Sonntag, 31. Juli 2016

Wer kann, der kann

Bevor von mir nur noch blöde Anfängerselfies kommen, schmücke ich mich schnell mal mit fremden Federn und zeige hier noch ein gelungenes:

Ober sticht Unter

Seit der Nacht von Freitag auf Samstag habe ich Halsschmerzen. War eigentlich klar, dass so etwas kommt. Spätestens seit sich Freitagabend ein erstes kleines Urlaubsgefühl einstellte, weil ich wider Erwarten fast alle Jobs erledigen konnte. Ich traue mich kaum von meinen Malessen zu berichten, um nicht in den Verruf zu kommen, genauso hypochondrisch zu sein wie manch' andere Person aus meinem Umfeld. Für einen Langstreckenflug genügte Flugangst eigentlich, finde ich. Dennoch habe ich mich gegen Valium entschieden.  Es steht zu befürchten, dass ich sonst während des Fluges wegen der verstopften Nase schnarchen werde. Wenn Eitelkeit Angst sticht, kann die Phobie nicht so groß sein.

Freitag, 29. Juli 2016

Vogel- und sturmfrei

Widersprüche, die bisher noch nicht geklärt sind:
Warum verteilt Krümelmonster seine Kekse nur, anstatt sie zu essen, wenn er sie angeblich doch so mag?
Warum heißen sie Ostfriesische Inseln, wenn Nordfriesland viel weiter östlich liegt (eine Tatsache, die den Sohn über alle Maßen echauffiert)?
Warum bekomme ich als Kompensation eine Kochschürze der Rügenwalder Mühle zugeschickt, wenn ich ihr schimmeliges Vegetarisches Mühlenhack moniere (wenn es an etwas in diesem Haushalt nicht mangelt, sind es Schürzen)? Lalala... Schimmeliges Hack ist selten von Vorteil... Lalala...

Warum fühle ich mich dermaßen vogelfrei, wenn ich etwas Verrücktes tue und von der Arbeit direkt zum Damenstammtisch fahre?
Wenigstens die letzte Frage lässt sich beantworten: weil ich nicht zwischendurch nach Hause muss, um zentnerweise Leckeres bereitzustellen.

Donnerstag, 28. Juli 2016

Langweilig

Die Kinder sind nicht da, und heute Nacht träumte ich von ihrem Vater. Er sagte mir, er wolle sich mit der Mutter einer ehemaligen Klassenkameradin unserer Tochter treffen. Innerlich wunderte ich mich: zu alt, zu gläubig und dabei zu verheiratet, um in sein Beuteschema zu passen. Er klärte mich auf, er wolle sich nun um das Abitur der Tochter kümmern und mit besagter Mutter Chemie lernen. Ich erwiderte zuerst, mir sei, als komme die Tochter im wahrsten Sinne des Wortes sehr gut alleine zurecht. Als nächstes erwähnte ich, dass sich die andere Tochter für das naturwissenschaftliche Profil entschieden habe, während unsere Tochter das sprachlich-künstlerische gewählt habe. Er tat es als Petitesse ab. Schließlich hatte er sich fest entschlossen, sich zu engagieren. Ernüchtern konnte ich ihn erst, als ich ihn darüber informierte, dass die Tochter Chemie abgewählt habe ("aus Gründen", wie meine Kolleginnen sagten).
Wenn Realistin zu sein bedeutet, dass sich auch die Träume ausschließlich im Bereich des Möglichen bewegen, dann möchte ich jetzt sofort aus dem Reålland abgeholt werden. 

Mittwoch, 27. Juli 2016

Strategien

Habe ich es nicht gesagt? Ich vermisse die Kinder. Erst recht, nachdem der Sohn mir schrieb:
Auch der Sohn beherrscht die üblichen Durchhaltestrategien. Die sind auch sehr nötig. Als ob es noch mehr Beweise für meine Urlaubsreife gebraucht hätte, stellt sich ein Großteil dessen, was ich bisher für Mückenstiche hielt, als Pusteln heraus. Vielleicht sollte ich Hochgeschlossenes und Langärmeliges tragen, um meine Amerika-Einreise nicht zu gefährden?

Dienstag, 26. Juli 2016

Sisyphos light

Der blöde Tag gestern konnte nur durch etwas ganz Verrücktes aufgewertet werden. Deswegen war mein Plan, den ersten sturmfreien Abend durch frühes Ins-Bett-Gehen zu krönen. So früh, dass es noch hell sein sollte. Dass ich ohne Licht noch fünf Seiten lesen und dann in einen komatösen Schlaf fallen könnte. Irgendwie klar, dass der Plan nicht aufging. Zuerst habe ich für Teilzeitmuddie zu spät den Feierabend eingeleutet. Genau genommen bin ich wieder als Letzte gegangen. Dann gab es noch diverse Jobs zuhause: den Weg ins Schlafzimmer freiräumen, die Blumen mit Wasser versorgen (vor allem die der Nachbarn, die ich in Pflege habe!) und die Luft etwas abkühlen lassen. Dann nochmal den Flug der Kinder checken (Warum hängen sie so lange über den Shetlandinseln fest?). 

Und schwupps ist es dunkel. Selbst im Juli in Hamburg. Um dann mit dem Licht (zum Lesen) noch ein paar Mücken anzulocken, obwohl ich mit ihnen bereits mehr als ausreichend versorgt bin. Den Gedanken an meine Phantomflugangst verdrängen. Gegen 3 Uhr aus einem Schlaf aufwachen, der verdammt weit von erholsamem Tiefschlaf entfernt ist.  Ob die Kinder unterdessen angekommen sind? Ich schleiche nach unten in die Küche, wo ich das Telefon über Nacht parke. Darin bin ich sehr old school. Es muss wohl der mütterliche Instinkt gewesen sein, denn das Telefon ist lautlos gestellt: es findet sich eine Nachricht des Gatten, sie seien gut gelandet und befinden sich am Gepäckband. Die Nachricht ist deutlich frischer als ich, gerade zehn Minuten alt. Danach bin ich zwar beruhigt, aber wach. Ich versuche es mit Lesen für weitere Mücken. Hundert Seiten später schlafe ich wieder ein. Es dämmert schon ziemlich. 
Heute mache ich mal was Verrücktes. Ich gehe früh ins Bett. 

Montag, 25. Juli 2016

Bock zum Gärtner

Es könnte alles so schön sein. Fast eine ganze Woche sturmfrei! Wenn nicht meine Phantomflugangst wäre. Dass ich den gestrigen Tag ununterbrochen mit drei aufgescheuchten Hühnern (Tochter, Sohn und seine Freundin) zugebracht habe - geschenkt! Dass ich den ganzen Sonntag Essen zubereitet, gewaschen, organisiert, erinnert, geholfen und beruhigt habe - Schwamm drüber! Dass ich in all' dem noch einen Kuchen für einen Kollegen gebacken habe - normal. Dass ich heute früh - und ich meine wirklich früh, als es noch dunkel war - fast stoisch die übliche Hektik ertragen habe, die der Gatte verbreitet, spricht für meine Stabilität. Die Kinder waren sichtlich genervt. (Die Tochter: "Das ist so anstrengend!" Ich: "Ach, Du meinst den Stress am frühen Morgen?" Die Tochter: "Nein, ich meine überhaupt.") Ich verbuche es unter Nettogerechtigkeit, dass er die nächsten 24 Stunden mit drei müden, genervten und lustlosen Teenagern verbringen muss.
Was mich allerdings echt ärgert, dass ich in dieser Zeit des Semi-Urlaubs so unglaublich viel Arbeit habe. Und relativ wenig Motivation. 24 Stunden pro Arbeitstag reichten nicht aus. Ganz zu schweigen von den sieben, für die ich bezahlt werde. Vielleicht nicht allzu klug, eine der Urlaubsreifen als Urlaubsvertretung zu nehmen. 

Samstag, 23. Juli 2016

Summertime

Heute bekam ich eine Einladung zu meinem Bruder. Ich freute mich, schließlich kommt es außerhalb von Geburtstag oder Family Reunions nicht dazu. Außerdem wurde mir Johannisbeerkuchen angekündigt. Für den besuchte ich selbst den Papst. Später erhielt ich noch ein Upgrade zum anschließenden Grillen. Ein Feiertag! Zwei mir bekannte Teenager hätte ich sogar auch mitbringen dürfen. Doch für sie scheint Johannisbeertorte nicht die gleiche Anziehungskraft zu besitzen. Sie lehnten dankend ab. Sie stecken knietief - durchaus wörtlich gemeint - in Reisevorbereitungen. Ich eigentlich auch, in ihren. Aber egal. Die Tochter geriet allerdings kurz ins Grübeln. Könnte sie doch im Bus nach Flottbek Pokémons einsammeln. Sie habe schließlich eine Verantwortung den Viechern gegenüber. Ja, wenn das so ist. Sie blieb dennoch hart gegen sich und ihre Schutzbefohlenen.

Freitag, 22. Juli 2016

Mein Herz!

Als ob Sommerfest und ungewohnt hohe Temperaturen nicht genug gewesen wären. Nein! Ich brauchte neben 1a-Beachclubsandpanade noch etwas Aufregung am Abend. 
Der Gatte will demnächst sich und die Kinder online einchecken. So weit, so verständlich, wenn man Montag fliegt. Problematisch nur die Freundin des Sohnes, deren Flug ich gebucht habe. Warum auch immer; aber das ist ein anderes Thema. Ich fand jedenfalls die Bestätigung nicht in meinem Account. Kein Problem, dachte ich, denn ich war mir ziemlich sicher, die Buchungsdaten zu ihrer Adresse geschickt haben zu lassen. Mulmig wurde mir, als sie sagte, sie habe nichts. Auch kein Problem, ich habe ja meine Kreditkartenabrechnungen, dachte ich. Es hat nur etwa zehn Minuten gedauert, bis ich sie gefunden habe. Nach dem Randomverfahren über die Wohnung verteilt. Juni nichts, Mai nichts, April nichts, beginnende Bauchkrämpfe, März nichts. Währenddessen will der Sohn mir vorführen, wie toll die russische Nationalhymne ist und wie großartig er sie mitsingen kann. Er ist Zweitgeborener und merkt zum Glück sofort, dass jetzt nicht der Moment dafür ist. Februar nichts, Schweißausbrüche. Habe ich vielleicht gar nicht gebucht? Werde ich vollkommen irre? Januar, da ist was! Und auch noch von Expedia. Das muss es sein. Innerhalb von weiteren fünf Minuten habe ich sogar deren Servicenummer aus dem Netz gezogen. Blöd nur, dass die Automatenstimme die Buchungsnummer haben möchte. Ich schreie den Automaten an: "Ich habe keine, das ist ja das Problem!" Stoisch die Antwort: "Ich habe Sie nicht verstanden." Der Sohn versteckt sich unterdessen unter der Sofadecke (auch kein Spaß bei dem Wetter), weil er die lautstarke Mutter nur schwer erträgt. Nächster Versuch, ich drücke nach dem Zufallsprinzip andere Nummern als vorher und - siehe da! - ich spreche mit einem Menschen. Ein Mann slawischer Provenienz. Ich schildere meine Situation. Er bleibt ruhig. So etwas scheint er nicht zum ersten Mal zu erleben. Ich bin spontanverliebt. Er ruft meine Buchungen ab. Flug, aber zum späteren Zeitpunkt, Hotelzimmer. Kein passender Flug. Der Bauch krampft wieder. Ich bin doch nicht verliebt. Ich bitte ihn, es mit der e-Mail-Adresse der Freundin zu versuchen. Ja! Da ist sie. Er fragt mich, ob er mir die Bestätigung schicken soll. Unbedingt. Ich will ihn heiraten. Da das nicht statthaft ist, bedanke ich mich wenigstens überschwänglich. Dem Sohn ist auch das peinlich. Er strahlt dennoch, weil "wir" es geschafft haben. Ich auch.
Schlecht geschlafen habe ich trotzdem. "Von welcher Hotelbuchung sprach der nette Expedia-Mann bloß?", geisterte in meinem Kopf herum. Diese Bestätigung fand sich in meinem Account zumindest. Sie passte vom Datum nicht mehr, weswegen ich sie stornierte. Nicht auszudenken, wenn ich nicht mit dem netten Mann gesprochen hätte! Man darf mich ab heute offiziell Schussel nennen.

Donnerstag, 21. Juli 2016

Vorleben ist doch nicht alles

An die Reste nächtlicher Spachtelexzesse, die sich auch am nächsten Morgen noch in voller Pracht unterbreiten, habe ich mich unterdessen gewöhnt. Langsam bin ich nun doch genervt. Ich finde morgens keine Teekanne mehr. Meine Vermutung ist, dass sich die Kannen in trauter Runde in einer dieser Räuberhöhlen befinden, die sich euphemistisch Kinderzimmer nennen. Wieder einmal macht mir meine Gutmütigkeit einen Strich durch die Rechnung. Eigentlich hätte ich jedes Recht der Welt, in der üblichen Muddie-ist-eigentlich-bei-der-GSG 9-Manier besagtes Zimmer zu stürmen und mir meine Kannen herauszuholen. Und doch denke ich: "Komm', ist erster Ferientag, lass' das Kind ausschlafen, es war schließlich noch bis 23 Uhr draußen, um Pokémons zu fangen." Dabei sind es nicht nur die Teekannen. Auch wenn sie mich besonders hart treffen, da ich vor dem ersten Liter Tee am Morgen unleidlich bin. Es sind auch die Strumpfhosen, Concealer, Ladekabel, Kopfhörer, die verdeutlichen, wie fließend die Übergänge zwischen Dein und Mein sein können. Von den Monatshygieneartikeln möchte ich an dieser Stelle gar nicht sprechen. Nur so viel: immer wenn man sie braucht, sind keine mehr da.
Und doch weiß ich, spätestens Dienstag werde ich die Brut vermissen (sie fliegen am Montag). Es sei denn, ich entrümpele ihre Zimmer.

Mittwoch, 20. Juli 2016

Der Wahnsinn

Bisher hat mich der ganze Rummel um Pokémon Go ziemlich kalt gelassen. Gelegentlich hörte ich die Kollegen darüber sprechen, wie man brüte, dass die Rotoren auf dem Dach ins Spiel eingebunden seien, wo Hotspots seien und ähnliches. Nun ist die Tochter auch infiziert. Während der Schulzeit verwehrte sie sich den Spaß noch. Pünktlich zum Beginn der Ferien ist sie eingestiegen. Mit dem Hinweis auf ein schlechtes Zeugnis kann ich es ihr wohl auch nicht verbieten.  Obwohl 10 Punkte in Sport als schlechteste Note natürlich empörend sind. Was soll's? Durch Pokémon Go hat sie ja jetzt sportliche Betätigung. Zum Einkaufen begleitete sie mich in der Hoffnung, auf irgendwelche Viecher zu treffen. Innerhalb von vier Stunden ist sie auf Level 6 avanciert. In Bestzeit fand sie heraus, dass unser Nachbarhaus, ein Stift für Demenzkranke, ein Poké Stop sei. Whatever that means. Man kann den Spieldesignern jedenfalls nicht einen gewissen Sinn für Humor absprechen. Die Tochter findet es toll, Neues in ihrer Hood zu entdecken. Die Bewegung wird als Workout verbucht. Auch erkennt sie sofort Gleichgesinnte. Was zugegeben momentan nicht allzu schwer ist. Als sie vorhin aus unserer Küche in den Park sah, meinte ich, sie sagen zu hören: "Die spionieren uns aus." Stattdessen sagte sie: "Die spielen das auch."
Ich warte auf die Weiterentwicklung des Spiels, die zur Folge haben wird, dass Kinder den Müll rausbringen.

Dienstag, 19. Juli 2016

Draußen

Schon beim Mittagessen konnte ich gestern meinen Lieblingsseesatz bringen: "Dahinten wird's heller." Was war dieses Blendende am Himmel nochmal? Zutiefst verunsichert traute ich mich auch am Abend nicht, ebendiesen auf dem Balkon zu verbringen. Hinzukam, dass ich mich trotz gestriger Trockenheit nicht dem Bepflanzungsgrauen aussetzen wollte. Auch wenn der grüne Daumen nicht die erste Geige unter meinen Organen spielt, kann ich die gebeutelten Pflanzen nicht ansehen, ohne ihnen meine Hilfe anzudienen. So setzte ich mich lieber in die Küche, nachdem ich sie leidlich von den dort ausgetragenen Schlachten zweier Teenager befreit hatte. Aber heute Abend wage ich es auf den Balkon. Mal was Verrücktes tun.

Montag, 18. Juli 2016

Das Wort zum Sonntag

Am Nachmittag traf ich wieder einmal mit der Tochter zusammen. Stimmt! Der süße Panda gehört auch zur Familie. Abi-Bälle, Konzerte und Hundehüten in Bergedorf vereitelten längere Anwesenheiten zu Hause. Zu Hause ist übrigens da, wo das WLAN ist. 
Meine vorzügliche Pfifferlingsoße verschmähte sie zu den Nudeln, sie aß sie lieber mit Ketchup. Von mir hat sie das nicht! Immerhin sie probierte sie pur und fand sie nicht so toll. Immer noch besser als der Sohn, dem weder die Art der Nudeln noch die Soße zusagten. Während wir also gemeinsam am Tisch saßen, hörten wir draußen energisches und ausdauerndes Babygeschrei. Später stellte sich noch das Gejaule des älteren Geschwisterkindes dazu ein. Wenig pädagogisch, aber sehr mitfühlend merkte ich an, das sei der Moment, in dem man als Mutter alles hinwerfen wolle - sich selbst inklusive - und sage, das habe man sich so nicht vorgestellt. Zum Glück war die Tochter nachdenklich und nahm meine Bemerkung nicht krumm. Etwas zeitverzögert meinte sie, man müsse sich einfach mehr Zeit nehmen. Ich war beeindruckt ob der Weitsicht einer Siebzehnjährigen. Bis sie hinzugefügte: "Vielleicht so mindestens sieben Jahre Abstand zwischen den Kindern."

Sonntag, 17. Juli 2016

Teenagerliebe

Es ging schon Freitagabend los, dieses Gefühl, plötzlich wieder jugendlich zu sein. Auch wenn der Blick in den Spiegel zu Recht Anderes sagt. Erst fuhren wir nach dem Element of Crime-Konzert - ja, ich mochte sie schon zu meinen Teenagertagen, als Sven Regener noch englisch sang - mit den Rädern durch verwinkelte Schrebergärtenwege. Dann verwegen vorbei an der Polizei am Wiesendamm. Mein Vorderlicht funktionierte nicht. Das wusste ich zwar, es entfällt einem im Sommer aber allzu leicht. Was ich nicht wusste: dass das Rücklicht auch nicht geht. Nachdem mir jemand drei Schrauben inklusive Muttern zur Halterung des Gepäckträgers gemopst hat (Hehlerwert im Nanobereich), muss sich wohl der Kontakt zum Rücklicht gelöst haben. Anders als zu Teenagerzeiten lebe ich eben nicht mehr bei den Eltern. Mein Vater hätte sich dieser Probleme sicher sofort angenommen. Kurz vor dem Ziel fuhren wir noch an zwei Obdachlosen mit Migrationshintergrund vorbei, die es sich auf dem Mäuerchen vor der Kardiologie des AK St. Georg gemütlich gemacht hatten und auf ihrem Transistorradio konzentriert den Verkehrsfunk verfolgten. Einige Kilometer Stau um Bielefeld-Sennestadt. Es kam fast ein Gefühl von Sommer auf.
Gestern hieß es dann Abschied nehmen. Wir führten die Gerd Müller-Gedächtnis-Halle in ihren sekundären Urzustand zurück; sie wurde wieder zur ehemaligen Impfhalle der Staatsimpfanstalt. Wer sie noch nicht kennt: in diesem Zustand am Tag des offenen Denkmals in seiner ganzen Pracht zu bewundern. Wir demontierten die Stuhlreihen und die in schwindelerregender Höhe angebrachte Verdunkelungsfolie. Da unser Hausmeister derzeit im Urlaub weilt, kamen wir uns vor wie Jugendliche, die die Wohnung nach einem Gelage in Ordnung bringen, weil die Eltern nach ihrem auswärts verbrachten Wochenende zurückerwartet werden.  Auch wenn die Aktion uns bedeutete, die EM ist nun wirklich vorbei, ging sie ganz vergnügt vonstatten. Ihr waren untypischerweise auch keine übertriebenen Alkoholexzesse vorangegangen. Das war wohl ein weiterer Unterschied zu den Teenagerzeiten.
Mein Fahrrad hat der Nachbar repariert. Erwähnte ich schon, dass ich die besten der Welt habe?

Samstag, 16. Juli 2016

Deutschlehrer und Wanderschuhe

Gestern war ich wieder einmal beim traditionellen Treffen der Deutschlehrerzausel und Wanderschuhträger, dem Element of Crime-Konzert. Bei Herrn Regeners Liedzeile "Wo deine Füße stehen, ist der Mittelpunkt der Welt" fühlte ich mich aufgefordert, den Blick auf meine Füße und auf die aller Umstehenden zu richten. Mitte Juli und ich war die Einzige mit offenen Schuhen. Statt dessen Wanderschuhe in allen Braun- und Grautönen. Einzig Buntes höchstens verrückt farbige Schnürsenkel. Die große Schnittmenge EoC-Fan-Deutschlehrer war mir schon bei den vorangegangenen Veranstaltungen aufgefallen. Ein Novum jedoch das Schuhwerk. Nun wage ich die These, dass sich auch der eine oder andere Geographielehrer darunter war. Man braucht schließlich auch ein Nebenfach. Überraschend außerdem, dass die Nachbarschaft zu den Lehrern uns genauso kontaktstoned hinterließ, als wenn wir uns zwischen einem Rudel Abendschülern im Lohmühlenpark aufgehalten hätten. Die gemeinsame Vorliebe für den schwarzen Afghanen stärkt bestimmt das Lehrer-Schüler-Verhältnis. So oder so, das Konzert war dank eines gut gelaunten Sven Regener toll.

Freitag, 15. Juli 2016

Ich schließe die Augen und träume weiter

Bei all dem Wahnsinn in der Welt muss man sich manchmal den Rückzug ins Private gönnen. Bis etwa 23 Uhr habe ich den gestrigen Abend sehr genossen. Nicht nur wegen der Erinnerungen an den Donnerstag der Vorwoche. Dabei fällt mir wieder eine Begebenheit am Rande des ruhmreichen Abends ein: 
Dem Sohn fiel an besagtem Donnerstag auf, dass er für den folgenden Freitag feierliche Kleidung benötige. Eigentlich überraschend, dass ich früher daran dachte als er, der deutlich eitler ist. So verbrachten wir den Nachmittag vor der Lesung im Bermudadreieck der Spitaler- und Mönckebergstraße auf der Suche nach etwas Passendem. Erfolgreich, möchte ich sagen. Trotz meiner Mahnung, er solle seinen neuen, "tighten" Anzug nicht schon am Vorabend einsauen und deswegen bis zu seinem Einsatz auf den Bügel hängen, bestand er darauf, ihn bereits zu "meiner" Lesung zu tragen. Ich war gleichermaßen besorgt wie geehrt. Die Kinder zogen später (nach mir) zu Fuß in Richtung Literaturhaus. Auf dem Weg dorthin kamen sie an zwei Männern vorbei, die die Tochter in ihrer üblichen political correctness als Obdachlose bezeichnete. Einer lobte den Sohn für sein Aussehen und fragte, ob er Model sei. Der Sohn antwortete, er modelle gelegentlich (womit er seine privaten Auftritte gemeint haben muss, er bediente sich doch keiner Lügen!). Ebendieser Mann meinte, das sehe er, er sei nämlich Modelscout für Wolfgang Joop. Das Pokerface meiner Kinder scheint ähnlich schlecht zu funktionieren wie meins. Jedenfalls änderte der Modeexperte ansatzlos seine Strategie. Er fragte den Sohn: "Hast du Ganja dabei? Wollen wir eine buffen?" Ich hätte an der Stelle des Sohnes wohl geantwortet, Kiffen schade dem Teint oder so, aber so erwachsen ist er noch nicht. 
Wer also den gutaussehenden jungen Mann - slightly overdressed - am letzten Donnerstag im Literaturhaus bewundert hat, dem sage ich mit stolz geschwellter Brust: mein Sohn. Und das beeindruckende Mädchen neben ihm meine Tochter. Habe ich schon einmal erwähnt, dass sie toll sind?

Donnerstag, 14. Juli 2016

Sommersaison

Woran man merkt, dass Sommer ist:
- Die Vögel wecken einen gegen vier Uhr morgens mit ihrem Gezwitscher.
- In der U-Bahn ist es stickig.
- Die Spülmaschine fängt mit nur drei Tassen an zu stinken.
Andere Indikatoren gibt es derzeit leider nicht.

Mittwoch, 13. Juli 2016

Juli und Juni!

Ihr seid bisher eine einzige Enttäuschung. Netto gab es bisher einen balkontauglichen Abend. Ich bin einfach nur müde. Mein Plan fürs Wochenende sieht intermittierenden Winterschlaf vor. Und das nicht nur, um den dubeligen Schlagermove zu umgehen. Ich bin einfach nur müde. Und dabei nicht alleine. Wenn wir nicht weggedruselt sind, werden bei der Arbeit die besten Strategien gegen Müdigkeit erörtert. Kaffee alleine reicht bei diesem Klima nicht mehr. Ich rechne damit, dass demnächst die gesamte Großraumdisco auf den Tastaturen eingeschlafen ist. Ölkzccfffffffgggggg. Sollten wir jemals wieder aufwachen, haben wir auf einer Seite des Gesichts kleine Quadrate eintätowiert. Die Tastaturen werden ruiniert sein, der hineingelaufene Sabber wird ganze Arbeit geleistet haben.
Selbst meine üblichen Zweckoptimismusformeln greifen nicht mehr. "Dann muss ich wenigstens nicht die Balkonblumen gießen." ist "Ich muss schon wieder Wasser aus den Töpfen und Kästen ausgießen." gewichen. Ich habe mich damit abgefunden, dass meine Petunien aus ihrem verhagelten Zustand nicht mehr herauskommen.
Die Sonne kennen wir noch aus Kinderbüchern. Bei meinen Kindern bin ich noch unschlüssig, ob ich sie in die Kategorie "Untote" oder "Panda" einsortieren soll.
Hatte ich schon erwähnt, dass ich müde bin?
Also, Juli, zeige Dich mal von Deiner besseren Seite! Die ohne kalte und/oder nasse Füße, ohne Herbsttristesse und ohne Infekte. Kleiner Tipp von mir: wenn Du immer noch Bock auf Regen, Kälte und Sturm hast, nimm einfach Gebiete südlich der Harburger Berge!

Dienstag, 12. Juli 2016

St. Georg-Knigge

Die Tochter und ich gingen gestern Abend in den Edeka-Markt unseres beschaulichen Dorfes. Wir hatten den Auftrag des Sohnes/Bruders etwas Leckeres, bevorzugt Portugiesisches mitzubringen. In irgendwelchen Regalreihen wies sie mich unauffällig darauf hin, dass sich weiter hinten Steffen Henssler befinde. Ohne den töchterlichen Hinweis hätte ich ihn wohl übersehen. Er ist deutlich kleiner und dunkelhaariger als ich gedacht hätte. Zudem trug er eine recht prominente Baseballkappe. Wie es der Zufall wollte, standen wir an der Kasse direkt hinter Herrn Henssler, seiner Frau (nehme ich an) und seinen beiden Töchtern. Einen kurzen Moment spielte ich mit dem Gedanken, mich für meine Einkäufe zu schämen, die so direkt hinter den Hensslerschen Lebensmitteln lagen. Schließlich hatten wir in Ermangelung besserer Ideen Tiefkühlgemüse und Garnelen gekauft. Das schlechte Gewissen war in Bestzeit verflogen, als ich in seinen Einkäufen einen Gut-und-Günstig-Schokopudding mit Sahne und vergleichbar Unkoscheres entdeckte. Vollends verabschiedete es sich, als die Tochter in ihrer späteren Manöverkritik feststellte, der Starkoch sei unsympathisch herübergekommen. Man telefoniere nicht, während man bezahle. Vor allem, wenn man die zusammengerollten Scheine ("Hast du den Fünfhunderter gesehen?") lustlos aus der Tasche fischt und ebenso der Kassiererin überreicht. Sie fand, er hätte seiner Frau das Geld geben können, damit sie bezahle und er in Ruhe weiter telefonieren könne. Man lernt so viel von den "Mobile Natives".

Umschulden

Die bekannte Nummer erschien auf dem Display. Die Kollegen kennen den Gesichtsausdruck, mit dem ich die Anrufe des Gatten quittiere. Ob er abends gegen 21:30 Uhr vorbeikommen könne? Soweit zum Plan, die Passivsportmüdigkeit auszukurieren. Ob die Kinder dann auch da seien? Er nannte ihrer beider Namen. Ich wisse durchaus, wie unsere Kinder heißen, antwortete ich. Zugegeben etwas schnippisch. Wie üblich prallte es an ihm ab. 
Wie üblich nach der verabredeten Zeit erschien der Vater, um um den Sohn herum etwas aufzuräumen und die Tochter lautstark heranzuzitieren, die sich kurz vorher schlafen gelegt hatte. Etwas überrascht war ich, als er neben den avisierten Bankunterlagen auch eine Pikkoloflasche aus seinem Rucksack zauberte. Geschüttelt, nicht gerührt. Er wiederum war überrascht, dass ich seine neue Brille bemerkte; ich sei der/die Einzige, der sie aufgefallen sei. Wie gut man sich doch nach fast 18 Jahren Ehe kennt.
Der Sekt war zur Feier des ersten gelöschten Kredits gedacht. Den zweiten ändern wir demnächst, aber der ist ein Klacks. Noch etwas, das wir - neben den Kindern - gut hinbekommen haben. Soll es auch geben. Müde bin ich weiterhin.

Montag, 11. Juli 2016

Spieltag 23

Ein furioses Finale, das wir hier veranstaltet haben. Vor allem weil es im Gegensatz zum unerträglich langweiligen Spielgeschehen stand. Wir waren offensiv, wenn es erforderlich war: Grill aufgestellt und den Schirm im Keller gelassen. Wir hatten echtes FairPlay inklusive Respekt: diverse Nationalitäten, Franzosen und Portugiesen in der Gerd Müller-Gedächtnis-Halle traut vereint. 
Ich will es zugeben, wir haben den Portugiesen den Titel nicht gegönnt. Sie haben uns schließlich mit den sechs ermüdendsten Spielen dieser EM gequält. Außerdem hätte es die Höflichkeit geboten, den Gastgeber gewinnen zu lassen. Am Ende waren wir jedoch so mürbe gespielt, dass wir uns über irgendein Tor freuen konnten.
Ein Novum gab es zum Finale: die Voodoopuppe musste während des Spiels umgerüstet werden, nachdem sie an Cristiano Ronaldo ganze Arbeit geleistet hatte.


Sonntag, 10. Juli 2016

Spielfrei VIII

Ein Tag dolcefarniente. Lediglich bis etwa 18 Uhr Kalorien heranschaffen und dann vier bis fünf Folgen "Home Fires" auf DVD gucken. Bis der Sohn mich ermahnt, ich solle jetzt langsam mal ins Bett gehen. Sie werden erwachsen. Vielleicht sogar erwachsener als ihre Eltern.

Samstag, 9. Juli 2016

Spielfrei VII

Mein plötzlicher Weltruhm führte dazu, dass ich mich gestern feiern ließ. Erst tagsüber von den Kollegen - denn ich ging trotz meines literarischen Durchbruchs pflichtbewusst zu meinem Frondienst -, dann abends mit einer Essenseunladung. Den ganzen Tag summte ich aus gegebenem Anlass das neue Peter Gabriel-Lied "I'm Amazing" ("Look at me, Look at me, look what I can do, I'm amazing"). Die bei der Lesung Anwesenden versicherten, sie seien stolz auf mich gewesen. Läuft also alles. Nur eines wundert mich: auf meinem Blog ist seit dem eher weniger als mehr Traffic zu verzeichnen. Kann nur am Wetter liegen.

Ich träume weiter

Heute Nacht träumte ich, eine Kollegin und ich erledigten die Aufgabe, einer gemeinsamen ehemaligen Kollegin ihren Geburtstagswunsch zu besorgen. Sie wünschte sich Entkalker für ihre Kaffeemaschine. Wir befanden uns also vor den Regalen eines Drogeriemarktes. Die Kollegin entschied sich für das Großgebinde eines Calgon-Wettbewerbers. In meinem Traum gab es den, von Henkel. Ich echauffierte mich. Erstens weil sie nicht automatisch zu Calgon griff. Zweitens weil man das für die Wasch- und nicht für die Kaffeemaschine nutze. Wie könne man über vierzig werden und das nicht wissen? Für Kaffeemaschinen nehme man Reiniger auf Basis von Zitronensäure. Falls sie darauf bestehe, könne ich ihr ein wenig von meinem Wasserenthärterpulver dekorativ verpacken. Dann müssten wir die Riesenpackung des unsäglichen Produktes nicht kaufen. Sie fand die Idee doof, griff im Vorbeigehen noch die Zitronensäure und stratzte zur Kasse.
Erschreckend, dass ich meinen Kunden nachts so sehr vergesse, um mich nicht an den Entkalker von Cillit Bang zu erinnern.

Freitag, 8. Juli 2016

Spieltag 22

Ab jetzt haben wir abends wieder frei. Wir überlegen noch, was wir Sonntagabend machen. Unser Favorit ist Keksebacken. Die Entscheidung gegen Fußball hat nichts mit übertriebenem Patriotismus zu tun. Es ist nur klar, dass das Finalspiel ein sterbenslangweiliges wird. Also Schwamm drüber!

Für mich selbst war der Abend erfolgreicher. Auch wenn es am Morgen noch nicht so aussah. Der Plan sah vor, einen Tag für mich zu haben. Wie man sich einen Urlaubstag in der Woche vorstellt: Beauty, Wellness, das volle Programm. Ach, damit rechnen sie bloß! Es begann damit, dass ich mir gegen 9 Uhr einen Tee kochte, als es an der Haustür klopfte. Der Betreuer des Sohnes wünschte Unterhaltung. Das Tee-Angebot lehnte er dankend ab, aber ob ich einen Kaffee für ihn habe. So Bewirtung it is. Gegen 11:30 Uhr war er herauskomplimentiert. Dann Warten auf den REWE-Mann. Anschließend zur Meldestelle, um den Pass abzuholen. Dort festzustellen, dass ich den Abholschein vergessen habe. Nochmal zurück. Diesmal aber. Zum Abholen des Ausweises solle ich Zeit mitbringen. Ach, kein Problem, ich habe Urlaub! Beim Warten entdecken, dass der Betreuer mir eine Nachricht auf dem Telefon hinterlassen hat: er habe seine Tasche bei uns vergessen, ob er sie gegen 16:15 Uhr bei uns abholen könne. Kein Problem, ich habe ja Urlaub. Gegen 14 Uhr zu Hause werde ich nicht nur von den üblichen Worten des Sohnes empfangen ("Gibt es was Leckeres?"), sondern auch, dass er nichts für morgen anzuziehen habe. Okay, bis 16 Uhr können wir in die Stadt, dann müssen wir zu Hause sein. Der ursprüngliche Plan, die Tochter mit der Taschenübergabe zu beauftragen, ging nicht auf, da sie wichtige, andere Termine hat. Geht doch alles, ich habe ja Urlaub. Im kurzen Shopping-Slot waren wir recht erfolgreich. Der Sohn hat nur noch den Auftrag, ein Hemd zu besorgen, als ich ihn in der Stadt zurück lasse, um rechtzeitig wieder vor Ort zu sein. Um es im eBay-Duktus zu sagen: alles bestens geklappt, nicht unbedingt immer wieder gerne. Danach den zurückgekehrten Sohn bewundern ("Ich bin einfach der Anzugtyp." - und er hat recht!). Beauty reduziert sich damit auf die übliche halbe Stunde. 
Dann gegen Aufregung kämpfen und gewinnen. "Eine echt gute delivery" konstatierten anschließend die Kinder (eines davon sogar im Anzug).

Donnerstag, 7. Juli 2016

Spieltag 21

Die Aufregung steigt. Sogar so sehr, dass  ich gestern das Beweisfoto vergaß. Ich tröste mich damit, es hätte sich nicht wesentlich von dem des vorangegangenen Spieltags unterschieden. Außer vielleicht, dass die Bekleidung etwas mehr Herbstkonfektion bot. 
Insgesamt passte es zum Tag, dass auch der Abend nicht nach Wunsch verlief. War ja klar, dass der Favorit, aber nicht die von und favorisierte Mannschaft gewann. Die Zweckoptimistin in mir sagt: vergurkte Generalprobe führt zu fulminanter Aufführung. 
Es ist aber auch aufregend! Nicht jeden Abend liest man irgendwann zwischen 18:35 und 18:42 Uhr im Literaturhaus und muss später in die Gerd-Müller-Gedächtnis-Halle hechten, um der Übertragung des deutschen Halbfinalspiels beizuwohnen.

Mittwoch, 6. Juli 2016

Spielfrei VI

In vorfristigen Herbststürmen kommt man auf lustige Ideen. In meiner Freude darüber, dass es sich bei den zahlreichen schwarzen Punkten an der Gäste-WC-Decke nicht um Schimmelsporen handelt, vergaß ich glatt meine Phobien. Es sind süße kleine Spinnenbabies. Unterdessen verwandeln sich die Punkte in etwas konturiertere Tierkörper. Wäre doch herzlos gewesen, die kleinen schwarzen Goldschätze von ihrer Mutter zu trennen! Wenn mir mein Terrarium zu voll wird, plane ich, sie zur Freude unserer Heimleitung im Keller auszusetzen. Ich kann nämlich auch Gutmensch.

Dienstag, 5. Juli 2016

Spielfrei V

Man macht, was man so machen muss, an einem kalten Herbstabend. Ein warmes Essen kochen, einen Tee trinken. Ihr kennt das. Beim Fernsehen entweder Bügeln, Strümpfestopfen oder Stricken. Dann endlich einmal früher ins Bett gehen. Aber warum ist es kurz vor elf noch nicht dunkel?

Montag, 4. Juli 2016

Spieltag 20

Wir wieder entre nous. Relativ schnell war klar, dass das Fußballwunder an diesem Abend nicht stattfände. Zeit, wichtige Fragen des Lebens zu erörtern. Wie zum Beispiel die, ob Eigentore bei der Topscorer-Wertung auch angerechnet werden. Die Recherche parallel zum Spiel ergab ein klares Nein. Oder die, ob man jetzt noch das Bügelbrett hole. Oder die Halle feucht durchwische. Auch hier ein klares Nein. Stattdessen drehten sich die Bedürftigen lieber Zigaretten für die Halbzeit. In der konnte ein "Flamingo-Sonnenuntergang" bewundert werden. So sieht es nämlich aus: das Wetter in Hamburg ist besser als das in Paris. Und in Sachen Mode hinkt man auch nicht hinterher: man trägt hier das Beinkleid passend zu den Witterungsverhältnissen.

Sonntag, 3. Juli 2016

Spieltag 19

Meinetwegen hätte es kein Elfmeterschießen geben müssen. Meine Nerven! Und nicht nur meine. Wir hatten die gesamte Emotionsbandbreite. Von Kindern, die jeden Elfmeter mit einem freudigen Geklapper auf ihrer nervtötenden Plastikhand begleiteten - egal welcher Mannschaft -, weil sie das Spiel nicht durchschauten, bis hin zu gestandenen Männern, die dem Bildschirm ihren Hintern zuwandten und ihren Kopf ganz tief im Polster ihres Sessels zu verstecken suchten, weil sie es nicht aushielten. Dazwischen Zitternde, Weinende, Fluchende, Orakelnde. Mehr Aufregung wird auch in Italien nicht möglich gewesen sein.
Eins muss ich allerdings noch loswerden (stellvertretend für die 80 Millionen Bundestrainer): Jogi und Co.! Wenn Ihr Özil noch einmal Elfmeter schießen lasst, gibt's dermaßen Backensalat! Man kann nicht bei jeder Mannschaft darauf vertrauen, dass die Anderen genauso schlecht schießen.


Samstag, 2. Juli 2016

Spieltag 18

Zu späterer Stunde kamen die Mitseher. Wenn auch nicht allzu zahlreich. Wie sollen die Belgier gewinnen, wenn ich mutterseelenalleine "Thibault!" skandieren muss. Immerhin, das Spiel war munter wie es in den blöden Kommentaren gerne heißt. 

Apropos intelligenter Kommentar, ein Kollege berichtete mir gestern von einer Begebenheit, die danach schreit, an dieser Stelle veröffentlicht zu werden. Tief in meinem Herzen vermute ich, dass er sie mir genau aus diesem Grund erzählte. Wenn ich mich auch so kurz vor meinem literarischen Durchbruch befinde... Aber ich schweife wieder einmal ab. Es begab sich so: Eine Frau - Typ Lehrerin einer Waldorfschule - führt ihre beiden kleinen Hunde aus. Einer der beiden lässt sich durch nichts davon abbringen, an einem Grasbüschel zu schnüffeln, und weigert sich den Spaziergang fortzusetzen. Sie zu ihrem vierbeinigen Liebling: "Das sollst du doch nicht! Das hatten wir doch besprochen!" Nach wie vor frage ich mich: Ob es wohl anthroposophische Hundeschulen gibt? Und wie sehen die Eurhytmie-Stunden unter Hunden aus?

Freitag, 1. Juli 2016

Spieltag 17

Es gibt keinen Fußballgott. Der hätte wahrgenommen, dass ich den ganzen Abend mit schmuckem Polska-Hut verbracht habe. Und um wieder einmal Guido Maria zu bemühen: der Hut tut nichts für sie. 

Gäbe es einen Fußballgott, er hätte mein Opfer bemerkt. Manch' einer sagt, das Ergebnis habe ich mir selbst zuzuschreiben. Warum weigere ich mich auch, unsere Voodoopuppe auf Cristiano Ronaldo umzurüsten? Freunde, es geht um höhere Ziele! Sie ist schon seit dem Italiensieg mit Buffon verziert. Und das ist auch gut so.
Im übrigen ist auch die Existenz eines Wettergottes fraglich, wenn man sich im Sommer wie ein Obdachloser über die warme Luft freut, die aus den Garagenausfahrten in der Hafencity auf den Bürgersteig wabert.