Montag, 30. August 2021

Spieltagsanalyse

Selbst das schöne Programm der vorletzten Tage vermochte nicht, mit dem Grau der letzten Tage (wie viele eigentlich schon?) aufzuräumen. Für den Moment tat es gut, am Freitag eine ausgedehnte Mittagspause einzulegen (mit viel Regen im Hintergrund), doch die gute Stimmung ließ sich nicht über die Nacht hinaus konservieren. Der Ausflug in Sachen Kultur am Samstag begann für meinen Geschmack zu früh, war mit viel nassen Füßen verbunden (trotz geschlossener Schuhe!), aber hellte zumindest den Tag durch andere Perspektiven und Personen auf. Die Exkursion mag zwar nicht ins Havelland gewesen sein - wir wollen mal nicht überschnappen mit der Exotik -, aber für den Reim-Ohrwurm reichten die Bilder.

Es mochte heißen: „Sie bewegen sich mehr als sonst um diese Uhrzeit“, doch Herbsttristesse und das Konzept geschlossener Schuhe gewannen am Ende die Oberhand. 

Ich entschied nach der Erfahrung aus den vorangegangenen Tagen, den anthrazit-getünchten Sonntag mit nicht mehr Aktivität als nötig zu verbringen. Nur mit Zeitung Lesen und dem üblichen Ausgießen der Outdoor-Blumentöpfe; das musste reichen. Als meine Stimmung wieder zu kippen drohte, beschloss ich, doch einen höheren Gang einzulegen und tauschte todesmutig in schwindelerregender Höhe die Glühbirne an der Küchendecke aus. Meine Energie und Körpertemperatur stiegen vor allem darüber an, dass ich mich ärgerte. Erstens darüber, dass der Nachbar, als er sich vor nicht allzu langer Zeit meine Leiter auslieh, als Gegenleistung ankündigte, er werde den nächsten und überhaupt jeden Glühbirnentausch mit Leitereinsatz bei mir übernehmen. Um dann kurz nach dem Versprechen auszuziehen. Zweitens - und das wiegt viel schwerer - dass es wieder einmal ein Tag im August war, an dem es zwischen vermeintlichem Sonnenauf- und Untergang nicht hell wurde. Eben so dunkel, dass die Zeitung nicht ohne künstliches Licht gelesen werden kann. Wir nähern uns wieder bedenklich dem Zirkelbezug. Von trüben Tagen kommen im echten Herbst noch mehr als genug, fürchte ich. Immerhin sollte die Lebensdauer der neuen Glühbirne auch dafür ausreichen, sagt die Zweckoptimistin in mir.

Freitag, 27. August 2021

Nach dem Frühjahr ist vor dem Herbst

Gerade ist alles etwas widersprüchlich. Der Kalender sagt etwas anderes, als die Füße fühlen. Vorbeilaufende, in wärmende Jacken verpackte Schülerschaft signalisiert etwas anderes als braun gebrannte süddeutsche Familien in kurzen Hosen. Der unterdessen vollständig durchgeimpfte Nachbar zeigt, dass wir uns früher im Jahr befinden müssen, da er Frühjahrsputz spielt und alleine mit Maske vor meiner Wohnungstür saugt. Innerlich passt das, schließlich warten wir noch auf den Sommer. Nach äußerlichen Merkmalen ist das Warten wohl umsonst. Seit geraumer Zeit werden schließlich schon Astern und Dahlien angeboten. Nie in diesem Jahr hörte ich neben meinem Ohr so viele Rollkoffer über das Kopfsteinpflaster rattern, doch nie war auch Sommerfrische so weit entfernt. An manchen Tagen trage ich jetzt schon geschlossene Schuhe. Ist vielleicht auch besser so, nachdem ich beim Flaschenwerfen meinen großen Zeh getroffen und daraufhin seinen Nagel verloren habe. Von der Sandale in Bestzeit zum Sicherheitsschuh. Ist doch auch egal; ich hab‘ die Haare schön!




Montag, 23. August 2021

Nachlese Wochenende

Abrupt endete dieses Wochenende heute um 6:30 Uhr. Wie üblich läutete die Leerung der Glascontainer den Beginn der Arbeitswoche ein. Es musste wohl so kommen. All good things they say never last. 
Am Freitag hatte ich mich - saisontypisch im August -nur zum Aufstehen motivieren können, indem ich mir einen Aufenthalt in der Badewanne in Aussicht stellte. Neben der Wärme bestand der Vorteil darin, später in der ungewöhnlich extensiven Mittagspause gesagt zu bekommen, ich rieche gut. Ich hoffe, es lag nicht an dem allzu großen Kontrast zu sonst. Den Rest des Tages verbrachte ich zwar genauso arbeitend und den Abend fernsehend wie gewöhnlich, doch alles in allem besser gelaunt. Wenn schon keinen Urlaub, dann wenigstens innerhalb des Hamsterrads ein paar mehr kleine Fluchten, beschloss ich. Nach einem schönen Tapas- und Weinabend am Samstag folgte am Sonntag ein Mädelstag mit der Tochter. Als sie am Vormittag beseelt und befreit von ihrer Zweitimpfung zurückkam, begingen wir dies mit einem ausgiebigen Frühstück. Am Abend aßen wir als zusätzliches Soul Food gemeinsam Nudeln. Um das Ganze abzurunden (Pardon the pun!), wünschte sie sich, dass wir gemeinsam „eine historische Serie gucken“. Sie schlief bald ein. Nirgendwo schlummert es sich so gut wie vorm Fernseher - und selten geht es so schnell. Aber vielleicht lag es auch nur an der schummrigeren Beleuchtung oder der Impfung oder der schlappen Gesellschaft.



Dienstag, 17. August 2021

Weitermachen!

Wie nicht unschwer zu erraten ist, hat mich die Idee von vornherein nicht überzeugt. Doch umständehalber musste ich am Montagmorgen vor 9 Uhr „in echt“ bei der Arbeit sein. Dass ich am Abend davor zu spät ins Bett ging, anschließend wenig zusammenhängend schlief und am Morgen der Wecker eindeutig zu früh klingelte, war vermutlich in das Konzept eingepreist. Selbst die kurze Radfahrt vermochte mich nicht zu ermuntern. Im Gegenteil, sie ermüdete mich zusätzlich. Nicht ganz so früh wie geplant, aber noch pünktlich erreichte ich immerhin das Ziel. Um dort festzustellen, dass ich mit dem Laptop nicht richtig arbeiten kann. Er weigerte sich, sich zu verbinden. Am Ende ist auch der Computer ein spontankonservatives Wesen, das am liebsten in vertrauter Umgebung arbeitet. Immerhin war der Live-Auftritt im Rahmen des Möglichen erfolgreich. Da Hard- und Software nicht mitspielten, beschloss ich bald, wieder an meinen gewohnten Arbeitsplatz zurückzukehren. Zur Beschwörung meinte ich zum Abschied leise, vielleicht schaffe ich es noch vor der Husche zuhause anzukommen. Famous last words als normaler Mensch - anschließend Auftritt als begossener Pudel.



Montag, 16. August 2021

Mal wieder Montag

Der Alltag plätschert in seiner Gleichförmigkeit vor sich hin. Oft frage ich mich: War dieses oder jenes letzte oder vorletzte Woche oder fand es gar schon vor drei Wochen statt? Man weiß es nicht. Mit das Schwierigste am Verstreichen der Zeit ist, wie schnell Dreck und Unordnung sich darin vermehren. Es war doch erst letztes Wochenende, dass ich gründlich sauber gemacht habe. Und schon begegnen mir wieder Staubmengen, die passender mit Wollratten als mit anderen Schadnagern (von Kammerjägern lernen!) beschrieben werden, tote Fliegen auf den Fensterbänken und Soßenflecken (Ersatzflüssigkeit, wie damals in der Werbung?) auf dem Küchenboden. Vielleicht ist es einfach gut, jetzt wieder die meisten Stunden des hellen Teils des Tages auf einen Bildschirm gucken zu dürfen.

Samstag, 14. August 2021

Immerhin Wochenende

Endlich einmal gute Nachrichten: Gestern testete ich, ob ich noch mit mehr als drei-vier weiteren Personen auf einmal klarkommen kann. Ich kann vermelden, es geht. Selbst die Gesprächsthemen gingen nach bald anderthalb Jahren weitgehender Isolation gepaart mit 50-Stunden-Wochen und Reiseverzicht nicht aus. Der Zufallsgenerator meines internen Smalltalkthemenprozessors schöpfte zwar aus einem über die lange Zeit reduzierten Fundus, aber mir schien, ich fiel damit nicht unangenehm auf. Umso besser. Kritisch war lediglich, dass der Ort des Zusammentreffens in direktem Umfeld des Stadtderbys lag und ich - unterdessen ungeübt darin, überhaupt physische Verabredungen zu haben - mir ein 1A-Doubledating organisiert hatte. Daher musste ich vergleichsweise früh von der Party verschwinden, um zum verabredeten Treffpunkt der zweiten Privatverpflichtung zu radeln. Das wäre zwar auch mehr Bewegung als sonst gewesen, aber die alleine hätte ich problemlos geschafft. Etwas schwieriger war hingegen, dass mein Abgang nahezu zeitgleich mit dem Abpfiff des Spiels stattfand. Erschwerend kam hinzu, dass die Begegnung nicht unentschieden endete. So fand ich mich alsbald inmitten voll verpackter Polizeimassen und tropfender Wasserwerfer wieder. Die Fahrzeuge sprühten zwar (noch?) nicht, aber auf dem Fahrrad, da hilft auch die Rahmengröße nicht, sind sie beklemmende Ungetüme. Gerechnet hatte ich auf Hin- und Rückfahrt mit marodierenden Fußballfanhorden, nicht aber mit diesem Aufgebot. Eine Erfahrung, auf die ich gut hätte verzichten können. Da nichts weiter passiert ist immerhin kein dauerhaft schädigendes Erlebnis. Süß war, dass die Tochter heute meinte, gegen ihre Vorlieben wegen meiner Anwesenheit im Hotspot für ein Unentschieden gewesen zu sein. Den gleichen Gedanken hatte ich auch. Wir müssen wohl seelenverwandt sein.
Einzig offene Frage dieses Wochenendes: werde ich es am Montagmorgen schaffen, ausnahmsweise vor 9 Uhr vor Ort in der Agentur zu sein? Die Abenteuer des Alltags.

(Remains of last Christmas Tree)

Montag, 9. August 2021

Jetzt ist Schluss!

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wurde er heute früh endgültig geliefert: die Ferien sind vorbei, die Glascontainer neben meinem Ohr werden wieder um 6:30 Uhr geleert. Dass für ein korrektes Ende auch ein Anfang nötig gewesen wäre, lassen wir außen vor. Außerdem will ich nicht undankbar sein. Schließlich hatte ich ein Wochenende. Wenn auch mit überraschend schlechtem Wetter für das erste Post-Ferien-Wochenende. Dafür mit einem echten Konzert am Freitagabend. Wen kümmert da, dass anhaltender Regen und niedrige Temperaturen langsam auf die Stimmung schlagen? Mit Ausnahme des Beginns war es schließlich ein angemessen ereignisloses Herbstwochenende. Neben dem wiederholten Ausgießen der Blumentöpfe auf dem Balkon widmete ich mich vor allem der Wiederherstellung mitteleuropäischer Hygienestandards in der Wohnung. Überraschend, wie viele Weihnachtsbaumnadeln sich bei einer (in Teilen) gründlichen Reinigung auch in weit fortgeschrittenem Jahr finden lassen. Ernüchternd hingegen, dass der Sohn lediglich meinte, es rieche wie in Spanien, als er zur Tür hineintrat. Dass es blitzt und blinkt, stellte er nicht fest. Auch nicht nach meinem wenig dezenten Hinweis, es müsse wohl an den verwendeten Putzmitteln liegen. Da sei wohl etwas mit Zitrone dabei gewesen? Der gute Orangenreiniger war‘s, Freundchen! Ist schließlich nicht Urlaub in Italien hier.

Freitag, 6. August 2021

Endlich schon wieder Freitag

Die zweckoptimistische Seite in mir freute sich, zum voraussichtlich einzigen Konzert des Jahres mit einer Regenwahrscheinlichkeit von über 90% endlich wieder einmal mein Melonenensemble aus Cape und Schuhen ausführen zu können. Flankiert von einer rosa FFP2-Maske und einer Brathendl-Tasche sah ich wahrscheinlich so aus, dass sich meine Kinder für mich schämen, aber da mussten sie durch (der Sohn zum Glück nur im Konjunktiv, da er aktuell nicht vor Ort ist). Das Leben ist kein Gurkengewächshaus. 
Dass das Konzert nicht nur wegen seiner Einzigartigkeit und der geschlossenen Schuhe herausragend war, muss nicht weiter erwähnt werden. Ich habe schon einige Konzerte von und mit Herrn Regener erlebt, doch selten - eigentlich noch nie - war er so in ausgelassener Plauderstimmung wie heute Abend. Da machte es nichts, dass viele Lieder in d-moll gehalten waren. Mir zumindest nicht. Selbst die sich aufplusternden Security-Männer, die sichtlich Spaß hatten, das Publikum zu kujonieren, konnten mir nicht die Stimmung verderben.
Die zweckoptimistische und hygiene-orientierte Seite in mir freut sich außerdem über den weiteren Regen am Wochenende. Gibt er mir doch die Möglichkeit, endlich einmal wieder die Wohnung von oben bis unten zu putzen, ohne durch drängende Outdoor-Aktivitäten davon abgehalten zu werden. Und Blumengießen muss ich auch nicht. Sie nennen es Ekstase in Norddeutschland.







Donnerstag, 5. August 2021

Dass ich das noch erleben darf!

Nach der Beschaffungskriminalität für die Impfungen folgte ebendiese für den digitalen Impfnachweis. Nach anderthalb Wochen Betteln und Flehen kann ich nun endlich vermelden: ich war erfolgreich. Ich habe die zwei blöden QR-Codes und konnte sie als sogenanntes Zertifikat auch erfolgreich in die ansonsten einigermaßen nutzlose Corona-Warn-App einspielen. Paul und Klaus, man glaubt es kaum, klauen Pflaumen von Bauers Pflaumenbaum.
Mindestens genauso überraschend kam die Ansage des freundlichen, nicht mehr ganz studentischen Taxifahrers, der mich mehr oder weniger unentgeltlich vor die Haustür fuhr und nicht etwas weiter entfernt aussetzte: „Gefährliche Ecke da. Nicht, dass ich morgen in der Zeitung lese, schöne junge Frau…“ Wenn der Tag nicht ohnehin schon gut gelaufen wäre, hätte ich wohl gesagt, he made my day. Und wenn mir die Maske solche Komplimente beschert, sollte ich sie vielleicht noch öfter aufsetzen.





Sonntag, 1. August 2021

Aufregend

Seit bald zwei Jahren war ich nicht mehr in Berlin. Seit fast zwei Jahren bin ich nicht mehr Bahn gefahren. Dreimal darf geraten werden, was davon ich wirklich vermisst habe. 
Als ob ein Wochenende in der Hauptstadt nicht schon Geschenk genug gewesen wäre, durfte ich zusätzlich noch zwei Tage lang Bestimmerin sein. Meine Begleitung musste mit mir gestern auf der Memory Lane unterwegs sein. Winterfeldtplatz einschließlich einem Pfund Kirschen, deren Kerne ich wenig damenhaft in die Gegend spuckte. Anschließend einen Blick aufs Café M werfen und weiter zur Pizzeria Roma radeln. Danach Shopping auf der Bergmannstraße. Was soll ich sagen? Dort das erstanden, was ich aktuell sicherlich am dringendsten brauche: zwei Kleider. Zur Erholung einen Kaffee im Barcomi‘s. Gestärkt wieder auf die Räder. Die Lage in Charlottenburg checken. In der Peripherie der Kantstraße zum Glück weder der Ex-Schwiegermutter noch der Ex-Schwägerin begegnet. Kleine Lietzenseerunde und später mit der Dämmerung in Richtung Schloß Charlottenburg gefahren, um uns an den perfekt aufeinander abgestimmten Pastellfarben von Fassade und Sonnenuntergang zu erfreuen. 
Heute wollte ich lieber etwas weniger selbst fahren und mehr gefahren werden. Das schrie nach einer vollen Runde Ringbahn. 360° kann ich schließlich nicht nur bei der Arbeit. In bester Touristen-Hop-Off-Manier legten wir im Osten (!) einen Pitstop ein, um uns dort mit einer Stärkung vom Drittelkreis zu erholen und uns mental auf die fehlenden zwei Drittel vorzubereiten. Danach ging die wilde Fahrt weiter. Mein Highlight dabei sicherlich die Blicke auf den Funkturm. Viel Zeit bis zur Abreise blieb danach nicht mehr. Es ist egal, wie spät ich die Rückfahrt lege. Tatsache bleibt, dass das Wochenende unangemessen kurz war. Nie im Leben waren das 48 Stunden! Gut war hingegen die Erkenntnis, dass ich mit (nahezu) „Old Normal“ trotz langer Abstinenz ohne Probleme klarkam und es sich wunderbar vertraut anfühlt. Schwerer ist, nach so vielen Reizen wieder in unserem beschaulichen Dorf anzukommen. Hier ist weniger Bogen und mehr Regen.