Donnerstag, 30. Juni 2016

Unwissend

Ist heute der Welttag der Schulausflüge und Klassenfahrten? Hätte man mir doch vorher sagen können!

Spielfrei IV

Endlich Zeit! Im Schweinsgalopp von der Arbeit nach Hause zu gehen, um den neuen Betreuer des Sohnes kennenzulernen. Ihn mit dem Hinweis herauszukomplimentieren, man müsse sich noch um das Abendessen kümmern. Zum Supermarkt zu hetzen, um tatsächlich noch Kalorien heranzuschaffen. Nach dem Essen mit der Tochter Beziehungsprobleme zu wälzen. Gegen 22 Uhr endlich die Fußnägel zu bearbeiten. Der Tochter, die vorher über die Nutzlosigkeit professioneller Mani- und Pediküre wetterte, zu beweisen, dass diese sehr sinnvoll sein kann. Sich gegen 23 Uhr endlich in die Horizontale zu begeben. Noch zehn Seiten "Kleiner Mann - was nun?" zu lesen und dann wegzuschlafen. Herrlich, so ein spielfreier Tag ohne Verpflichtungen!

Mittwoch, 29. Juni 2016

FAK

Es muss wohl ein Anfall von Masochismus der Tochter gewesen sein, dass sie sich heute früh einen so genannten "Magenwohl-Tee" bereitete. In Kombination mit viel Honig und einem Orangenwassereis fand sie ihn halbwegs erträglich. Ich weniger, denn der Geruch verbreitete sich so stark, dass mir mein Darjeeling nicht mehr recht schmecken wollte. Es sei wohl der Fenchel darin, bemerkte die Tochter. Ich nörgelte, dass mich die Aura an die schlechteren Seiten des Mutterdaseins erinnere. Die Tochter wunderte sich. Ich klärte sie auf, dass ich für sie beide täglich literweise Fenchel-Anis-Kümmel-Tee getrunken habe - mit Todesverachtung, versteht sich. Die Tochter wunderte sich weiter. Meine Antwort, weil dieser Tee milchbildend sei, wurde mit angewidertem Unglauben quittiert. Als ich danach erklärte, der Tee sei außerdem gut gegen Blähungen und Koliken, stieg ihre Verwunderung ins Unermessliche. Ihres Wissens habe ich damit doch keine Probleme? Kluges Kind. Ich nicht!

Spielfrei III

Unsere beiden Protagonisten weilen bis Samstag im Trainingslager. Was man so Trainingslager nennt. Genau genommen lassen sie es sich in Evian (aka Ifflandstraße) gut gehen. Erst eine anständige Nudel beim örtlichen Italiener ("Nimmst du mal die Zwillinge vom Tisch?"), begleitet von einem Liter Weißen. Dann Würfelspiele, weiterer Wein, Kaffee und Pralinen ("zum Teil mit Alkohol"). Ich sehe schwarz für die Fitness bis zum 2. Juli.

Dienstag, 28. Juni 2016

Spieltag 16

Wir waren ein Team. Wir haben es geschafft. Das erklärte Ziel des Abends war schließlich, gegen 23 Uhr mit Verve "Football's Coming Home" zu singen. Das Kompaktstehen beherrschen wir, das wusste ich. Dass wir die Räume dicht machen können, war auch klar. Aber dass wir es auch mit dermaßen guter Laune können! 
Schade nur, dass der folgende Dienstag (sic) größere Feierlichkeiten vereitelt. Eben Preußen nicht Island.

Montag, 27. Juni 2016

Spieltag 15

Es fällt mir schwer, es zuzugeben: Fußball scheint nicht alles zu sein. Weil ich es nicht ganz glauben kann, drücke ich mich lieber nahezu konjunktivisch aus. Und doch scheint es wirklich so. Obwohl gestern ein schöner, spannender Fußballabend war, bei dem auch die gewünschten resp. getippten Mannschaften gewannen, wachte ich heute nicht allzu motiviert auf. Genau genommen dachte ich: "So viel zu tun, ich glaub', ich bleibe liegen."

Dass es nicht um den Fußball an sich sondern um chauvinistische Interessen geht, merkte man auch daran, dass zum packenden Abendspiel nur noch ein Zehntel der Deutschlandspielzuschauer zugegen waren. Nimm's nicht persönlich, Thibault! 


Sonntag, 26. Juni 2016

Spieltag 14

So, jetzt also mit Elfmeterschießen. Fürs erste Achtelfinale hatten wir sogar genauso getippt. Ich schwanke noch immer, zwischen meinen Sympathien und dem, was ich als Tipp abgegeben habe. Entgegen dem Spielstand habe ich noch nicht ganz mit dem Tippspiel abgeschlossen. 
Durch das 21 Uhr-Spiel haben wir uns schwer gequält. Selbst meine Mutter hoffte ob der Langeweile darauf, dass es nicht zum Elfmeterschießen kommen möge. Ein Novum, das ich in meinem gesamten Dasein noch nicht erlebt habe. Immerhin, fünf Minuten Energie bescherte uns mein Tiramisu vom Vorabend. So geht Doping.

Samstag, 25. Juni 2016

Spielfrei II

Höhen und Tiefen liegen so dicht beieinander. Auch wenn die beiden Ereignisse nicht ganz direkt miteinander verbunden sind. Am Tag des blöden Brexit beginnt mein kometenhafter Aufstieg in der Literaturszene. Ich darf am 7.7. vor dem Halbfinalspiel einen kurzen Text im Literaturhaus lesen. Bestimmt vor einem Millionenpublikum. Wenn ich auch befürchte, dass die einleitenden Worte länger sein werden als mein Text. Short Fame.

Freitag, 24. Juni 2016

Spielfrei I

Ja, es war ein schöner Sommerabend auf dem Balkon, den uns die Spielpause bescherte. Und doch wünsche ich mir jetzt wieder Nachrichten von Fatzke Ronaldo. Statt derer, die aus dem (noch) Vereinigten Königreich kommen. Alle schwer bekloppt. Der Wahrheit die Ehre habe ich es nicht für möglich gehalten, dass die Abstimmung so ausgehen könnte. "Brexit ist lecker' Katzenfutter", wie der Kollege so treffend sagt. Ich stelle mir ein Zukunftsbild wie damals die Bundesrepublik und die DDR vor. Wobei Schottland die BRD repräsentiert und England die DDR.
Jetzt fehlt eigentlich nur noch, dass Donald Trump Präsident wird. Was ich unterdessen für wahrscheinlich halte. Immer wieder wundere ich mich, dass so etwas wie Parteiräson in den USA nicht existiert. Wenn Trump als Republikaner-Kandidat feststeht, kann man doch als Demokrat nicht Hillary Clinton entgegensetzen. Da braucht es einen Bernie Sanders. Der kann wenigstens unter den Populisten wildern.
Wenigstens eine kleine Begebenheit zur Erbauung: als ich heute - nicht allzu früh - zur Arbeit ging, verließ auch mein Nachbar das Haus. Er war ein wenig aufgekratzt und meinte, er mache sich jetzt nach Scheeßel auf. Ich litt etwas unter Wortfindungsschwierigkeiten, denn ich wollte sagen, ein Hurricane-Festival ohne Schlamm und Gummistiefel sei keins. Er vollendete meinen Anfang "Ein Hurricane ohne..." "...Fraktus ist nichts!"

Donnerstag, 23. Juni 2016

Tag 13

Die Abendspiele taten alles, um uns mit den folgenden zwei spielfreien Tagen zu versöhnen. Langweiliger kann der 90-minütige Blick auf die Waschmaschinentrommel kaum sein. Es ist nur unserer preußischen Disziplin zu verdanken, dass wir die Ereignisarmut bis zum Ende aushielten. Vielleicht lag es jedoch auch an den Stunt-Einlagen des Nachbarn.
A propos Preußentum: ab heute gehen die Uhren wieder anders und es wartet am Abend wohl ein Berg Wäsche auf mich.  

Mittwoch, 22. Juni 2016

Tag 12

Zeit für einen Strategiewechsel. Ich gebe meine Tipps verloren und freue mich einfach nur noch über Gewinne der Underdogs. Hat schon ganz gut geklappt. Außerdem: wer wahre Fußballkompetenz besitzt, darf auch mal bei einer EM aussetzen.
Dass Kroatien gegen Spanien gewinnen könnte, hätte ich nicht gedacht und demzufolge auch nicht getippt. Da wusste ich allerdings auch noch nicht, wie unglaublich hässlich die spanischen Awaytrikots sind. Mit ihnen kann man nicht als Sieger vom Platz gehen. Weiterhin hält sich die Diskussion wacker, ob es sich beim Design um in der Brusttasche zerplatzten Senf- und Ketchuptütchen (man denke an die Stadionwurst!) oder auf den Latz gespieene Sangria handelt.

Dienstag, 21. Juni 2016

Tag 11

Die Aufregung steigt. Sei es nun wegen des nahenden Spiels unserer Jungs oder wegen der dräunenden Abiturprüfung, die die Freundin des Sohnes zu absolvieren hat.
Zur Beruhigung gab es wieder Erdbeerbowle. Sie half. 

Obwohl die Tochter kein Fußball guckt, steigert sich ihr Schlafdefizit ins Unermessliche. Es muss wohl an den neuen Verhältnissen liegen. Die Kunde ihrer Liaison verbreitet sich auch außerhalb unseres beschaulichen Dorfes wie ein Lauffeuer. Vielleicht bin ich nicht ganz unschuldig daran. Jedenfalls wurden schon ihre Großeltern befragt, ob ihr Freund nett sei. Die Tochter antwortete an ihrer Stelle: "Nee, der ist ein absolutes Arschloch." Na, dann.


Montag, 20. Juni 2016

Tag 10

Meine Berichterstattung hinkt hinterher. Zum Teil liegt es wohl an der Erdbeerbowle anlässlich des Muttergeburtstags. Sie sorgte allerdings dafür, dass wir den torarmen Abend dennoch wohlgemut hinnahmen. Technisch sind wir seit gestern auch wieder einen Schritt weiter: zwei Beamer für die parallele Übertragung der beiden Partien. Läuft bei uns.

Sonntag, 19. Juni 2016

Tag 9

Entgegen der landläufigen Meinung gibt es keine Treuepunkte für die Anwesenheit auf unseren Beweisfotos. Nur damit das klar ist.

So richtig geheult hat Cristiano Ronaldo immer noch nicht. Es läuft noch nicht ganz nach Plan.

Samstag, 18. Juni 2016

Tag 8

Überraschend wenig Publikum bei der Knallerpartie Spanien-Türkei. Unsere Hoffnung auf ein ausgeglichenes Spiel fand schon dadurch ein Ende, dass uns die Nachbarn mit türkischem Migrationshintergrund nicht unterstützten. So wird das nichts, Freunde! Dabei waren sie zuhause. Als ich nach Hause kam, stand vor mir ein Mann an der Haustür, klingelte bei besagten Nachbarn und wies sich mit den Worten "Ich bin's!" aus. Kein allzu trennendes Merkmal, so dass aus der Gegensprechanlage Nachfragen kamen. Die Ansage "Django!" erwies sich als Sesam-Öffne-Dich. Ich weiß, wie ich demnächst in unser Haus komme.
Meine Trauer über die Niederlage der Türken hielt sich in Grenzen, hätte ich doch 3:0 für Spanien getippt. Erfreulich außerdem, dass der Sohn uns mit seiner Präsenz beehrte. Er fand, der eingewechselte Bruno sehe aus wie ein Metzger oder Fleischereifachverkäufer. Der beisitzende Nachbar griff dieses Bild gerne auf und rief zum Spielende aus: "Morgens noch an der Fleischtheke, abends zur EM auf dem Platz." Und so alberten sie weiter. 

Ein Teil des Spirits muss die Nacht überlebt haben. Denn zum Frühstück gab die Brut nicht nur Zitate aus dem mir bisher unbekannten und wegen Erfolglosigkeit eingestellten TV-Format "Partybruder" wieder ("Auch eine schrumplige Chili ist noch scharf"), sondern überlegten sich auch das ekligste vegetarische Gericht. "Eier in Käsesoße" wurde es. Klinge nach einer Spezialität aus Sachsen, befand der Sohn, und ließ uns gleich an seinen entsprechenden mundartlichen Fähigkeiten teilhaben. Diese soll er auch heute Abend beim nächsten Österreichspiel einsetzen, als ORF-Ersatzmann.
Warum gelte ich eigentlich als diejenige, die die meisten Vorurteile haben soll?

Freitag, 17. Juni 2016

17. Juni

Ob ich überzeugend klar machen kann, ich sei nicht zur Arbeit gekommen, weil ich dachte, heute sei ein Feiertag?

Tag 7

"Breite nützt nichts ohne Tiefe." Diese philosophischen Worte begleiteten uns den Abend über. Unser lauschiges Wohnzimmer verwandelte sich in einen kleinen Rummelplatz. Die ersten Reihen hauptsächlich besetzt durch Zuschauer, die die Gelegenheit zum Nachbarschaftsschnack nutzten. Die Nachbarin vom Fach fand, Kinder gehören spätestens nach Anstoß ins Bett, vor allem die Kindergartenkinder. Wer stellte sich schon gegen ihre Expertise? Ich musste mich in jedweder Hinsicht bedeckt halten, denn der Sohn gab seine Gastspiele in der Halle mit einer original Polska-Cap, für die man ihn an jedem anderen Tag sicherlich bewundert hätte. 
Es war schon gut, dass kein Tor fiel. Nicht nur, weil ich unentschieden getippt hatte. Wir hätten aufregende Torszenen vielleicht nicht mitbekommen. Heute Abend genießen wir Türkei-Spanien in Stammbesetzung. Da erwarten wir nichts weniger als ein Torfeuerwerk.

Donnerstag, 16. Juni 2016

Tag 6

Unsere Zusammentreffen in der Gerd Müller-Gedächtnis-Halle werden mehr und mehr zur bedingungslosen Schicksalsgemeinschaft. Wir waren hart gegen uns selbst und haben das Spiel Frankreich-Albanien in Gänze angesehen. Muss man denn immer bis zur 89. Minute durchhalten, bis etwas passiert?

Ein Mitseher beschloss, endlich Stricken zu lernen, um die Zeit sinnvoll zu nutzen. Ich brachte mein Strickzeug. Aber die Lichtverhältnisse spielen gegen 22 Uhr selbst Mitte Juni in Hamburg nicht mehr richtig mit. Ich bot an, feucht durchzuwischen, wurde jedoch darauf hingewiesen, dass dieser Job schon anderweitig vergeben sei. Heute Abend wird hoffentlich alles besser - und ich meine nicht das Licht.

Mittwoch, 15. Juni 2016

Berufliche Perspektiven

Zum wiederholten Male tat ich am Morgen meine Unlust kund, zur Arbeit zu gehen. Keine Motivation, nur blöde Jobs und davon eine unerträgliche Menge. Ich rechnete mit entnervtem Augenrollen der Kinder. Stattdessen jubelte die Tochter schon fast: "Hey, Mama, wirst du Frührentner?" Der Sohn rügte seine Schwester leicht missmutig: "Nur weil du das Wort gerade gelernt hast, musst du es jetzt nicht jeder Person zuschreiben."
Ich find's toll. Für den Besuch des Jobcenters muss ich nun nicht einmal mehr vor die Tür.

Tag 5

Nachdem ich nun tagelang keine Punkte im Tippspiel erzielt habe, gebe ich dieses Projekt verloren. Dank dieser Entscheidung lebt es sich leichter. Entspannt sehe ich nun jedem weiteren, großen Geheimfavoritensterben zu. Freue mich sogar mit den Underdogs.
Gestern konnte ich erst später in der Gerd Müller-Gedächtnis-Halle auflaufen. Zur Mitte der zweiten Halbzeit. Dienstliche Verpflichtungen hielten mich ab. Schön war's, wieder im Schoße der hiesigen Fußballfamilie zu sein.
Einziger Kritikpunkt: wir wollten doch Cristiano Ronaldo weinen sehen.

Dienstag, 14. Juni 2016

Tag 4

Das Publikumsinteresse war entsprechend zur Begegnung. Von einem vermeintlichen Spitzenspiel hatten wir mehr erwartet. Vor allem ein anderes Ergebnis. 

Ein Großteil meiner Tipps liegt daneben. Dabei habe ich mich in der mir eigenen Vorsicht nur selten zu anderen Prognosen als dem klassischen Hausfrauentipp hinreißen lassen. Blöd nur, dass ich das 2:1 meist falsch herum vorhergesagt habe. Ich wage die These, dass, wer aktuell im Tippspiel vorne liegt, kaum Ahnung von Fußball haben kann.

Montag, 13. Juni 2016

Tag 3

Es lag etwas Silvester in der Luft. Wie lange noch, bis das Spiel beginnt? In die Zeitrechnung bin ich mit Noch-Zehn-Stunden eingestiegen. Ich habe dem Herrn zu danken, dass wir Fritz Walter-Wetter hatten. Sonst wären die Trikots meiner beiden Protagonisten wohl nicht rechtzeitig fertig geworden. So habe ich in der Wartezeit zusätzlich noch Fenster geputzt. Und das, obwohl ich nun wahrlich keinen Schwiegermutterbesuch mehr zu befürchten habe. Selbst wenn, ihre Hygienestandards liegen definitiv nicht über meinen, falls ich mich recht entsinne.
Im Zuge der aufgeregten Erwartung saß ich schon zur Tagesschau in der Gerd Müller-Gedächtnis-Halle. Allein. Mit den besonders miesen Nachrichten. Am Ende doch vollkommen egal, ob das Attentat islamistisch oder homophob motiviert war. Schrecklich so oder so. Zum obligaten Brennpunkt die ersten Mitseher. Zur Mannschaftsaufstellung folgten weitere. Selbst Grundschulkinder, die von Papa die Erlaubnis bekommen hatten, das ganze Spiel zu sehen - nicht nur die erste Halbzeit, wie ich als unwissende Mutter vermutete. 
Das Ergebnis täuscht über unsere Aufregung hinweg. Sie hat uns Jahre unseres Lebens gekostet. Wir sind uns sicher, dass mehr Gelbe als Weiße auf dem Platz standen. Die Kinder empörten sich hauptsächlich, wie "schmutzig" (vor allem die ukrainischen) Spieler seien.
Es steht übrigens zu befürchten, dass sich die Pläne eines Freundes, Spielerfrau eines Shkodran Mustafi zu werden, durch dessen großen Erfolg erschwert haben. Wie überall gilt: die Hoffnung stirbt zuletzt.

Sonntag, 12. Juni 2016

Tag 2

Fußballerisch war der gestrige Tag eine einzige Enttäuschung. Hatten wir doch für das England-Russland-Spiel folgende Devisen ausgegeben: "Jeder, der vom Platz geht und noch alle Zähne im Mund hat, ist eine Pussy" und "Heute kommt endlich die Trage zum Einsatz". Was war? Nichts, nada, nothing, ничего. Schlägereien außerhalb des Platzes zählen nicht. Die sind nur doof.
Ich gestehe erst um 21 Uhr in die Sache eingestiegen zu sein. Deswegen kann ich nicht sagen, wie blutig das Duell der Xhaka-Brüder um 15 Uhr war oder wie ruppig es um 18 Uhr zwischen Wales und der Slowakei herging. Anderweitige Verpflichtungen hielten mich vorher ab. Genau genommen war es ein wunderschöner Sommerausflug nach Blankenese. So vorbereitet nahm ich die Fußballschlappe entspannt.

Samstag, 11. Juni 2016

Tag 1

Es war ein furioser Auftakt. Nicht nur die Technik stand, auch der Grill und die Stimmung. Diese Euphorie, die uns alle zwei Jahre überwältigt. Wir lagen uns in den Armen, als wäre gerade der Krieg zu Ende.

Das Spiel - im Übrigen nebensächlich - lief bereits, als ich den Crumble aus dem Backofen holte. Ich hatte ihn in all' der Aufregung vergessen. Ein mir unbekannter, dem Zahnstatus zufolge etwa siebenjähriger Junge fragte mich sehr höflich, ob er auch von dem Kuchen haben könne. Er rieche so gut. Dieser charmanten Anfrage hätte nur ein Eisklotz absagen können. Kurze Zeit später brachte er das nicht allzu akribisch geleerte Schüsselchen zurück und bedankte sich artig. Anschließend setzte er sich wieder neben seinen Vater. Der guckte ihn an und fragte in sehr reduziertem Code: "Spucken?" Sein Sohn nickte überraschend vehement und bejahte zusätzlich. Zügig verschwanden sie aus der Halle, um sich kurz darauf wieder bester Dinge auf ihre Plätze zu setzen. Bevor sie endgültig abzogen,  kam der Junge noch einmal zu mir: "Der Kuchen war erstklassig. Leider war er genauso schnell draußen wie drinne.  Lag aber nicht am Kuchen. Ich habe vorher zu viel gegessen. Tschüß." Wie gesagt, die Stimmung war super.

Freitag, 10. Juni 2016

Allez zusammen

Heute früh, als wir uns alle im Gästebad auf etwa einem Quadratmeter zum Zähneputzen drängelten, und ich aus gegebenem Anlass "Allez les bleus" skandierte, regte sich der Sohn wieder einmal über die Aussprache französischer Wörter auf. Er hat gerade begonnen, nun auch offiziell Spanisch zu lernen und meint noch, dort komme man mit Logik weiter. Er kennt den subjuntivo noch nicht. Ich argumentierte, auch die von ihm viel zitierte englische Sprache sei ein wahrer Quell an Unstimmigkeiten. Warum zum Beispiel schreibe man Greenwich mit Doppel-E und W? Daraufhin blökte die Tochter feixend aus dem Hintergrund: "Lass' Grienwitsch aus dem Spiel!"
Vive la Mannschaft!

Morgen dann

Ich hinke hinterher. Nicht nur bei der Arbeit. Die habe ich gestern gegen 19 Uhr abgebrochen, weil ich dem Sohn versprochen hatte, ein lange fälliges Buch in die Bücherhalle zurückzugeben. Wir hatten einen Deal: er nahm dafür meine REWE-Lieferung entgegen. Ich war beeindruckt von der modernen Technik bei der Rückgabe. Rechnete ich doch damit, mürrischen Migränetanten erklären zu müssen, warum der Sohn säumig war. Stattdessen ein Scanner, der keine Worte braucht. Nur kommentarlos Bücher -  ach, was sage ich? Medien! - aufsaugt. Doch ich schweife ab. 
Die Trikots sind noch nicht fertig. Ich bediene mich der bekannten Prokrastinationstechniken: Das erste Deutschlandspiel ist ja erst am Sonntag.

Erschwerend kommt hinzu, dass auf unserer Toilette ab heute Abend mit erhöhtem Aufkommen zu rechnen ist. Sie müsste darauf vorbereitet werden, um die allgemeinen Hygienestandards der Gerd-Müller-Gedächtnis-Halle aufrecht halten zu können. Stattdessen sitze ich hier und trinke Tee. So geht's natürlich auch.

Donnerstag, 9. Juni 2016

Straucheln in St. Georg

Gestern Abend unternahm die Tochter mit dem Gitarristen DER Band einen Alsterspaziergang. Da er nun auch hochoffiziell als ihr Freund firmiert, war vermutlich Romantik ihrer beider Behuf. Wenn ja, ging die Rechnung nicht auf. Wenn es jedoch um seine Anpassung an den hiesigen Haushalt ging, war der Ausflug ein voller Erfolg. Nach kurzer Zeit kehrten sie zurück. Er war - wie auch immer - in die Alster gefallen. Blöderweise in einen sehr schlickigen Teil. Glücklicherweise waren nur Hose, Schuhe und Strümpfe betroffen. Er trug es mit Fassung. Auch, dass er nach einer echten Dusche mit recht kurzer Jogginghose (ja, die Kontrolle über sein Leben verloren) der Tochter und zu großen Adiletten des Sohnes unterwegs war. Ich weiß nicht, ob zum Trocknen oder zum Schutz der Wohnung, jedenfalls hatten die beiden seine schlammigen Kleidungsstücke und entsprechendes Schuhwerk vor unsere Haustür gelegt. Sie verschwanden in den Schutz ihres Zimmers.
Irgendwann hörte ich ein aufgebrachtes Klopfen an der Haustür. Ja, man hört an der Art des Klopfens die Emotionen heraus. Vielleicht hätte ich damit bei Wetten dass...?! auftreten sollen. Ich überlegte kurz, ob ich mich ducke. Bestimmt wieder irgendein Penner aus dem Park. Die gute Seele in mir siegte. Zu recht, denn es war ein Nachbar, der vor der Tür am Fahrrad herumwerkelte. Er empörte sich, ob ich gesehen habe, dass irgendein Penner seine ekligen Klamotten vor meine Tür gelegt habe. Es werde ja immer schöner. Ob er den Kram für mich in den Müll werfen solle. Ich versuchte ihm den Hergang zu erklären, war aber nicht allzu überzeugend, fürchte ich. In jedem Fall einigten wir uns, dass ich das Zeug lieber auf unseren Balkon lege. Mit spitzen Fingern trug ich es hoch. 
Als der junge Mann gehen musste - die Tochter ging noch auf das Blixa Bargeld-Konzert; ja, der lebt noch; doch das ist eine andere Geschichte -, wies ich ihn auf die Umsiedlung seiner Kleidung hin und erzählte die Begebenheit mit dem Nachbarn. Er grinste und meinte: "Das tut jetzt mir auch weh." Ich, die ich immer das letzte Wort haben muss, antwortete: "Willkommen in St. Georg!"

Mittwoch, 8. Juni 2016

Doppelbelastung

Gestern habe ich mich endlich einmal so verhalten, wie es sich für anständige Mütter gehört. Glaube ich. Gegen Mittag erhielt ich eine Whatsapp-Nachricht der Tochter, sie habe die Mathearbeit zurückbekommen. Ich befürchtete, die Arbeit kurz zur Seite legen zu müssen, um sie zu trösten. 15 Punkte. Die beste Arbeit der Klasse. Trost war also nicht nötig. Das Ansinnen einer Mitmutter, die amtierende Mathelehrerin wegen Unfähigkeit abzusetzen, werde ich als Elternvertreterin nun nicht durchdrücken. Nur so wird man Bundespräsidentin.
Nach gebührender Bewunderung - gepaart mit einiger Verwunderung - fand ich, jetzt sei ein Kurswechsel fällig. Ich schrieb der Tochter, nun sei es höchste Zeit, den Streberinnen der Klasse eine Nase zu zeigen. Sie kam mit fadenscheinigen Argumenten, die eine habe die Arbeit gar nicht mitgeschrieben und die andere habe keinen Taschenrechner dabei gehabt, weswegen sie eine der Aufgaben nicht habe lösen können. Sonst wären sie bestimmt genauso gut gewesen. Das Kind ist viel zu selbstkritisch. Woher sie das bloß hat?

Dienstag, 7. Juni 2016

Zu selbstkritisch

Noch bin ich mir nicht sicher, ob ich es als Kompliment deuten soll, dass mein Chef mir gestern ans Herz legte, ich solle doch Bundespräsidentin werden, der Job sei schließlich frei. Ja, ich passe gut. Das nötige Mindestalter erreicht. Eine Frau, deren Name nicht nur passt, deren zweiter Vorname auch Diplomatie lautet. Ich war am Samstag beim Schaulaufen der politisch Korrekten, dem Stadtteilfest. Sahra Wagenknecht wünscht sich einen Bundespräsidenten mit "sozialer Ausrichtung" (ich wünsche mir eine Sahra Wagenknecht mit Tortenausrichtung) - Haken hinter! Ein parteiloser Präsident hat unterdessen auch schon fast Tradition. 
Ja, der Plan hat Charme. Ein paar Tage durchhalten und schon sind keine Gedanken mehr über Tilgungsraten notwendig. Nie hätte ich gedacht, mir Christian Wulff einmal zum Vorbild zu nehmen. 
Es passt also alles. Und doch. Ein paar Zweifel bleiben.

Montag, 6. Juni 2016

Das Herz schlägt schneller

Noch vier Tage bis zur EM. Langsam steigt der Adrenalinspiegel. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Endlich ist auch das erste Trikot fast fertig.
Die Frisur sitzt schon nahezu so gut wie bei Cristiano Ronaldo.
Eine zusätzliche Freude bekomme ich durch Contextual Targeting beschert. Besuche der App iLiga eröffnen mir ganz neue Perspektiven - wie die Werbung für "Flotten Kommando" (untermalt mit Flugzeugen im Fadenkreuz und einer deutschen und US-amerikanischen Flagge): "Gib deinen Feinden Gnadenbrot nicht, töte sie einfach alle!" Ja, so einfach kann das Leben sein.

Sonntag, 5. Juni 2016

Umschulung

In letzter Zeit musste ich einige Rückschläge hinnehmen: man bezichtigte mich dünner Haare, hält mich nur noch für fett und nicht mehr für schwanger. Da tut es wohl, wenn man vom Support DER Band gefragt wird, wann man - zwinker, zwinker - gemeinsam einen Kaffee trinke. Und eine Mobilnummer im Innenleben einer Kassette (!) geschenkt bekommt. Wenn die Tochter stolz ist, dass ihre Mutter einen derartigen Fisch vom Teller zieht.
Dennoch habe ich beschlossen umzuschulen. Auf Diva. In meinem Freundeskreis gibt es ein paar Menschen, bei denen ich gewinnbringend ein Praktikum absolvieren könnte.

Samstag, 4. Juni 2016

Firmenpolitik

Aus Seminarerfahrung weiß ich, dass mir der dominante Führungsstil nicht liegt. Darauf wäre ich von alleine nie gekommen. Dennoch bin ich gezwungen, ihn heute in meinem kleinen Familienbetrieb anzuwenden. Eine siebzehnjährige Auszubildende lässt mir keine Chance. Ich muss ihr Grenzen setzen. Das verlangt die Verantwortung meinen Untergebenen gegenüber. Ohne Krankmeldung muss ich schließlich auf pünktlichem Erscheinen bestehen, oder? 
Sollte ich die Tochter heute unter die Augen bekommen, verlange ich, dass sie um 22 Uhr zu Hause ist. Ich weiß ja, dass ich sie spätestens um 20:20 Uhr bei dem Auftritt DER Band treffen werde. Sich Ducken klappt nicht.

Freitag, 3. Juni 2016

Countdown

Noch eine Woche bis zur EM. Dem Paninialbum fehlen nur noch 44 Bilder. Das entspricht einer Bestückung von knapp 94%. Dank der edlen Spende eines ehemaligen Kollegen bin ich ein gutes Stück vorangekommen. Nett auch sein Hinweis, ich solle beim Einkleben des deutschen Wappens vorsichtig sein, damit ich es akkurat platziere. Er selbst sei bei seinem so aufgeregt gewesen, dass er im ersten Anlauf gepatzt habe. Der weitere Technik-Check gestern mit neuem Highend-Equipment verlief vielversprechend. Das Gerd Müller-Poster hängt. Was soll jetzt noch schief gehen? 
Einziges Manko: der Rettungsring über dem Hosenbund ist bis nächsten Freitag nicht wegzubekommen. Man wird ihn durchs Trikot sehen. Ich muss die Strategie umstellen. Das eigene Aussehen schöntrinken. Anders wird es nicht gehen. Damit zeige ich mich nur solidarisch. Jogi muss seine Strategie ohne Reus schließlich auch wechseln.

Donnerstag, 2. Juni 2016

Hilfsbedürftig

Den ganzen langen Vormittag zermarterte ich mir das Hirn, welchen Bezug ich verpasse. Ja, ich gestehe: ich lese Kriminalromane. Vielleicht sind sie wirklich nicht gut für den Verstand. Ich kann die Verbindung nicht herstellen, die für den Online-Versandhändler naheliegend scheint:

Es sind nicht das Genre, nicht der Autor, die die Bücher vergleichbar erscheinen lassen. Das wäre zu einfach. Es ist weder die Farbe des Covers, noch die Anzahl der Buchstaben des Titels. Mal ganz abgesehen davon, dass das vorgeschlagene Buch so neu nicht mehr ist. Es gibt nun zwei Möglichkeiten: entweder reicht als Ähnlichkeitskriterium, dass man überhaupt ein Buch bestellt oder ich brauche Hilfe beim Denken. 
Assistenzbedürftig bin ich wohl ohnehin. Die besten Tipps kommen von anderen. Wir hatten heute Mittag ob des Wetters im allgemeinen und ob schmerzender Knochen im speziellen Essen beim Asiaten bestellt. Zum Schutz seines weißen Hemdes beschloss der Chef, zur Mahlzeit ein Regencape überzuziehen. Eine Idee, die ich gerne aufgriff, um die Einsegnungsbluse, die ich heute trage, zu schützen. Schließlich hatte er noch ein weiteres Cape in der Hinterhand.
Wir haben uns in der Mittagspause nicht ansatzweise zum Horst gemacht. 


Mittwoch, 1. Juni 2016

Achtung, Ironie!

Ich mag Abende, an denen ich für die Arbeitswoche viel zu spät nach Hause komme und gerade den Vorsatz fasse, nie wieder Alkohol zu trinken. Sie werden noch deutlich besser dadurch, dass ich das Zimmer und Bett der Tochter unbewohnt vorfinde. Eine fragende Whatsapp-Nachricht an die Tochter blieb selbstverständlich unbeantwortet. Gegen kurz vor 1 Uhr nahm ich mir ein Herz und rief an. Sie sei beim Gitarristen DER Band. Ob ihr Bruder nicht Bescheid gesagt habe? Nein, wie auch, wenn er schon lange schläft.
Ich brauche doch meinen Schönheitsschlaf!