Montag, 31. Januar 2022

Gedanken am Morgen

Welches Naturgesetz will es eigentlich, dass ich mich nachts alle paar Stunden schlaflos hin und her wälze, während ich nach dem Weckerklingeln mühelos tief und fest einschlafen könnte? Gegen diesen unhaltbaren Missstand lohnte es sich zu demonstrieren.

Sonntag, 30. Januar 2022

Schon wieder zu spät

Wenngleich ich mit meinem Orakel zu Jahresbeginn richtig lag, dass 2021 ein Kackjahr werde, noch dreckiger als das Vorjahr, will ich den Jahresrückblick - allerdings mit mindestens einem Monat Verspätung - nicht ausfallen lassen.

Januar 
Einen Großteil des Monats war ich neben Arbeit mit dem Weihnachtsbaum beschäftigt. Erst, weil ich ihn bis in die zweite Januarhälfte stehen ließ. Dann, weil ich mit seiner Entsorgung zu tun hatte. Diese erfolgte schwiegermuttergleich, indem ich den Baum in handliche Stücke für Müll oder Feuer zersägte. Neben der Feiertagsnachbereitung hatte der Jahresauftakt Jubiläen zu bieten: erst den Geburtstag der Tochter, orgiastisch zu viert begangen, dann das einjährige Scheidungsjubiläum, überschäumend zu zweit zelebriert.


Februar
Ein vollwertiges Studium meinerseits und anhaltende Kontaktversuche meiner Mutter führten immerhin zu Impfterminen für meine Eltern. Trotz Risikogruppe grenzte es an Beschaffungskriminalität. Nach traditioneller Wintertristesse, unterdessen gewohnter Kasernierung und zu viel Arbeit folgte zum Ende des Monats immerhin ein verlängertes Wochenende außerhalb Hamburgs. Mit längerer Autofahrt durch mehrere Bundesländer, mit über 20° wärmeren Temperaturen als in der eiskalten Vorwoche, mit Sonnenschein und einer Geburtstagsfeier. Mehr kann man von diesem ollen Monat wohl nicht erwarten. Meinetwegen könnte der Winter immer so aussehen wie Ende Februar 2021.


März
Ein weiteres Jubiläum, im kleinen Kreis begangen, stand in diesem Monat ins Haus: das Einjährige mit der Nachbarin. Mitte März 2020 hatten sie und ich deklariert, ein Haushalt zu sein. Was uns im Vorjahr rettete, behielt auch im laufenden seine Berechtigung und Wirkung. Viel Arbeit lag auch im März an. Auf der Habenseite: Manchmal, wenngleich viel zu selten, erlaubte das Wetter eine Pause auf dem Balkon; manchmal, wenngleich noch seltener, sogar das Arbeitsaufkommen. Auf der anderen Seite ging alles nicht unbedingt leichter von der Hand, seit sich Umstrukturierungsgerüchte breit machten. Wer sich fragte, ob Flurfunk auch bei Heimarbeitsauflage funktioniert, bekam eine Antwort. Ja. Allerdings verläuft die Verbreitung reziprok zum Infektionsgeschehen langsamer und auch die Möglichkeiten, den Wahrheitsgehalt zu überprüfen, sind noch geringer vorhanden. Umso besser, dass noch ein paar Resturlaubstage übrig und abzunehmen waren. Und zuhause ist es ohnehin am schönsten.


April
In einem Jahr voller Karfreitage machte der eigentliche nichts mehr aus. Was eventuell aufkommenden Spaß weiter verhinderte, war das Schneegestöber, das uns an meinem Geburtstag respektive Ostermontag erwartete. Doch ich sollte nicht undankbar sein. Schließlich durfte ich dank der allgemeinen Feiertage etwas mehr Gäste haben als im Vorjahr (siehe: ein Haushalt). Insgesamt hätte man draußen unterdessen wieder mehr unternehmen dürfen, allein das Wetter ließ zu wünschen übrig. In der Hoffnung auf Impfung bot ich mich der Stadt Hamburg als Wahlhelferin an. Vergleichsweise prompt kam die unverbindliche Antwort, man melde sich wieder.


Mai
Was traditionell als Wonnemonat angelegt ist, hielt in diesem Jahr nur bedingt das Versprechen. Mein eherner Vorsatz, mit Beginn des Monats die geschlossenen Schuhe zu verbannen und erst Anfang Oktober wieder auszupacken, wurde aus Vernunftgründen ausgesetzt. Nasskalte Temperaturen im bestenfalls zweistelligen Bereich, die sich wochenlang hielten, führten zu dieser Entscheidung. Dennoch gab es auch Lichtblicke, wenn schon nicht für die Zehen. Dates, Wandertage oder Ausflüge in andere Bundesländer waren wieder erlaubt. Außerdem galten dort andere Regeln als in der Freien und Hansestadt. Mein „Anzeige ist raus!“ im Kopf musste mit größter Willenskraft an Ort und Stelle behalten werden, als ich zum ersten Mal echte Menschen an Tischen der Außengastronomie sah. Durften die das wirklich? Unvorstellbar.


Juni
Ebenso unvorstellbar die Tatsachen, im Juni endlich die offenen Schuhe einsetzen zu können und in einem ungeraden Jahr ein Fußballevent zu haben. Noch schwerer vorzustellen, wenn maximal fünf Personen zusammenkommen dürfen. Selbst im falschen Jahr kann ich unsere Qualitäten als Turniermannschaft nicht genug hervorheben. Auch 2021 steigerten sich unsere EM-Studios von Mal zu Mal. Nicht nur die technische Ausstattung sondern auch und vor allem die kulinarischen Themenabende. Was vor Ort an Personen fehlen musste, wurde durch passende Kalorien wettgemacht. 
Der Juni brachte dann überraschend die Umstrukturierungen, von denen seit dem Frühjahr zunehmend die Rede gewesen war. Einziger Pluspunkt, auf den ich jedoch auch hätte verzichten können: ich fiel - zu der Zeit noch inoffiziell - die Leiter hoch.
Durch Bemühungen, die wieder Beschaffungskriminalität ähnelten, brachte ich mich zu meiner ersten Impfung. Noch glaubte ich, dass zweite Halbjahr 2021 könnte besser werden als das erste. Unbegründeter, jugendlicher Leichtsinn. 


Juli
Die fußballbasierten Themenabende gewannen bis zum Finale weiter. Wir hätten uns nicht vorstellen können, dass auch mit den gegebenen Beschränkungen  für uns ein schönes Event aus der EM hätte werden können. Doch wie üblich haben wir alles gegeben - und wie üblich fielen wir anschließend in ein Loch. Zum Finale gab es nicht nur ländertypische Spezialitäten, sondern auch die erste Impfung für die Tochter und die zweite für mich. Vorsichtiges Aufatmen.


August 
Zum Beginn des Monats offiziell als Chefin inauguriert, ging der Rest des Monats ansonsten mit dem Attribut „Kultur“ in die Annalen ein. Erst nach über anderthalb Jahren Abwesenheit ein Besuch in Berlin, dann ein echtes Live-Konzert und zum Ende der Besuch der Ausstellung Nord Art in Schleswig-Holstein. Wahrscheinlich bin ich auch ein binäres Wesen. Entweder ganz oder gar nicht. Die geballte Ladung Kultur habe ich jedenfalls gut überstanden. Schwerer zu ertragen war hingegen, dass der August schon einmal November probte. Wieder einmal verzichtete ich auf durchgängigen Gebrauch offener Schuhe.


September
Was im Vormonat Kultur hieß, war im September Politik, zumindest zum Monatsende. Auch wenn mir Hamburg keine Impfung für Wahlhilfe angedeihen ließ, war ich in meiner unendlichen Güte trotzdem und vor allem sehr kurzfristig bereit, einen halben Sonntag für die Stimmenauszählung dranzugeben. Da Silvester für mich ausfallen würde, war es gut, wenigstens am Wahlsonntag in der großen Gruppe der Auszählenden die Sekunden bis 18 Uhr herunterzählen zu dürfen. Erst danach durften wir richtig loslegen.


Oktober 
Zwar waren wir bereits am letzten Tag des Vormonats angereist, doch die Hauptzeit unserer verrückten Auslandsreise, seit bald zwei Jahren die erste, fiel in den Oktober. Baden in den warmen Fluten, Sonnenschein, spanisches Essen und ebensolcher Wein. Ich wusste nicht, ob ich noch mit so viel Ausgelassenheit nach so langer Abstinenz umgehen können würde. Es scheint, es verhält sich mit dem Glück wie mit dem Fahrradfahren. Man verlernt es nicht. Gerade noch rechtzeitig zum Geburtstag des Sohnes kehrten wir nach Hamburg zurück. Selbst Kuchen konnte ich vorher noch backen.
Zum Monatsende schon wieder eine Ladung Kultur. Meine erste 2G-Veranstaltung, eine gut besuchte Lesung im guten alten Literaturhaus.


November 
Neben Arbeit habe ich an diesen Unmonat keine Erinnerung außer dem Monatsende. Da versuchte ich mich zum ersten Mal selbst an der Zubereitung einer Pute anlässlich eines verspäteten Thanksgivingfests. Vielleicht war es Anfängerglück, vielleicht Superlearning, vielleicht wird der Erfolg sogar reproduzierbar sein. Kulinarisch hat es auf jeden Fall 1A geklappt. Nahezu zeitgleich mit dem verzehrfähigen Vogel entstand der diesjährige Adventskranz im Spaniendekor. Die Umsetzung war schwieriger als gedacht. Mein Plan, Orangen mit orangen Kugelkerzen zu symbolisieren, scheiterte daran, dass keine Kugelkerzen aufzutun waren, weder in irgendeinem stationären Handel noch beim bösen Onlinehändler. War letztlich nicht so wichtig, denn er kam ohnehin nur selten zum Einsatz.


Dezember 
Dieser Monat wurde nicht nur zum dunkelsten des Jahres, sondern auch zu dem meines bisherigen Lebens. Dabei sah er anfangs gut aus. Zugegeben, wieder viel Arbeit, aber auch der Besuch einer Premiere im Schauspielhaus. Direkt danach sollte der erste zweiwöchige Urlaub seit langem beginnen. Genau genommen dauerte er einen Tag. Danach wurde alles dunkel. Dass Weihnachten und Silvester ersatzlos ausfielen, war das geringste Problem.




Samstag, 29. Januar 2022

An einem Samstag im Januar

Zwar bin ich noch nicht so lange wieder zurück in unserem vormals beschaulichen Dorf, doch genervt bin ich schon. Jeden Samstagnachmittag das gleiche Lied. Irgendwelche bornierten Nichtsblicker und -blickerinnen marodieren lautstark und lang anhaltend an unserer Wohnung vorbei. Ginge man nach der Lautstärke, könnte man den Eindruck bekommen, die skandierenden Demonstranten liefen direkt durch unser Wohnzimmer. Ihre musikalische Untermalung von Xavier Naidoo & Co. wird nur unwesentlich verschlechtert durch die flankierenden Polizeisirenen. Vielleicht sind doch nicht alle Cops Bastards. In jedem Fall wünschte ich mir, dass der bleierne Winter nicht zusätzlich durch solchen Blödsinn erschwert würde. Der saisonal nicht untypische Sturm, der die Demonstration heute zwar auch nicht vereitelte, sorgte für weitere akustische Akzente. Er bescherte uns zusätzlich einen Ausbruch aus dem samstäglichen Einerlei. Die Feuerwehr besuchte uns mit einer ganzen Staffel. Sie standen allesamt aufgereiht an unserem Zaun hinter dem Haus und beobachteten - alle bis auf einen , wie ihr Kollege abgefallene bzw. angeknackste Äste zer- bzw. absägte. In Sachen Arbeitsschutz gab es selbst bei den vermeintlichen Profis noch einiges an Optimierungsbedarf. Die Abstände wurden nicht eingehalten. Dabei meine ich nicht die wegen der Pandemie, schließlich trugen sie draußen alle FFP2-Masken, sondern die, die der Menschenverstand beim Hantieren mit einer Profi-Säge vorschreibt. Deutlich professioneller hingegen ihr Umgang mit der Entsorgung: Die Äste wurden in so große Stücke zersägt, dass die starken Männer von der Feuerwehr sie über den Zaun auf den Schulhof werfen konnten. Da stand schließlich der Baumstamm. Vielleicht machen wir intuitiv doch einiges richtig.

Dienstag, 11. Januar 2022

Richtig wichtig

Viel bedeutender als der fünfte Geburtstag der Elbphilharmonie ist heute der der Tochter. Eher zufällig kollidierte ihr 18. mit den Eröffnungsfeierlichkeiten. So war das eben damals. Egal wie teuer einem Kinder vorkommen, das Konzerthaus hat uns mehr Geld gekostet. Und ganz gleichgültig, wie viel einem Konzerte, Künstler, Akustik und Architektur bedeuten, von der Tochter habe ich mehr zurückbekommen. Dennoch bin ich so schlecht vorbereitet wie nie auf unser wichtiges Ereignis. Das Gute ist: weil sie ein toller Mensch ist, versteht sie es und wird sich über jede Kleinigkeit freuen. Zweckoptimistisch betrachtet wird außerdem helfen, dass sie dienstags von 8 bis 16 Uhr durchgehend in Uni-Veranstaltungen festhängt.



Montag, 10. Januar 2022

Kleiner Unterschied

Nie war ich, seit sie auf der Welt sind, so lange von beiden Kindern getrennt. Nie war ich, seit ich in der Stadt lebe, so lange von Hamburg entfernt. Der Unterschied in der Begrüßung hätte nicht größer sein können. Die Kinder holten mich nicht nur vom Bahnhof ab und trugen auf dem Weg nach Hause meine Tasche, sie hatten auch liebevoll Unmengen Essen vorbereitet, für die gesamte Wohnung Blumen besorgt und arrangiert, Kerzen angezündet und sogar die Wohnung von oben bis unten geputzt. Mir alles in allem ein wunderschönes Willkommen bereitet. Anders Hamburg. Dass es mich mit Dunkelheit und ungemütlichem Regen empfing: Schwamm drüber - nichts anderes war zu erwarten! Aber dass die heutige Begrüßung nach einer weiteren kurzen Nacht aus der Leerung der saisonal gut gefüllten Altglas-Container um 6:22 Uhr bestand, wäre nicht nötig gewesen.