Montag, 30. November 2020

Erster Advent

Wer hätte das gedacht? Meine „Fight The Virus“-Playlist musste nun doch um „Last Christmas“ erweitert werden. In diesen Zeiten müssen wir alle Opfer bringen. Dennoch war ich selten so desinteressiert und lustlos, was die Adventsdekoration angeht. Der Adventskranz entstand im wesentlichen aus Pflichtgefühl, weil ich letztes Wochenende auf dem Markt Rumpf-Kränze besorgt hatte. Und mich auch da schon ärgerte, es zu tun, weil ich erstens den angestammten Händler nicht fand und zweitens nicht die üblichen Auswahlkriterien hatte, ihn vor allem nach Geruch zu kaufen. Mit Maske einfach nicht drin, wenn du nicht Armin L. geben möchtest. Auch auf den Adventskalender für den Sohn hatte ich aus Gründen keine Lust. Am Ende konnte ich mich dadurch motivieren, dass er auch für mich eine Augenweide wird - beziehungsweise unterdessen ist. Seit Mitternacht des 29. Novembers ist er bereits fertig installiert. Trotz Lustlosigkeit oder vielleicht gerade deswegen.
Kleiner Hinweis übrigens für alle, denen es dieses Jahr ähnlich geht: Dass die Besinnlichkeit unterdessen Einzug gehalten hat, merken wir, weil Altglascontainer so voll sind, dass zum ersten Advent nicht mehr länger lärmend Flaschen eingeworfen werden können und weil die Container am nachfolgenden Morgen nicht um 6:30 Uhr sondern erst um 6:40 Uhr mit vorweihnachtlichem Klirren geleert werden.



Samstag, 28. November 2020

Happy Thanksgiving

Nun also keinen Truthahn oder Ähnliches. Überrascht uns in dieser Zeit nicht. Auch wenn es wahrscheinlich nicht mehrheitsfähig ist, die Tochter und ich vermissen den Rosenkohl sehr. Dafür gibt es andere Highlights. Wie den Black Flamingo Friday oder die Wortschöpfungen des Sohnes. Er beklagte letzthin unsere „Haarspinnen“. Zuerst war mir nicht klar, was er damit meinte. Dann legte er dar, dass er darunter diese Wesen versteht, die aus mehreren langen Haaren zusammengeknotet in der Waschmaschine entstehen und zu Tage treten, wenn die Wäsche herausgeholt oder aufgehängt wird. Auch wenn es noch schöner wäre, sie entständen gar nicht - denn sie können nur von einem Ursprung, nämlich meinem Kopf, herrühren -, die Bezeichnung gefällt. Mag auch ansonsten wenig wie geplant laufen. Ende November ist es so wichtig, sich an kleinen Dingen zu erfreuen.

Dienstag, 24. November 2020

Muss auch sein

Unterdessen gestehe ich mir schlechte Laune zu. Mich strengen Arbeitgeber, Chefs, die Nachbarn, der Sohn fast gleichermaßen an. Die eigenen Durchhalteparolen, dankbar für alles zu sein, im Kleinen das Leben zu genießen, verfangen nach acht Monaten ununterbrochenem Dauertrompeten nur noch bedingt. Die Formel „Zu viel Anstrengung auf zu wenig Ausgleich“ beschreibt es wohl am besten. Ich mag mir den Unmut zugestehen, mein Umfeld tut es nicht. Der Chef beklagt meine mangelnde Verve, der Sohn ist genervt über meine Arbeitsaufforderungen, die beste Reaktion der Nachbarn ist Ignorieren. Im Moment frage ich mich wirklich, wie ich die eigene Moral für die nächsten, sagen wir, vier-fünf Monate aufrechthalten soll. Wenn dann noch die Haushaltshilfe Grüße und sonnenbeschienene Palmen-Pool-Fotos aus High Society-Hot Spots schickt, droht die eigene Stimmung ins bestenfalls Anthrazite abzusinken.

Mittwoch, 18. November 2020

Foulspiel

Es ist weder gerecht noch nachvollziehbar, dass wir, die wir mit deutschem Herbst geschlagen sind, also aktuell wahrlich keine Temperaturen von über 20° haben, und uns mit geschlossener Gastronomie arrangieren müssen, uns nicht als Ausgleich an einem bravourösen 7:1 erfreuen können. Stattdessen bekommen die, die all‘ das genießen können, was wir vermissen, obendrein noch ein 6:0 geliefert. Das erscheint mir nicht fair. Allein, nie hat jemand behauptet, es gehe fair zu im Leben. Wenn das Debakel wenigstens dazu gut gewesen wäre, sich des popelnden Trainers zu entledigen, hätten die Zweckoptimistinnen unter uns jubeln können. Doch danach sieht es im Moment nicht aus. Es läuft gerade nicht so bei uns.

Dienstag, 17. November 2020

Bunt sind schon die Wälder

Während in der Woche Arbeit und Laubpuster vereiteln, Stille in der Natur zu finden, sind es am Wochenende eher die Mitmenschen.
Beim Reißverschluss-Einfädeln in die Reihen der Alsterumrunder - können Deutsche übrigens auch ohne Auto nicht - landeten wir Sonntag hinter einem nicht mehr völlig jungen Mann, der telefonisch Beziehungsprobleme besprach oder vielmehr nach dem Ende einer Beziehung zu bilanzieren gezwungen war. Sofort waren wir mittendrin. In Schuldzuweisungen, Vorwürfen, passiver Aggressivität und Nachtreten. Zwischenzeitlich war ich versucht zu überholen und im Vorbeigehen zu säuseln: „Ach, Schatz, lass‘ doch das ich unnötige Telefonieren und uns endlich Spaß haben!“ Nur damit es aufhört. Während anfangs meine niederen, voyeuristischeren Instinkte wachgerufen waren, fand ich es schnell anstrengend, Teil am unteren Ende fremden Privatlebens sein. Zumal mein Kopf vergleichsweise schnell das Bild des unbekannten Gegenübers produzierte. In meiner Vorstellung war sie zierlich, blond (mit Highlights) mit Skinny Jeans, hohen Absätzen und hoher Stimmfrequenz. 
Vielleicht ist es wirklich besser, das beschauliche Dorf nicht erst zu verlassen?  Manchmal ist häusliche Quarantäne nicht einmal die schlechteste Wahl.

(Zuhause ist es eben doch am schönsten.)

Montag, 16. November 2020

Goldener November

Spontan fuhr der Sohn am Freitagabend übers Wochenende ins südliche Niedersachsen. Bei dem vergleichsweise wohltemperierten Wetter sicher erst recht eine Reise wert. Meine Ermahnungen, an eine Zahnbürste zu denken oder rechtzeitig beim Abräumen zu assistieren, nahm er sehr kooperativ auf. Wirklich. Nicht ironisch gemeint. So waren wir beide guter Dinge. Weniger befriedigend für mich: dass ich nicht früher von meiner Sturmfreiheit wusste. Was kein Vorwurf sein soll, denn er selbst entschied so kurzfristig. Doch es verhinderte fürs weitere Wochenende zusätzliche, schöne Programmplanung, die der Seele zuträglich gewesen wäre. So verging ein nicht unerheblicher Teil des sonnig-lauen Sonntags damit, die Hinterlassenschaften zahlreicher Schadnager auf Balkons sowie weiterer Wohnungsperipherie zu entsorgen und sich Strategien zu überlegen, wie wir die Rattenplage zukünftig abwenden können. Wenn diese Freizeitgestaltung anstelle schönerer nicht symptomatisch für die aktuelle Zeit ist, dann weiß ich auch nicht.
Die neue Flasche Sriracha opferte ich für die gute Sache der Schädlingsbekämpfung fast schon gerne. Selbst die gute, ohne Geschmacksverstärker. Die Vorstellung, wie nun nächtens Ratten mit hängender Zunge und grummelnden Eingeweiden durch die Gegend taumeln, hat in diesen Zeiten immerhin ein wenig Aufbauendes.




Donnerstag, 12. November 2020

Besserwisserin

Gerne hätte ich unrecht gehabt. Nun muss ich ungern damit leben, wahrscheinlich recht behalten zu haben. Dass der Wasch-Mich-Aber-Mach-Mich-Nicht-Nass-Shutdown, der alles schließt, das keine Lobby hat (denn nur da besteht Ansteckungsgefahr!), nichts bewegen wird. Außer natürlich, dass unsere saisonal und vorgeschichtlich ohnehin angezählte Moral deutlich darunter leidet. Und auch sonst ist die Stimmung super.

Dienstag, 10. November 2020

Jetzt mal ehrlich

Ihr fragt: „Wie umgehen mit diesen ewig gleichen Tagen ohne Ausgleich?“
Ich sage: „Wieso gleichförmig? Jeder Tag, der wunderbar lautstark mit der Stadtreinigung (Ihre Experten an Glascontainern und Laubbläsern) in Dunkelheit eröffnet wird, ist eine individuelle Herausforderung. Wie soll ich mich heute motivieren, überhaupt aufzustehen? Wie schaffe ich es wieder, zu viele Kalorien auf zu wenig Bewegung vor mir selbst zu rechtfertigen? Welche Jobs lasse ich liegen, obwohl sie vor lauter Deadlines schon nachts leuchten und tagsüber rot blinken? Von wem darf ich mich während der zehn bis zwölf Stunden Arbeit heute wieder anquaken lassen - und das ganz kostenlos, wenn nicht gar umsonst? Wenn das nicht genug Challenges für diesen Tag und die folgenden 140 sind, seid Ihr einfach zu anspruchsvoll.“

Montag, 9. November 2020

Rollentausch

Ein weiteres Glück des zweiten Mals ist, dass montags morgens die neben meinem Ohr platzierten, überbordenden Glascontainer dank MEWZ nach und nicht vor sieben Uhr geleert werden. Kurz danach klingelt der Wecker ohnehin. Dann stört auch die lautstarke Laubentsorgung nicht mehr. Anders als die Nachbarn, die meinten, am heiligen Sonntag ab 10 Uhr morgens konzertiert Hämmern und Werkeln zu müssen. Das störte schon. Vor allem, da ich nach einer schlechten Nacht um diese Zeit gerade dabei war, wieder einzudruseln. Immerhin ist bereits eine Woche geschafft - und die war wie prognostiziert überraschend golden oder weniger novemberlich. Ein Kontakttagebuch brauche ich auch nicht zu führen, denn bis zu drei Kontakte pro Woche bekomme ich rekonstruiert, ohne sie aufschreiben zu müssen. Für mich weniger positiv, aber als Empfehlung für alle anderen ein Gewinn: mit Rückenschmerzen ist eine 50-Stunden-Woche keine allzu gute Idee. Vor allem wenn die Ausgleichssportarten Laubfegen und Wohnungputzen heißen. Don‘t try this at home! „Mama hat viel zu viel gearbeitet.“ kommentierte der Sohn in Gesellschaft zumindest meinen bezahlten Frondienst. Er belustigte mich außerdem damit, dass er nach sonntäglichem Nichtstun (normalerweise mein Part) sich aufs Sofa fallen ließ und den Fernseher anschaltete, um lineares Fernsehen zu verfolgen. In trauter Zweisamkeit sahen wir die Tagesschau. Wir senkten damit das Durchschnittsalter der Sendung von 64 auf jugendliche 63, könnte ich mir vorstellen. Als Boris Johnson mit seinem Kommentar zu US-Wahl gezeigt wurde, musste er lachen. „Wenn man einen Lutscher anleckt und auf einem Flokati wälzt, dann kommt er dabei heraus.“ Ein schönes Bild, das sich jetzt in meinem Hirn festgesetzt hat. Im Anschluss ließ ich den Sohn allein zuhause und ging zur Nachbarin. Als ich zurückkam, lag er noch immer auf dem Sofa und guckte „Anne Will“. Etwas, das ich ich freiwillig nie tue, denn meine Maxime heißt: Anne will, aber kann nicht. Der Sohn wiederum erfreute sich am tautologischen Geblase und warf zusätzlich ein, dass Anne „ganz schön gebotoxt sei“. Ich hätte erstens nicht gedacht, dass ihm so etwas auffalle, zweitens dass es für seine Altersklasse überhaupt eine Rolle spiele. Anschließend bemerkte er noch, der Tatort sei super gewesen und lächelte darüber, dass ich ihn „zu spooky“ fand. Einzig das in den vergangenen anderthalb Stunden von ihm verputzte Essen hielt mich davon ab zu vermuten, über sein Sonntagnachmittagschläfchen wäre der Sohn vom Millennial ohne Umwege in die Boomer-Generation übergegangen.

Donnerstag, 5. November 2020

So ist es

Als positiv lässt sich immerhin vermerken, dass ich einige Tage sturmfrei hatte. Gut, noch besser wäre gewesen, hätte ich es vorher gewusst. Oder, dass das iPhone unterdessen aufgegeben hat, mich daran zu erinnern, in der Vorwoche, im Vormonat oder im Vorjahreszeitraum habe ich mich mehr als jetzt bewegt. Mehr als 3.000 Schritte sind nicht drin, Freundchen, wenn ein Tag im wesentlichen erschreckend viel Arbeit im Home Office zu bieten hat! Diese Lektion scheint es endlich gelernt zu haben. 
Im Zuge des erwähnten Arbeitsaufkommens bereitet es nur mäßig gute Laune, wenn wie gestern während eines Kundentermins, genau genommen während eines meiner Sprechparts darin, an meiner Tür sturmgeklingelt wird. Um den weiteren Fortschritt des Meetings nicht durch meine Bimmeldisco zu gefährden, erbarme ich mich und öffne. Ich sehe den abwandernden DPD-Mann und beschließe, dass mich seine Fracht unter diesen Umständen nicht kümmert. Dann entdecke ich jedoch, dass er etwas in der Haustür eingekeilt hat, um diese geöffnet zu halten. Unser Dorf mag zwar prinzipiell beschaulich sein, aber ganz ungefährlich ist so etwas hier nicht. Mit Verve schließe ich also die Tür, um schnell wieder an meinen Arbeitsplatz (meinem Kampfplatz für den Frieden) zurückzukehren. Dabei fällt der Scanner herunter, den der Paketbote als Keil eingesetzt hatte. In dem Moment sehe ich, wie er - in einer Hand ein Handy, in der anderen einen Auspuff - auf mich zugeschossen kommt. Ich solle sein Telefonat annehmen. Ich quake ihn an, ich sei in einem Meeting und sein Geschäft kümmere mich nicht, denn meins sei mir wichtiger. Kurzzeitig packt mich das schlechte Gewissen, mich mit diesem Verhalten nicht wesentlich von Rassisten zu unterscheiden, aber meine Anspannung ist größer; außerdem bin zumindest ich sicher, dass Hautfarbe oder Akzent meines Gegenübers keine Rolle spielen. Er insistiert, es sei mein Nachbar, ich solle mit ihm sprechen. Ich lasse mich breitschlagen, wenngleich enerviert, und melde mich mit meinem Namen. Stille. Dann ein Blöken aus dem Handy. Ob wir jetzt eine Konversation führen? Ich explodiere und weiß nun endgültig, dass meine Unfreundlichkeit nicht fremdenfeindlich motiviert ist. Wer da überhaupt sei, will ich wissen, und führe nochmals und noch ungehaltener aus, dass ich aus Gründen keine Zeit habe, die Christel von der Post zu spielen. Die Stimme am anderen Ende sagt: „Stefan.“ Ich überlege kurz. Der (erweiterte) Nachbar gleichen Namens hat einen leichten Sprachfehler. Er ist es also nicht. Irgendwann komme ich darauf, dass es der Freund eines anderen Nachbarn ist, den ich in diesem Sommer bei ihnen traf und da schon reichlich unsympathisch und von sich selbst eingenommen fand. Das kümmerte ihn wiederum wenig. Er wies mich in bester Gutsherrenmanier an, ich solle den Auspuff für besagten Nachbarn annehmen und vor dessen Wohnungstür legen. Da er anschließend sofort auflegte, konnte ich Einwände wie Rückenschmerzen und Gewicht des Dings nicht mehr loswerden. Ich quengelte mein „Gern geschehen!“ folglich ins Leere. Um meinem Unmut etwas Luft zu verschaffen, warf ich das schwere Teil krachend an die verabredete Stelle. So machte der Auspuff seinem Namen wenigstens alle Ehre. Im Meeting wunderten sich Kundin und die anderen Teilnehmerinnen, warum ich blasierte Kuh nicht auf ihre Fragen antworte. Was nehme ich nicht alles für meine lieben Nachbarn und deren Peripherie in Kauf?

Mittwoch, 4. November 2020

Business As Usual

Alles ist wie immer. Schülerhorden pilgern an meinen Fenstern vorbei. Der Berufsverkehr rattert vorüber. Beim Einkauf haben sich Betrieb und Warenangebot nicht verändert. Aber von all‘ dem bekommen wir es nicht. Nein! Denn gefährlich sind die Restaurant-, Sport- und Veranstaltungsbesuche - genau die, die mit Hygienekonzept und Abständen, von denen der ÖPNV nur träumen kann.
Ob es wirklich jemanden gibt, der glaubt, Krankheitszahlen gingen dadurch herunter, dass der berufliche Betrieb uneingeschränkt aufrecht erhalten wird (plus Stoßlüften natürlich!) und alles, was zum Ausgleich dient, ausgesetzt wird? In einer Zeit - wir sprechen von November, in dem sich nicht zufällig Tage wie Totensonntag oder Volkstrauertag aufhalten -, die in hiesigen Klimazonen schon im besten Fall nicht zu ertragen ist? Deren Charme sich auch nach vielen Urlaubstagen im Süden nicht erschlösse (nie war Konditional II, Irrealis, notwendiger als in dieser Frage)?
Selbstverständlich spiele ich auch die neuen Spielregeln mit. Das Denken habe ich zum Glück schon länger eingestellt. Besser ist das. Doch die Preußin in mir wird langsam, aber beständig an ihre Grenzen gebracht.

Sonntag, 1. November 2020

Allerheiligen

In den letzten Tagen dachte ich oft: Ein Unglück kommt selten allein. Zu allen alltäglichen Unbilden kam hinzu, dass die Woodstock-Tasse verschwunden war. In meinem mütterlich-antrainierten Ritual verfiel ich selbstverständlich in eine Verhaften-Sie-die-üblichen-Verdächtigen-Haltung und fragte den Sohn, ob er sie in seine Räuberhöhle verschleppt habe. Er wies dies empört von sich und gab mir zu bedenken, ich solle „mich an die letzten Male erinnern und ihn nicht wieder zu unrecht akkusieren“ (seine Worte, nicht meine). Im Rahmen einer paradoxen Intervention rollte ich heranwachsendengleich mit den Augen und sagte nichts, schließlich wusste ich altersgemäß alles besser. Um die Tasse zwei Tage später im Bücherregal wiederzufinden, wo ich sie hingestellt hatte, nachdem ich mein abendliches Heißgetränk ausgetrunken hatte. Zu meiner Ehre gereicht vielleicht, dass ich ihm nach dem Fund eine Nachricht schickte und ihm darin recht gab. Trotz dieses Schnitzers war mein seelisches Gleichgewicht wiederhergestellt. Ich beschloss daraufhin, es mit dem von mir geschätzten David Byrne zu halten und in nächster Zeit vor allem „Reasons to be Cheerful“ aufzulisten.
Da wäre zum Beispiel der von meinem Vater angekündigte „Goldene November“, der im Gegensatz zum gesamten Vormonat bereits am ersten möglichen Tag Einzug hielt.
Da wäre außerdem das ganz anständige Gulasch, das ich gekocht habe. Zugegeben, es ist vielleicht nicht ganz so gut wie das meines Vaters, aber eben sehr leckeres Herbst-Soulfood.
Oder das gemeinsame Laubfegen mit zwei Nachbarn, das wir in der richtigen Anzahl und Zusammensetzung mit lauter Beschallung (damit die Nachbarschaft auch den Einsatz der Feierabendbrigade unbedingt bemerkt) gut gelaunt am ansonsten nutzlosen Feiertag zügig erledigten. 
Oder dass wir an ebendiesem Feiertag von den sonst üblichen Auswüchsen keltischen Brauchtums verschont blieben und keine Eier an den Fensterscheiben wiederfanden. 
Oder dass wir zur Feier des Tages, der getanen Arbeit und der letzten Möglichkeit noch einmal feudal Essen gingen.
Oder dass auf dem Rückweg der Vollmond so schön schien. Und wir die Hoffnung haben können, dass zum nächsten Vollmond schon wieder viel mehr erlaubt sein könnte.
Wen kümmern da weitere vier Wochen auf Sparflamme?