Mittwoch, 31. August 2016

Gefühlte Jahreszeit

In meinem Traum heute Nacht dachte ich, das (was auch immer es war) werde ich Mitte Juli entscheiden. Mitte Juli, im Futur! Es zeigt, dass ich mich noch im Frühling oder zumindest Frühsommer bewege. Es ist also garantiert noch nicht Zeit für Spätsommer oder gar Herbst.

Dienstag, 30. August 2016

Unverhofft

Eigentlich dachte ich, als ich aufstand, der Tag halte nichts für mich bereit. Der Sohn hatte um sieben Uhr morgens nach durchwachter Nacht beschlossen, er müsse sich jetzt unbedingt Pommes machen. Nicht etwa im Backofen! Nein, anständig im Kochtopf frittiert. Ebenso verschlafen wie ich saß seine Freundin nebendran. Sie war einer Mücke wegen aufgewacht. Bei mir war es wenigstens der Wecker. Bereits am frühen Morgen machte ich mich unbeliebt bzw. als kleinliche Mutter bemerkbar, indem ich den Sohn ermahnte, wenn er schon in aller Frühe unbedingt Frittieren müsse, solle er dies doch nicht in Feierhemd und Anzughose tun. Der Start in den Tag war also medium. Auch wenn der Sohn klaglos ein T-Shirt und eine Jeans anzog und einen Gutteil seines Kartoffelchaos' beseitigte.
Der Abend konnte für einiges entschädigen: unser jüngster Nachbar - nicht unbedingt als sonniges Kind bekannt - lächelte mich zum ersten Mal in seinem (und in meinem!) Leben an. Nicht nur einmal. Gleich mehrmals. Ach, möge dieser Sommer nie vergehen!

Montag, 29. August 2016

Montag eben

Was ich hoffentlich nicht verlernt habe: mir morgens Frühstück zu bereiten. Nach über einer Woche elterlichem Umsorgen ist die Sorge nicht unberechtigt.
Was ich definitiv nicht verlernt habe: die Relikte nächtlicher Spachtelexzesse des Sohnes wegzuräumen (inkl. PlayStation-, Laptop- und Lichtausschalten), ehe ich mich um mein Frühstück kümmere.
Ist wie Fahrradfahren, das verlernt man auch nicht.

Samstag, 27. August 2016

Zur Feier des Tages

Anlässlich des 18. Hochzeitstages war etwas Besonderes geplant: ein Besuch im Volksparkstadion in fremder Herrenbegleitung. Besser kann man den Tag kaum begehen. Am Ende doch wieder symptomatisch, dass Not gegen Elend spielte und das Unentschieden niemanden richtig glücklich machte. Immerhin waren die üblichen Verdächtigen zu sehen (Lotto King Karl, Tim Mälzer, Uwe Seeler, nicht zu vergessen: Cristiano Ronaldo) und die Verpflegung war super. Fast wie vor 18 Jahren.

Mittwoch, 24. August 2016

Fliegenpilz?

Von der Mosel zum Hautarzt in Bestzeit. Hamburg hat mich wieder. Die Tochter fragte mich, als sie meine diversen Salbetuben sah: "Oh, hast du dich verletzt?" Darauf der Sohn mit dem Kennerblick: "Nee, Pusteln. Sieht man doch." Energisch hielten mich beide an, damit müsse ich zum Arzt. Und zwar pronto. Da bin ich nun. Vor der Tür zur Öffnungszeit bereits Schlangen, wie ich sie zuletzt in der Meldestelle gesehen habe, als ich meinen Reisepass klargemacht habe. Im Wartezimmer nimmt man gerne Abstand von mir. Einzige Verbündete, ein etwa vierjähriges Mädchen, das nicht ohne Stolz alle an ihrer Freude teilhaben lässt: "Ich habe einen Pilz!" Man sieht es, die Mutter hat richtig Spaß. Hatte sie doch diskret mit gesenkter Stimme versucht, einen Termin für ihr Kind zu organisieren. Es hat auch Vorteile, wenn sie groß werden.

Montag, 22. August 2016

Pustelpüppi am Südhang

Meine Kinder hatten mir bisher voraus, dass sie schon an der Mosel waren. Jetzt  unterscheidet sie nur noch, dass sie öfter hier waren. 
Es ist wirklich schön hier. Die Häuser sehen aus, als wären sie dem Märklin-Beiwerk entsprungen. Die Mosel plätschert sanft ihres Weges. Die Niederländer marodieren in Scharen vorbei ("Ik heb Snapptschad"). Oder sie fahren mehr oder weniger lautlos mit ihren Wohnmobilen durch die Gegend. Ich wundere mich über den etwas anderen Einsatz der deutschen Sprache. "Isch habe abgeholt, dat is gut für die Gelenke.", "Dat Kaffee dauert noch. Dat macht de Scheffin." Ich könnte länger hier bleiben, für Sprachstudien und Weinproben. Wären da nicht die Pusteln, die ich in Amerika überwunden glaubte. Sie sind wieder da. Mehr als je zu vor. Ich werde wieder gemieden. Man wähnt mich als Windpockengefahr. 
So oder so geht es morgen wieder nach Hamburg. Auf dem Rücksitz neben mir habe ich einen Weinstock angeschnallt. Ein begrüntes Auto tut so viel fürs Wohlfühlklima. CR7 hatte übrigens einen klerikalen Tag.

Donnerstag, 18. August 2016

Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub

Eigentlich ist alles wie vor meinem Urlaub. Viel zu viel Arbeit und viel zu wenig Zeit. Das Ganze wird auch nicht besser, wenn man verwegene zwei Urlaubstage plant. 
Vorgestern traf ich den Gatten beim Einkaufen. Genau genommen traf er mich. Ich hatte den Ich-Muss-Ausreichend-Kalorien-Für-Einen-Fünfzehnjährigen-Heranschaffen-Tunnelblick und hätte niemanden erkannt. Ich jonglierte mit meinen Waren, während er lässig einen Eiersalat, einen Thunfischsalat und zwei Röhrchen Multivitamin-Sprudeltabletten sein Eigen  zu nennen gedachte. Mmh, lecker, ausgewogene, saisonale Ernährung! Er fragte mich, ob meine Urlaubserholung schon weg sei. Eine Woche, drei Städte, stundenlange Reisen dorthin und zwischendrin, sechs Stunden Zeitverschiebung, drei Teenager? Er redet in fremden Zungen.

Mittwoch, 17. August 2016

Hamburg, Rio, Valwig

Zeit für Verwegenes. Gestern habe ich zum ersten Mal olympische Spiele geguckt. Beim Bodenturnen tat mir die Hüfte vom Zugucken weh. Warum spielen die eigentlich Musik dazu? Vom Reckturnen ist mir phantomschlecht geworden. Wie die Buben da um die Stange kreiseln. Zumal ich nicht einmal eine Minute einfach nur am Reck hängend durchhielte. Verwundert war ich allerdings, dass die Jungs zu Anfang hochgehoben werden müssen. Der Sympathischste von den Turnern hat sich dann auch noch auf die Fresse gelegt. Man sah den Abdruck noch länger auf der rechten Seite der Stirn - genau da, wo er ohnehin schon einen Pickel hatte. Dann Beachvolleyball der Damen. Muss einem doch gesagt werden, dass die Regeln anders sind als beim normalen Affentennis. Die Ganzkörper-Getapete (englisch auszusprechen) mit der schwarzen Badekappe und der dunklen Brille hat mich geängstigt. Immerhin, beim Zusehen habe ich ein wenig Frieden mit meinen überschüssigen Pfunden gemacht. Mein Bauch mag überhaupt nicht durchtrainiert sein, aber dafür kann ich mit Oberweite aufwarten. Auch bei dieser Sportart hatte ich Schmerzen: sollte mich wundern, wenn die Aktiven nicht mit spätestens 40 vollkommen zerstörte Knie haben. Ich glaube, ich habe nicht die nötige Distanz zum Gesehenen. Fällt mir auch jeden Sonntag beim Tatort auf.
Mindestens ebenso verwegen der Entschluss, ein verlängertes Wochenende an der Mosel zu verbringen. Freitag kann die deutsche Bahn mal beweisen, ob sie mehr kann als Amtrak. Ich bin ziemlich sicher, dass Cristiano Ronaldo dieses Wochenende auch in Valwig sein wird.

Dienstag, 16. August 2016

Unvernunft

Selbst für meine Kinder überraschend: ich habe ein neues Spielzeug. Es wurde mir wie gesagt nicht über die Brut angedient, sondern von meinen Kollegen. Sie hatten schon vor mir viel Spaß damit. Ich konnte mich nicht dazu durchringen, für dieses Spielzeug Geld auszugeben. Dann war ich aber doch angefixt. Zum Glück stellte ich fest, dass es für iOS sagenhafte 17% günstiger ist als für Android (in Worten: vierzig Cent).
Seit dem Kauf drängt sich Egomane CR7 ständig in unsere Urlaubsbilder. Reaktion der Kinder: "DAFÜR gibst du Geld aus?"
Der Erwachsene genießt und schweigt. Er erwähnt nicht Kaktus-Eise, K-Pop-Devotionalien, Plüschtiere und Nintendospiele.

Montag, 15. August 2016

Neues aus dem Nest

Die Mutter kommt zu nichts. Spätestens seit das Nest wieder voll ist mit drei bis vier aufgesperrten Kükenkehlen, die nach Futter schreien. Wobei... Genau genommen ist es nur ein forderndes Küken; die anderen schlafen hauptsächlich. Das eine vertilgt auch ohne weitere Hilfe restlos alles, was die Vogelmutter unter Mühen herangeschafft hat. Nicht ohne die anderen Vögelchen zu ermahnen, nicht zu viel für sich zu beanspruchen. Beim Essen hört die Liebe auf. Die Mutter wundert sich über die Mengen. Wahrscheinlich hat sie in der letzten Woche vergessen, welche Kapazitäten im kleinen Bäuchlein ihres Nachwuchses stecken. Selbst das junge Hähnchen im Korb fragt sich, warum es dermaßen hungrig ist. Hier erweist sich die größere Lebenserfahrung der Vogelmutter von Vorteil. Sie wartet mit der Erklärung auf, dass die letzten Flüge in Sachen Nahrungsaufnahme vermutlich eine Durststrecke gewesen seien. "Stimmt!", meint das gefräßige Vogeljunge und pickt befriedigt letzte Reiskörner auf.

Samstag, 13. August 2016

Verrückt

Die Kinder haben ihren Flug von Toronto nach Warschau überstanden. Der Flug-Tracker-App sei dank weiß ich das. Jetzt müssen sie es nur noch von Polen nach Hamburg schaffen. Das sollte selbst mit LOT drin sein. 
Manchmal denke ich, ich sei zu gut für diese Welt. Die letzten Stunden in Sturmfreiheit verbringe ich damit, Fotoalben unserer gemeinsamen Amerikawoche für die Kinder zu basteln. Natürlich ganz old school mit Einkleben, Beschriftung und selbst gestaltetem Cover. Die drei Alben haben mich netto wahrscheinlich fünf Stunden gekostet, aber ich bin zufrieden. Sie sind halbwegs gelungen, finde ich.

Bei so viel Altruismus bin ich ganz beruhigt, dass meine boshafte Ader auch noch lebt. Und das tut sie. Ich plane, mir den kleinen Flitzer der Nachbarin auszuleihen, um die Kinder abzuholen. Leider, leider hat das Auto nur vier Sitzplätze, so dass der Gatte seine Heimfahrt allein regeln muss. Zugegeben, mein Plan ist ziemlich alttestamentarisch, nachdem er mich nach dreißig Sekunden Hektik und Kindereinsacken mit dem Argument in Toronto auf dem Flughafen stehen ließ, sein Mietwagen habe nur noch drei Plätze frei. Aber wer sagt, dass nicht auch hausgemachte Nettogerechtigkeit Spaß bringen kann?

Freitag, 12. August 2016

Wahnsinnig spannend

Wahrscheinlich bin ich endlich auch im digitalen Zeitalter angekommen. Ich habe heute Nacht das erste Mal von einer Website geträumt. Es handelte sich um ein Bonusprogramm. Die Seite hieß www.join.de, hatte eine lila Grundfarbe und enthielt Partner wie Shell, KLM, Air Canada und viele andere. Ich fragte mich bei dem einen oder anderen Partnerlogo, ob es wirklich das aktuelle sei. Gerade Shell kam mir recht antiquiert vor. Doch die Profis werden das schon richtig gemacht haben. Im Nachhinein überrascht mich, dass ich mir den ganzen Kram gemerkt habe. Immerhin konnte ich auf die Weise checken, dass die Seite in der Form nicht existiert, aber es eine Weiterleitung von join.de auf join.me gibt, ein Portal für Telefonkonferenzen.
Mama hat immer die aufregendsten Träume. Vielleicht fehlen mir auch einfach nur die Digital Natives.

Mittwoch, 10. August 2016

Vermissen

Was ich nicht vermisst habe:
Den Frondienst und das damit verbundene Aufstehen zu nachtschlafender Zeit.
Dass ich stundenlang drinnen sitzen und auf Bildschirme gucken soll.
Das Hamburger Herbstwetter, das sich Sommer nennt.
Dass es hier kein Tim Hortons gibt.
Termine für die Brut zu machen.
Kalte Füße.
Dass es hier keine Lemon Croissant Donuts bei Dunkin Donuts gibt.
Die stinkende Toilette auf der Arbeit.

Dienstag, 9. August 2016

Summer in the Hamlet

Es mag daran liegen, dass ich von diversen Flügen noch etwas taub bin. Es beeindruckt mich, wie ruhig unser beschauliches Dorf ist. Nur gelegentlich kündet ein verhaltenes Klackern von einer grünen Ampel (sie ist tatsächlich grün, nicht weiß und klingt anders als in Boston nicht wie eine Kuckucksuhr). Natürlich sind hier Ferien. Und der CSD ist auch gerade vorbei. So wundert es nicht, dass Hamburg St. Georg leergefegt ist wie ein verlassenes Westerndorf. Vereinzelte Wacken 2016-Relikte genießen die Ruhe ebenfalls. Wahrscheinlich sind sie aus anderen Gründen ähnlich taub wie ich. Ich gönne mir ein opulentes Frühstück im Café. Wenn Herbstwetter, Erkältung, Pusteln und Jetlag nicht wären, könnte ich den ersten erholsamen Urlaubstag des Jahres in vollen Zügen genießen.

Merkwürdiges kleines Land

Hätte man mir auch sagen können, dass es hier kalt und regnerisch ist. Und dass komische Uhrzeiten gelten. Und dass es keine Klimaanlagen gibt, man dafür Fenster öffnen kann. Und dass sie hier eine andere Sprache sprechen. Egal, ich bin von den Flügen ohnehin noch taub. Auch wenn uns tausende Kilometer trennen, fühle ich mich dem Sohn nahe.
Ja, habe ich.

Sonntag, 7. August 2016

Gerührt, nicht geschüttelt

Manchmal heißt es, der Vater meiner Kinder komme in meinen Posts nicht allzu gut weg. Heute hatte ich eher das Gefühl, ich sei zu nachsichtig mit ihm.
Die Kinder und ich flogen von Boston nach Toronto, um die Brut dort wieder abzuliefern bzw. um nach Deutschland zurückzufliegen (ich). Minutiös hatte ich dem Ex unsere gesamten Tourdaten aufgeschrieben. Als wir unser Gepäck bekamen und herauskamen, waren zwar viele Menschen da, um Fluggäste in Empfang zu nehmen, aber nicht für uns. Eine Zeit lang blickten wir um uns. Die Kinder waren nicht weiter überrascht: "Was hast du denn gedacht?", "Er will bestimmt keine Parkgebühren zahlen (stimmte, wie sich später herausstellte). Ich schickte ihm eine SMS und stellte fest, dass ich das im Oktober 2014 das letzte Mal getan habe. Er antwortete sogar prompt. Irgendwann sahen wir den nicht mehr ganz jungen Mann im senfgelben Hemd. Die Höflichkeit verbietet mir, an dieser Stelle zu wiederholen, wie meine Kinder ihren Vater bezeichneten. Er verbreitetete die übliche Hektik, fand die Verabschiedung zwischen uns übertrieben, er stehe mit seinem Mietwagen schließlich im Halteverbot. Der Sohn war enttäuscht. Er wollte noch Zeit mit mir verbringen. Ich war gerührt. Erst recht, als er sich wieder und wieder für die schöne Reise bedankte. Gut investiertes Geld, wie ich finde. Ich rechne noch am Faktor gegenüber den Parkgebühren am Flughafen Toronto herum.

Boston, Massachusetts

Eierkopp & Helga enjoying themselves in the U.S..

Samstag, 6. August 2016

Mansfield, Massachusetts

Die Freude über die Vorteile der Bahnfahrt gegenüber dem Flug hielt bis Mansfield. Kurz vor diesem Ort stoppte der Zug. Anfangs beunruhigte das nicht weiter. Erst als die mittelfreundliche Durchsage kam, die gesamte Elektrifizierung auf der Strecke nach Boston sei außer Betrieb, wurde es etwas unruhiger. Der Zug werde in Mansfield halten, man könne dort aussteigen, es gebe jedoch dort keine Busse, die nach Boston fahren. Man könne auch im Zug bleiben, zurück nach Providence fahren und sich von dort aus durchschlagen. Im Gegensatz zu den meisten Passagieren verfielen wir nicht in flügelschlagenden Aktionismus. Zumal ich nicht den Eindruck hatte, unsere geographischen Kenntnisse seien schlechter als die der Einheimischen. Wir blieben anders als 90% der Fahrgäste sitzen. Eine Dame, die ausstieg, wunderte sich, warum wir guys so ruhig blieben. Ein Grund, sich auf Europa zu freuen, ist wirklich, nicht mehr ständig mit "you guys"/"you folks" angeredet zu werden. Die Tochter antwortete etwas später und zum Glück auf deutsch: "weil wir nachdenken, bevor wir etwas tun". In Providence hatten wir das große Glück, dass ein Dieselzug bereit stand, der uns mit nur drei Stunden Verspätung nach Boston brachte.
Als Kompensation erwartete uns dort ein Fünf-Sterne-Deluxe-Hotel. Ich bin nur ein ganz kleines Bisschen aufgeregt, was auf den morgigen Rückflügen passieren wird.

Freitag, 5. August 2016

Amtrak

Nun also im Zug. Nach den letzten Flugerfahrungen bin ich recht froh, dass wir diese Reiseform gewählt haben. Ich freue mich wie ein Schnitzel, jedes Mal wenn der Lokführer hupt (heißt das bei Zügen so?), denn es klingt wie im Film. Apropos Film, die Kulisse New Yorks zog auch an uns vorbei bzw. wir an ihr. Alles kommt mir unwirklich vor. Und doch merke ich, dass ich zu europäisch, zu deutsch für dieses Land bin. Oftmals möchte ich für alle alles organisieren, weil sie umsonst viel zu hektisch sind. Mich stört diese Hetze, aber ein Gutteil der Menschen hier scheint Spaß daran zu finden, sie sogar zu provozieren. Ich wünschte mir mehr Schilder und Pläne in der U-Bahn, mehr Informationen am Bahnhof. Wahrscheinlich ist es nur die New Yorker Art, allen Auswärtigen zu zeigen, was für ignorante Landeier sie sind.

Es war klar, dass ich im Zug neben einer überspannten New Yorkerin - Typ Mia Farrow - sitzen musste. Als ich sie ansprach, ob sie vielleicht bereit sei Plätze zu tauschen, damit die Kinder bei mir sitzen könnten, wies sie mich zuerst darauf hin, dass wir uns im "Quiet Car" befinden. So laut spreche ich normalerweise und auch bei dieser Frage nicht. In jedem Fall nicht so laut wie die Bronx-gestählte Durchsagestimme, die uns mit etwa 100 Dezibel an Ruhe in diesem Waggon gemahnt. Auch nicht so laut, wie Mias Anspruchskatalog an ihren Sitzplatz. Als plumpe Deutsche saß ich das aus - und nun neben den Kindern.

Donnerstag, 4. August 2016

Pardon the Pun

Der Plan erfuhr eine Änderung, wir machten zunächst einmal in Toronto weiter. Geplant war, am Dienstagabend von Kanada aus nach New York zu fliegen. Wir hatten sogar die Einreiseformalitäten schon erledigt. Die US-amerikanischen Zollbeamten gewährten uns in ihrer unendlichen Güte Zutritt. Altersbedingt war ich die Einzige, die sich an die DDR-Grenzen erinnert fühlte. Nur der sächsische Akzent fehlte. Als wir am Gate ankamen, sagte uns der Anschlag, unser Flug sei gestrichen. Die Dame am Schalter jedoch meinte, der Flug sei zwar verspätet, aber nicht vom Tisch. Zur Sicherheit ging ich zum Schalter, an dem der nächste Flug nach New York starten sollte. Dort hieß es, doch, unser Flug sei gestrichen, wegen schlechten Wetters in La Guardia. Es wird ein ewiges Mysterium bleiben, warum der Flug eine knappe halbe Stunde später davon nicht betroffen sein sollte. Der Fluggesellschaft passte die Begründung, denn so gab es keinerlei Erstattung. Nicht einmal einen lausigen Getränkegutschein oder ähnliches. Der spätere Flug war natürlich komplett ausgebucht. Keine Chance, am gleichen Tag in die USA zu kommen. Einen kurzen Moment überlegte ich zu verzweifeln. Als Verantwortliche für drei Teenager entschied ich mich dagegen. Buchte ein Hotel am Flughafen und organisierte den Flug am nächsten Morgen. Dank ihrer schlechten Informationspolitik (gegen die sich der HVV als Profi-Kommunikationsunternehmen präsentiert) und weiterer Schwächen taufte ich WestJet in WorstJet um. Sorry für den Plattwitz, aber der musste raus.

Montag, 1. August 2016

Bievenue au Canada!

Es ist mein erstes Mal in Kanada. Fast kindlich kann ich also von meinen ersten Eindrücken berichten. Architektonisch hat mich Toronto bisher noch nicht überzeugt. Es sieht hier aus wie in England. Nur hässlicher, weil es nicht so alt und gewachsen ist. Hält die zugereisten Asiaten nicht davon ab, wie die Weltmeister zu fotografieren. Ein Gutteil der hier anzutreffenden Asiaten scheinen Kanadier zu sein. Die Kanadier aus Ontario wirken ein wenig genervt ob der französischen Hinweise. Bei der Einreise, bei Erklärungen, auf Schildern. Ich kann es zum Teil verstehen, der frankokanadische Akzent ist grauenvoll. Als ich das erste Eichhörnchen sah, erschrak ich. Ich hielt es für eine dunkle Ratte. Die Eichhörnchen sind hier schwarzbraun und haben einen weniger buschigen Schwanz als unsere. Sie kommen mindestens genauso zahlreich vor wie bei uns im Park. Man mag mich für eine überspannte Touristin gehalten habe, als ich die Daumen in die Ohren hielt und ihnen die Zunge herausstreckte. Nehmt das, Ihr blöden Viecher fresst hier doch bestimmt auch alle Blumenzwiebeln auf!  Was wirklich auffällt: wie freundlich hier alle Menschen sind. Nicht auf die oberflächliche Art wie man sie weiter südlich so häufig antrifft, sondern wirklich herzlich. Wenn das nicht über die Architektur hinwegtäuscht. Ich halte weiter die Augen offen.

Me and Sharuk Khan

Im ersten Moment wunderte ich mich, dass am Gate in Amsterdam so viele Menschen indischer Provenienz aufs Boarding warteten. Als ich ins Flugzeug einstieg, wurde alles klar. Ich befand mich an Bord von Air Bollywood (aka Jet Airways). Sämtliche Stewards und Stewardessen sahen aus, als seien sie eben einem solchen Film entsprungen. Die Fluggäste trugen das ihrige zu diesem Eindruck bei. Ebenso wie die Durchsagen, die zuerst auf Hindi kamen. Anschließend in bester Apu-aus-dem-Kwick-E-Mart-Manier vorgetragene Ansagen auf englisch. Und dann noch eine nicht enden wollende Auswahl an Bollywood-Filmen auf dem Screen. Zu guter Letzt das Vegetarian or Chicken Curry aus dem Bordservice. Eigentlich überraschend, dass es in Richtung Nordwesten und nicht Südosten ging. Ich bin beschwingt in Toronto gelandet.