Freitag, 30. September 2016

Quartalswechsel

Es ist mal wieder so weit. Das Titelwort reicht, um meinen Magen grummeln zu lassen. Es spielte eine - wenn auch kleinere - Rolle in meiner Betrugshistorie. Denn angeblich war das Ende eines jeden Quartals der Grund dafür, mich vollends mit den Kindern alleine zu lassen. "Quartalswechsel, fahr' du mal alleine mit den Kindern nach Spanien. Ich kann nicht." Und ob er konnte. Aber eben nicht mit mir. Zu allem Überfluss lese ich dann noch aus seiner Jugend:
Und doch fehlt mir gerade jetzt ein "Partner". Nicht er, bewahre! Denn es sollte einer sein, mit dem man anstehende Entscheidungen besprechen kann. Mit dem man Für und Wider erörtert. Der im besten Fall sogar Ratschläge geben kann. Der einem in jedem Fall das Gefühl gibt, nicht mit den Konsequenzen allein dazustehen. 
So, jetzt ist auch mal gut mit dem Gejammer! Ich weiß, es ist Leiden auf hohem Niveau, aber Leiden bleibt es. "Leiden ist eine Stadt in Holland, Alter." Fil Tägert - Mitarbeiter des Monats
Egal, heute kommt die Tochter aus Amsterdam zurück. Wenn ich nur wüsste, wann genau. Mich belustigt die Vorstellung, ich könnte ja ihren Vater nach der Ankunftszeit fragen.

Donnerstag, 29. September 2016

Noch 11 Tage, sagt er

Gestern hatte ich am späten Nachmittag zusammen mit dem Sohn einen Termin. So weit, so normal. Der Sohn konstatierte anschließend freudig, er habe nur acht Minuten gedauert. Gedanklich hatten wir eine Stunde veranschlagt. Kurz kam mir der Termin auch vor, aber ich hätte mein Gefühl nie so gut beziffern können. Ich wünschte, bei der Arbeit funktionierte diese Hemdsärmeligkeit auch und Meetings seien ebenso schnell vorbei. 
Auf dem Rückweg nach Hause waren wir also guter Stimmung. Irgendwann fragte mich der Sohn, ob ich freihändig Fahrrad fahren könne. Ohne nachzudenken, verneinte ich. Einen Moment lang fürchtete ich, mit dieser Antwort meine Coolness noch unter den Nullpunkt katapultiert zu haben. Dann sah ich, dass  er mich anstrahlte. Er sagte: "Ich auch nicht." Dafür liebe ich ihn noch mehr als ohnehin schon. Welcher Fünfzehnjährige (noch! siehe Titel) gäbe so etwas zu? Und ist auch noch mit seiner Mutter einer Meinung, dass man zum Freihändigfahren einfach zu sehr Schisser sei? 
"Wer das macht, um aufs Handy zu tippen, ok. Aber wer die Hände in den Hosentaschen hat, der macht das nur zum Posen."

Mittwoch, 28. September 2016

Throwback Wednesday

Derzeit lese ich ein gutes Buch. Vielleicht nicht wahnsinnig überraschend. Und doch. Dass es mir in fast direkter Folge auf Onno Viets gefiele, war eher unwahrscheinlich. Tut es aber. Ich habe es UPS nur mit einiger Mühe abtrotzen können. Der stationäre Handel wäre wohl die bessere Wahl gewesen; selbst wenn man die bestenfalls als spröde zu bezeichnenden Kollegen unserer dörflichen Buchhandlung in die Bilanz einbezieht. Nach dieser Beschaffungsodyssee findet man vielleicht jedes Buch toll. Nein, stimmt nicht, es ist wirklich gut.
Für mich hat das große Werk nur einen Nachteil: es spielt "too close to home". Im West-Berlin der späten Achtziger. Und zu allem Überfluss auch noch sehr häufig in der Lieblingsdisco des Gatten. Die Beschreibung ist authentisch. Besonders gefällt mir die Aussage, im Linientreu seien immer nur die gleichen zwanzig Lieder gespielt worden. Kurz vor dem Einschlafen gelesen hatte das Buch blöderweise den Effekt, dass ich gegen 2 Uhr nachts - glücklicherweise! - aus einem Albtraum erwachte. In diesem trachtete mir der weibliche Teil der Schwiegerfamilie nach dem Leben, da ich diejenige bin, die alles zerstört hat (nicht etwa ihr Supersohn/-bruder). Besonders seine Schwester mit der Schere bekam ich lange nicht aus dem Kopf. Irgendwann im Laufe der Nacht zum Glück schon. Mein Verstand sagte mir, dass die feindliche Stimmung zwar der Realität entspreche, so viel Aktivität von dieser Seite jedoch nicht zu erwarten sei. Trägheit als Überlebenschance. The story of my life.

Dienstag, 27. September 2016

Langsam ist mal gut

Dass sich der Montag gestern anfühlte wie ein Freitagabend nach einer anstrengenden Woche: Schwamm drüber! Blöd, dass das Wochenende nie kommt, wenn man es braucht. Nach einem eng getakteten Samstag und Sonntag will der Wochenanfang nicht recht passen. Ihr kennt das. Dass ich mich dagegen gestern um 9:30 Uhr fühlte, als habe ich mein Tagewerk schon vollbracht, war doch etwas befremdlich. Gegen meine innere Uhr wieder im Dunkeln aufgestanden, den Sohn bekniet, er möge bitte, bitte zur Schule gehen, auch wenn er sich dort heillos langweile. Kalorienverbrauch: ca. 2.000. Danach keinen Tee mehr, sondern zackzack aufs Rad schwingen, um die Handwerker in die Wohnung der im Urlaub weilenden Freunde einzulassen. Natürlich im Regen und selbstverständlich in eine Wohnung im dritten Stock (Altbau). Kalorienverbrauch ca. 50. Unten warten schon die beiden Trockenbauer. Immerhin beschweren sie sich nicht über meine Verspätung. Mache nichts, radebrecht ihr Sprecher freundlich. Der andere scheint ausschließlich der polnischen Sprache mächtig zu sein. Sie wirken im Gegensatz zu ihrem deutschen Projektleiter um 8 Uhr morgens vollständig nüchtern. Merke: nicht jedes Vorurteil ("ivre comme un polonais") wird in der Realität bestätigt. Die Verhandlungen über den weiteren Ablauf gehen reibungslos vonstatten. Notiz an mich selbst: ich sollte mir auch Projektleitung in die Signatur schreiben. Wieder zurück nach Hause. Dort den Laptop wieder anwerfen und noch ein paar Charts für eine Präsentation schrubben. Vielleicht jetzt Tee? Nein, lieber im Stechschritt zur Arbeit. Dort am Platz in der wenigen Zeit zwischen Meetings genervt sein. Über Kollegen, die in der Großraumdisco jede ihrer eigenen Aktionen lautstark kommentieren. Aus dem einen Meeting herauskommen und von Kollegen angequakt werden, warum man nicht für das nächste, jetzt beginnende zugesagt habe. Währenddessen die whatsapp-Nachrichten der Freunde und des Sohnes bearbeiten. Gegen 18:30 Uhr die Galeere endlich verlassend feststellen, dass man den ganzen Tag viel zu wenig getrunken hat. 
Ich bin undankbar: Sonntagabend ab 21:00 Uhr war schön. Der Sohn hatte eine 1A-Paella gekocht. Ich habe sie noch ein wenig dekoriert.
(Das Sonnenblumenöl steht nur zufällig da, natürlich verwendet der Sohn für mediterrane Gerichte ausschließlich Highend-Olivenöl!) Dann haben wir sie vor dem Fernseher verhaftet. Muddie noch schön einen Rosado dazu. Gemeinsam die allerletzte (!) Folge von Rizzoli & Isles gesehen und in Erinnerungen schwelgen: unsere Mittwoche in trauter Zweisamkeit und unsere eigene Erkundung des Handlungsortes Boston. Manchmal lohnt es sich, den Tatort zu verpassen. Selbst wenn er aus Münster kommt.

Sonntag, 25. September 2016

Ganz neue Erfahrung

Die Tochter bat mich, ob ich sie zum Bahnhof bringen könne (die Studienfahrt nach Amsterdam). Ich sagte natürlich zu. Dann erst fragte ich nach dem genauen Termin. Anfängerfehler, ich weiß - und das in ihrem zwölften Schuljahr! Ich fügte also hinzu, dass sie mit dem Anblick einer nicht bis in die Haarspitzen zurechtgemachten Mutter leben müsse. Stichwort Peinlichkeit. Sie wünschte sich meine Anwesenheit dennoch. Dass Sonntagmorgen um 7:20 Uhr (am Hauptbahnhof!) nicht zu den Spitzenzeiten meines Biorhythmus' gehört, hat sich unterdessen herumgesprochen. Dass das Aufstehen nicht leichter fällt, wenn es noch stockdunkel ist und man am "Vorabend" gegen 4:30 Uhr im Bett war, versteht sich von selbst. Und doch bewies ich die übliche Härte gegen mich selbst. Ein Hoch auf die zentrale Wohnlage.
Der Treffpunkt war leider etwas unklar. Ob es an der Ortsbeschreibung des Lehrers, an ihrer genetisch geprägten Orientierungslosigkeit oder gar an beidem lag, lässt sich nicht rekonstruieren. Tatsache bleibt, dass ich als Orientierungshilfe eine gute Wahl war (selbst um sieben Uhr morgens). Als wir schließlich den Pulk fanden, wurde mir töchterlicherseits beschieden, ich habe meine Schuldigkeit getan. Immerhin, von ihren Klassenkameraden erntete ich ein müdes (!) Lächeln, als ich den töchterlichen Habitus in "Okay, Tschüß und jetzt kannst du dich verpissen!" übersetzte. Zugegeben, meine Wortwahl ist am frühen Morgen noch nicht allzu elaboriert. Wie geheißen trollte ich mich. Es kam, wie es kommen musste: im Gehen begegnete ich natürlich der top-gestylten Repräsentationsmutti aus den Elbvororten. Im Gegensatz zu meiner Erscheinung saß jedes Haar. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass WIR es pünktlich geschafft hatten. Der Verkehr auf der Elbchaussee, man kennt das ja. Und bis man in dieser Drecksgegend einen Parkplatz gefunden hat!
Unbeirrt trottete ich durch die Morgensonne. Unglaublich, die Ruhe an einem Sonntag kurz nach sieben. Nur ganz gelegentlich ein Überbleibsel der letzten Nacht. Die meisten dieser Menschen mit Schwierigkeiten, geradeaus zu gucken; aber die allermeisten sehr ruhig. Der größte Lärm kam durch den Flugverkehr. Sonntag scheint Großkampftag zu sein. Selbst die Fluggeräusche waren wegen des großen Abstands zum Flughafen gedämpft (siehe auch: ein Hoch auf die zentrale Wohnlage). Ein weiteres Mal sprang ich über meinen Schatten: ich besorgte Brötchen für das Frühstück der Daheimgebliebenen. Normal, möchte man denken. Wer aber meine Betrugshistorie kennt, weiß wie viel Überwindung mich dieser Akt gekostet hat. Das vom Sohn bevorzugte portugiesische Café bietet dermaßen früh noch keine Backwaren an. Irgendwie verständlich. So mussten es die schnöden Bäckerbrötchen werden. Diese fristeten jedoch ein paar Stunden ein trauriges Dasein auf dem Küchentisch. Der Wahrheit die Ehre bin ich nochmal ins Bett gegangen. Vor 11 Uhr ist um diese Jahreszeit ohnehin keine Sonne auf dem Balkon. Dann war es aber wunderschön.

Samstag, 24. September 2016

Ohne Bezug

Blöd ist, wenn man am Freitagnachmittag schon weiß, das Wochenende wird nicht lang genug sein, um all' das unterzubringen, was man schaffen und erledigen muss.
Beruhigend ist, dass man noch nicht wirklich alt sein kann, wenn einem der eigene Vater Drei-Fragezeichen-Zahnpasta mitbringt, weil man seine eigene vergessen hat.

Freitag, 23. September 2016

Bildungspolitik

So schlimm kann es um den Stress durch G8 (Abitur nach zwölf Jahren) nicht bestellt sein. Wenn in der Oberstufe irgendein Schüler jeden Freitag Kuchen mitbringen soll, damit sie es sich in der Klasse nett machen (die etwas erwachsenere Version des Spielzeugtages im Kindergarten?). Diese Woche war übrigens die Tochter an der Reihe. Klar, dass Muddie backt. Nicht nur für die eigenen Kollegen, auch für die der Kinder...
Es kann weiterhin nicht übertrieben schweißtreibend sein, wenn der Matheunterricht durch etwas Anderes ersetzt wird. Gut, konsequenten Ersatz ist die Tochter seit ihren Sportkursen gewohnt: im ersten Semester war ihr Wunschkurs Yoga, geworden ist es Basketball; im zweiten war dann Pilates der Wunsch, was am Ende Judo wurde. Heute soll nun statt der Mathelehrerin ein SPD-Abgeordneter referieren. Die Tochter ist durchaus politisch interessiert - nicht umsonst war sie letztes Wochenende auf der Anti-TTIP/CETA-Demo -, nur ist die SPD wohl zu langweilig. Sie fürchtet außerdem die peinliche Situation, wenn anschließend niemand Fragen stellen wird. Ich bot an, sie solle sich doch bei "ihrem" Abgeordneten erkundigen, wie viele Unterkurse (ein Wort, das ich auf dem Oberstufeninformationsabend lernen durfte) man sich in Mathematik leisten dürfe, ohne das Abitur zu gefährden. Die Tochter amüsierte sich sehr über den Vorschlag, fand ihn sogar richtig gut, befürchtet jedoch, wenn sie die Frage äußert, vom Direktor der Schule verwiesen zu werden. Ist das noch Demokratie?

Mittwoch, 21. September 2016

Mal was Neues

Eigentlich überraschend, dass selbstverständliche Dinge Anderen oftmals als neu vorkommen. In den letzten Tagen hatte ich mehrere solcher Erlebnisse. Zum Beispiel stellten wir fest, dass die Freundin des Sohnes noch nie im portugiesischen Café um die Ecke war und generell das portugiesische Backwerk nicht kannte. Eine Wissenslücke, die sofort gefüllt werden musste. Auch zu ihrer Freude.
Eine weitere Begebenheit trug sich gestern zu: weder mein Chef noch der geschätzte Premiumvermarkter kannten das Tyrannen-Quartett. Dies ist beim Sohn seit Jahren in der Spieldauerschleife. So entzog es sich meiner Vorstellungskraft, jemand könne nicht davon gehört haben. Selbst den "Blitztrompf" kannten sie nicht - unvorstellbar.
Oder dass mich meine durchaus netzaktiven Kinder heute früh konsterniert ansahen, als ich - eher rhetorisch - fragte, bei wem denn nun die 27 Kinder von Angelina Jolie und Brad Pitt leben werden. Trennung? Davon hatten sie nichts mitbekommen. Schien in ihren virtuellen Kreisen kein Thema zu sein.
Was jedoch gar nicht neu ist (für niemanden): die Lustlosigkeit am Frondienst.

Dienstag, 20. September 2016

Reingefallen

Bestimmt sollte ich solche Produkte nicht kaufen, aber ich erliege dem Charme der Namensgebung. Den Kindern entlockte das Brot bestenfalls ein müdes Lächeln. Ich dagegen erfreue mich noch immer daran. Wahrscheinlich das Aus für diese Produktlinie - wenn es mir gefällt...
Apropos "Sollen". Ich sollte mir häufiger aneignen, "Das schaffe ich nicht.", "Dazu komme ich leider nicht", "Das kann ich nicht mehr einschieben." oder Ähnliches zu sagen. Mein Umfeld beherrscht diese Wendungen doch auch. Wer, wenn nicht ich, erkauft sich diese Formeln qua Vita? Voll berufstätige, 24/7-Mutter zweier Halbwüchsiger, das sollte stechen. Und doch bekomme ich es nicht hin. Gibt's zur Beseitigung dieser Schwäche Seminare? Wenn ja, schnell her damit! Der nächste (und letzte!) Elternabend in der Klasse der Tochter lässt bestimmt nicht mehr lange auf sich warten. Ich habe eine unbestimmte Vermutung, wer sich wieder zur Elternvertreterin breitschlagen lässt.

Sonntag, 18. September 2016

Ich hab's noch drauf

Ein Wochenende mit zu viel Pflichterfüllung und zu wenig Erholung. Außerdem mit schlechtem Timing. Dass ich mir die Fingernägel schneiden musste, ehe ich meine Bastelarbeiten startete. Der Sohn wünschte sich zum morgigen Start seiner Lerngruppe eine Schultüte. Als Tochter meiner Mutter baute ich sie natürlich Freestyle mit Augenmaß und Tacker. Die finalen Kniffe wurden dann mit Müllsack und Teppichkleber erledigt. Und hier rächten sich die gekürzten Fingernägel. Das Abknibbeln der doppelten Seite geht mit längeren Nägeln deutlich geschmeidiger. Ich bin dennoch zufrieden mit meinem Werk, auch wenn ich an dieser Stelle nur die Schokoladenseite zeige.

Freitag, 16. September 2016

Nachdem sie durch Schwetzingen gegangen war


Als ich gestern Abend beseelt nach Hause kam, holte ich schnell noch die Post aus dem Briefkasten. Meine Stimmung war hervorragend. Kein Wunder nach der Onno Viets-Lesung und der Tatsache, dass der große Frank Schulz mich beim Signieren nicht etwa nach dem Namen fragte, sondern nur wissen wollte, ob es Anja oder Antje sei. The Story of My Life.
Ich legte die Post ungesehen auf den Küchentisch, verrichtete noch die üblichen Hygienemaßnahmen und ging selig zusammen mit meinem Onno Viets ins Bett.
Am Morgen fragte mich die Tochter, wo Schwetzingen liege. Ich fragte mich und sie, warum sie sich das fragte. Weil der Brief aus Schwetzingen komme. Ich sah mir einen großen Umschlag daraufhin an und erkannte die Handschrift meiner Mutter. Nichts gegen Spargel, aber meine Eltern wohnen zum Glück nicht in Schwetzingen. Wie sie auf die Annahme komme? Na, es stehe doch darauf. Unwirsch deutete die Tochter in Richtung Brief. Morgens gehört Sehen nicht zu meinen Kernkompetenzen. Endlich entdeckte ich eine Briefmarke zu Ehren besagter Stadt. Ja, man muss Digital Natives darüber aufklären, dass das Motiv des Postwertzeichens nicht gleichbedeutend mit dem Herkunftsort ist! Der Umschlag enthielt eine Einladung zu Opas Geburtstag. Sie zierte unter anderem ein Foto des angehenden Jubilars. Dies bzw. Opa wurde von den Kindern unisono als "fresh" bezeichnet. Sie sind sehr stolz auf ihren jugendlichen Großvater. Weshalb der Sohn auch meinte: "We gladly accept." Die Christel von der Post mag tot sein, mitteleuropäische Höflichkeitsformeln beherrscht die Jugend wohl noch.

Donnerstag, 15. September 2016

Kleider machen Leute

Während sonst im September meine Schuhwahl ein ständiger Stein des Anstoßes ist, wundert man sich dieses Jahr über meine Kleidung. 2016 erzählt mir kurioserweise niemand, dass der September ein Herbstmonat sei und offene Schuhe nicht mehr opportun seien. Stattdessen bemerkt man, ich sei so schick gekleidet. Was will man machen, wenn erst der September die Möglichkeit bietet, die ganze Sommerkleiderparade zu präsentieren?
Heute habe ich für den Abend noch ein Strickjäckchen dabei. Man weiß schließlich nicht, ob es im Bunker kalt sein wird, in dem die heiß ersehnte Onno Viets-Lesung stattfindet. Als Groupie hat man die Pflicht, adrett gekleidet zu sein So finde ich, man kann zu meiner Kleidungswahl nichts sagen. Seit gestern Abend gar glaube ich ohnehin, bei meiner Kleidung übertrieben selbstkritisch zu sein. Zu diesem Zeitpunkt sah ich nämlich einen Pseudo-Hipster mit einem T-Shirt, auf dem "I ❤️ MY PENIS" stand. Ich habe tatsächlich mehrmals hingesehen, ob ich mich nicht verlesen hatte. Hatte ich nicht. 

Dienstag, 13. September 2016

Belohnung

Selten fand ich, mir ein Feierabendweinchen mehr verdient zu haben als gestern Abend. 
Nicht nur, dass ich einen albernen Arbeitstag bei 31° durchgehalten habe.
Nicht nur, dass mir beim Nachhausekommen der Geruch diverser angegangener Lebensmittel entgegenschlug - hohe Temperaturen und Teenager sind in der Küche selten gute Begleiter. Es stellte sich die zwangsläufige Frage: Spucken oder Trinken? Ich entschied mich für Letzteres, wenn auch zeitverzögert. 
Denn es wartete ein weiteres Unterfangen auf mich: die Wohnung einer Freundin auszuräumen, ehe dort die Handwerker wüten. Monate waren seit dem Wasserschaden in ihrer Wohnung vergangen, ohne dass an Behebung zu denken war. Prompt jedoch, als sie letzten Freitag in Urlaub fuhren, kam Bewegung in die Sache. Terminkoordination mit Hausverwaltung und Handwerkern, Einlass der Handwerker, Lagebesprechung, mein Spezialgebiet. Wie eine Einbrecherbrigade in Personalunion holte ich also gestern Abend drei blaue Ikea-Tüten mit Pretiosen und Unterlagen aus der Wohnung und schaffte sie in den kleinen Flitzer der befreundeten Nachbarin (oder benachbarten Freundin?). Immer in Panik, von wohlmeinenden, aufmerksamen Nachbarn gestellt zu werden. Das Ganze natürlich bei hochsommerlichen Temperaturen aus dem dritten Stock eines Altbaus, Ehrensache.
Doch der eigentliche Grund für die Belohnung: mein Blog hat die 50.000 Besucher-Marke passiert. So viel zur Frage: "Liest das jemand?"

Montagabend

Es hätte ein Abend wie jeder andere werden können. Der Sohn sang den Refrain von "Purple Rain" mit: "Kurt Cobain, Kurt Cobain...". Auf meine Verwunderung über den Freestyle-Text antwortete er: "Wieso? Passt doch. Zwei Tote vereint.". Bestechende Logik. Da wollte ich nicht kleinkariert einwerfen, dass zwischen ihren Todestagen 22 Jahre liegen und dass Kopfschuss-Kurt schon immer zehn Jahre jünger war als Prince.
Weniger normal dann die Anfrage der Tochter, ob ich ihr mal einen Lappen bringen könne. Auf meine Frage nach Art und Ausmaß des Lappens wurde mir das Grauen zugetragen: ausgelöst durch einen Hustenanfall - sie ist wieder einmal schwer erkältet, hat aber gaaaar nichts mit dem Rauchen zu tun! - musste sie spucken und traf leider ihren Papierkorb nicht ganz (realistisch betrachtet: fast gar nicht). Den Zweckoptimismus habe ich wohl vererbt, denn sie freute sich, jetzt gehe es ihr besser. Ich trug Feudel herbei, begann beim Eintritt in ihr Zimmer mit dem Würgen und schaffte es gerade noch, das Fenster aufzureißen. Ich sei wie ihre Freundin, meinte sie, die müsse auch spucken, sobald sie Erbrochenes sehe. Ihr selbst mache das ja nichts aus. Da kommt sie nach ihrem Vater. Über den ich häufig nichts Gutes zu sagen habe, aber um diese Störfälle der Kinder kümmerte er sich immer klaglos. Ich klärte die Tochter auf, es liege weniger am Anblick als mehr am Geruch. Man lernt in der Schule auch nichts fürs Leben.

Montag, 12. September 2016

Einen Schritt weiter

Heute hatte man ein Foto für den Sohn. In mütterlicher Sorge hatte ich ihn noch am Wochenende dazu angehalten, sich weniger um die PS4 und mehr darum zu kümmern, dass er das heutige Vorstellungsgespräch für eine Lerngruppe gut hinbekomme. Seine Antwort ("Mama, ich bin total fokussiert!") amüsierte mich zwar, beruhigte mich jedoch nicht vollends. Erst als er den Termin problemlos gemeistert hatte, konnte ich mich selbst wieder einmal als übertrieben pessimistisches Muttertier geißeln. 
Aber was soll man auch anderes erwarten von einer Frau, die die Vierzig passiert hat und dennoch bis zum Feierabend nicht merkt, dass sie ihr Kleid falsch herum trägt (Rückenpart vorne, Vorderseite hinten)? Zumal ich es nur daran feststellte, dass das Schild im Dekolleté hing.

Sonntag, 11. September 2016

Erinnerung

Heute ist ein besonderer Tag. Des 11. September 2001 zu gedenken, wäre zu naheliegend. Damit rechnen sie bloß. Stattdessen gilt es zu beachten, dass heute Tag des offenen Denkmals ist. Für unsere ehemalige Staatsimpfanstalt bedeutet dies moderne Wegelagerei. Entweder die Nachbarn, die einen für dieses Projekt als Präsentatorin, Kuchenbäckerin, reizende Gastgeberin zu bekehren versuchen, oder die Besucher, die Fragen stellen. Irgendjemand stellt einen mit Sicherheit. Da hilft nur Flucht. In unserem Fall ein Picknick. Ausgefrorener Kuchen von Oma, vegetarische Spaghetti Carbonara vom Sohn, Chips, Kekse und Multivitaminsaft. So schön kann der Sommer sein. Das entschädigt für den Tag des offenen Denkmals und fürs Wecken um 10 Uhr morgens. Der Sohn hatte eine pfiffige Geschäftsidee, deren Präsentation keinen Aufschub duldete. Als weiteres Highlight am Abend koloriere ich ein Ausmalbild. Das soll ja wahnsinnig kontemplativ sein. Ich ruhe jetzt dermaßen in mir. Ommm.

Samstag, 10. September 2016

Ein schöner Katzensprung

Was alle anderen immer haben! Schwerin zeigt sich von seiner besten Seite. Wunderschöne Architektur, bestes Wetter, gute Stimmung. Das Schloss finde ich ein bisschen drüber in seiner Playmobil-Traumschloss-Anmutung.
Gestern Abend also ein Konzert im Schweriner Dom. Ich bin wohl zu sehr Architektinnentochter, um die Diskrepanz zwischen Barockmusik und gotischer Kirche vollständig zu ignorieren. Mein Hintermann auf den Bankreihen wies mich in charmant-zonaler Art (mit einer quakigen Stimmlage und einem südöstlichen Idiom) zurecht: "Mit Ihren Haaren kann ich gar nichts sehen!" Ich überlege kurz, ob ich sie hochstecke, damit er mal sieht, wie Nichtssehen wegen der Haare geht. In der Pause dann eine ältere Dame telefonierend: "Mit Kortoffln und Örbsen. Worte, ich geb' dir mol Opi." Gibt es wirklich so wenig Norddeutsche, dass die Flüchtlingsschwemme aus Sachsen sein muss?
Nachts wäre man geneigt, nach der Arbeitswoche in der hektischen Großstadt die Ruhe zu genießen, wäre da nicht das viele Kopfsteinpflaster. Autos mit Bassantrieb gibt es auch hier. Deren Geräusche werden noch verstärkt durch das Klunk-Klunk der Bodensteine. Fahrräder rattern über das unebene Geläuf. Was den Fußgängern an Dezibel gegenüber den Fahrzeugen fehlt, machen sie durch Gejohle wett. Altstadtfest ist schließlich nur einmal. Schwerin kann das nichts anhaben, es bleibt wunderbar.

Freitag, 9. September 2016

Ein Freitag im Schweinsgalopp

Der Freitag begann mit der üblichen Hektik. Aufstehen, Tee in den Kopf kippen, die Brut wahlweise mit Motivation oder Kalorien versorgen, duschen, zur Arbeit hechten und dort sein Pensum wegschrubben. Doch jetzt komme ich meinem Onno Viets endlich näher. Ich sitze im Zug nach Schwerin und die unberührten Sommerlandschaften rauschen an mir vorbei wie ein Daumenkino mit Bildern französischer Impressionisten. Es könnte hier im Bordbistro alles perfekt sein. Schließlich gibt es Ronnefeldts Morgentau. Wäre da nicht die Angst, das Netz könnte jede Sekunde zusammenbrechen. Und nicht der Fahrgast gegenüber, der das Piepen der Tasten (!) auf seinem Handy eingeschaltet hat. Dass es das noch gibt! Es wird auch nicht besser, wenn er mit der Nummer fertig ist und telefoniert: "Ja, dann habe ich ihm gesagt, er soll ein Abführmittel nehmen. Aber er hat bei meinem Lieblingsitaliener ein Süppchen bestellt."
Hoffentlich sind in Mecklenburg-Vorpommern nicht alle so. Man hört ja nicht allzu viel Gutes von dort.

Donnerstag, 8. September 2016

Immer noch

Wie soll man in diesem Hamsterrad mit dem Meisterwerk weiterkommen? Der große Frank Schulz hat schließlich unvorstellbare Mühe auf sich genommen, um sein neues Buch fertigzustellen. Da ist es meine gottverdammte Pflicht als Leser und Groupie, es rechtzeitig zu lesen! Das Wochenende ist meine Medaillenhoffnung. 
Zu meiner Rechtfertigung kann ich nur vorbringen, dass wenig des gestrigen Tages mit Selbstbestimmung zu tun hatte: Frondienst, Küche und am Abend noch Assistenz bei den Französischaufgaben der Tochter. Wobei Assistieren etwas untertreibt. Genau genommen habe ich den Text geschrieben. Der töchterliche Anteil bestand darin, mir darzulegen, dass meine französische Inhaltsangabe des (deutschen!) Textes nicht ausreichend lang sei. Inhaltsangaben haben aus mindestens einem Drittel des Originals zu bestehen. In der Schule lernt man auch nichts fürs Leben! Wenn ein Text redundant ist, kann man ihn auch auf das passende Maß eindampfen, finde ich. Erschwerend kam hinzu, dass ich einen deutschen Artikel über Prostitution in Skandinavien für den Französischunterricht mäßig adäquat fand, und mein Engagement auch deswegen zu wünschen übrig ließ. Anders die Tochter. Sie wundert sich selbst über ihre Motivation zum Beginn des Schuljahres. Mein Erklärungsversuch, es liege vielleicht daran, dass es ihr letztes Schuljahr sei, wurde abgeschmettert. Ihre Mitschüler seien üblich demotiviert. Sie führt es auf die neue App zurück, die sie geladen hat. Sie enthält gleichzeitig Stundenplan und zu erledigende Aufgaben. Ich glaube nicht, dass mich so etwas früher angetrieben hätte. Aber was verstehe ich schon von Motivation? Zumal der der digital natives. 
So bleibt das Highlight des gestrigen Tages eine Bugwelle auf der 61er Fähre kurz vor den Landungsbrücken. Sie erwischte den vorderen Bereich - mit leichten Auswirkungen auf den hinteren - der Hose eines radelnden Landeis. Niemandem würde der junge Mann begreiflich machen können, dass er nicht zur Inkontinenz neige. Modesünden bestraft der Herr sofort. Und mit Recht. Khakishorts gehören geahndet. Vor allem, wenn sie in Kombination mit türkisem Poloshirt getragen werden.

Dienstag, 6. September 2016

Am Anfang des ersten Kapitels

Ein normaler Dienstagmorgen, wäre da nicht die innere Zerrissenheit. Arbeit ausfallen lassen, liegen bleiben und den neuen Onno Viets in einem Rutsch auslesen? Ein Traum. Am Ende siegt die Preußin in mir. Ich stehe um sieben Uhr auf. Um der Tochter vor der Schule einen vegetarischen Flammkuchen aufzubacken. Man nennt es ausgewogene Ernährung. Durch den Duft angezogen taucht der Sohn auf. Ob ich ihm auch so einen warm machen könne, trägt er ausgesucht höflich vor. Natürlich kann ich. Dann assistiert er mir beim Spülmaschineausräumen. Nicht ohne seiner Schwester ihren fehlenden Einsatz vorzuhalten. In der Folge streiten sie darüber, ob der jeweils andere jemals den Ausguss der Spüle gereinigt habe. Und wer von für die Verdreckung überhaupt verantwortlich sei. Abgang der Tochter. Heute ist schließlich der einzige Tag in der Woche, an der sie um 8 Uhr in der Schule sein muss. Schnell vorher noch die Frage, ob der Bruder so nett sei, ihre Reste und ihr Geschirr wegzuräumen, sie müsse jetzt schnell los. Mittlere Kooperationsbereitschaft des Bruders. Sie räume häufig auch seine Sachen auf. Ob dieser in seinen Augen sehr gebeugten Realität sinkt sein Wille weiter. Sie bittet eindringlich. Das wirkt. Ob sie mir am Ende altersgemäß muffelig näher sind?

Montag, 5. September 2016

Und du wartest

Der Montag ist meines Wissens nicht als Tag des großen Wartens bekannt. Schließlich gibt es nur Adventssonntage und keine Adventsmontage. 
Heute ist alles anders.
Ich wartete sehnsüchtig darauf, dass der Paketzusteller mir den neuen Onno Viets bringt. Dafür nahm ich in Kauf, zu spät zur Arbeit zu kommen.

Der Sohn wartete sehnsüchtig auf 10:30 Uhr. Dann nämlich startete die Mäckes-Aktion, während derer man zwei große Pommes für 2,99€ bekommt.
So nah und doch so fern.

Es ist Sommer!

Vielleicht ist es gar nicht so verkehrt, in seiner eigenen Welt und Zeitrechnung zu leben?
Wenn die Breaking News der Tagesschau-App daraus besteht, dass Mutter Theresa heilig gesprochen wurde.
Wenn alle Parteien in einem der kleinsten Bundesländer mit einem der geringsten Migrantenanteile ihren Wahlkampf mit Flüchtlingspolitik bestreiten. Und am Ende die Blödesten die einzigen Gewinner sind.
Wenn man im Viertel nach merkwürdigen Dingen gefragt wird (von Interpunktion möchte ich gar nicht sprechen), von denen man gedacht hätte, sie wären in irgendwelchen Träumen vorgekommen.

Wenn man wiederholt darauf hingewiesen wird, dass offene Schuhe im September nicht sozial kompatibel seien.

Samstag, 3. September 2016

Kinderarbeit

Ob ich mit dem Druck klarkomme, ist ungewiss. Der Sohn wünscht sich dieses Wochenende "eine kulinarische Offenbarung". Die geplante vegetarische Lasagne - die ich aus berufenem Munde wie keine Zweite beherrsche - fällt nicht darunter. Ich schwitze. Dabei ist Essensvorbereitung in meiner Prioliste nach hinten gerutscht, seit meine Nachbarin und ich ein neues Projekt haben: den Kriminalroman im eigenen Haus. Sie geht mit dieser Idee schon lange schwanger. Ich bin seit gestern Abend angefixt. Seit ich mir die Pseudonyme der Nachbarn überlege. Wie gut, dass ich dabei auf die Expertise meiner Kinder zurückgreifen kann. Ah, die miese Rabenmutter!

Freitag, 2. September 2016

Nicht die Zeit

Viele Menschen haben derzeit Geburtstag. Ich will kein Wort über Winterromantik verlieren. Es geht darum, dass ich ihnen nicht gratuliere. Nicht dass ich über Nacht blasiert geworden wäre. Daran liegt es nicht. Es liegt daran, dass ich so gut es geht versuche, den kalendarischen Herbstbeginn zu ignorieren. Ich lebe jetzt in meiner eigenen Zeitrechnung und will nicht daran erinnert werden, dass es nicht Frühsommer ist. Vielleicht bin ich ein Kalenderautist. In jedem Fall möchte ich mich bei allen aktuellen Jubilaren entschuldigen.