Sonntag, 25. September 2022

Saison und Verzicht

Nachdem ich zwangsläufig zehn Tage mit angezogener Handbremse (in meiner Wohnung) unterwegs war, habe ich nun den Eindruck eines vollen Kalenders. Seit Montag arbeite ich wieder und seit Dienstag bin ich negativ - sowohl beim Testen, als auch beim Arbeitsaufkommen. Zwischenzeitlich stellte sich leichte Panik ein, das Pensum wäre nicht zu bewältigen, da sich zu den aufgeschobenen Jobs noch zahlreiche neue hinzugesellten. Dass ein Gutteil des Kollegiums wahlweise krank, auf der Messe in Köln oder anderweitig abwesend war, verbesserte die Situation nicht. In einer klassischen Rekonvaleszentenwoche mit nur 48 Wochenstunden habe ich (inkl. echter, anderthalbstündiger Mittagspause zum Wochenendbeginn) bis Freitagabend unglaublich viel weggekeult, finde ich; zumal mit vernebeltem und verlangsamtem Kopf. Man muss sich auch mal selbst loben. Doch Arbeit ist bekanntlich nicht alles. Auch privat passierte wieder etwas. Am Donnerstag hatte ich einen Arzttermin, eine dieser Vorsorgeuntersuchungen. Wieder einmal empörte mich, dass Vorsorge zu einem Luxus geworden ist, den sich nur Besserverdienende leisten können, weil die Krankenkasse in dem Zusammenhang praktisch nichts mehr zahlt. Für gut 100€ weiß ich jetzt zumindest, dass bei mir alles in Ordnung scheint. Da ich nun gerade die Spendierhosen anhabe, könnte ich glatt überlegen, ob ich mir nicht demnächst mal wieder einen Friseurbesuch leiste. Nach vier Monaten Abstinenz vielleicht schon etwas weniger als übertriebene Prasserei. Doch weiter mit meinem Programm: Fast hätte ich am Donnerstagabend eine Verabredung gehabt, wäre sie nicht wegen Krankheit (nicht meiner!) ausgefallen. Am Freitagabend spielte mir die serienmäßig eingebaute Verspätung der Bahn in die Karten. Dank der gut einstündigen Verzögerung fiel die Ankunft meines Wochenendbesuchs aus Berlin mit meinem Feierabend zusammen. Ein echter Kontakt in unseren unterdessen nicht mehr kontaminierten vier Wänden, Wahnsinn! Schön war’s. Als anständige Gastgeberin bin ich sogar zeitig aufgestanden, um fürs Frühstück zu sorgen, und selbst das hat Spaß gemacht. Dermaßen euphorisiert habe ich mir übrigens schweren Herzens auferlegt, die kommende Schweine-WM nicht durch den Kauf von Panini-Bildern/-Alben oder Duplos und Hanutas zu subventionieren. Es tut mir selbst am meisten weh. Aber wat mutt, dat mutt.
Jetzt muss ich mich den Räumungsarbeiten in meiner Wohnung widmen. Diese haben nur entfernt mit herbstlicher Nestverschönerung zu tun, kommt doch Montagmorgen der Handwerker für die Innendämmung diverser Wände, die ich mit Nachdruck versuchte, in die heizfreie Zeit zu terminieren. Epic Fail nennte es die Brut wohl. Ich nenne es ein Bombenergebnis, ist schließlich nur eine Wartezeit von etwa sechs Monaten. Außerdem ist nach meiner Definition auch bei einstelligen Temperaturen noch nicht die dunkle Jahreszeit resp. Heizperiode angebrochen, nicht im September. Können diese Blumen etwa Herbst symbolisieren? Nicht möglich.



Montag, 19. September 2022

Ein Stück Glück

Es passt hervorragend, dass der Glascontainer heute früh nicht gegen 6:30 Uhr sondern erst eine Stunde später geleert wurde. Ich habe ganz offenkundig eine Glückssträhne. Denn pünktlich zum Montag habe ich auch kein Fieber mehr, der negative Selbsttest scheint nur noch wenige Tage entfernt und mein Bett habe ich schon wieder frisch beziehen können. Mehr geht doch kaum. Ebenso war von Vorteil, dass mich die blöde Krankheit in diesem Moment erwischt hat; trat sie doch im traditionellen Bücherherbst auf. Dieser beginnt vor dem eigentlichen Herbst, scheint mir. In jedem Fall ist es eine Zeit, in der Lesen (der neuen Bücher) ohnehin das ist, was ich am liebsten ganztags machte. Zumal sie - wie in diesem Jahr - gepaart ist mit eher ausbaufähigem Wetter, das die Entscheidung für offene Schuhe erschwert hätte. All‘ diese Zweifel blieben mir dieses Jahr erspart. Fraglich war lediglich, wann ich beim Lesen entweder erschöpft wegdruselte oder abrupt aufwachte, weil mir das schwere Buch unsanft auf die Nase fiel. Einen weiteren Bücherstapel habe ich jedenfalls gar nicht erst aufkommen lassen.
Ein zusätzliches Geschenk des dicken C ist der partielle Verlust des Geruchssinns. In meiner Isolation blieb und bleibt mir zumindest erspart, mich allzu sehr an der Pumakäfigatmosphäre stören zu müssen. Nicht,  dass hier falsche Vorstellungen aufkommen! Ich brummele nicht tagaus, tagein „Astunken is noch keena, afroren schon!“ vor mich hin, sondern lüfte trotz schneidender Kälte und ebensolchen Winds brav und häufig. Nur entging mir aufgrund meiner Beeinträchtigungen, wie sehr der Müll, krankheitsbedingt nicht stark befüllt und noch seltener geleert, Lockstoffe für Fliegen ausgesandt haben muss. Mein Biotop-Experiment zeichnet sich leider nicht durch allzu große Diversität aus. Genau genommen habe ich nur diese Zwischengröße zwischen Fruchtfliege und Brummer gezüchtet. Die dafür sehr erfolg- und zahlreich. Glückliche Fügung, dass ich den essigsaueren Geruch der kleinen Weckgläser mit Balsamico, auf den sie - Achtung! - so fliegen, ebenfalls nicht wahrnehme. Läuft eben. Es wird ein 1A-Versuch eines ersten Arbeitstags, ich weiß es.





Dienstag, 13. September 2022

Erwischt

Allen außer mir war klar, dass es passieren würde. Schließlich hatte es schon fast alle außer mir ereilt. Doch ich hielt mich für übertrieben immun. Warum auch immer, da mein Zustand eher mit abgerockt als mit unbeschreiblich fit zu beschreiben gewesen wäre. Statt also die letzten Spätsommerstunden des Jahres zu genießen, liege ich seit dem Wochenende fast ausschließlich im Bett. Statt in dunklen Räumen Partys zu feiern, wünschte ich mir, mein Schlafzimmer mit Gardinen oder Ähnlichem abdunkeln zu können. Statt notorisch auf offene Schuhe angesprochen zu werden, trage ich lieber gar keine Schuhe - wenn‘s hoch kommt dicke Socken unter zwei Decken - und angesprochen werde ich auch nicht. Denn ja, pünktlich zum Freitagabend kam das böse C zu mir. Da gab es sich zwar noch nicht nachweislich zu erkennen, aber irgendwie ließ Husten ohne Halsschmerzen keinen anderen Schluss zu. Als sich am Samstag dann noch Fieber, Kopfschmerzen und so weiter hinzugesellten, gab es keine Frage mehr. Dennoch blieb es bei einem Strich. Erst als ich mich in der Nacht schlaflos und dennoch wüst vor mich her träumend zu einem weiteren Test überwand, zeigte sich ein pastellfarbener, feiner zweiter Strich. Obwohl ich ungefähr eine Million Kontakte mit Online-Kampagnen des Bundesgesundheitsministeriums zum Thema hatte, fragte ich mich doch, was wohl jetzt zu tun sei. Ich fragte die Expertin, meine Tochter, natürlich nur virtuell, denn isoliert hatte ich mich mehr oder minder, seitdem ich am Freitagabend den Jobrechner heruntergefahren hatte. Selbstverständlich versorgte mich die Tochter sofort mit Links für kostenlose PCR-Tests. Einer davon ganz in der Nähe. Den Weg dorthin schaffte ich gestern sogar. Schon zuvor hatte sich der Sohn oft erkundigt, wie es mir jetzt gehe und ob ich etwas brauche. Er war nicht der Einzige. Jetzt habe ich also offiziell die Pest, oder war es die Cholera? Dank vier Impfungen geht es unterdessen jeden Tag ein bisschen besser.
Zweckoptimistisch betrachtet hat das Ganze zusätzlich  gute Seiten: 
Ich fühle mich sehr geliebt. So viel Unterstützung, Geschenke und Wünsche von so vielen Seiten. 
Außerdem konnte ich die über 1.000 Seiten-Schwarte des neuen Cormoran Strike-Buchs in Bestzeit auslesen, ohne blöde Unterbrechung durch Menschen oder gar Arbeit. Es mag nicht mehr politisch korrekt sein, ihn zu lesen, aber er ist großartig. Das sage ich nicht nur, weil ich Fieber habe.






Dienstag, 6. September 2022

Muss nicht

Was ich nicht vermisst habe:

Von allen auf offene Schuhe angesprochen zu werden.

Arbeit, die übers Wochenende liegen geblieben ist und montags noch immer dort liegt.

Diverse leblose Fliegen auf dem Boden und den Fensterbänken jedes Zimmers.

Eine tote Wespe auf dem Grund meines Eiskaffees (die ich übrigens nur mit Glück nicht mit dem breiten Glasstrohhalm aufgesaugt habe).

Laubbläser (Ließen sich hier nicht mit dem Verweis aufs Energiesparen wieder good ol‘ Besen und Harke installieren?).