Montag, 30. November 2015

Nein

Was mich am Hamburger Nein zu Olympia am allermeisten wundert: dass es trotz der unglaublich schlechten Gegenkampagnen zustande gekommen ist. Bei der Durchsicht der Wahlunterlagen bemerkte die Tochter, dass sie die Nein-Kampagnen nicht nur schlecht gemacht finde, sondern sie sie mit Sicherheit besser hinbekommen hätte. Und mein Kind ist sehr, sehr selbstkritisch.

Way Back Home

Dass ich keine größere Kulturpessimistin bin, liegt wohl vor allem daran, dass ich selten Auto fahre. Man mag einwerfen, dass auch die regelmäßige Benutzung des ÖPNV eher von Schwarmdummheit als -intelligenz überzeugt. Doch das scheinen mir Kinkerlitzchen verglichen mit ca. 800 Kilometern Autobahn am Wochenende. Haufenweise Mercedesse mit eingebauter Vorfahrt, die auch an der Autobahnauffahrt gilt, Fahrzeuge der Farbe "Gischtgrau", die auch bei Novemberwetter mit Sprühregen in der Dämmerung ohne Licht fahren (150 km/h, Ehrensache!) und Fahrer, die den eingehaltenen Sicherheitsabstand für die willkommene Gelegenheit halten, wahlweise rechts oder links herüber zu scheren, damit man auch die volle Ladung ihres Spritzwassers auf der Windschutzscheibe hat.
Der positive Effekt: ich freue mich auf eine geruhsame U-Bahnfahrt.

Sonntag, 29. November 2015

Unterdessen im Advent

Dem eigenen Bekunden nach sind meine Kinder seit mindestens zehn Jahren eigentlich volljährig. Normal, ging mir früher auch so. Was sich anfangs noch in wütendem "Das kann ich alleine!" äußerte, ist unterdessen in augenrollendes "Ich glaube, die Mutter wird langsam dement. Kein Wunder in ihrem Alter." übergegangen. Normal, ist wohl der Lauf der Dinge.
Dann wieder gibt es Momente, in denen man von ihrem tatsächlichen Alter getrost zehn Jahre abziehen kann, um auf die passende Lebensphase zu kommen.
So rief mich der Sohn am Freitag bei der Arbeit an und fragte: "Mama, dürfen wir im Auto auch essen?" Die Frage verwunderte mich so sehr, dass ich lange nicht antwortete. Erstens bilde ich mir ein, einen eher wenig restriktiven und wenig autoritären Erziehungsstil zu pflegen. Zweitens gab es schon Autofahrten mit Essen unter meiner Führung, meine ich mich zu erinnern.
Oder die Tochter, die auf meine Frage nach der Entdeckung des Schimmels in ihrem Zimmer, wie sie es geschafft habe, die großen schwarzgrauen Flächen in ihren Fensterstürzen zu ignorieren, schmollend antwortete, sie wisse doch nicht, wie Schimmel aussehe.
Noch schöner jedoch gestern im Auto wiederum ihre Frage, ob wir wissen, wie der Fluss heiße, über dessen Brücke wir gerade fuhren. Meine Mutter meinte, es handele sich lediglich um einen Bach und der habe ihres Wissens keinen Namen. Doch, antwortete die Tochter, er heiße "Nässe". "Bei Nässe" habe auf dem Schild mit den Wellen darüber gestanden und das seien doch immer Flussschilder.
Wie gut, dass die Kinder selbst sagen, sie wollen nicht als erwachsen gelten.

Freitag, 27. November 2015

Schwarzer Freitag

Es mag am November liegen, aber manchmal fühle ich mich alt. 
Im Gegensatz zur Tochter kann ich morgens vor einer Tasse Tee nicht ungestraft Selfies von mir machen. Dafür stelle ich fest, dass sie auf den Schulfotos, die sie selbst übrigens scheußlich findet, wie meine Mutter, ihre Großmutter aussieht.
Im Gegensatz zum Sohn denke ich beim derzeit omnipräsenten Black Friday an Börsencrashs in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts und nicht an unglaubliche Sonderangebote.
Ich bin aber auch rückwärtsgewandt.

Donnerstag, 26. November 2015

Wer möchte?

Derzeit träume ich zur Entspannung. Wenn der Alltag saisonal angepasst dunkelgrau ist, werden Traumphasen zu mentalem Eskapismus. 
Heute Nacht beschäftigten mich gleichzeitig (!) die Fragen, wie ich ein wichtiges Objekt noch auf den (real amtierenden) Adventskranz bekomme und wie ich mich aus der übertriebenen Wärme eines engen Pullovers befreie. Gediegene Erstweltprobleme. 
So, Hobbypsychologen dieser Welt, nehmt das - und deutet es!

Mittwoch, 25. November 2015

Annahmestopp

Auch auf die Gefahr, mich zu wiederholen, sage ich es hier noch einmal ganz deutlich: ich nehme keine weiteren Baustellen mehr an (in Worten: keinen neuen Scheiß mehr)! Nach einem langen Arbeitstag (kontinuierlich durchsetzt mit Anrufen von Ämtern und Hiobsbotschaften von zuhause) habe ich wenig Interesse, die Fensterstürze der Kinderzimmer von großflächigem Schimmelbefall zu befreien, um mich anschließend mit den Französischaufgaben der Tochter zu beschäftigen. Danach ihr Schmollen zu ertragen, weil ich selbstsüchtiges Ding gegen halb zehn Uhr abends keine Lust mehr habe, ihr Austernpilze zu braten. Immerhin, dem Chlorgeruch und dem Erschöpfungszustand zufolge kann ich mir einbilden, ich wäre zum Sport in der Alsterschwimmhalle gewesen.
Lieber Gott, wenn es Dein Wunsch ist, mich zum Glauben zu bekehren, ändere bitte die Strategie! Prüfungen hatte ich unterdessen genug. Ich wäre jetzt reif für das himmlische Wellnesspaket mit ökumenischem Schaumwein.

Dienstag, 24. November 2015

Glaube ich nicht

Nie konnte ich nachvollziehen, wenn viele sagten, man wünsche sich die Schulzeit zurück, diesen drögen Zustand gepflegter Unterforderung. Seit ich Mutter bin - und das bin ich nun schon einige Jahre - kommt mir der Wunsch nicht mehr ganz so abwegig vor. Nie hätte ich gedacht, dass man sich diese dumpfe Langeweile zurückwünscht. An manchem Morgen, wenn ich schon um 7:30 Uhr das Gefühl habe, einen kompletten Arbeitstag hinter mir zu haben, wünsche ich mir genau das: bloße Anwesenheit mit oberflächlich leer gefegten Kopf.
Wahrscheinlich bin ich nur urlaubsreif.

Montag, 23. November 2015

Doppelter Gewinn

Wenn ich es mir recht überlege, birgt die neuerliche Auffrischung der amour fou des Gatten mehrere Vorteile. 
Erstens kann ich entspannt dabei zusehen, wie lange es braucht, bis er sich seiner Lose-Lose-Situation wieder bewusst wird. Meine gespaltene Persönlichkeit wettet intern gegeneinander: unter oder über einem halben Jahr. Besser nicht daran denken, wenn es wieder soweit ist und sich der liebeskummergrame Mann wieder meiner besinnt.
Zweitens - und das ist eigentlich der Hauptnutzen - erfreut er uns für die Dauer des Ganzen nicht mehr mit seinen Spontanbesuchen am Wochenende.
Nicht umsonst nennt man mich die Vizeweltmeisterin des Zweckoptimismus'.

Sonntag, 22. November 2015

Wir hatten ja nichts

Wenn ich mich recht entsinne, berichtete ich bereits von meinem Kellertrauma. Entstanden ist es spätestens letztes Jahr, als ich die Weihnachtsdekoration hochholen wollte und dabei zentnerweise Rattenhinterlassenschaften fand. 
Umso stolzer bin ich, dass ich den diesjährigen Adventskranz ohne einen Kellerbesuch hinbekommen habe. Dem einen oder anderen mag an ihm noch einmal bewusst werden, dass der Winter nicht meine bevorzugte Jahreszeit ist. Aber schließlich musste ich mit dem arbeiten, was sich in unserer Wohnung befand.

Alles unklar

In der Nacht träumte mir, ich treibe Sport. Ich zog unendliche Bahnen in der Alsterschwimmhalle. Also gar nicht so absurd wie es im ersten Moment klang. Seit dem Aufwachen frage ich mich nun, ob ich beim Mentalsport auch entsprechend Kalorien verbrannt habe. Bestimmt! Es musste also ein Sportlerfrühstück her. Glücklicherweise ist das nahezu baugleich mit einem Ich-Fress-Dir-Die-Haare-Vom-Kopf-Teenager-Frühstück. Blöderweise habe ich genau die fünf Minuten aus den 1.440 des Tages erwischt, an denen der Heranwachsende keinen Hunger hat. Liegt daran, dass er mal wieder die Nacht zum Tag gemacht hat. Das wiederum liegt daran, dass sein Zimmer und vor allem sein Bett dermaßen vollgemüllt sind, dass er lieber auf dem (nicht ausgeklappten) nur unwesentlich weniger zugemüllten Sofa im Wohnzimmer schlafen möchte. Dort allerdings sind die Ablenkungsmöglichkeiten deutlich vielfältiger: Fernseher, Apple-TV und nicht zuletzt die Daddelkonsole. Das Ganze bei Flutlicht; da ist an Schlaf kaum zu denken. 
Wo wir gerade bei Unordnung sind: gestern Morgen spielten sich hier Dramen ab. Der Sohn wollte mit seiner Freundin Shoppen gehen. Nein, das ist noch nicht das Drama! Er fand sein Taschengeld nicht. Da ich keine herzlose Mutter bin, assistierte ich ihm nach einer halben Stunde bei der Suche. Hinter der Waschmaschine fanden sich zwar diverse Shampooflaschen und zwei Einzelsocken (vor lauter Wollmaus kaum zu erkennen), aber kein Geld. Des Suchens überdrüssig änderte der Sohn die Strategie. Er bezichtigte seine Schwester, das Geld genommen zu haben. Sie konterte, das habe sie nicht nötig, es sei der 21. und sie habe immer noch Geld zur Verfügung. Wasser auf die Mühlen des Sohnes. Mit seinem Geld habe sie natürlich Reserven. Zu mir gewandt: "Sie braucht das Geld für eine Abtreibung." Manchmal ist es doch ein Fluch, eine phantasievolle Brut zu haben.

Freitag, 20. November 2015

Diese Stadt braucht alle Talente

Hatte ich schon einmal erwähnt, dass mein zweiter Name Zirkelbezug lautet?
Ich warte monatelang auf Unterstützung und dann wird mein Antrag nicht bewilligt, weil das Attest zu alt ist. Ihr dürft mich auch Herbert K. nennen.

Donnerstag, 19. November 2015

Willkommen. Bienvenue. Welcome.

Wie lange lebe ich jetzt schon in Hamburg? Zwanzig Jahre? Wie schwachsinnig war es dann bitte von mir, an einem Tag wie heute mit dem Fahrrad zur Arbeit (in die Hafencity!) zu fahren? Ich hatte mehr Glück als Verstand, dass ich nicht vom Wind umgepustet wurde. Es war wahrscheinlich ungefähr so sinnvoll wie die Entscheidung, das Haar heute offen zu tragen - nachdem ich es gerade erst fast vollständig von den Wirren des Wochenendes befreit hatte. Manchmal zweifele ich an meiner eigenen Lernfähigkeit.

Oh, wie schön ist St. Georg!

Gestern also ein Konzert in unserem beschaulichen Dorf. Internationales Staraufgebot in der direkten Nachbarschaft. Gut, das sind wir gewöhnt. Das Ganze fand nicht nur in netter Begleitung statt, sondern auch sonst noch mit einem Publikum, das eher an ein Klassentreffen erinnerte. Aber ein schönes! Unsere Kleingruppe bestand aus der Tochter, ihrer Freundin, deren Mutter und mir. Die Mitmutter und ich bestätigten uns gegenseitig, dass wir das jeweils andere Kind für einen Ausbund an guter Laune halten. Wie viel es doch ausmacht, wenn man die drolligen fünf Minuten eines Teenagers nicht miterleben muss. 
Es hätte also ein ausnahmslos schöner Abend werden können. Hätte nicht der Sohn ständig versucht, mich anzurufen. Meine Rückrufaktionen in der Pause strandeten. Ich genoss zwar das Konzert, spürte aber eine Unruhe in mir aufkeimen. 
Endlich zuhause war ich beruhigt, den Sohn offenkundig wohlauf anzutreffen. Seine Anrufe hatten übrigens den Zweck, in Erfahrung zu bringen, wo unser Waffeleisen sei. Darauf hätte ich auch kommen können! Schließlich beendet er morgens um sieben Telefonate mit der Freundin mit den Worten: "Meine Mozzarella-Sticks sind fertig!"

Mittwoch, 18. November 2015

Pumuckl forever

Als der Sohn letzthin den ersten unserer neuen, grünen Mitbewohner in seiner hebräischen Phase Nepomuk taufte, fiel mir auf, dass Pumuckl eine Kurzform dieses Namens ist. Wichtige Erkenntnisse brauchen eben ihre Zeit. Wenn ich jetzt weiter mit meinen Assoziationsketten langweilen darf: mir fiel außerdem auf, dass ich mich im Verlauf meines Mutterdaseins mehr und mehr wie Pumuckl fühle. Nicht so sehr, weil ich finde, Pullover, die am besten wärmeln, seien Pullover mit Wechselärmeln. Mehr, weil ich von vielen Menschen nicht gesehen und schon gar nicht gehört werde. Dass meine Appelle wie Lichtausschalten oder Spülen nicht gehört werden - Schwamm drüber! Aber dass unterdessen auch diverse meiner Mails unsichtbar sind, stört schon. Anwälte, Ämter und Ärzte - alle schweigen. Indes bin ich soweit, dass ich mich schon wie ein Schnitzel über Abwesenheitsnotizen freue. Beweisen sie mir doch, dass ich wahrgenommen werde. Man nennt es gelebten Zweckoptimismus.

Dienstag, 17. November 2015

Geschafft

Als ob Montag, Novemberwetter und -Stimmung nicht genug seien, hat der gestrige Tag beschlossen, sein volles Dreckspotential abzurufen.
Konflikte zwischen den Kindern und ihrem Vater. Ich musste feststellen, dass es mir doch nicht egal ist, was er macht, wenn die Kinder betroffen sind. Und mich ärgern, weil ich wieder einmal bemerken musste, dass er im Laufe der Jahre nichts - in Worten: gar nichts - dazu gelernt hat. Zu viel Arbeit auf zu wenig Zeit. Und dann haut demnächst auch noch die Lieblingskollegin in den Sack! 
Als Zweckoptimismus-Vizeweltmeisterin habe ich selbst diesem Tag noch einen positiven Aspekt abgewinnen können: ich habe ihn ohne Alkohol überstanden.

Montag, 16. November 2015

Nettogerechtigkeit reloaded

Gestern Nachmittag rief der Vater meiner Kinder an, um seinen spontanen Besuch anzukündigen. So weit, so normal. Was ungewöhnlich war: er wünschte sich ein Vieraugengespräch mit mir. Wir gingen die Treppe hoch in mein, vormals unser, Zimmer. Ich ging vor, er hinter mir. Während des Treppensteigens fragte ich mich, was er mir Wichtiges mitzuteilen habe. Mein Kopfkino funktionierte hervorragend. Er fragte sich (und mich) währenddessen, ob mit meiner Hüfte alles in Ordnung sei. Ich antwortete, ich habe es am Wochenende ein wenig übertrieben. Das musste an der Stelle als Information reichen. Hier unter uns Pastorentöchtern kann ich es sagen: es war schön und jedes Hüftproblem wert. 
Im Zimmer angekommen wusste er mir zu berichten, er sei wieder mit unserem Trennungsgrund zusammen. Ich freute mich, dass es mir so egal war, fragte mich aber gleichzeitig, was für eine Antwort meinerseits von ihm erwartet werde. Dass ich dem frisch aufgebackenen Liebesglück meinen Segen erteile? 
Er wolle mit ihr und den Kindern in den Weihnachtsferien zu seinem Vater fahren. Ob ich das erlaube? Wie alt waren die Kinder nochmal? Fünf und sechs? Ich erwiderte wahrheitsgemäß meine Position sei wohl vollkommen unerheblich, er müsse die Kinder fragen. Ob er mich jetzt in den Arm nehmen dürfe? Was war da los? Hat er sich unterdessen auch Krankheiten von ihr aufgesackt, die nebenbei noch das Hirn schädigen?
Anschließend hatte er noch ein Sechsaugengespräch mit den Kindern, während die Freundin des Sohnes und ich unter feixenden vier Augen zurückblieben.

Samstag, 14. November 2015

Désolée

Es tut mir leid, Hamburg. Wir haben es uns zwar schön bei Dir eingerichtet, aber echte Liebe geht anders. Meine aufrichtige Liebe gilt Berlin. U-Bahnhof Gneisenaustraße aussteigen und sich ganz plötzlich wieder wie zwanzig fühlen. Unbezahlbar.

Freitag, 13. November 2015

Vertauschte Rollen

Gestern Abend habe ich Stein und Bein in Bewegung gesetzt, um eine Unterschrift des Sohnes zu ergattern. Sollte es nicht eigentlich umgekehrt sein? Dass er meine Unterschrift braucht? Aber wie sollte es anders sein? Schließlich erkläre ich der Tochter, sie solle nicht so viel lernen. Schließlich verheimliche ich meine Dates vor den Kindern, indem ich sie als Elternabende tarne. Und schließlich hat der Sohn mir heute Frühstück bereitet. Es gab Eierkuchen. Passt ins Gesamtbild, dass ich dafür von ihm korrigiert wurde: "Mama, es heißt Pfannkuchen!" Egal. Er war lecker.

Donnerstag, 12. November 2015

Was ist das?

Gestern war es wieder einmal Zeit, die ausgetretenen Pfade des ewig Gleichen zu verlassen. Damit meine ich nicht, dass ich tagsüber zu einem Kundentermin nach Oldenburg musste. Vielmehr geht es um den Abend. Ich war bei einem "Science Slam". Ebenso wie ich hatte die Tochter keine Idee, wie so etwas abläuft, kommentierte aber: "Cool, sowas wie ein Poetry Slam!" Ihren Segen hatte ich also. 
Das Ganze stellte sich im ersten Schritt als eine Ansammlung von Hipstern und vor allem Hipsterinnen heraus. Ob die Aussicht auf einen veritablen Nerd sie dorthin brachte? In jedem Fall fühlte ich mich unglaublich alt. Als wissenschaftlicher Ausschuss - im Sinne von Abfall, nicht Komitee; diese Doppeldeutigkeit wird mir jetzt erst bewusst- eines Physikerhaushalts rechnete ich damit, vorher wie hinterher gleichermaßen keinen Plan zu haben. Was soll ich sagen? Es war mir nicht wissenschaftlich genug. Keine neuen Erkenntnisse. Nichts, was man nicht bereits aus Kinderbüchern, der Schule, der Brigitte oder dem Alltag gewusst hätte. Am Ende fühlte ich mich zwar immer noch alt, aber nicht mehr wie die MINT-Pfeife.

Mittwoch, 11. November 2015

In Trauer II

Was für ein mieses Jahr für die deutsche Sozialdemokratie! Erst stirbt Egon Bahr und dann auch noch Helmut Schmidt. Es sind immer die Besten, die früh gehen.
Zu Egon Bahrs Tod war Trauer das vorherrschende Gefühl in mir. Jetzt mischt sich Unglaube dazu. Helmut Schmidt war doch erwiesenermaßen unsterblich. Das belegten immerhin täglich ein Zentner Mentholzigaretten und fünfzig Bypass-Operationen. Auch den Verlust des Passivrauchens im Oktober 2010 hatte er relativ gut weggesteckt. Spätestens seit damals lagen die Nachrufe in den Schubladen sämtlicher Medienhäuser. Natürlich ungenutzt. Bisher war der Unkaputtbare immer lebend aus dem benachbarten Krankenhaus gekommen. Jetzt müssen sie endgültig auf ihren Stammgast verzichten. Hoffentlich haben sie das in ihrem Businessplan berücksichtigt. Auch die Zukunft der Raucherecken auf dem Hamburger Flughafen ist ungewiss.
Am schwerwiegendsten jedoch: kann ich am 23. Dezember jetzt wirklich nur noch den Geburtstag meines Bruders feiern? Muss ich nun etwa Königin Silvia in meine Gebete einschließen?

Dienstag, 10. November 2015

Hildegard, sagen Sie jetzt nichts!

Man wundert sich. Als ich der Tochter das Bild mit den zwei Monstern zeigte und den Kommentar dazu mitgab, meinte sie: "Du liebst sie wirklich." Dann bewölkte sich ihr Ausdruck, denn sie fragte sich, in welchem Bett ich denn tatsächlich geschlafen habe, da doch meines so offensichtlich anderweitig besetzt sei. Unglaube, als ich ihr erklärte, ich habe die beiden etwas zur Seite geschoben, um selbst Platz zu finden. Sie kletterte die Stufen zu meinem Hochbett herauf, um sich selbst ein Bild zu machen.
So etwa sah es aus:
Weiterhin zweifelnd kam sie die Treppe herunter. Dann kam ihr die Erleuchtung: "Stimmt, du hast ja ein großes Bett." Na, bitte, geht doch!

Montag, 9. November 2015

Man lernt so viel von ihnen

Der Sohn hat heute ausnahmsweise nicht aufs Frühstück verzichtet. Stattdessen bat er mich, ihm doch bitte Reis zu kochen. Eine ausreichende Menge, damit er auch mittags noch welchen habe. Ich verzichte an dieser Stelle auf den Plattwitz, jeder Vierte auf der Erde sei Chinese und so weiter. Gern geschehen!
Schwere Entscheidungen musste er dann selbst treffen: zum Frühstück Reis mit Sojasauce und zum Mittagessen Reis mit der übrig gebliebenen Entensoße von gestern Abend oder umgekehrt? Egal. In jedem Fall musste das Ganze in reichlich Öl aufgebraten werden. Auch das übernahm der Chef höchstselbst. Gegen halb acht saß hier also ein freudestrahlender junger Mann vor seiner Pfanne "fried rice" ("schmeckt am allerbesten") mit Sojasauce, während ich noch verschlafen über meiner zweiten Tasse Tee hing. Kalorien machen eben doch glücklich.

Sonntag, 8. November 2015

Autumn Leaves

Heute habe ich mich nicht unbedingt meiner Lieblingsbeschäftigungen gewidmet. Zuerst habe ich Schuhe geputzt und dann habe ich vor dem Haus Laub gefegt. Das Laubfegen fand zumindest bei mildem und sonnigen Wetter statt. Außerdem konnte ich noch Lokalhistorisches an Interessierte loswerden, die ab und an vorbeikamen. Lohn der Arbeit: zwei Cent, die ich beim Fegen auflas. Selbst unbedarftestes Überschlagen weist mir einen Stundensatz unterhalb des Mindestlohns aus. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Einnahmen 1:1 in die Kleingeldkasse meiner Eltern fließen.

Samstag, 7. November 2015

Zukunftspläne

Woran man merkt, dass Mädchen irgendwie zielorientierter sind als Jungs? Dass sie sich beim Frühstück über Berufswünsche unterhalten. So bei uns geschehen. Während der Sohn wie üblich aufs iPhone eindengelte, unterhielten sich seine Schwester und seine Freundin über das, was sie irgendwann einmal machen wollen. Die Freundin äußerte schon recht genaue Vorstellungen. Die Tochter hingegen wünschte sich, sie interessierte sich für Themen, mit denen man richtig viel Geld machen könne. So Wirtschaft und so. Sie bedauerte inbrünstig, dass ihr das echte Interesse dafür abgehe. Woher sie das bloß hat?
Wie gut, dass ich mich mit solchen Fragen nicht mehr beschäftigen muss!
Stattdessen kann ich überlegen, ob ich zur Nacht des Halbwissens gehe. Ist schließlich meine Masterfrage.

Freitag, 6. November 2015

Geht's noch?

Diese Mutter erdreistet sich. Sie lädt sich heute Nachmittag Gäste ein. Als ob das nicht genügte, verbrachte sie gestern den zweiten Abend in Folge backend. Für Andere. Denn sie verteidigte das Backwerk auch noch vor ihren Kindern. Anschließend erhob sie in ihrem angeblichen Erschöpfungszustand außerdem Anspruch auf die Macht über das Home Entertainment. Und das Sofa. Sie treibt mit ihrem unverantwortlichen Handeln sehenden Auges die Kinder aus dem Haus. Die Tochter: "Wenn die kommen, gehe ich zu L.!"
Zustände sind das!

Donnerstag, 5. November 2015

Regelwerk

Muss wohl wieder müde und abgekämpft gewesen sein. Auf die Frage am gestrigen Abend, was ich unserem Azubi zum Geburtstag backe (warum eigentlich ich?), antwortete ich, ich wisse es noch nicht. Dabei gilt doch die gute, alte Faustformel: Kindergeburtstag = Muffins. Abweichungen von der Regel sind nicht zulässig. So sei es.

Mittwoch, 4. November 2015

Teenager-Eltern

Eher lustlos zog ich gestern Abend durch den Nebel an der Alster zum Elternstammtisch. Als Elternvertreterin muss man wohl. Ein Novum: meine Reservierung für zehn Personen stellte sich als zu kurz gedacht heraus; wir waren zahlreicher. Normalerweise verhält es sich dabei wie bei Zusagen auf Facebook. Man sagt ja, kommt dann selbstverständlich nicht.
Da die Klasse bunt und neu zusammengewürfelt ist, ging es auch ums Kennenlernen. Irgendwann kamen wir auf Jobs. Mein Stellvertreter fragte eine unlängst zugezogene Mutter, was sie beruflich mache. Sie zierte sich, obwohl sie ansonsten sehr bodenständig wirkte. In meinem Kopf ging gleich das Kino los: Puffmutter, Domina, Steuerbeamtin. Nach langem Drucksen meinte sie mit Blick auf sein schütteres Haar, sie führe Haartransplationen durch, sie sei Chirurgin. Die asiatische Gesichtsbeherrschung wankte. Vollends um sie geschehen war es, als er nach seinem Abgang noch einmal zu uns zurückkehrte, um ihre Telefonnummer zu erbeten. Das anschließende Gegiggel wäre selbst unseren Töchtern peinlich gewesen. Wir können es noch.

Dienstag, 3. November 2015

Nachtrag

Es ist meiner Müdigkeit zuzuschreiben, dass ich den krönenden Abschluss der gestrigen Soirée Surprise zu erwähnen vergaß.
Das Taxi, das uns aus Stellingen in das beschauliche Dorf fuhr, wurde kutschiert von einem der singenden Taxibrüder, bekannt aus Funk und Fernsehen. Leider kann ich nicht sagen, ob es sich bei ihm um Lovely oder Monty Bhangu handelt. So tief sind meine Kenntnisse leider immer noch nicht. Beim Einsteigen wunderten wir uns nur über den kleinen Fernseher in der Mittelkonsole, der uns mit dem Programm wie den Werbeblöcken von Super RTL versorgte (inkl. Cillit Bang!). Dann wurden wir vom Fahrer auf besagtem Bildschirm mit Werbung in eigener Sache bedacht: Ausschnitte aus deren Auftritten im Sat.1 Frühstücksfernsehen. Einzige Enttäuschung: der Taxibruder hat uns auf der Fahrt nicht mit seinem schmissigen Bollywood-Gesang erfreut.

Do The Right Thing

Nie hätte ich gedacht, dass aus einem mehr als trüben Novembertag wie gestern noch etwas wird. Eigentlich vermutete ich, dass meine Assistenz beim töchterlichen Referat über das byzantinische Reich der Höhepunkt des Tages würde. Weiß doch jeder, dass die byzantinische Architektur meine Masterfrage ist.
Doch es kam noch besser: am Nachmittag bekam ich einen Anruf. Ich wurde gefragt, wie spontan ich sei. Als ob es dieser Frage bedurft hätte? Weiß doch jeder, dass Spontan mein zweiter Vorname ist. So befand ich mich unverhofft auf dem Weg in die Barclaycard-Arena (wer sich jetzt fragt, wo denn das Ding sei: alter Wein aus neuen Schläuchen, es ist die O2-World-Arena, vormals Colorline-Arena). Ich vermute, die Einzige gewesen zu sein, die zum Premium-Logen-Eingang mit S-Bahn und zu Fuß kam. Gerhard Delling mit seiner Tochter (?) und seiner Levi's Brown Bag sicherlich nicht. 
Nicht nur das Konzert war großartig. Auch die Zeitreise. Und das Wissen um die eigene Fähigkeit, nahezu jedes Lied wortgetreu mitsingen zu können. Mein Mitleid mit der Generation 1990+, die sich entweder langweilten oder über die Mutation der Altvorderen staunten, hielt sich in Grenzen.
Habe ich schon gestanden, dass ich Mick Hucknall toll finde?

Montag, 2. November 2015

Sonntag, 1. November 2015

Goldener Herbst

Heute habe ich wieder meiner liebsten Tätigkeit am ersten November gefrönt, dem Fensterputzen. Im vierten Jahr in Folge habe ich zu Halloween von freundlichen Mitmenschen Eier an die Fensterscheiben geworfen bekommen. Immerhin waren wir so weit gewappnet, dass wir die Fenster - anders als vor drei Jahren - geschlossen hielten. Dank Schwager Gerd weiß ich außerdem, dass man der angetrockneten Eierpampe am besten mit Spülmittel und nicht mit Glasreiniger zu Leibe rückt. Und überhaupt. Die Sonne schien. In unserer dörflichen Idylle flanierten Bekannte vorbei, man unterhielt sich. Goldene Färbung und Dottergelb sind doch fast synonym zu gebrauchen.
Es bleibt die Verschwendung von Nahrungsmitteln zu beanstanden. Die Hühner wurden in ihren Legebatterien umsonst gequält. Wie die Tochter schon richtig fragte: "Wieso Eier? Die sind doch lecker."