Samstag, 29. April 2023

Finalmente fin de semana

Obwohl ich länger sturmfrei habe und mich daran erfreuen kann, Feuchttücher nutzen zu können, die ihren Namen verdienen (ohne Kinder im Haus macht es nichts, die Einzige zu sein, die die Verpackung der vom Sohn heiß geliebten „Wet Wipes“ schließt), habe ich kurzzeitig die angestammte Wohnung verlassen und gegen die in Spanien eingetauscht. Viele der Hauptstädter haben sich von der miesen Wetterprognose abhalten lassen, für das verlängerte Wochenende den weiten Weg von Madrid hierher anzutreten. Leider war der unsympathischste aller Madrilenen in unserem Haus, der noch weit über die üblichen Vorurteile (selbst für Nicht-Spanier) unerträglich ist, bereits hier. Wahrscheinlich weil schlechtes Wetter hervorragend zu seinen Eigenschaften passt. Als ich bei trübem Licht (in Hamburg gälte es vermutlich als strahlend schön) an der Waterkant an ihm vorbeikam - aktive Arbeit, denn sein Klappstuhl und seine Angel bzw. -schnur erschwerten das Durchkommen aller Passanten, stellte ich belustigt fest, er hatte ein Fleece-Halstuch über dem Mund, bei etwa 20° eine Notwendigkeit, und wie immer nichts gefangen. Meinen Gruß erwiderte er wie üblich genauso wenig. Mut macht uns, dass an seiner Wohnung ein Zu-Vermieten-Schild hängt. Blöderweise ist die Maklernummer darauf so klein geschrieben, dass in nächster Zeit nicht mit einer erfolgreichen Vermittlung zu rechnen ist. So halten wir uns lieber an die Hiesigen. Sie wiederum haben nicht die Charmeoffensive gestartet, als sie mich mit „Du bist blass geworden.“ begrüßten. Ich habe ihnen nicht gesagt, nach norddeutschen Standards für Ende April gelte ich noch immer als braungebrannt. Wie soll man über vier Wochen gesunden Teint halten, wenn im Norden quasi arktische Tiefs mit fortwährend einstelligen Temperaturen, immerhin im positiven Bereich, das Wetter beherrschen? Das bekomme ich nicht überein, wenn hier Bedingungen mit über 20° Luft- und 18° Wassertemperatur dafür sorgen, dass ihnen das schöne lange Wochenende verhagelt wird.



Freitag, 21. April 2023

Es geht weiter

Der Sohn ist weg. Während ich Sonntagabend heulend nach Hause ging und dachte, mein Herz sei mir entrissen, war ich zur Abwechslung Montag und Dienstag nur nervös. Meine armen Kollegen mussten unter meinem ewigen Gebrabbel leiden. Manch einer bezeichnete mich als Helikoptermutter. Als am nächsten Morgen die Nachricht seiner Freundin kam (zugegeben auf meine Nachfrage), er sei gut in Asien angekommen, beschloss ich, das Beste aus meiner Sturmfreiheit herauszuholen. Seither leben Spaß und Angst in einer stimmungsvollen Koexistenz. Ist schließlich Frühling.





Sonntag, 16. April 2023

Bon Voyage

Unvorstellbar, dass nach einem Wochenende in D-Moll und einem, zumindest von meiner Seite (der Sohn, seine Freundin und die Tochter waren deutlich entspannter), herzzerreißenden Abschied morgen früh wieder Business as usual angesagt sein soll.
Immerhin habe ich, ohne mich selbst allzu sehr loben zu wollen, das Abschiedsessen für den Sohn 1A hinbekommen. Dem Kochen vorangegangen war eine kleine, nicht repräsentative Umfrage, was wohl das deutscheste aller Essen sei. Einzige Bedingung: vor zwei Monaten Asien musste es auf jeden Fall eines mit Kartoffeln sein. Am Ende fiel die Wahl auf Rouladen, die ich wirklich bravourös umsetzte. Selbst die obligatorische Lieblingstorte von Coppenrath & Wiese (Der Sohn: „Nicht immer nur Coppenrath sagen; Herrn Wiese nicht vergessen!“) habe ich fehlerfrei und rechtzeitig ausgefroren. Auch gelungen ist mir, die Reiseapotheke des Sohnes mithilfe eines freundlichen Apothekers professionell zu ergänzen. Ähnliches galt für Old School Tipps wie Telefonnummern auf Papier Schreiben oder Kopien vom Reisepass Anfertigen. Ich habe sogar geschafft, in seiner Gegenwart nicht in Tränen auszubrechen, als es an den Abschied ging. Das habe ich mir für später aufgehoben. Nur meine Angst, die werde ich nicht los.



Montag, 10. April 2023

Ostern

Wie es mir die Jahresrückblicke im Fernsehen vorgemacht haben - bereits Ende November/Anfang Dezember das Jahr zu bilanzieren, wage ich nun schon eine Einschätzung dieser Ostertage.
Karmittwoch konnte ich meinen Geburtstag nur en famille feiern, da ich tagsüber fast ausschließlich beruflich eingespannt war. Wettgemacht wurde das nicht nur durch die vielen Glückwünsche und Geschenke, sondern vor allem durch ein phänomenales Abendessen, das ich mir vom Sohn wünschen durfte (Couscous Royal) und das er perfekt zubereitete und präsentierte. Seine reizende Assistentin war dabei die Tochter, die sich mit beiden Händen unermüdlich für körnige Konsistenz einsetzte.

Auch der Gründonnerstag war im wesentlichen durch Arbeit bestimmt - zumindest bis kurz vor 18 Uhr. Erst zum Abend ergab sich die Gelegenheit, das Jubiläum des Vortages nachzufeiern. Die Vorbereitungen wurden ebenfalls tatkräftig vom Sohn unterstützt, er wiederum (und ich natürlich auch) bekam zusätzlich Unterstützung von seiner Freundin. Ohne sie und andere wäre eine Feier ab 20 Uhr nicht möglich gewesen.
Von einer eigenen Geißelung und der des Umfelds in Form der Altglasentsorgung nahm ich Karfreitag nach Überlegung Abstand. Stattdessen machten wir uns bei überraschend gutem Wetter lieber zu einer Portugiesenrunde auf, die endlich wieder ihrem Namen alle Ehre machte. Vermutlich seit dem Fachkräftemangel hat das portugiesische Café sonntags immer geschlossen. Daher taugte es nicht mehr als Pitstop für unseren üblichen, eher kurz gehaltenen Wochenend-Alsterspaziergang. Feiertag gilt dort zum Glück nicht wie Sonntag. Unterwegs begegnete uns noch ein Vater, der seine Tochter darauf hinwies, übermorgen werde man das Theaterstück „Harry Potter und das verzogene Kind“ besuchen. Ich hoffe, er wird mit der Enttäuschung über zu wenig Lebensnähe klarkommen. Am Abend folgte eine weitere Geburtstagsfeier, diesmal jedoch nicht die eigene, die zudem nicht im beschaulichen Dorf, sondern im Meilen entfernten Eppendorf stattfand. Allen christlichen Nahrungsplänen zum Trotz gab es die guten Spandauer Schinkenknacker, denen ich nicht nur aus nostalgischen Gründen zusprach, wenngleich etwas schuldbewusst (nicht aus religiösen sondern aus ethischen Motiven); sie schmecken einfach zu gut.
Der Karsonnabend wiederum war wie in allen Haushalten von Einkäufen dominiert. Anders als bei den meisten anderen war ich weniger auf Lebensmittel ausgerichtet (Eier und einige Reste der vorangegangenen Feierlichkeiten gab es noch). Stattdessen waren Balkonpflanzen und Geschenkumtausche vom Vorabend mein Begehr. Endlich mal wieder was Verrücktes tun - oder eben das versäumte Geißeln des Vortages nachholen.
Letzteres sollte sich fortsetzen, denn der Ostersonntag begann deutlich früher als erwartet und als die Schlafenszeit es hergegeben hätte. Kurz nach sieben Uhr morgens dröhnten alle Handys aus vollen Rohren. Sie rissen mich aus Tiefschlafphasen. Auf dem Display erkannte ich nur etwas von „Warnung“. Als ich das Telefon aktivierte, hörte zwar der Alarm auf, aber die Nachricht ließ sich nicht mehr lesen. Danach machte ich mich auf die Suche nach dem Jobtelefon und öffnete erstmal die Fenster weit, um frische Luft einzulassen. Sie entpuppte sich jedoch als sehr rauchgeschwängert. Ich wunderte mich, weil es in unserem Dorf eigentlich kein Osterfeuer gibt, und schloss die Fenster gleich wieder. Nach erfolgreicher Detektion des zweiten Krachschlägers zog ich wieder ins Bett und ärgerte mich über diesen unchristlichen Misanthropen, der Ostersonntag am frühen Morgen eine Notfallübung anberaumt. Über diese Gedanken schlief ich zum Glück wieder ein. Zu allem Überfluss fiel später das handelsübliche Frühstück mangels Gästemasse aus. Die Tochter kam nur kurz gegen Mittag vorbei, den Sohn habe ich seit meinem Geburtstag ohnehin nur sehr sporadisch gesehen. Ich versäumte es, ihr Schokoladenhasen etc. mitzugeben, konnte jedoch immerhin eine Maske spendieren, damit sie sich wieder nach Hause ins dichtere Umfeld des Großbrandes wagen konnten. Wie gut, dass weder Eier noch Süßigkeiten allzu schnell schlecht werden.
Die geplante Route für den Osterspaziergang musste abgasbedingt abgeändert werden. Immerhin brachte sie uns am Dom (ausnahmsweise nicht dem katholischen) und an gut gefüllten Gänsenestern vorbei. Ich weiß nicht, ob die Ortswahl der Gänseeltern wegen oder trotz der Nähe zur Wodkaflasche entstanden ist.


Heute am Ostermontag ist wieder Feiertag, ohne Sonntag zu sein. Ich habe eine Vermutung, wohin es mich später verschlägt. Falls es nicht weitere Brände geben sollte, die ein Umplanen erfordern.

Samstag, 1. April 2023

¡Adiós!

Die Tradition will es, am letzten Aufenthaltstag der Sommerfrische dem Meer „Auf Wiedersehen!“ zu sagen. Wenn klar ist, dass uns in Hamburg mindestens 20° weniger erwarten, sowie Strümpfe, geschlossene Schuhe und dicke Jacken erforderlich sind, fällt der Abschied besonders schwer. Unfair wird es dann, wenn zusätzlich noch das Strandgut des letzten Tages am Meer durch besondere Attraktivität besticht.
Der Satz des Urlaubs war ohnehin: „Dann ist das Papas Schuld.“ (flüssig und fehlerfrei auf Deutsch vorgetragen von einem Freund, der sonst etwas mehr mit der deutschen Sprache hadert). Bestimmt greift er auch in diesem Zusammenhang.