprechend zur Schau getragenen Einstellungen unbehelligt durch die Gegend laufen dürfen, zerstört einen nicht unerheblichen Teil der positiven Wirkung. Das wird wahrscheinlich das Schwierigste am eingeschränkten Reisen 2020: diesen Idioten nicht entfliehen zu können. Auf der Habenseite: wir werden  uns im Ausland nicht unmittelbar für sie schämen müssen.



Sonntag, 7. Juni 2020

Meine Merkel musste (leider) weg

Als ob Urlaubsendblues allein nicht schlimm genug wäre. Nach so viel Natur und Erholung - wenn auch geballt in wenigen Tagen - zeichnet sich selbst das beschauliche Dorf durch Schmutz und schlechte Luft aus. Immerhin positiv: das Wiedersehen mit der Brut, die mir allerdings eigenartig blass vorkam. Fünf Tage Seeluft sind eben doch mehr als ein paar Stunden auf dem hiesigen Balkon. Wenn sich zum Urlaubsende auch noch ein anderer Verlust gesellt, wird es wirklich kritisch. Dem Sohn war in einer seiner Kochaktionen in meiner Abwesenheit ein Malheur passiert. Unsere Zitronenpresse war ihm kaputt gegangen. Er behauptete zwar, man könne sie kleben oder die Presse einfach ohne Auffangteil benutzen, aber ich sah darin keinen Sinn. Also musste ich sie schweren Herzens in den Müll bannen. Ich möchte daraus unter keinen Umständen ein Statement angeleitet wissen.



Freitag, 5. Juni 2020

No Risk, No Fun

Eigentlich dachten wir, auch hier werde es beschaulich zugehen. Schließlich befinden wir uns in einer Ecke der Welt, where the streets have no name. Whereas the grains have. Heißen die Adressen einfach nur „Schaugarten 2“ oder „Ausbau 3a“, gehorcht die Gerste beispielsweise auf den Namen „Ellen“ und der Weizen auf „Achim“. Diese Informationen werden uns auf Schautafeln „Ihrer Landwirte“ zuteil. Als ob das für Großstädter nicht Abenteuer genug wäre, benutzten wir gestern einen Rad- und Wanderweg neben der Steilküste, an dessen Absperrung wir irgendwann von hinten gerieten. Als wir uns seitlich über das Dickicht vorbeigeschlagen hatten, mussten wir rückblickend feststellen, dass er absturzgefährdet war. Außerdem wurde uns - vielleicht gar vom Poeler Tourismusverband - eine amtliche Spinne (mit ähnlich dicken Beinen wie die durchschnittliche Wohnmobilbeifahrerin hier vor Ort, nur eben deutlich dunkler) ins Badezimmer geschickt, die ich als ausgewiesener Spider Fighter todesmutig unter Zuhilfenahme einer Tupperdose und eines Blatt Küchenpapiers vor die Tür expedierte. Auf der nach oben offenen Achtungsskala der Reisebegleitung habe ich daraufhin einen Satz nach oben gemacht, glaube ich. Doch irgendwann ist Schluss. Auch Abenteuerurlaub muss seine Grenzen kennen:



Mittwoch, 3. Juni 2020

Poel la Nuit

Soweit ich mich erinnern kann, träumte ich heute Nacht das erste Mal ein Buch weiter, das ich gerade lese. Es ist kein wirklich gutes Buch - und so war ich, noch während ich mich im Dämmerzustand befand, ein wenig stolz, den schwachen Schreibstil auch in meinen Träumen wiedergefunden zu haben. Es ist eine Familiensaga, deren erster Teil mir für die Liseuse kostenlos angeboten wurde. Natürlich bin ich auf den üblichen Tierparktrick (Gutschein für den kostenlosen Eintritt eines Kindes, um für den Rest der Familie anständige Einnahmen zu bekommen) hereingefallen. Ich habe mich aber insofern nicht im Sinne des Verlags verhalten, als ich wegen schwülstiger Übersetzung und schlechter Ausführung des eBooks beim nächsten Teil lieber auf das englische Original zurückgriff. So war auch mein Fortsetzungstraum auf englisch. Auch das ein erstes Mal. Viel überraschender als die Sprache fand ich jedoch, dass ich nicht die Erlebnisse des Vortages verarbeitet habe. Schließlich gab es neben dem Naturflash viele Erkenntnisse. So zum Beispiel, dass Bayern im Moment Pfingstferien zu haben scheint. Anders sind diese vielen süddeutschen Familien nicht zu erklären. Wie die Gruppe dreier junger Erwachsener, von denen die eine Begleiterin und Begleiter fragt, ob das Wasser, in dem sie baden, „eigentlich Salzwasser“ sei. Wie die zwei Teenagermädchen, die mit den Füßen im Wasser stehen und von denen die jüngere Schwester zu ihrem Vater (in den Pfingstferien darf er die Töchter haben) herüberbrüllt, sie hole schnell ihr Handy, sie habe eine sooo große (sie deutet etwa Handgröße an) Qualle gesehen, die sie filmen wolle. Der Vater doziert später, er habe nachgeschaut, außer den „hellgrünen seien das im Wasser gar keine Algen, sondern Seegras“. Ach, was? Überhaupt haben hiesige Fauna und Flora bei Bayern wohl den Status Außerirdischer. Später präsentiert sich eine andere Familie im Wasser herumspaddelnd. Der Sohn, vielleicht acht-neun Jahre alt, mit Blick auf eine neben ihm herumschaukelnde, kleine Qualle: „Papa, darf i dös anlangen?“. Nach dreimaliger Wiederholung der Frage, verlässt den Vater die Geduld und er wirft sie nach dem Sohn. Weder Kind noch Qualle wurden übrigens zum Prinzen. 



Dienstag, 2. Juni 2020

Urlaub in MV

Eigentlich ist das Wort des großen Frank Schulz für mich Gesetz. Dies gilt umso mehr, wenn es ihm von einem anderen Autor in den Mund gelegt wird. Und doch habe ich mich dem Gebot widersetzt („Meinen nächsten Urlaub, sagte sich Schulz, werde ich auf Spiekeroog verbringen, ihr Säue!“). Statt ostfriesischer Insel nun Poel. Immerhin eine Insel und auch in Deutschland, so viel zu Gemeinsamkeiten. Wen kümmert es, dass sie in Mecklenburg-Vorpommern (Zone) und demzufolge in der Ostsee liegt? Mich nicht, solange der Himmel araltankstellenblau ist und es sogar mehr Natur zu bewundern gibt als in unserem beschaulichen Dorf.