Freitag, 31. Januar 2020

Hotspot II

Hier nun also die vorläufige Bilanz meines Ruhmes: Es ist nicht so, dass mich unterdessen ständig Menschen auf der Straße ansprechen, Autogramme oder gar Kinder von mir haben wollen. Das finde ich ein wenig enttäuschend. Dafür haben mich ein paar Menschen auf „meinem“ Artikel angesprochen, von denen ich vielleicht nicht erwartet hätte, dass sie die Brigitte so intensiv lesen. So oder so ist die Zeit der aktuellen Aufmerksamkeit mit Erscheinen der nächsten Ausgabe ohnehin vorbei. Da ist es tröstlich, dass in einem meiner favorisierten Lieder des neuen PSB-Albums („You Are the One“) mein Geburtsort Zehlendorf prominent erwähnt wird. Auch wenn Neil Tennant es - wie in einschlägiger Literatur vielfach erwähnt - Seelendorf ausspricht. Irgendwie noch schöner.



Donnerstag, 30. Januar 2020

Hotspot

Für das aktuelle Klima und die Gesamtstimmung habe ich gerade meine Hymne gefunden. Sie kommt vom neuen Album der Pet Shop Boys. Der Song heißt „I Don‘t Wanna“ und in Verlängerung des Titels sagt Neil Tennant: „I don‘t wanna go out“. Treffender kann es momentan nicht formuliert werden. Blöd jedoch, wenn nicht nur Arbeit sondern auch (externe) Kundentermine anstehen. Da muss ich dann wohl raus. Immerhin sind die Pet Shop Boys gedanklich, optisch und vor allem akustisch mit dabei.



Mittwoch, 29. Januar 2020

Ende Januar

Hier meine Erkenntnisse der letzten Tage:
Bald ist der Januarkalender komplett geöffnet; das ist einerseits schön, weil es bedeutet, den ersten miesen Monat des Jahres fast geschafft zu haben, andererseits wirft es die Frage auf, wie man den kaum einfacheren Februar ohne Liebesgaben überstehen soll?
Regen wie der vom Sturmtief Gloria in Spanien wird nicht besser, wenn er andernorts mit gleicher Windstärke als Schneeregen daherkommt.



Montag, 27. Januar 2020

Arbeit

Als ob es nicht schlimm genug wäre, sich von der endlich erschienenen Sonne wieder auf winterliche Tristesse einzustellen, träumte ich heute Nacht davon, unendlich viele Time Reports erstellen zu müssen. Was in Wirklichkeit schon eine Qual ist, wurde mir im Traum noch dadurch erschwert, dass ich mit den neuen Daten die des Vorjahres überschrieb, so dass ich zu allem Überfluss noch die Stunden des Vorjahres nachtragen musste - und ich den Kalender dafür doch bereits weggeworfen hatte (das stimmt wirklich). Meine Überlegungen wurden dadurch erschwert, dass ich nicht wusste, ob ich nun den Freitag der KW 13 (so deep!) oder das entsprechende Vorjahresdatum nachträglich bearbeiten sollte. Tief in meinem Inneren war mir bewusst, dass bereits abgegebene Wochenstunden im Nachhinein ohnehin nicht mehr geändert werden können. Ein echtes Dilemma, aus dem ich mich nicht anders als durch Aufwachen zu befreien wusste. 
Was bleibt: Erstens die Erkenntnis, dass ich ein durch wiederkehrende Mails unseres Controllings ein offensichtlich tiefsitzendes Time Report-Trauma habe. Zweitens die Annahme, dass ab morgen die Arbeit als solches soooo schlimm nicht werden kann. Und drittens der umso größere Genuss, statt des SAP-Tools einen 1A-Sonnenaufgang zu sehen.



Sonntag, 26. Januar 2020

Geht doch

Noch immer lassen sich hier die Folgen des Sturmtiefs „Gloria“ feststellen. In Anlehnung an „Madagascar“ stelle ich mir vor, wie ein überdimensionales Nilpferd gewütet hat. Das könnte den Tathergang sogar authentisch wiedergeben. An meinem letzten Tag zeigt sich erstmals echt blauer Himmel. Wie von Zauberhand wird es wärmer. Was allerdings zur Folge hat, dass die noch nicht entsorgten gestrandeten Fische jetzt richtig stinken. Doch wer normalerweise neben Abluft und Müllcontainern lebt, kann darüber hinwegsehen oder -riechen (sorry, der musste kommen!). Einzige Schwierigkeit: da es jetzt endlich schön geworden ist, morgen den Rückweg ins graue Hamburg anzutreten.



Freitag, 24. Januar 2020

War klar

Fast schon stimmig, dass zur Gegenveranstaltung des Honeymoons wenig Flitter dabei ist. Dass es hier zur Ankunft nach Weltuntergang aussieht, musste jedoch auch nicht zwingend sein. Um zum Wasser zu kommen, muss ich nicht nur durch zentnerweise, sondern tonnenweise toten Fisch waten. Sie nennen es zwar „ola de frio“, aber die Temperaturen reichen aus, um die gestrandeten Fische respektive den Strand stinken zu lassen. Dafür ist es voll wie nie um diese Jahreszeit, denn es herrscht Goldgräberstimmung. Während ich mit nackten Füßen durchs immer noch vergleichsweise laue Wasser laufe, tummeln sich auf dem Sand vermummelte Einheimische mit Metalldetektoren. Mir ist nicht ganz klar, welche Schätze sie zwischen Fischen, Tang und Plastiktüten zu finden hoffen. Ich finde im Gegensatz zu ihnen etwas im Meer: ein blaugerostetes Fünfcentstück, das ich als erweiterte Version eines Glückspfennigs deute. Er und viel Trinken werden bestimmt schaffen, die wegen Kälte und anderer Gründe mögliche Anti-Honeymoon-Cystitis abzuwehren.



Donnerstag, 23. Januar 2020

Abflug

Das Schicksal oder die IT der Swiss wollte es, dass ich auf dem Flug von Zürich nach Valencia neben einem älteren Paar saß, das genau wie ich knapp vorher aus Hamburg angekommen war. Einen kurzen Moment hatte ich die Hoffnung, eine Reihe für mich alleine zu haben, da kamen die beiden in letzter Sekunde noch ins Flugzeug. Er, Hans oder Heinz - genau konnte ich es nicht verstehen, obwohl seine Frau ihn oft genug ansprach - ungefähr achtzig, sie ein paar Jahre jünger, dafür zwei Köpfe größer und mit doppeltem Kampfgewicht. Mit ihnen kam Percy, ein vermutlich kleiner Hund, den sie, in eine Pseudo-Burberry-Tasche gesteckt, halb unter den Vordersitz ihres Mittelplatzes schob und mit dem sie liebevoller kommunizierte als mit dem Gatten. Den spanischen Fluggast vor sich wies sie etwas herrisch und ausschließlich auf Deutsch an, er möge ihre Jacke verstauen. Leider konnte ich nicht so tun, als ob ich sie nicht verstehe, da meine Lektüre unter anderem aus einem Hamburger Abendblatt bestand. Während ich noch überlegte, ob mein an Burberry-Percy angrenzender Unterschenkel verdächtig zu jucken anfing, zuppelte Hans-Heinz nun auch am Hundebehälter herum. „Lass‘ das nach, sonst meckert die wieder!“, krähte sie (zum Start war sie von der Maitre de Cabine darauf hingewiesen worden, sie müsse die Tasche ganz unter den Vordersitz schieben). Neben dem Hund galt sein Interesse dem Flugzeug bzw. den Flugzeugen. „Das ist jetzt ein Airbus.“, „Guck‘ mal, der hat nur zwei Motoren.“ und Ähnliches gab er zum besten, was sie mit keiner Reaktion quittierte. Zur Sicherheit übersetzte er ihr als Flugzeugexperte den Text auf ihrem Vordersitz, der besagte, dass der Tisch „during take-off, taxi and landing“ hochgeklappt sein müsse. „Table heißt Tisch“. Start und Landung erschlossen sich ihm auch noch, aber auf ihre Frage nach dem Taxi, war er mit seinem Latein am Ende. Sie mit ihrem, als der Snack gereicht wurde: eine Brokkoli-Quiche. Meine kommunikationsabweisenden Kopfhörer ignorierend fragte sie mich, was es gebe. Ich wollte Quiche sagen, weil ich dachte, sie habe es nicht gehört. Dann bekam ich mit, dass sie die schweizerische Flugbegleiterin wohl verstanden hatte, ihr das Wort jedoch nichts sagte. „Hans/Heinz, das ist so eine Pastete.“, wusste sie zu berichten, nachdem sie in die Schachtel geluschert hatte. Eine teilten sie sich, die andere verstauten sie in einer Swiss-Spucktüte, um sie für schlechte Zeiten aufzuheben. Die Getränkewahl war schon lange vorher Thema. Sie pries die Vorzüge des Apfelsafts, er zeigte sich davon unberührt. Auf ihre eher rhetorisch intendierte Frage, ob er Apfelsaft trinken wolle, antwortete er bockig, er werde Cola trinken. Bestellung: ein Apfelsaft, eine Cola. Am Ende stand auf ihrem Tisch eine Cola und auf seinem ein Saft. Das höhere Kampfgewicht konnte die Begegnung für sich gewinnen. Währenddessen sprach sie mich trotz der Kopfhörer ständig an oder sah beifallheischend zu mir, während sie mit dem Hund sprach. „Ja, du willst raus. Danach hast du sechs Wochen Ruhe.“ Thank God for His small mercies, ein Rückflug ohne die drei! Hans/Heinz meldete sich erst zur rumpeligen Landung (mit hochgeklapptem Tisch) wieder zu Wort, dafür aber umso lauter, damit auch alle Fluginsassen Freude an seinem Hamburger Zungenschlag haben konnten: „Da ist eine von British Airways! Der Tommy ist auch schon da.“ Flugscham der anderen Art. Ich war so dankbar, dem Ganzen entfliehen zu können, dass es mich kaum noch störte, in Valencia mit Regen empfangen zu werden.




Mittwoch, 22. Januar 2020

If Life Gives You Lemons...

... make a cake, wear a dress and drink champagne, war mein Motto des gestrigen Tages.



So sollte ich es öfter halten. Morgens ausschlafen, noch im Bett liegend ein Buch (ein gutes, selbstverständlich!) zu Ende lesen, dann in Ruhe Tee trinken und mir dabei überlegen, was ich an einem Tag wie diesem anziehe. Schließlich werde ich zum ersten Mal in meinem Leben vor Gericht sein. Ein neues Kleid für den Anlass zu besorgen, hatte ich vorher aus Finanzgründen verworfen. Als die endgültige Wahl auf das Zitronenkleid gefallen ist, backe ich einen entsprechenden Kuchen. So lässt sich gut Zeit verdaddeln und etwaige Nervosität im Keim ersticken. Es ist meiner Lebenserfahrung zuzuschreiben, dass ich mich erst danach im Badezimmer verbarrikadiere und dann wie geplant umziehe. Kleiner Downer: niemand außer mir wird wohl bemerken, dass ich die gleiche Unterwäsche wie zur Hochzeit trage. 
Der Weg zum Amtsgericht ist trotz Baustelle schnell zurückgelegt. Überraschend, dass ich bei einer Entfernung von 150 Metern Luftlinie noch nie in dem Gebäude war. An der Security-Schleuse treffe ich meine Anwältin. Das echte Flughafengefühl will sich nicht einstellen, da sie im Gegensatz zu mir mit ihrem „Dienstausweis“ nicht kontrolliert oder durchleuchtet wird. „Der Ausweis ist ein Grund, für den sich das Studium gelohnt hat.“, kommentiert sie. Das Amtsgericht besticht durch eine starke Betonung auf der ersten Silbe. Wir sind wider Erwarten in einem „Saal“ im Nachlassgericht einbestellt. „Passt doch auch.“, kommentiere ich. Wir drücken uns in irgendwelche entlegenen Gänge, um beim Warten möglichst spät der Gegenseite zu begegnen. Dass sie da ist, höre ich schon bald. Meine Anwältin nicht, weswegen ich äußere, „meine Schweine erkenne ich am Gang“. Wir begrüßen uns mit Handschlag. Als ob das nicht kurios genug wäre, nimmt der Gerade-Eben-Noch-Gatte meine Hand als Erstes, obwohl ich der Höflichkeit halber zuerst die seiner Anwältin schütteln wollte. Noch vor der Tür des Saales versucht die Anwältin der Gegenseite uns einzulullen, was meine wiederum mit einem forschen „Keine Erklärung!“ retourniert. Ohne die juristischen Finessen zu verstehen, merke ich an der Reaktion der Gegenseite, dass die Replik so gar nicht in deren Sinne ist. Im Saal, der sich ähnlich groß und einladend wie eine Amtsstube des  - sagen wir - Jugendamts des Bezirksamtes Hamburg-Mitte ausnimmt, werfen beide Anwältinnen ihre schwarzen Roben über. Es gibt eben doch Fasching in Hamburg. Das Kostüm meiner Vertreterin sieht besser aus, da kann sich die der Gegenseite noch so asymmetrisch-stylish ihre Cashmerestola darüber arrangieren. Noch besser sieht die Verkleidung der „Richter-Barbie“ aus, die originalverpackt auf einem Sideboard liegt und von meiner Anwältin gebührend bewundert wird. Jede Partei verzieht sich wie beim Boxkampf in die eigene Ecke. Die Stimmung ist nicht existent bis frostig. Kein Blickkontakt, kein Wortwechsel. Das Ding als solches ist schnell erledigt. Die Richterin hat merklich kein Interesse, sich anzuhören, dass ich die Scheidung zwar hinnehme, aber nicht wolle. Was ich als mangelnde Spracherkennung deute, erklärt meine Anwältin hinterher zum Formfehler, den wir aber großzügig ignorieren. Wieder verabschieden sich alle mit Handschlag. Irgendwie hatte ich damit gerechnet, dass wir zur Scheidung mehr als nur ein Wort („Hallo!“) wechseln, aber so ist es auch gut, denn dann bleibt für eventuellen Wehmut kein Platz. Kaum sind wir für uns, freut sich meine Anwältin vielleicht wenig professionell, aber sehr ansteckend, dass sie es mit ihrer Weigerung zur Erklärung geschafft hat, das offizielle Ende der Ehe noch zwei Monate heraus zu zögern. Koste und bringe uns nichts, verprelle aber die Anderen. Ob ich gesehen habe, wie sehr sie sie damit verärgert habe? War nicht zu übersehen. Neben dieser kleinen Schadenfreude ist der Abschied von meiner Anwältin bisher der emotionalste Moment des Tages. Ich ärgere mich lediglich über die hohen Kosten, die die unnütze Veranstaltung verursacht. Endlich kommen wir zum guten Teil des Tages: Feiern mit  Besuch der Tochter, Kuchen und moldawischem Champagner. Mit anderen Mitteln wird die Feier am Abend fortgesetzt. 
Eine weitere Perspektive, dass sich am Ende das richtige Flughafengefühl einstellen wird, wenn ich am Folgetag den Anti-Honeymoon antreten werde.

Montag, 20. Januar 2020

Anti-Kryptonit

Was soll Superwoman schon passieren, wenn sie in ihrem Januarkalender folgenden Schatz entdecken darf?



Sonntag, 19. Januar 2020

Wort zum Wochenende

Dieses Wochenende ist nicht nur das des Bundesligarückrundenstarts sondern vermutlich auch das letzte, das ich verheiratet begehe. Beides sage ich völlig wertfrei. Beides fiel mir am Freitag bei der Arbeit auf. Die Bundesliga wegen der Expertengespräche der Kollegen, der eigene Status wegen eines Anrufs meiner Anwältin, in dem sie die Choreografie unseres Termins am Dienstag durchsprechen wollte. Da mag es verwunderlich klingen, dass das Wochenende im Großen und Ganzen so verläuft wie jedes andere im Winter auch. Freitagabend war der Sohn zwar etwas verwundert, dass das ZDF Fußball übertrug (während ich mich ein wenig wie die Auskennerin aufführen konnte), fing sich aber schnell wieder und ließ mich an seiner humoresken Fußnote während des Fußballspiels teilhaben: „Am Ende des Tages... ist es elf Uhr neunundfünfzig.“ Nach so viel Esprit beschloss er, den Rest des Wochenendes lieber bei einem Freund zu verbringen, der seine Wortspiele hoffentlich mehr feierte als seine Mutter.
Die Tochter hingegen versprach aus dem Off, am Dienstag nach der Uni mit mir zu feiern und ihr letztes Geburtstagsgeschenk (das mir leider erst zwei Tage später zugestellt wurde) abzuholen.
Ansonsten bekam ich Blumen geschenkt, die perfekt zur amtierenden Tischdecke passen. Ich deute das mal als Zeichen. Ebenso wie meine verheerenden Verluste beim Kniffelspiel.



Donnerstag, 16. Januar 2020

Fame

Kurz bevor ich den Status wechsele, wird mir noch Ruhm zuteil. Ich kann mich seit Neuestem offiziell mit dem Attribut „Bekannt aus Print“ (ich weiß, „Bekannt aus Funk und Fernsehen“ passte aktuell besser) schmücken, denn seit gestern kann jede oder jeder meine ganzseitige Präsenz in der aktuellen Brigitte bewundern. Auch wenn das Foto auf der Seite nur etwa briefmarkengroß ist - die Älteren erinnern sich... Schon letzte Woche wurde ich von einem Kunden auf meinen Auftritt auf Seite 102 angesprochen. Da soll noch jemand sagen, Männer lesen keine Frauenzeitschriften.

Leider hilft mir die ganze Prominenz im Umgang mit dem Mitbewohner wenig. Auch wenn er - wie auch seine Schwester - für das Alter überraschend euphorisch auf meinen Printmedienauftritt reagiert hat, fordert er mich am Erstverkaufstag auf, ihm nach 22 Uhr noch „500g Reis zu kochen“ (er könne keinen Reis). Ich mache auf meine Unlust nach zehn Stunden Arbeit aufmerksam. Das Argument perlt an ihm ab. Grummelnd und halbherzig mache ich mich dennoch ans Werk, setze den Reis auf und begebe mich wieder aufs Sofa. Ein Anfängerfehler, denn der Sohn manipuliert an seinem Reis herum, verändert die Temperatur, rührt darin herum, probiert vorzeitig, befindet ihn für ungenießbar und wirft ihn in den Müll, ehe ich vom Sofa aufspringen kann, um das zu verhindern. Ich sage es als Mutter nur ungern, aber solange er seine Ungeduld nicht in den Griff bekommt, kann er wirklich keinen Reis kochen.

Dienstag, 14. Januar 2020

Next Exit Duty Free Shop

Es ist so weit: ich werde entweder Abschied nehmen oder größere Gebinde besorgen müssen. Der Sohn hat gestern mein Parfum für sich entdeckt. Abends stellte er überrascht fest, dass ich bei seiner Auswahl Geschmack bewiesen habe. Ich solle mal an ihm riechen. Zugegeben, ganz neu ist mir weder der Geruch des einen noch des anderen. Ich weiß nicht, ob ich mich durch den Ritterschlag des Sohnes geehrt fühlen soll. War er doch derjenige, der auch die Rasier-/Haarwasser-, Putzmittel-Exzesse der spanischen Nachbarn als wohlriechend empfindet. Sollte also seine Vorliebe für mein Eau de Toilette anhalten, ist damit zu rechnen, dass es ihn in großen Mengen umwehen wird. Selbst wenn es nur eine Phase ist. Schließlich ist es nicht so, als ob ich das Phänomen nicht schon von meinen Cremes, Shampoos und Ladekabeln kennte. Wieder einmal werde ich auf meiner nächsten Reise dringend den Duty Free Shop ansteuern müssen.

Sonntag, 12. Januar 2020

Kleine Kinder, kleine Sorgen...

Rechtzeitig vor meinem zweiten Saisonevent des Jahres 2020  - Nummer eins war der gestrige Geburtstag der Tochter - habe ich für Event Nummer zwei eine Playlist angelegt. Diese ist relativ kurz, denn selten haben situativ passende Lieder keine „Ich vermiss‘ Dich so!“-Passage. Diese gilt es aber unbedingt zu umgehen. Ebenso wie am Tag selbst eine Regung, die der Dann-Rechtmäßig-Ex-Mann als Emotion oder gar Trauer deuten könnte. Dies zu vermeiden, schwor mich die Tochter gestern noch einmal in aller ihr gegebenen Vehemenz ein - und wer sie kennt, weiß, da geht einiges an Dynamik. Den Sohn beschäftigen in dem Zusammenhang wohl eher andere Themen: Er ist mit sich noch nicht ganz übereingekommen, ob er sich über den von ihm übernommenen Beitrag zu meiner Liste („Ne reviens pas“ - ein echter Banger übrigens) freuen soll oder ob das nicht übertrieben viel Peinlichkeit enthält. Um sich mit diesem Gedanken nicht allzu sehr zu beschäftigen, zettelt er einen weiteren Schauplatz an. Er prangert an, dass ich ihm nie im Leben gesagt habe, die Rock’n’Roll Realschule-Variante von „Zu spät“ der besten Band der Welt sei nicht die eigentliche Version sondern ein textlich variiertes Cover ihres eigenen Liedes. Wenn das keine klare Kinderrechtsverletzung ist, weiß ich auch nicht. Zumindest wurde es mir von ihm mit entsprechender Verve im Vorwurf vorgetragen.



Freitag, 10. Januar 2020

Wohlstand

In den letzten Tagen wurde am Boden des U-Bahnhofs Messberg, dem Namen nach einer der unreinsten Stellen Hamburgs, gearbeitet. Der Terrazzo-Belag der Unterführung wurde von einem gelblichen Mittelgrau auf ein etwas helleres, weißlicheres poliert. Als ich den Arbeiter sah, wie er den ansonsten tadellosen Boden Zentimeter um Zentimeter bearbeitete, musste ich wieder an Chișinău und seine Entsprechungen denken. Dort wird eine Unterführung auch dann nicht nachgebessert, wenn der Treppe kratergroße Stücke fehlen, in denen Passanten bei Dunkelheit (und die herrscht dort wegen fehlender Beleuchtung immer) den Tod finden können. Diese Reminiszenz brachte mich wieder auf den Gedanken, in welchem Reichtum wir doch leben, dass wir uns den Luxus leisten können, vollkommen funktionsfähige, wenn auch hässliche Bodenbeläge verschönern zu wollen. So kann selbst ein nass-grauer Januartag demütig stimmen. Und das, obwohl der ermattete Beagle mir die Möglichkeit zum Ausruhen nahm.



Dienstag, 7. Januar 2020

Kurze Bilanz

Da ich im ganzen letzten Jahr nicht einen einzigen Tag bei der Arbeit gefehlt habe, trifft es mich 2020 umso härter, bereits am 7. Januar die Statistik zu versauen und mich heute krank zu melden. Gestern war schon mit relativ viel Geschniefe verbunden - und es wurde nicht besser in der vergleichsweise heruntertemperierten Großraumdisco zusammen mit vielen verschnupften Kollegen. Heute habe ich das Gefühl, zeitgleiches Schniefen, Schwitzen und Frieren überfordert mich schon so sehr, dass zusätzliches Arbeiten nicht auch noch geht. Von dem, was dabei herauskäme, wollen wir gar nicht sprechen. Vermutlich nur eine große Sauerei für die eigene Bilanz, aber ein kleiner Gewinn für die der Firma.

Montag, 6. Januar 2020

Drei Könige

Mein Dank geht an die Hamburger Stadtreinigung. Sie haben mich endlich und vor dem Wecker aus der erkältungsbedingt schlechten Nacht befreit, indem sie gegen 6:40 Uhr die Altglascontainer vor der Tür leerten. Die schlafarmen Nächte habe ich, wiederum auch ganz Dienstleisterin, zum Wochenende abgenommen. Schließlich kann ich jetzt auch wieder zur Arbeit gehen, um mir dort anzuhören, sooo braun sei ich gar nicht geworden. Wie willst du mit roter Rudolph-Nase auch sommerlich-gebräunt wirken? Um auf die weihnachtlichen Insignien zurückzukommen: unser Baum steht noch. Aus purer Bockigkeit. Oben genannte Hamburger Stadtreinigung hat als offiziellen Abholungstermin für ausrangierte Tannenbäume den heutigen 6. Januar angegeben. Warum nicht gleich den 27. Dezember? Immer noch versuche ich, Hamburger Pfeffersack-Mentalität und den Drang, sich schnellstmöglich des Baumes zu entledigen, zusammen zu bringen. So früh hat er sich doch noch nicht amortisieren können. Meine beste Erklärung: Spätestens ab Silvester beginnt der günstig geschossene Baum so zu nadeln, dass der Putzaufwand exponentiell steigt. Egal, unser gutes Stück ist von feinster Qualität und bleibt noch! Schließlich sind die letzten Teile des Weihnachtsoratoriums genau für diese Tage vorgesehen - und in Spanien gibt es heute erst die Geschenke. Doch keine Sorge: so schrullig werde ich (noch) nicht, dass ich das Ding bis Maria Lichtmess stehen lasse.
Währenddessen warte ich, dass es an der Tür klingelt und die Heizungsableser zu dritt auftauchen, einen schönen Stern dabei haben und anständig singen. In der Nähe katholischen Doms muss das doch drin sein.







Samstag, 4. Januar 2020

In der Zielgeraden

Passend zum ersten Arbeitstag des Jahres kündigte ich dem Chef an, ich werde Ende Januar einen Tag Urlaub nehmen, um ein paar Minuten am Haus der Gerichte in unserem beschaulichen Dorf zu verbringen. Zum Glück feixend meinte er: „Ach ja, dann bist du ja eine Abgelegte.“ Genauso feixend bejahte ich und antwortete, dass ich genau deswegen auch meinen Resturlaub aus dem Jahr 2019 direkt anschließend nehmen werde. Das hat er nun davon! Ihm und mir habe ich erspart, im Kommentarfeld des Urlaubsantrags „Wundenlecken“ oder ähnliches anzugeben. Es reicht wohl, dass ich beim 21. Januar auf ebendiesem Feld nachfragte, ob es für Scheidungen genau wie bei Heirat einen Tag Sonderurlaub gebe. Ein bisschen Spaß muss sein. Am gleichen Abend klingelte es bei uns an der Tür. Der Sohn, noch traumatisiert von vorangegangenen Erfahrungen im letzten Sommer, beschwor mich, nicht an die Tür sondern lieber in Deckung zu gehen. Es fiel mir schwer, aber ich habe es geschafft! Daraufhin bimmelte das Telefon des Sohnes. Ob er nicht zuhause sei, wollte sein Vater wissen. Doch, antwortete der Sohn, aber wir wollten nicht öffnen. Sein Vater ermahnte ihn, an die Tür zu kommen, er habe einen Brief für mich. Der Sohn erbarmte sich, nahm besagten Brief in Empfang und verabschiedete seinen Vater in kürzestmöglicher Zeit. Vorsichtig erkundigte ich mich, ob die väterlichen Weihnachtswünsche und -geschenke vielleicht etwas sparsam ausgefallen seien. Ich erfuhr, dass es keine gegeben habe. Also wieder einmal Zeit für mein geübtes Pokerface, das ich allerdings durch die Bemerkung, das müsse der Sohn verstehen, so klamm wie sein Vater nun sei, vollständig zerstörte. Manchmal habe ich mich doch weniger im Griff, als wünschenswert wäre. Beim Brief handelt es sich um ein Schreiben, das der angehende Ex-Mann noch unterschreiben musste und das ich ihm zur Vermeidung ebensolcher Szenen mit der Post zugeschickt hatte. Die Portokosten der deutschen Post mögen zwar übertrieben hoch sein, aber diese 80 Cent gab ich gerne. Auf meinen Umschlag hatte er mit einem grünen Lackstift in bestmöglicher Schrift (was in diesem Fall nicht allzu viel heißt) Folgendes geschrieben:
„Hallo Antje, ich wünsche Dir ein schönes und gesundes (fast) Neues Jahr 2020, Dein Holger* (*Name von der Redaktion geändert)“
Noch überraschender als die Schönschrift fand ich das „Dein“, denn ich hätte schwören können, dass diese Zeiten schon seit mindestens einem Jahrzehnt vorbei sind. Ob er weiß, dass ich letzthin eine - unterdessen viel gehörte - Playlist erstellt habe, deren Haupttitel „Ne reviens pas“ (avec l’aimable autorisation du fils) heißt?

Mittwoch, 1. Januar 2020

Neujahr

Der erste Januar bietet nicht nur die Chance eines Neuanfangs, er lässt mir auch die Kohlreste des Vorabends - „wofür sie besonders schwärmt, wenn er wieder aufgewärmt“. Außerdem darf ich - endlich! - die 1 meines Januarkalenders öffnen. Der wiederum teilt mir zusätzlich mit, dass wir heute immerhin schon 7:32 Stunden Sonnenschein hatten. Ein Anfang. Des Weiteren gab uns Neujahr die Möglichkeit, einen guten Teil der jährlichen Pfadfindertaten bereits am ersten Tag des Jahres zu vollbringen, indem wir einen Großteil des in unserer Zufahrt verstreuten, vermutlich durch Implosion herausgeschleuderten Altpapiercontainerinhalts (beeindruckend, wie viel da hineinpasst) wieder in die verkohlte Tonne zurück expedieren konnten. Nett auch die vorbeikommende Dame, die mich fragte, ob sie mich etwas fragen dürfe. Durfte sie. Ob ich das ehrenamtlich mache. Im weitesten Sinne vielleicht; im wesentlichen jedoch, weil ich dort wohne und der Dreck sonst nicht wegkomme. Der genaue Tathergang erschließt sich mir übrigens nach wie vor nicht. Genauso wenig wie der, dessentwegen wir noch in der Nacht unseren Grüner-Punkt-Container mit Eimerladungen Wasser löschen mussten. Es könnte mit Feuerwerkskörpern zu tun haben. So oder so, wer braucht bei so viel Altruismus noch gute Vorsätze?

(Ich nenne es: Katerstimmung beim Partybeagle)