Mittwoch, 28. Oktober 2020

Mist!

Enttäuschend, diese Mitmenschen. Sie verhalten sich so vorhersehbar und langweilig, indem sie exakt die gleichen Dinge wie beim ersten Mal horten. Klopapier, Mehl, Hefe und Nudeln. Ich wäre sehr dafür, etwas Farbe und Abwechslung ins Hamstergeschäft zu bringen. Warum nicht zum Beispiel mal eine Müllbeutelknappheit heraufbeschwören? Oder Nähgarn und Tomatenmark? Als ob der Alltag nicht ohnehin öde genug wäre, müssen wir uns vier Wochen um die gleichen Sachen wie im Frühjahr prügeln? Fade. Zumal der November per se ein schwierigerer Monat als der April ist. Besonders, wenn er auf einen eher grauen als goldenen Oktober folgt, in dem es spätestens zu Mittagspause regnet oder anderweitig ungemütlich wird. Ich kann so nicht arbeiten.

(Nichts unversucht lassen.)

Sonntag, 25. Oktober 2020

Annus semihorribilis

Gerade als ich beschloss, im Laufe des vierten Quartals könnte ich 2020 vielleicht in eine der unteren Schubladen meiner Erinnerung einsortieren - ganz unten bleibt in meinem Ranking 2008 -, beförderte es sich selbst noch ein wenig nach oben. Zum einen weil ich nach hinten heraus noch relativ viel sturmfrei hatte, zum anderen weil ich im Rahmen meiner Sturmfreiheit an ein neues Lieblingswort geriet. Es wurde mir zugetragen, als ich beim zweiten Rendezvous der Woche (Dass ich das noch erleben darf!) von meinen Erlebnissen berichten und sie als meine ganz persönlichen Erfahrungen kennzeichnen wollte. Um niemanden länger auf die Folter zu spannen: es heißt „Individualempirie“ und ersetzt die etwas sperrige „N=1-Studie“ aufs Schönste. Im Verlauf der Begegnung hatte ich es zwischenzeitlich vergessen, wurde dann aber zum Glück und ohne Augenrollen ob meiner Vergesslichkeit wieder daran erinnert. Mag sein, dass es den Status des Lieblingswortes nicht für lange Zeit innehaben wird, so eng verwoben wie es mit ebendiesem Jahr ist. Aber solange genießen wir die Zeit miteinander. Im Zuge dessen kann ich berichten, dass hier im beschaulichen Dorf, wie auch im Rest der Hamburger Innenstadt, die Klopapiervorräte im Einzelhandel wieder ziemlich geplündert sind. Die Nudeln allerdings halten sich noch wacker. Doch es gibt sie wieder, die Schilder, auf denen es heißt, jeder Haushalt dürfe nur eine Packung kaufen. Meine Individualempirie besagt nun, dass es sich bei den Hamsterkäuferinnen und -käufern ausnahmslos um Menschen mit Migrationshintergrund handelte. Diese Beobachtung lässt diverse Theorien zu: 
a) Im Gegensatz zu uns (west)deutschen Wohlstandsmenschen kennen sie noch echte Notstände und Versorgungsengpässe. Das erklärte mir jedoch nicht den vergleichsweise hohen Anteil asiatischer Provenienz.
b) Horten/Hamstern/Bunkern ist gar nicht so eine deutsche Eigenschaft, wie ich immer gedacht hätte.
c) Integration ist doch gelungen. Wenn die Bunkergemeinschaft jetzt noch an der Kasse in epischer Breite über das Wetter philosophiert, haben wir alles erreicht.



Donnerstag, 22. Oktober 2020

Vorwärts

Kleckern scheint von jeher zu meinen Kernkompetenzen zu gehören. Doch in letzter Zeit  wirkt es, als hätte ich meine Fähigkeiten noch weiter perfektioniert. Heute früh habe ich beispielsweise meine erste Portion Tee anstatt in n meinen Schlund im wesentlichen breitflächig auf den Fußboden gegeben. Um anschließend keinen Tee mehr vorrätig zu haben. Also hieß es einkaufen. Vor Ort freute ich mich, wie entspannt es am Morgen im Laden ist. Zuhause ebbte die Freude ab, denn die Corona-Warn-App meldete mir daraufhin drei Risiko-Kontakte, wenngleich mit niedriger Gefährdung. Alles in allem ein Vormittag mit Optimierungspotential. Ähnlich wie vorgestern. Da versuchte ich, die am Vorabend geleerte Aperol-Flasche vorschriftsmäßig in den Altglas-Container zu expedieren. Mit dem Erfolg, dass ich sie aus Versehen und aus Ungeschicklichkeit in den Hauseingang warf. Der war dann übersät mit vielen klebrigen Scherben. Vielleicht will mir das sagen, morgens einfach besser im Bett liegen zu bleiben. Mir wäre derzeit durchaus danach. Andererseits hätte ich auf die Weise heute eine ausgedehnte Mittagspause auf dem Balkon verpasst. Wenn es mir gelang, das fallende und verfärbte Laub zu ignorieren, konnte ich mir dort einen schönen Frühlingstag einbilden. Nicht so schlecht.



Montag, 19. Oktober 2020

Gerettet

Gerade als der Tag beschloss, alle Vorurteile einem Montag im Herbst gegenüber zu bestätigen, kam noch ein Lichtblick daher. Damit hatte ich nicht gerechnet, nachdem er in der Frühe mit dem üblichen Glascontainerleeren vor 7 Uhr begann, sich mit johlend vorbeimarodierenden Schülern fortsetzte, die mich bei der Arbeit störten, eine ausgekippte Teetasse aufbot und mit schlechtem Wetter pünktlich zur Mittagszeit weiterging. Sturmfreiheit sei Dank konnte ich ein spontanes Date am Abend einrichten. Dies war zwar damit verbunden, einigermaßen pünktlich die Heimarbeit zu beenden und anschließend flügelschlagend einen ausgiebigen Abstecher in die Maske einzulegen. Aber das war es allemal wert. Schon allein, weil festgestellt wurde, ich habe abgenommen. Was nach zehn Tagen mütterlichem Präpeln gar nicht stimmen kann, ich aber dennoch mit Freuden abkaufe. Merke: Nicht jeder Montag ist ein schlechter.



Sonntag, 18. Oktober 2020

Testen

Während um mich herum wieder ausprobiert wird, zum Beispiel wie das mit Urlaubsreisen nochmal ging, ist eine Versuchsreihe in meinem Leben wieder eingestellt. Nach anderthalb Monaten, in denen wir testhalber sogar mal zur Arbeit gehen durften - wenngleich in Stoßzeiten zu maximal 30%, das allerdings nur ganze zwei Wochen lang - und ich es genau einmal genutzt habe, ist jetzt wieder verbindliches Home Office angesagt. Mein Problem dabei: dass meine Motivation maximal zu einem ähnlichen Prozentsatz anwesend ist. Alles, mit dem ich mir die Heimarbeit bisher schönreden konnte, scheint ausgehebelt. Der Balkon hat wegen des Wetters und der vormals Begrünung, jetzt Begelbung oder Bebraunung, seine Attraktivität eingebüßt. Tischtennis fällt mangels Partnerin ins Wasser und selbst gekochtes Essen aus „Fruits de la Tristesse“ eignet sich auch mehr dazu, es unter vorsichtigem Rühren in den Ausguss zu geben. Amüsant finde ich immerhin all‘ diejenigen, die wettern, was für ein mieses Jahr 2020 doch sei. Süß, dieser Glaube mit dem Jahreswechsel werde alles besser.

Dienstag, 13. Oktober 2020

Don‘t Try This at Home

Für Sie getestet und nicht für gut befunden:
Morgens muss ich mir nun also wieder Strümpfe aus dem Kleiderschrank holen (das empfehle ich sogar allen). Eine Routine, die noch nicht wieder sitzt und die ich entsprechend oft vergesse. Was ich nicht empfehlen kann: so dicht vor dem Kleiderschrank zu stehen (noch keine Kontaktlinsen), dass ich mir die Schranktür beim Aufklappen mit ausreichend Wucht gegen den großen Zeh dengele. Der Vorteil: danach war ich wach. Der Nachteil: ein blanker Zeh schmerzt noch relativ lange nach einer solchen Behandlung.
Was ich, ohne es selbst getestet zu haben, auch nicht empfehle, was vom Sohn als Tester allerdings ans Herz gelegt wurde: äthiopisch/eritreisch Essen zu gehen. Im Rahmen seiner Geburtstagsfeierlichkeiten war er in trauter Zweisamkeit in einem solchen Restaurant. Es sei so lecker gewesen, dass sie so viel gegessen haben (in seinem Fall waren es wohl vier Portionen plus viel Brot - „sooo lecker!“), dass sie im Anschluss beide haben spucken müssen (meine Worte, seine waren etwas malerischer). Freudestrahlende Quintessenz war selbstverständlich, es habe einfach zu gut geschmeckt. Wir sollen das auch mal ausprobieren. Vielleicht wäre es einen Versuch wert, denn ich könnte damit herausfinden, ob mein Mehr an Lebensjahren auch mit einem Plus an Lebensweisheit und Selbstbeherrschung einhergehen könnte.

Samstag, 10. Oktober 2020

Ausnahmsweise

Neben Herbst und viel zu viel zu tun muss ich mich nun auch noch damit abfinden, heute nicht das Sagen zu haben. Wenn es nach dem designierten Bestimmer geht, gilt dies nicht nur sofort, also unverzüglich, sondern sogar für die gesamte Woche. Diese Regel hat der Jubilar heute Nacht noch vorausschauend postuliert. Das wird eine harte Umstellung, schließlich genieße ich doch seit 20, wenn nicht gar nach über 21 Jahren die Freuden größter Freiheit und Selbstbestimmung. 
Zum Glück geht es gleich heute Abend nicht allzu schlimm los, denn der Sohn verbringt den Rest seines Ehrentags lieber bei Schwester und Freundin. Demnach unverdient sturmfrei für die Nicht-Bestimmerin.



Dienstag, 6. Oktober 2020

This Time of the Year Again

Müsste ich derzeit einen Depressionsfragebogen ausfüllen, könnte ich wohl meinen Highscore schaffen. Dieser Herbst ist mit allem, was ihm vorangegangen ist, noch schwerer zu ertragen als ohnehin. Als ob die Herbstfarben auf dem eigenen Balkon, für die ich eine Zero-Tolerance-Policy fahre, nicht genügten. Nein, es muss sich zum alleine zu absolvierenden Alsterspaziergang, voraussichtlich zum letzten Mal in diesem Jahr in offenen Schuhen, aus ebendiesem Grund eine fette Blase unter dem Fuß gesellen. Außerdem musste ich die Heizung anstellen. Und einsehen, dass ich den Premium-Sonnenschirm unterdessen für längere Zeit einmotten kann. Sollte jetzt noch Melonen-Design angesagt sein, dann wohl nur als Mütze oder Regencape. Auch wenn mich der einmalige Ausflug in die stationäre Arbeit wegen Reizüberflutung nicht vollständig überzeugen konnte, verliert das Home Office ohne Mittagspausen auf dem Balkon kontinuierlich an Attraktivität. Doch ein Ausweg zum Herbstblues bleibt mir. Ich könnte auch Amok laufen. Ein Opfer hätte ich schon. Wahlweise die Halterin des Hundes „Buddy“, die dessen Namen im Dreißigsekundentakt über die benachbarte Hundewiese skandiert, oder das Tier selbst, damit mich das ewige Buddy-Geplärre nicht mehr ständig aus der Arbeit reißt. Selbst um diese Jahreszeit werde ich ja wohl noch träumen dürfen.

(Da waren Fußsohle und Wetter noch halbwegs in Ordnung.)

Samstag, 3. Oktober 2020

Jagd auf 3. Oktober

In meiner Jugend war der 3. Oktober - anders als der 17. Juni - noch ein Tag, der nicht weiter aus dem Alltag herausstach. Mir selbst ließ er qua Datum damals wie heute wenig Chancen, nicht das Ende des Sommers zu beklagen. Trotz dessen Getragenheit eins zu null für den Feiertag im Juni. Davon, dass unser Wessi-Festtag in diesem Jahr auf einen Mittwoch gefallen wäre, möchte ich gar nicht sprechen. Während in meiner Kindheit Aufreger wie „Der Butterberg“ vorzuherrschen schienen, geht es für mich heute darum, einen anderen abzubauen: den Haufen akkumulierter, wegen Besuch, Abwesenheit, Steuererklärung und allgemeiner Lustlosigkeit ungelesener Zeit-Ausgaben. Dafür ist ein Feiertag an einem Sonnabend im Herbst allemal gut. 
Seit nunmehr zwanzig Jahren, also seit dem zehnjährigen Wiedervereinigungsjubiläum, markiert der 3. Oktober zusätzlich den einwöchigen Countdown zum nächsten Saisonhöhepunkt, den Geburtstag des besten denkbaren Sohnes. Sich steigernd bis vor zehn Jahren hörte ich mir geduldig seine Begeisterung an ob der Tatsache, am 10.10.2010 10 Jahre alt zu werden. Unterdessen ist er ruhiger geworden; zumal der 20 an besagtem Datum nicht der gleiche Charme innewohnt. Mich hingegen treibt es um, dass mein Millenniumbaby demnächst nicht einmal mehr Teenager ist. Und dazu noch eine ältere Schwester, die beste denkbare Tochter, hat. Das eigene Älterwerden lässt sich so schlecht ignorieren. Sein Geburtstagswunsch dieses Jahr ist eine Reise. Dass dieser in diesem Jahr vielleicht nicht der zuträglichste ist, stelle ich als verständige Mutter hintan. Der Sohn hatte schon immer einen Hang zum Außergewöhnlichen, warum sollte sich das mit Eintritt in die neue Dekade (ja, ich weiß, Ihr Kleingeister, darin befindet er sich schon seit letztem Jahr!) ändern. So wundert es mich nicht weiter, dass einer seiner Reisepläne vorsieht, in der Türkei Uigurisch essen zu gehen. Wie Usbekisch sei das schließlich auch eine Turksprache, und unterstützen wolle er sie sowieso. Um neben dem Grünschnabel nicht ganz so unbedarft dazustehen, wollte ich ihn fragen, ob er auch einen Restaurantbesuch dieser turksprachigen Minderheit aus dem Süden Moldawiens vorsehe. Blöderweise fiel mir natürlich ihr Name nicht ein. War irgendwie klar, dass er, während ich noch überlegte, wie aus der Pistole geschossen „Gagausisch“ sagte (und mich vorsichtig für mein Unwissen tadelte, schließlich sei ich im Gegensatz zu ihm schon einmal in der Republik Moldau gewesen. Es schloss sich abermals die Tirade über die Armut eines Landes innerhalb Europas an, über die alles gesagt sei, wenn dessen Bevölkerung  zum Geldverdienen in die Türkei gehe.). Eigentlich sollte ich mich im Laufe der vielen Jahre daran gewöhnt haben, aber sein enzyklopädisches Wissen verblüfft mich gelegentlich noch immer.

(Herbstfarben allenthalben. Nie so mein Ding.)

Donnerstag, 1. Oktober 2020

Online-Dating

Zum weiteren ersten Mal in meinem Leben habe ich online ein Date klargemacht. Morgen ist es soweit.  Nach sieben Monaten Abwesenheit vom Geschäft ist es wahrscheinlich egal, dass es sich dabei um den gebuchten Arbeitsplatz vor Ort handelt. Die Aufregung ist im Zweifel sehr ähnlich.