Montag, 20. Dezember 2021

Warnung

Jede oder jeder, die oder der mir und meiner Familie frohe oder gar fröhliche Weihnachten wünscht, bekommt ansatzlos eine gedrückt. Und ausnahmsweise ist mit mir nicht zu spaßen. 



Samstag, 18. Dezember 2021

Asterix bei den Schweizern

Umständehalber hielt ich mich in der Schweiz auf. Wunderbar, wie dort alle Stereotypen aus französischen Comics bedient werden. Selbst im Dunkeln sah ich, dass es sehr ordentlich, aufgeräumt und sauber gehalten wird. Dass alles unglaublich teuer ist und dennoch - oder deswegen? - an jeder Ecke Reichtum zu erkennen ist. Busse und Züge sehen außen wie innen wie geleckt aus. Selbst öffentliche Toiletten sind so blitzeblank, dass man sich mit Freunden auf den Boden schmisse, wäre es nicht vergleichsweise kalt. In der hintersten Ecke des Genfer Bahnhofs gibt es dann einen Bereich, durch den alle müssen, die zu französischen Zügen wollen. Betrifft man den schmalen Gang zum Zoll, umgibt einen sofort eine graubraune Schmuddeligkeit, von der man vermutet, dass sie mit diversen ansteckenden Krankheiten aufwarten kann. Der Charme eines in die Jahre gekommenen Gefängnistraktes. Dann weißt du, du bist in Frankreich. Nicht nur wegen der Zollkontrolle. Das Umfeld mag schmuddelig wirken, und der Besuch einer öffentlichen Toilette ist jetzt nur noch im absoluten Notfall statthaft, aber sofort empfängt einen von jeder Stelle eine unglaubliche Höflichkeit. Die Zöllnerin glaubt mir zwar nicht ernsthaft, dass ich keine Zigaretten oder keinen Alkohol mitführe, doch sie bleibt über alle Maßen freundlich und zuvorkommend. Bienvenue en France! Und ein Glück, dass ich nicht in den See musste, weil ich Brot in den Topf fallen ließ.

(Bett 1, 2 oder 3? Ob du wirklich richtig liegst, zeigt sich, wenn das Licht ausgeht.)

Freitag, 17. Dezember 2021

Wie ein Urlaubstag!

Es läuft nicht ganz wie geplant. Damit ist nicht einmal  das Erstweltproblem schlechteres Wetter im sonst so sonnigen Süden gemeint. Das kann mir unterdessen egal sein, denn ich muss die Erholung an den Nagel hängen und mich peu à peu in Richtung Nordosten vorarbeiten. Die Bilanz meiner geplanten 14 Tage nachgeholter Sommerfrische sieht mit einem entspannten Urlaubstag netto gar nicht mal so gut aus. Heute früh habe ich also aus Gründen meine Zelte in Spanien abbrechen müssen. Der Plan war, sich über die Schweiz vorzuarbeiten. Kein wirklich guter. Denn seit ein paar Tagen ist es den Schweizer Behörden vollkommen wumpe, ob Einreisende dreimal geimpft sind. Sie wollen in jedem Fall einen rotzfrischen PCR-Test. Das geht aus den Bestimmungen leider nicht hervor. Damit wird man erst am Schalter konfrontiert. Dreimal darf geraten werden, was der Flughafen in Valencia aktuell nicht anbietet? Genau, einen PCR-Schnelltest. Richtig schnell war auch die Alternative nicht: ungefähr zweieinhalb Stunden nach einer Taxifahrt vom Flughafen in ein Krankenhaus erhält man sein Ergebnis. Der Test dort ist zumindest so rapido, dass er mit 150€ bepreist wird (exklusiv Taxifahrten, Ehrensache). Hätte ich es vorher gewusst, wäre ich gleich nach Frankfurt geflogen. Aber damit rechnen sie bloß. Stattdessen stehen alle um den Flug Gebrachten nach dem Test am Flughafen-Service-Schalter an, um auf anderen Wegen zu ihrer Destination zu kommen. Auch diese Wartezeit entpuppt sich als nicht allzu kurz. Meinem französischen Wartekameraden gegenüber spreche ich davon, „tuée par fatigue“ zu werden. Er hat etwas mehr Glück als ich und darf schon mit dem Flugzeug nach Frankfurt in Richtung Schweiz reisen, so dass er nur etwa fünf Stunden später als geplant ankommen dürfte. Ich hingegen soll über Brüssel dorthin gelangen. Ungefähr sieben Stunden später als gedacht. Und so spät, dass ich nur noch versuchen kann, zumindest aus der Schweiz herauszukommen, um keine Übernachtung in Schweizer Franken finanzieren zu müssen. Doch so weit ist es noch nicht. Denn zeitweilig sah es so aus, als ob ich erst einmal in Belgien steckenbliebe, weil man mich auf dem - Ehrensache: verspäteten - Flug ohne gültiges PLF (WTF?) nicht befördern möchte. Nie wieder will ich über das spanische Gesundheitszertifikat meckern. Es gibt deutlich nutzlosere. Das besagte aus der Schweiz zum Beispiel. Dieses hat zudem noch den Nachteil, dass es in meinem Fall nicht funktioniert und angeblich nur in digitaler, nicht in Papierform bereitgestellt wird. In ihrer unendlichen Güte lassen mich die Bodenmitarbeiter mitreisen, wenn ich verspreche einen Screenshot der Fehlermeldung zu erstellen. Dreimal darf geraten werden, was die „äußerst schwer erziehbaren schwulen Schwager aus der Schweiz“ (Max Goldt) im Flugzeug durch die Reihen ziehend austeilen? Genau, ein Papierformular - natürlich nur gültig „mit Durchschlag“ (meine Mutter). Und dann viermal, was in der Schweiz angekommen von niemandem eingefordert oder angeguckt wird?



Dienstag, 14. Dezember 2021

Best of Both Worlds

Fest hatte ich mir vorgenommen, es nicht zu tun. Schließlich hatte ich nicht umsonst mit Beginn des vierten Quartals noch mehr als zwei Drittel meines Urlaubsanspruchs offen - sowie zu der Zeit eine Historie von vierzig 50 Stunden-Wochen hinter mir. Und doch empfinde ich jetzt so: Mir tun alle leid, die die gerade angebrochenen dunkelsten zwei Wochen des Jahres nicht wie ich in Shorts kilometerweit durchs laue Wasser watend verbringen können. Am Ende mit nassen Hosenbeinen und nassem Hosenboden. Die nicht die Gelegenheit haben, sich zum Trocknen nachmittags um 16 Uhr in die Sonne zu setzen. Die nicht mit lateinamerikanischer Musik aus dem Beach Club beschallt werden, zu der auf der Bühne am Strand grauhaarige Männer und naturidentisch frisierte Frauen in Paaren ihre Tanzschritte für Silvester üben. Doch ehe alle in Neid ausbrechen. Einen Wermutstropfen gibt es schon. Super Mario hat das Internet repariert. Es gibt keine Ausrede mehr, nicht in den Jobaccount zu gucken. Aber nicht vor mañana. Assimilation ist schließlich ein Gebot der Höflichkeit.



Montag, 13. Dezember 2021

Fin de temporada

Ausnahmsweise bin ich nicht stumm, weil ich außer Arbeit zu nichts komme. Diesmal liegt es an schlechter Internetverbindung. Und das, obwohl ich mich vermeintlich rettend ins Ausland verbracht habe. Wer dachte, in Sachen Digitalisierung lebten wir in Deutschland als Einzige vollkommen hinterm Mond, sieht diese Theorie zwar bestätigt, wenn er/sie nach Moldawien reist, wird jedoch bei einem Besuch in Spanien eines Besseren belehrt. Impfen und Sonnenschein können sie hier zwar, aber Internet scheint auch nicht so ihr Geschäft. 
In der Wohnung meiner Eltern gab die Box zwar noch flackerndes grünes Licht von sich. Das war allerdings ihr einziges elektronisches Signal. An Datenübermittlung war nicht zu denken. Der Hausmeister versprach, sich zu kümmern. Nach nur zweimaliger Aufforderung klappte zumindest diese Face-to-Face-Übermittlung. Ein Techniker sollte kommen. Zugegeben, er erschien nicht am angekündigten Tag, sondern erst am Folgetag. So viel mañana-Tradition muss sein, besonders in der Adventszeit. An der Gegensprechanlage kündigte sich der Fachmann am Freitag als „Mario del Internet“ an. Das machte auch mit Verspätung Mut. Oben angekommen glaubte er erst einmal nicht die Zustandsbeschreibung von meiner Mutter und mir. Darin unterschied er sich wohltuend wenig von seinen teutonischen Kollegen. Er machte sich ans Umstöpseln und Schrauben. Leider vergeblich. Nach einer Weile befreite Super Mario die Box, klemmte sie unter den Arm und beschied uns, er kehre in „cinco minutos“ zurück. Diese sind auch nach 72 Stunden nicht verstrichen. Fünf Minuten oder fünf Tage, stört doch keinen großen Geist. Immerhin kann ich auf die Weise definitiv nicht während meines Urlaubs arbeiten.
Und Sonne können sie hier wirklich.



Montag, 6. Dezember 2021

Zapfenstreich

Eine neue Ära hat begonnen. Ich habe die gute alte Zahnbürste zu den Akten gelegt und bin nun ins Geschäft des elektrischen Modells eingestiegen. Deutlich später als die Generation meiner Kinder. Wegen dieses Zeitverzugs fehlt mir ihre Expertise. Ich frage mich nach wie vor, wie es gehen soll, beim Zähneputzen nicht das ganze Badezimmer und vor allem meine Haare mit Zahnpastaspritzern zu überziehen. Wenn ich es mir recht überlege, gelingt es ihnen auch nicht richtig. Bin ich doch diejenige, die unter anderem die Badezimmerspiegel putzt.
Außerdem kann ich seit gestern der weiteren Wellen und Varianten etwas entspannter entgegensehen, denn ich bin geboostert. Am Ende war es sehr unkompliziert und sogar schon nach etwa fünf Monaten möglich. Fünf Minuten nach meinem Termin war ich fertig, zum Glück nicht im anderen Sinne.
Neben diesen bahnbrechenden Entwicklungen hat auch die Kanzlerin ihren Abschied gefeiert. Zu diesem Anlass fanden wir uns spontan zu einer Videoschalte zu dritt zusammen. Unser Kreis passte wunderbar zur Anzahl der Wunschtitel. Während der erste Kanzlerinnenwunsch ganz eindeutig dem einzigen mit 
Ostsozialisation zufiel („Wisst Ihr, worum es in dem Lied eigentlich geht?“), gehörte der letzte ebenso klar der einzigen mit einer Karriere in protestantischer Jugend. Textsicher konnten uns sämtliche neun Strophen von „Großer Gott“ virtuell und virtuos dargeboten werden. Blieb für mich also nur „Für mich soll‘s rote Rosen regnen“ übrig. Mit dieser Zuteilung war ich nicht unzufrieden. Wenngleich „mein“ Song in der Feier etwas zu kurz kam, fand ich. Mit Verruchtem tut sich eine Militärkapelle wahrscheinlich schwer, deswegen wollten sie es so kurz wie möglich halten. Der Miene der Kanzlerin nach war unsere Videoveranstaltung deutlich amüsanter.
Der wichtigste Punkt jedoch, weswegen sich ab jetzt alles zum Guten wendet: Im März 2020 hatten wir Karten für die Premiere des neuen Studio Braun-Theaterstücks im Schauspielhaus. Aus Gründen fand sie nicht statt. Mit nur 20 Monaten Verspätung war es am Samstag so weit. Und umso schöner. Wen kümmert da, dass der Saal entgegen der Ankündigung komplett ausgebucht war, wir trotzdem keine Plätze nebeneinander hatten und die Maske den ganzen Abend aufbleiben musste?