Freitag, 29. Juni 2018

Allez les frites! - Tag 15

Sprechen wir nicht mehr vom Mittwoch. Auch wenn ich viel Gutes über ihn zu berichten wüsste. Doch der Kenner genießt und schweigt. Die Kennerin auch.
Nachdem wir gelernt haben, wie man aus Deutschlandfahnen schnell und unkompliziert Siegerflaggen bauen kann, waren die Sympathien schnell verteilt. Supertruppe, diese Belgier. Mit Bundesligaspielern und einem französischen Co-Trainer. Ein paar Nörgler und Missgünstige liefen uns in der Gerd-Müller-Gedächtnis-Halle dennoch über den Weg. Daher verständigten wir uns darauf, auch im Hausgebrauch nur noch mit vorgehaltener Hand zu sprechen. Man weiß ja nie.



Donnerstag, 28. Juni 2018

Les jeux sont faites - Tag 14

Anders als ein Großteil meiner Landsleute kann ich sagen: Spiel gewonnen. Schon wieder fehlte ich in unserem Fußballzirkel. Aus Gründen. Aber deswegen war ich nicht pflichtvergessen. Die Voodoopuppe hatte ich trotzdem mit einem südkoreanischen Spielerbild beschickt.
Ich war in der Hauptstadt. Nicht etwa wegen des groß angelegten Public Viewings am Potsdamer Platz oder am Brandenburger Tor. Damit rechnen sie bloß. Wegen des einzigen David Byrne-Konzerts in Deutschland. Was soll ich sagen? Es war all‘ das, was der deutsche Fußball aktuell nicht ist: Premium.

Wahnsinn, was der Mann mit 66 Jahren auf die Bühne bringt. Zwei Stunden perfekt durchchoreographierte Bühnenshow mit unglaublich mitreißender Musik.
Im Anschluss fand selbst das Auftreten der deutschen Elf ein versöhnliches Ende. Als der indische Kellner in ebensolchem Restaurant meinte, das habe die deutsche Nationalmannschaft perfekt hinbekommen. Einen kurzen Moment wollte ich ihn undankbar seinem Gastland gegenüber rügen. Doch dann schob er hinterher: „Das Versauen. Das haben sie perfekt hingekriegt.“

Mittwoch, 27. Juni 2018

Partiell abwesend - Tag 13

Es lag nicht an mir, dass ich am 13. (!) Tag in unserer illustren Runde fehlte. Ich weiß, das sagen sie alle. Doch in meinem Fall hielten mich berufliche Verpflichtungen von der Präsenz am eigentlichen Ort des Geschehens ab. Der gelegentliche Blick auf den draußen angebrachten Bildschirm (Dilettantismus verglichen mit unserer Gerd-Müller-Gedächtnis-Halle) verriet mir zumindest, dass ich sportlich nicht viel verpasste. Das Soziale steht natürlich auf einem ganz anderen Blatt.



Dienstag, 26. Juni 2018

Erlesener Kreis - Tag 12

Selbst CR7 lockte kaum jemanden vom Ofen hervor. Einen kurzen Moment überlegte selbst ich, ob das Bett nicht ein schönerer Ort wäre. Einer, an dem es warm und trocken ist. Doch die Preußin in mir siegte. Fußballgucken in Sandalen. Und sogar entgegen den Gepflogenheiten meines Geburtslandes ohne Socken.



Montag, 25. Juni 2018

Eingeschworen - Tag 11

Wenn die Euphorie über deutsche Spiele abgeebbt ist, bleibt unser Stammteam allein zurück. Hier sind die eigentlichen Fußballfans zu finden. Ein internationales Publikum, das in seiner Zusammensetzung den Superdubeln aus Bayern (allen voran Söder und Seehofer) und anderen Beschränkten sicherlich nicht passte. Uns dagegen gefällt die interkontinentale Besetzung. So sehr, dass wir die afrikanischen Beiträge im nächsten Jahr wirklich vermissen werden.



Sonntag, 24. Juni 2018

Penetranz - Tag 10

Ohne unbescheiden klingen zu wollen: ich habe nicht unerheblich Anteil am gestrigen Sieg der deutschen Nationalmannschaft. Neben anderen Charakterschwächen bringe ich manchmal auch ein gewisses Durchhaltevermögen mit. So habe ich in der Folge des Kroos-Patzers nicht nachgelassen, etwa alle 30 Sekunden „Toni, du schuldest uns noch ein Tor“ zu skandieren. Immerhin hat er es sich zu Herzen genommen. Meinetwegen hätte er allerdings nicht so lange warten müssen.



Samstag, 23. Juni 2018

L‘ersatz - Tag 9

Es wird Zeit, sich auf die Suche nach einer Substitutsmannschaft zu machen. Ich glaube, ich setze auf Belgien. Die haben wenigstens einen Torwart. Der erinnert an den jungen de Gaulle. Oder vielleicht die eidgenössische Albanienauswahl? So schöne Granaten (!) wie Xhaka schießt in Deutschland wohl keiner. Ach, ich weiß doch auch nicht.



Freitag, 22. Juni 2018

Beweis - Tag 8

Meine derzeit liebste Gestik ist, wenn erwachsene Menschen ein schulterbreites Rechteck in die Luft beschreiben. Die Performance finde ich ästhetisch wie argumentativ gleichermaßen ansprechend wie zwingend. Auch die im Anschluss aufgesuchte, markierte Ecke mit dem Bildschirm, die mich ein wenig an Raucherkabinen erinnert, gefällt mir gut. Ich wünsche mir den Videobeweis und eine solche Ecke für den Hausgebrauch. Ich stelle mir vor, wie wir in trauter Runde im Wohnzimmer vor dem Schirm stehen (im entsprechenden Quadrat) und fundiert die Frage „Habe ich nie gesagt! - Doch!“ klären. Endlich weiß ich, was mit Smart Home gemeint ist.

Nicht ganz so smart: dass der viele Regen in eigens dafür aufgestellte Eimer tropft und nicht automatisch weggesaugt wird.

Donnerstag, 21. Juni 2018

Zurückgeblieben - Tag 7

Ein Zitat, das wohl Henry Miller zugeschrieben wird und das die aktuelle Situation/Berichterstattung ganz gut beschreibt, geht in etwa so: „So trunkene Mathematiker wir auch sind, wir hinken dennoch unseren Berechnungen immer ein paar Lichtjahre hinterher.“
In ihrer langweiligen Gleichförmigkeit weiß ich nicht mehr, war das gestern oder heute, war das Portugal- oder Spanienspiel so unglaublich langweilig oder waren es gar beide? Ich versuche mir Eselsbrücken zu bauen. Versuch‘ dich an die Trikots zu erinnern! Wozu bist du eine Frau? Doch dann läuft Australien im nahezu baugleichen Away Jersey wie Nigeria auf. So kann ich nicht arbeiten.



Mittwoch, 20. Juni 2018

Nebensache - Tag 6

Am Geburtstag der Mutter wird Fußball zur Nebensache. Was vielleicht weniger an schwacher sportlicher Leistung oder orgiastischen Feierlichkeiten liegt, als mehr an der traditionellen Erdbeerbowle.



Dienstag, 19. Juni 2018

Verwirrung - Tag 5

Es fällt schwer, den Überblick zu behalten. Bis zu vier Spiele am Tag, undurchsichtige Gruppenkonstellationen, Favoritensterben und mehr als zahlreiche Tipprunden. Wer soll da noch mitkommen? Doch der harte Kern bleibt (einzige Ausnahme: der Sohn, der beim Fotografieren die Flucht ergreift). Es müssen in diesen Zeiten auch Opfer gebracht werden.



Montag, 18. Juni 2018

Unter Freunden - Tag 4

Der Sohn befand: „Public Viewing ist Scheiße. Das sagt sogar Gott.“ Er war also raus, aus unserer Gerd-Müller-Gedächtnis-Halle. Seinen Tipp, 3:0 für Mexiko, tat ich als pure Opposition ab. Da wusste ich noch nicht, dass es wohl das vorvorletzte Spiel mit deutscher Beteiligung bei dieser WM war.



Sonntag, 17. Juni 2018

Durchhalten - Tag 3

Es is doch anders als Sven Regener es besingt. Es hat sich gelohnt. Die vermeintliche Gammelbegegnung Peru gegen Dänemark entpuppt sich als das sportliche Highlight des Tages. Da kann man schon einmal die hochwertige Einkaufszeit zwischen 18 und 20 Uhr drangeben. Auch wenn das Frühstück zu Frankreich gegen Australien natürlich thematisch netter war. Am Ende mit allen vier Spielen ein schöner Sonnabend.



Samstag, 16. Juni 2018

Einstieg - Tag 2

Na, bitte! Geht doch. Wir sind wieder im WM-Modus. Die Ergebnisse hätten anders ausfallen können, aber wen stört‘s, wenn die Stimmung gut ist. Da tat am Ende ein Unentschieden wohl. Zumal wir wieder internationales Publikum hatten und unterschiedliche Fan-Fraktionen anwesend waren. Iran als Gruppenerster vor Spanien und Portugal hat doch auch Charme.
Zu Unrecht wurde ich gestern Abend von einem Nachbarn als „The Brain“ vorgestellt. Eine Ehre, die mir  - wenn überhaupt - nur mit Bande gebührt, ist sie doch eigentlich dem Sohn vorbehalten. Wie gesagt: die Stimmung war hervorragend.



Freitag, 15. Juni 2018

Fehlstart - Tag 1

Bis gestern träumte ich vom Szenario, Spanien könnte Gruppenerster der Gruppe B (so weit, so realistisch) und Ägypten Gruppenzweiter der Gruppe A werden. Damit im Achtelfinale Ägypten auf Spanien träfe und Sergio Ramos währenddessen für die Unsportlichkeiten des Champions League-Finales von irgendeinem arabischen Bauernopfer subtil, aber effektiv gefällt würde. Nach gestern kann ich diese Hoffnung wohl zu den Akten legen. Denn die Vision ging davon aus, dass Russland die Vorrunde nicht übersteht. Doch dann wurde mir die Überlegenheit des Dopings vor Augen geführt. Während Jogis Buben gegen Saudi-Arabien aka KSA nur ein müdes (!) 2:1 erzielten, fuhr Dynamo Anabolikow einen 5:0-Sieg ein. Da brauchte der Schiedsrichter nicht einmal - wie vom Blatter Sepp und seinem Buddy Vladimir ausgekungelt - zu pfeifen. Auch gut. Das kann man sich also für später aufheben. Das eigentliche Drama jedoch: dass ich beim Eröffnungsspiel nicht dabei sein konnte.

Foto: J. Chung

Donnerstag, 14. Juni 2018

Am Vorabend

Eigentlich sollten alle Regler auf Vorfreude gestellt sein. Stattdessen kommt man von einem ermüdenden Arbeitstag mit anschließendem Einkauf nach Hause und findet den Sohn in Gesellschaft seines Vaters in der Küche vor. Der Sohn starrt angestrengt aufs Display seines iPhones. Nicht, dass er das in meinem Beisein nicht auch nutzte. Aber mir gegenüber besitzt er zumindest den Anstand, es beiläufig aussehen zu lassen. Sein Vater ignoriert die Zeichen und beweist Sitzfleisch. Die Intention seines Besuchs wird mir bis zum späten Ende nicht klar. Jedenfalls vereitelt er die Idee, das Konzert des Nachbarn zu besuchen. À propos Nachbarn, diese vermelden zu allem Überfluss noch genau in diesem Moment, dass uns ihre rauschende Drei-Nasen-Party 1.300€ gekostet hat. Ich beschließe, zum Ausgleich die Wohnung zu putzen. Schließlich steht zu erwarten, dass in den kommenden Tagen meine Gästetoilette wieder durch ihre geopolitisch günstige Lage bestechen wird. Die Vorbereitungen für das Fußballfest verlaufen parallel etwas schleppend. Es kann nur bergauf gehen.



Dienstag, 12. Juni 2018

Neuer Job

So aktiv wie ich derzeit den Kliniktourismus betreibe, könnte ich mir mit Recht eine weitere Signatur spendieren. Neben „Spülmaschinentetris & Kniffel Coaching“ könnte ich auch noch „Orthopädie-Trendscout“ unter meine Mails schreiben. Ich fühle mich schon fast an die Zeit der ersten Schwangerschaft zurückerinnert, als ich - wenn auch in anderer Disziplin - diverse Krankenhäuser abklapperte, um mich über spannende Themen wie sanfte Sectio, PDA und Erstversorgung zu informieren. 
Doch wie gesagt, jetzt bin ich in anderer Mission unterwegs. Einen Trend, den ich unter Orthopäden ausmachen konnte, ist etwas, das ich „Die neue Zögerlichkeit“ nennte. Die sonst eher als Schlächter diskreditierten Ärzte kommen plötzlich mit Begriffen wie „Karma“ oder „Sie müssen das fühlen“ um die Ecke. Während es früher hieß, „Sind Sie nüchtern? Dann gehen wir gleich mal in OP 5.“, hört man heute „Sie haben mittlere bis schwere Arthrose, es ist praktisch kein Gelenkspalt mehr zu erkennen, aber wollen Sie mit einer Operation nicht noch ein halbes Jahr warten?“ Ja, klar! Um die Reha bei Schnee und Eis zu erleben? Klingt nach einem Superplan. Das Zögern erfährt dann seinen vorprogrammierten Höhepunkt im üblichen Satz: „Am Ende müssen Sie entscheiden.“ Ach, was? Das war mir neu. 

Montag, 11. Juni 2018

Wie damals

Wer auch in unseren Längengraden einen kleinen Nachgeschmack des real existierenden Sozialismus‘ mitbekommen möchte, dem empfehle ich, abends nach 18 Uhr eine Überweisung in der Postfiliale der Hamburger Innenstadt zu tätigen. Natürlich bin ich nicht die Einzige, die dem Online Banking abgeneigt ist. Unter Postbankkunden scheint es eine nicht unerhebliche Anzahl Spontankonservativer bis Altmodischer wie mich zu geben. Ganz wichtig, dass nur ein Terminal nutzbar ist - alle Weiteren müssen defekt sein, damit eine anständige Wartegemeinschaft zustandekommt. 
Ähnlich schleppend geht es eigentlich nur noch bei der (eher: DER) Eisdiele in unserem beschaulichen Dorf voran. Das Ostgefühl wird am Ende des Wartens nur dadurch gestört, dass das Eis nicht kurz vor dem Erreichen des Tresens aus ist. Das Eis selbst ist ohnehin vollkommen anders als das, was einem in der schlechten alten Zeit in der Zone als solches angeboten wurde.

Samstag, 9. Juni 2018

Weise Worte

Der Wahrheit die Ehre: ich habe es vermisst. Weniger die Fußballspiele als mehr die tiefgründigen Analysen und Interviews im Anschluss. Die öden Matches eignen sich dafür, das Panini-Album zu bestücken oder die aktuellen Jerseys für Eierkopp und Helga zu produzieren. Noch müssen die Armen Ihr Dasein in neutralem Dress fristen.

Im Anschluss ans Spiel muss die volle Aufmerksamkeit dem Gesagten gelten. Denn Achtung, hier kommt Erkenntnisgewinn! So unterschied sich der große Philosoph Sami Khedira wohltuend von den üblichen Fußballerphrasen („Wir konnten unser Potential nicht vollständig abrufen“ o.ä.), indem er gestern sagte: „Ergebnisse sind auch immer ausschlaggebend für die gewisse Leistung.“ Mehr Tiefe geht nicht.

Freitag, 8. Juni 2018

Pfadfinder im Geiste

Gestern hatten sich wieder einmal zwei Externe in die Cafeteria bei der Arbeit verirrt. Sie waren enttäuscht, weil sie aufgrund der ausschließlich bargeldlosen Bezahlung nicht an Getränke und Süßkram kamen. Vom geschulten Fachpersonal hinter dem Tresen wurden ihnen zum Glück Auswege aufgewiesen. Eine von den Gästen kam daher auf mich zu und meinte: „Sie wurden von den Damen als „netter Mensch“ beschrieben. Könnten Sie vielleicht mit Ihrer Karte zahlen und ich gebe Ihnen das Geld?“ Vielleicht muss ich doch nicht so viel an meiner Außenwirkung arbeiten wie manche suggerieren?

Mittwoch, 6. Juni 2018

Wie geht es weiter?

Kleinere Fluchten können durch einen Standortwechsel auch innerstädtisch gelingen. So saßen wir gestern in einem Restaurant draußen am Hein-Köllisch-Platz. Dort stand mitten auf dem Weg - und damit auch im Weg - ein Jaguar. Mit dem obligaten „XJ“ im Hamburger Kennzeichen. Gentrifizierung ist wohl nicht nur in unserem beschaulichen Dorf ein Thema. So wie sich die mehrfach durch besagtes Auto blockierte Polizeistreife an ihm vorbeizirkelte, musste es sich bei dem Besitzer des Wagens um eine zumindest geduldete Kiezgröße handeln. Da ich mit Blick auf den Platz saß, war ich überraschter als meine Gegenüber, als sich H. P. Baxxter hinter das Steuer klemmte. Als er eine weitere Ehrenrunde über den Platz fuhr, wahrscheinlich um die Ovationen der Massen entgegen zu nehmen, wollte ich ihn ob der Nähe zum Fischmarkt noch fragen: „How much is the fish?“ Die gute Erziehung verbot das natürlich. 
Als später dann auf dem gleichen Weg, nur in entgegengesetzter Richtung der Kindsvater auf dem Rad vorbeifuhr, wusste ich, innerstädtische Fluchten haben noch Optimierungspotential.

Dienstag, 5. Juni 2018

Aus dem Nähkästchen

Auch wenn ich mich als Privatperson nicht allzu sehr um die Statuten der DSGVO kümmern muss - schließlich habe ich schon relativ früh in meiner Bloggerkarriere den Rat eines damaligen Mobile-Kollegen in den Wind geschrieben, das Blog zu kommerzialisieren -, fand ich es letzthin sinnvoll, einmal in den Hintergrund zu sehen. Dabei stieß ich natürlich auch auf die Aufruf-Statistiken. Was soll ich sagen? Der Post in meiner Laufbahn, der mit Abstand am meisten angesehen (vielleicht gar gelesen) wurde, war der mit der Abbildung der erlaubten und verbotenen Stellungen für Menschen mit ausgetauschter Hüfte. Klar, Posts mit Bildern klicken immer besser als solche ohne. Aber da war deutlicher Abstand sichtbar. Vielleicht sollte ich ohnehin das Schreiben einstellen? Dass die Devise „Sex Sells“ auch bei meinem illustren Publikum so gut griffe, hätte ich nicht vermutet. Wahrscheinlich wird es Zeit, das Konzept dieses Blogs (welches nochmal?) zu überdenken. Oder zumindest den Namen zu ändern. „Muddie kann was am Laken“ oder so. Ab Herbst dann vielleicht in der Vergangenheitsform. Die Änderung schaffte wahrscheinlich Aufmerksamkeit. Wer sich wundert, woher der Name kommt, dem empfehle ich einen ganz frühen Post vom 24.1.2014 mit dem öden Titel „FAQ“. Der lag in grauer Vorzeit in der Gunst der Leser ganz vorne. Damals, als man Wörter noch mit dem Meißel ins steinerne Internetz schlug.

Montag, 4. Juni 2018

Last Exit Ratzeburg

Irgendwann stand der Heimweg an. So sehr wir uns mit Bundesstraßen und Umleitungen auch mühten, die Rückkehr heraus zu zögern. So erfolgreich ich als beifahrende DJane einen stimmungsvollen Banger nach dem anderen darbot. Auch der Westen hat schöne Orte. Mag der Osten auch Premiumadresse für Vogelkundler sein. Ein beeindruckendes Naturschauspiel bot sich uns in Ratzeburg. Von oben bewunderten wir den Blick auf den See und darum gelegene alte Häuser. Neben uns, auf einem Erker der Domkirche saß eine männliche Amsel und imponierte ein wenig vor sich hin. Ihr gegenüber befand sich ihr Artgenosse auf einem Schornstein. Er schien im Amsel-Battle der Unterlegene gewesen zu sein. Jedenfalls stürzte er sich mit einer Kippbewegung ansatzlos den Schlot herunter. Um nicht wieder aufzutauchen. Gerade in diesem christlichen Umfeld fragt man sich schon, wo der Amselseelsorger ist, wenn ein suizidaler Schützling ihn braucht?

Sonntag, 3. Juni 2018

Badetuch und Likör

Was wie der Titel eines neuen Smash Hits von Element of Crime klingt, hat einen ernsten Hintergrund. Wir tauschten das häusliche Feindesland gegen eines ein, das im Ranking nicht ganz so weit oben steht: eine AfD-Hochburg, sprich ein Neues Bundesland. Landschaftlich ist es unglaublich schön. Und mit Abstand das lauteste sind hier die Vögel aller Art. Die ehemalige DDR ist eben ein Ornithologenparadies. Die komischsten Käuze scheinen hier  - und zwar zahlreich - aus Ost-Berlin zu kommen. Das Gute an ihrer Ignoranz ist: sie erkennen zum Beispiel eine taz nicht. Weswegen im Gegensatz zu daheim die unterschiedlichen Einstellungen relativ friedlich koexistieren können. Spannend ist das Ohr am Nebentisch damit allemal. Als sich eine Gruppe leicht Angegrauter (die Herren) bzw. nicht vollkommen naturidentisch Gefärbter (die Damen) lautstark darüber auslässt, dass das polnische Servicepersonal nicht ganz den eigenen Standards entspreche. Unerhebliches Detail, dass es sich bei den Polen um Spanier handelt. Diebe und Mörder sind es alle. Ähnlich verhält es sich wohl mit der Kenntnis um die Tierwelt. Zitat: „Kiek ma‘, der Spatz, der blöde Hund!“



Freitag, 1. Juni 2018

Licht und Schatten

Es überrascht mich auch nach zehn Jahren noch, wie dicht weltbeste Nachbarn und solche, die eher am anderen Ende rangieren, hier beieinander leben. Mit letzteren tue ich mich deswegen besonders schwer, weil Logik und kausale Zusammenhänge ihnen offenbar nicht in den Sinn kommen. Diese Erfahrung hatte ich schon im Umgang mit Kindern - zum Glück nicht den eigenen. Der Unterschied besteht darin, dass man bei Erwachsenen wenig Hoffnung auf Erkenntnisgewinn haben darf. Vielleicht liegt das Problem auch in unterschiedlichen Intelligenzniveaus. Klingt sehr eingenommen von mir selbst, ist aber nur ein Zitat: Gestern Abend entspannten eine Nachbarin erster Kategorie und ich auf meinem Balkon. Sie nach getaner Arbeit, ich nach Grabenkämpfen gegen Schmerzen und Dummheit. Eine andere Nachbarin begrüßte uns. Sie fragte mich, ob meine Brille neu sei. Ich verneinte. Sie meinte, mit ihr „sehe ich schlau aus, nach Nobelpreis“. Worauf mein Besuch einwarf, es liege nicht am Aussehen, sondern daran, dass ich schlau sei. Sag‘ ich doch, dass man sich keine besseren Nachbarn vorstellen kann. Und die anderen vergessen wir einfach. Nach einem lauen Sommerabend auf dem Balkon gelingt das ganz gut.