Donnerstag, 31. Juli 2014

Standortwechsel

Der letzte Abend in Freiheit war sehr erhellend. Ich verbrachte ihn mit einer Freundin in unserem favorisierten italienischen Lokal, das nicht nur wegen seines Internet-Auftritts überzeugt (www.trattoriaitaliana.de). Das Essen schmeckt und der Chef sorgt für Folklore, indem er häufig Arien singt. Allerdings versuche ich immer noch, hinter den tieferen Sinn des Satzes unter Le Pizze zu kommen: "Fragen Sie einfach wenn wir schon am Mittag  bereit Sind !!!!!"
Irgendwie fühlte ich mich wie beim Ping Pong, weil mein Ohr am Nebentisch wahlweise rechts oder links aktiv sein musste. 
Rechts ein Dinner zu zweit: ein Paar in unserem Alter. So weit so normal, wenn nicht später noch eine weitere Dame dazu gekommen wäre, die durch Küssen und Anfassen demonstrativ ihr Revier markieren musste, denn der Mann - Typ Til Schweiger-Voicealike - war ihrer. Anschließend drehte sich die Konversation um Fahrradsternfahrten und Homöopathie, meine Lieblingsthemen! Schön auch die Reaktion der authentisch italienischen Kellnerin auf das Ansinnen der ersten Dame nach einer Orangensaftschorle: "Mit Wassär?"
Links ein echtes Paar, das allerdings durch Zurückhaltung beim Körperkontakt auffiel. Sie ließ ihr iPhone nur für die Nahrungsaufnahme aus der Hand. Ansonsten war sie zu sehr mit stepstone.de beschäftigt. Heftigste Reaktion des Abends entlockte ihr eine Stellenanzeige, die ihr für sich selbst wie maßgeschneidert vorkam. Ohne den Hintergrund zu kennen, hege ich meine Zweifel aufgrund ihrer Äußerung "Excel? Damit habe ich noch nie gearbeitet!". Das erforderte meine volle asiatische Gesichtsbeherrschung. Ähnlich wie bei seiner Reaktion auf ihre Frage, ob es ihn störe, wenn sie ihre Olivenkerne (Penne ligure) auf das Tellerchen unter dem Pesto lege, und er mit Ja antwortete, aber meinte, dass es ihn nicht störe. Nur mit Mühe hielt ich mich zurück und schrie ihn nicht an: "Dann antworte mit Nein, Du Idiot"
Hinterrücks noch der Tisch mit den zwei Yorkshire-Terriern und zwei voluminösen Damen undefinierbaren Alters, die als Staffage auch noch einen gleichaltrigen Herrn am Start hatten, dessen Highlight es war, eine der Ratten auch mal herzen zu dürfen. Vielleicht bin ich altmodisch, aber in meiner Welt haben Hunde - egal welcher Größe - nichts auf dem Tisch zu suchen; es sei denn, sie sind verzehrfähig.
Manchmal lohnt es sich schon, das beschauliche Dorf für das weltstädtische Eilbek zu verlassen.

Mittwoch, 30. Juli 2014

Die Kinder fehlen

In meinem Kopf herrscht Leere. Trotz jahrelanger Trennung kann ich mir die Replik des Gatten auf diese Steilvorlage detailgetreu vorstellen...
Ich könnte es mir leicht machen, und das Vakuum auf Hitze, auf zu viel Arbeit, auf Low Carb oder auf zu hohen Fleischkonsum (die Stadionwürste!) schieben. In Wahrheit liegen die Gründe vermutlich tiefer. Jeden Abend denke ich, bald hat die Freiheit ein Ende, was mache ich bloß daraus? Um dann auf dem Balkon zu sitzen und ins Leere zu starren oder hohl mit einer DVD auf dem Sofa zu versacken.
Vielleicht hätte ich Eierkopp und Helga doch nicht an eine bedürftige Freundin ausleihen sollen?

Dienstag, 29. Juli 2014

Soll - Ist

Der Plan für den gestrigen Abend sah vor, rechtzeitig die Arbeit Arbeit sein zu lassen, um noch in die Apotheke zu kommen. Anschließend sollte der Tag mit hauswirtschaftlicher Tätigkeit Ausklang finden. Wenn ich in besonders gütiger Stimmung wäre, würde ich mir gar die Ordnung und Sauberkeit der Hochbetten der Kinder vornehmen. Soweit der Plan.
Tatsächlich versackte ich mit dem Chef in unserem beschaulichen Dorf.
Kinder disziplinieren doch stärker als nur durch frühes Aufstehen.

Montag, 28. Juli 2014

Sport

Endlich wieder Fußball! Nach dem tiefen Loch, in das wir nach dem 13. Juli fielen, gab es gestern sogar Live-Fußball: den Telekom Cup. Der Besuch im Stadium bzw. der Weg dorthin brachte vielerlei Erkenntnisse. 
Zum einen, dass die beiden Finalistenmannschaften in unserem beschaulichen Dorf residierten. Während der Wolfsburger Bus vor dem Atlantic stand, parkte der der Bayern vor dem Le Royal Méridian. 
Zum anderen, dass man es noch nicht geschafft hat, wenn man mit dem Fahrrad in Stellingen angekommen ist. Ein Platz auf der Osttribüne am Nachmittag sorgt bei sengender Julisonne auch für Hitzewallungen. Schön, wenn in den Pausen ganze Rudel vermeintlich Inkontinenter von ihren plastikbeschichteten Plätzen aufstehen. Dass der Anpfiff so früh anberaumt wurde, lag vermutlich daran, dass die ganzen Spielerkinder (Scholl, Gaudino etc., gefühltes Alter zwölfeinhalb) später nicht hätten spielen dürfen.

Sonntag, 27. Juli 2014

Urlaub

Mir scheint, die vollkommen entspannten Tage der Kinderfreiheit sind vorbei. Das liegt wohl daran, dass ihr Urlaub mit den Großeltern seit Donnerstag zu Ende ist und seitdem Italien mit ihrem Vater angesagt ist. Zugegeben, es gab auch schon in der Vorwoche diverse, sich in der Taktung zum Ende steigernde Anrufe des Sohnes, er wolle nicht mit Papa wegfahren. Diese konnten mein Vogelfrei-Gefühl jedoch nicht ernsthaft trüben. Schließlich bekam ich ihn immer wieder dazu, mir zuliebe die Reise anzutreten.
Auch die zwei einzigen Whatsapp-Nachrichten des Vaters, die Nörgelei des Sohnes seien anstrengend, verpufften noch. Eigentlich wollte ich "Willkommen in meiner Welt" antworten, schreibe es meiner ständig wachsenden Vernunft zu, dass ich es nicht tat.
Gestern nahm dann meine Unruhe doch zu, als mir die Tochter eine SMS mit dem Inhalt "Diese Reise ist einfach scheiße" schickte. Deutete doch die Wahl des Kommunikationskanals daraufhin, dass es nicht das versprochene WLAN im Hotel gab. Mit einer entsprechenden Antwort rechnete ich, als ich sie fragte, was los sei. Stattdessen kam: "Papa und X (der Mitreisende) sind die beschissensten Menschen auf dieser Welt". Da Ersteres für mich keine Neuigkeit war, schrieb ich "Oh, X auch?". Traf aber wohl nicht 15-Jährigen-Humor. Es folgte eine SMS-Tirade über die doofen Mitreisenden. Am Ende siegte aber auch bei der Tochter das Pflichtgefühl: wegen ihres Bruders und zu dessen Erbauung sei sie bereit durchzuhalten. 
Immerhin schön, dass ich es geschafft habe, meinen Kindern die eine oder andere preußische Tugend zu vermitteln.

Samstag, 26. Juli 2014

Leuchten

In den letzten Tagen ernte ich häufig Komplimente. Ich sähe so entspannt und strahlend aus. Wenn ich in den Spiegel blicke, kann ich nichts Außergewöhnliches entdecken. Gut, vielleicht bleibt ein wenig mehr Zeit für die morgendliche Toilette, seit die Kinder nicht vor Ort sind. Aber das kann ja immer nur oberflächliche Schadensbegrenzung sein und erklärt kein Leuchten. Zumindest nicht mit meinen kosmetischen Möglich- und Fähigkeiten...
Nun frage ich mich wirklich, wie angespannt, verlebt und grau ich unbemerkt im mütterlichen Normalzustand aussehen mag?

Freitag, 25. Juli 2014

Schrullen

Wenn ich es nicht hinbekomme, das WLAN bis zur Rückkehr der Kinder zum Laufen zu bringen, werden sie mich wohl beim Jugendamt anschwärzen. Vielleicht sollte ich mich lieber selbst stellen? Das sind wahrhaft unmenschliche Lebensbedingungen.
Dass wir seit Wochen kein Festnetz haben, trifft uns alle nicht so sehr. Die echte, wahre Kommunikation läuft ohnehin über Mobiltelefone. Deswegen ging es selbst mich als Digital-Non-Native hart an, als in den letzten Tagen nun auch noch mein mobiles Netz ausfiel. Ich wunderte mich zwar, warum mich niemand anrief oder anfunkte, aber wie so oft dachte ich, so sei es eben, wenn man älter werde. Der Lauf der Dinge: man wird schrullig, wunderlich und vereinsamt nach und nach.
Deshalb hier meine Bekräftigung an alle: ich bin keine blasierte Kuh, die sich nicht (zurück) meldet! Es gab wieder einmal technische Gründe. Eventuell lag es auch daran, dass mein iPhone eine Diva ist. Man weiß es nicht.

Mittwoch, 23. Juli 2014

Urlaub

Wahrscheinlich werden nur Eltern von halbwüchsigen Kindern - bevorzugt Jungen - nachempfinden können, was für ein Glück ein Blick in den Kühlschrank auslösen kann. Welch' Freiheits- und Unabhängigkeitsgefühl, in einen nahezu leeren Eisschrank gucken zu dürfen und keine Sanktionen Pubertierender spüren zu müssen!

Peinlich

Wer sich jemals sorgte, sich beim Workout zum Affen zu machen, war noch nie beim Aqua-Cycling.
Gestern Abend wurde der ursprünglich geplante Aqua Power Jogging-Kurs wohl sehr kurzfristig abgesagt. Jedenfalls wusste die Dame an der Kasse noch nichts davon. Gerade als ich dabei war, mir in der Schwimmhalle den Bauchgurt umzulegen, wurde ich also darauf hingewiesen, dass mein Kurs ausfiele, ich stattdessen aber beim Cycling-Kurs teilnehmen könne. Unterdessen habe ich mich in Hamburg ausreichend assimiliert, um den Kursaufschlag nicht beim Bahnenziehen verfallen zu lassen. Ich war dabei.
Erste Hürde war, dass man die radlosen Räder ins Wasser werfen muss und dafür anschließend im Becken einen Platz finden muss. Überraschend gelang mir das, ohne mich oder Umstehende zu verletzen. Viel hinderlicher ist jedoch, dass man neben dem Kampf auf dem klapprigen Rumpfrad ständig damit kämpfen muss, wie bescheuert es aussehen mag, wenn man nutzlos durchs Wasser strampelt. Und manches Mal sogar noch gezwungen ist, akrobatische Verrenkungen auf oder neben dem Ding zu vollführen. Es wird auch nicht besser, wenn die Trainerin slawischer Provinienz ständig "Tempo" oder Ähnliches dazu brüllt, um gegen die obligate Umpf-Umpf-Umpf-Musik anzuschreien. Endlich weiß ich wieder, wie sich meine Teenagerkinder in nahezu allen Situationen in der Öffentlichkeit (gilt ab zwei Personen, wenn mindestens ein Erwachsener anwesend ist) fühlen!

Dienstag, 22. Juli 2014

Hausarbeit

Gestern ließ sich trotz Hitze das eine oder andere Meeting bei der Arbeit nicht vermeiden. Montag eben. Eine kleine Belohnung gab's dann doch:
Als wir gegen Ende der letzten Besprechung unsere Aufgaben rekapitulierten, meinte ich, genaue Zahlen habe ich nicht, aber ich werde die notwendigen extrapolieren. Daraufhin die Kollegin mit aufgerissenen Augen: "Nein! Polieren wollen wir nicht!"
Sag' ich doch, dass ich in Ordnung und Sauberkeit nicht so gut bin!

Montag, 21. Juli 2014

Zirkelbezug

Schön ist der Sommer in unserem beschaulichen Dorf. Wir Zurückgebliebenen erfreuen uns an der Ruhe. Keine lärmenden Schüler, kaum kreischende Kinder. Wem nach Seeluft ist, der bewegt sich im Schatten der Bäume hundert Meter zur Außenalster. 
Auch ich darf das alles miterleben. Gut, am Sonnabend erntete ich einige verwunderte Blicke, als ich mit dem Fahrrad durchs Dorf brauste. Erst Zuhause fiel mir auf, dass ich einen Blumenkranz auf dem Kopf hatte.
Derartig tiefenentspannt werde ich auch immer besser darin, die Anrufe des Sohnes, es sei langweilig mit Oma und Opa, aber er wolle keinesfalls mit Papa in den Urlaub fahren, er wolle nach Hamburg zurück, zu ignorieren. Obwohl die Taktung zunimmt, je näher der Urlaub mit dem Vater rückt.
Einzig die Tochter kann sich freuen, einige hundert Kilometer entfernt zu sein, nachdem ich gestern auf ihrem Hochbett wieder einmal das Grauen gesehen habe.  Neben einem schneegleichen Bett aus benutzten Taschentüchern, durchsetzt von zusammengeknüllten Socken befand sich eine Vielzahl gebrauchten Geschirrs, das eingestaubt (!) war. Um hierauf ruhig zu reagieren, brauche ich noch mindestens vier Wochen kinderfrei. Woraus wohl nichts wird - siehe oben.

Sonntag, 20. Juli 2014

Modenschau & Midsommar

Es diente der Völkerverständigung, wenn sonntags gegen 6 Uhr morgens Australier (in jedem Fall Anglophone, um die Uhrzeit sind meine sprachdetektivischen Fähigkeiten noch nicht so ausgeprägt) vor meinem - wegen der Hitze geschlossenen - Schlafzimmerfenster lautstark und ausgedehnt Probleme wälzten oder Verabredungen träfen.
Da hat man keine Kinder im Haus - und dann das!
Immerhin, gestern Abend konnte ich alle Vorzüge des Alleinseins genießen. Ein Freund lud mich auf eine Modenschau ein. Den ganzen Tag war ich besorgt, keine adäquate Kleidung im Schrank zu haben und mich neben den ganzen Essgestörten bestimmt noch dicker zu fühlen. Beide Vermutungen stellten sich als nahezu unbegründet heraus. Ich war zu meiner Überraschung nicht augenfällig underdressed. Meine Schuhwahl erwies sich sogar als übertrieben stylish, wenn man von dem jungen Mann in überknöchelhohen Gladiatorensandalen absieht, der sich - ganz Typ Zonenstricher - außerdem u.a. in senfgelbe (schwierige Farbe!) Hotpants wandete. Die meisten Besucherinnen trugen tatsächlich Birkenstocks! Insgesamt wirkte das Publikum eher wie das eines Geburtstags ihrer 21-jährigen Freundin, die endlich das Abitur hat und jetzt ihr Kunststudium in Freiburg beginnt. Irgendwann kamen wir dahinter: die Gäste rekrutierten sich nahezu ausschließlich aus der Mode-Blogger-Szene, deren Beschäftigung mit dem Thema leider lediglich virtueller Art zu sein scheint (sorry, Vicky, war so...).
Während der Show kam ich dann doch noch zum Anblick Essgestörter. Wenigstens ein bestätigtes Vorurteil. Die Models hatten alle nicht viel auf den Rippen. Aber eines hatte zusätzlich den Nachteil, dass sie als Allerdünnste in ein weit ausgeschnittenes Neckholderkleid gesteckt wurde. Neben meinem aufflammenden Mitleid - ganz Mutter! - schoss mir sofort das Wort "ribcage" in den Kopf. Der Rat eines medizinisch-versierten Anwesenden, sie gleich zu McDonalds zu schicken, konnte mich nicht überzeugen: 400 ausgekotzte Kalorien bringen auch nichts. 
Ein wenig geschmeichelt war ich übrigens, dass ich für den einladenden Freund während der Show Fotos schießen sollte. Ein klassischer Fall von Bock-Zum-Gärtner-Gemacht. Da bleibe ich doch lieber bei meinen Selfies, die kann ich auch nicht.


Samstag, 19. Juli 2014

Endlich

Auch ich werde langsam erwachsen, glaube ich. Klingt in meinem fortgerückten Alter nicht nach einer Neuigkeit, ist aber doch ein wenig überraschend. Am allermeisten für mich.
Auf die durchaus etwas maliziös klingende Bemerkung des Vaters meiner Kinder, er wünsche mir eine schöne kinderfreie Zeit, habe ich nichts - in Worten: gar nichts - gesagt. Auf meiner Zunge formten sich zwar Worte wie "Was verstehst Du davon, Idiot? Du hast den Zustand ca. 350 Tage im Jahr. In Schaltjahren sind es sogar 351 Tage.", aber ich habe sie ungesagt heruntergeschluckt, mich ohne Verve bedankt und alsbald aufgelegt. Geht doch.

Freitag, 18. Juli 2014

Einsatz

Die Red Adairs unter den Puppen warten auf ihren nächsten Einsatz.

Aschaffenburg

Kaum dass die Kinder nicht im Haus sind, erinnert man sich an all' die Begebenheiten, als sie noch klein und süß waren (süß sind sie zeitweilig weiterhin) und häufiger Kracher heraushauten.
Den Stein ins Rollen brachte mein Kollege, als er gerade über das Gefängnis in Celle und Paviangehege in Aschaffenburg philosophierte.
Da fiel mir wieder ein, wie sich mein Sohn zu Kindergartenzeiten über die merkwürdige Namenswahl mancher Eltern wunderte: "Der heißt Pavian und sieht gar nicht aus wie ein Affe!"
Mein Lachen hielt mich damals leider davon ab, ihm zu erklären, dass die Eltern ihn eigentlich Fabian getauft hatten.

Harzfeuer

Ungewohnt, aber nicht unangenehm ist es schon, morgens nach Schlaf im eigenen Bett (!) aufzustehen und die Wohnung nicht in Flutlicht erleuchtet und die Küche nicht von nächtlichen Kalorienexzessen verwüstet vorzufinden. Ähnlich überraschend: dass ich gestern Abend diejenige war, die wegen ihrer ausladenden Gestik ihr Glas so umwirft, dass zu befürchten steht, die gegenüber sitzende Freundin wird sich nur schwer von ihrem Brustkatarrh durch meine Flutwelle erholen.
Mein Highlight wird jedoch sein, die erste Tomate, die in den nächsten Tagen auf meinem ansonsten WM-bedingt beklagenswert vernachlässigten Balkon reif wird, ohne häusliche Konkurrenz verspeisen zu können.

Donnerstag, 17. Juli 2014

Sturmfrei

Wie viel besser sich so eine selbstbestimmte Müdigkeit anfühlt! Wie viel schöner abendliche Planänderungen sind, wenn sie selbstentschieden sind! Vor allem, wenn man hört, dass der ursprünglich geplante Beauty-Abend gar nicht nötig sei...
Dieses Glücksgefühl, vier Abende in Folge verabredet zu sein, ohne etwas organisieren zu müssen oder in den Verruf der Vernachlässigung zu kommen!
Welch' Freude, in der Wohnung ausschließlich über die eigenen Schuhe zu stolpern!

Hatte ich erwähnt, dass die Kinder für gut zwei Wochen verklappt sind?

Mittwoch, 16. Juli 2014

Historisch

Unerklärlich wieso, aber derzeit muss ich an vergangene deutsche Weltmeistertitel denken.
Nun gehöre ich nicht der Generation derer an, die bereits echte Erinnerung an den Titel 1974 haben. Meine erste bewusste WM war 1978, wobei ich über sie auch nicht mehr sagen kann, als dass ich im Vorfeld von meinem Großvater die Buenos-Dias-Argentina-Kassette geschenkt bekommen habe, diese Udo-Jürgens-getreu mitträllern konnte und dass Helmut Schön damals noch Bundestrainer war. Der Mann mit der Mütze geht nach Haus, die lange Zeit des Langen sie ist aus... Tralala...
Allerdings gehöre ich schon der Generation an, die die WM 1990 als Erwachsene - zumindest hielt ich mich dafür - erlebt hat. Wer sagt, echten Siegestaumel gibt es erst heutzutage, war damals nicht in Berlin. Erst nach dem Spiel war ich bei meinem damaligen Freund gelitten. Das lag vermutlich daran, dass ich damals noch nicht Mutter eines Sohnes, eines wandelnden Kicker Almanachs war. Sehr süß, letzthin sein peinlich-berührtes Lächeln, als ich vor versammelter Mannschaft kundtat, dass ich fast alles, was ich über Fußball wisse, von ihm wisse. 

Aber zurück ins Jahr 1990. Nach Abpfiff des Finales wollte ich also von Kreuzberg nach Spandau fahren. Wegen der fortgerückten Stunde entschied ich mich fürs Auto und nicht fürs übliche Fahrrad. Super Idee. Vor allem bei der Routenwahl via Budapester Straße. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur anführen, ich war jung und unerfahren. Nicht nur, dass wegen des Fahnen schwenkenden Mobs nicht an Vorankommen zu denken war. Ich hatte Angst um Leib und Leben. Einige der Herren hatten ihre Fahnen zur Seite gestellt und rüttelten an den zum Stehen gekommenen Autos, um sie zum Umkippen zu bewegen. So auch meins. Unter akrobatischem Einsatz drückte ich schnell noch alle vier Türnubbsis herunter, um in meinem Todeskampf wenigstens keinen der johlenden Spinner in meinem Auto ertragen zu müssen. Zentralverriegelung kannten wir damals nicht. Nach gefühlten Stunden verlor das Würfelspiel seinen Reiz und ich konnte endlich weiterfahren. In Spandau angekommen trafen recht unterschiedliche Stimmungslagen aufeinander: der Freund in Hochstimmung, ich außer der Zunge in kompletter Schockstarre. Meiner Meinung nach sollte nie wieder ein deutscher Titel geholt werden.
Mein Trauma scheint überwunden. Ich habe mich Sonntag mit unseren Jungs gefreut.

Dienstag, 15. Juli 2014

Sommer in der Stadt

Vielleicht war doch nicht alles umsonst? Vielleicht haben meine mantramäßigen Beschwörungen, an die Luft zu gehen zumindest partiell Früchte getragen?
Die Tochter - wohl eher angeregt durch ihre Freundinnen - entdeckt die Outdoor-Aktivitäten für sich. Treffen im Stadtpark, Besuche bei Planten un Blomen, Wasserski, Chillen an den Alsterwiesen und Ähnliches.
Letzthin kam sie abends von der Außenalster zurück und konstatierte: "Ich trete gerne Boote." Ihre Füße wirkten dafür überraschend unversehrt.

Montag, 14. Juli 2014

Voll retro

Wieder einmal fühlte ich mich um Jahre jünger. Und das morgens früh nach einer anstrengenden Nacht - Weltmeister wird man schließlich nicht alle Tage.

Heute früh war es wieder so, als ob ich noch zur Schule ginge. Erstens weil ich die Nacht im Bett des Sohnes verbrachte. Das eigene Bett entwickelt sich mehr und mehr zum Hotspot meiner Kinder, weil dort das nachbarliche WLAN nahezu störungsfrei läuft. Das Bett der Tochter erreiche ich nicht mehr, weil es von Joghurtbechern, Taschentüchern und Wäsche unüberwindbar verbaut ist. Bleibt also nur das des Sohnes. Zweitens habe ich in bester Teenagermanier den Wecker ignoriert und verschlafen. Zum Glück wurde ich gegen 9 Uhr von meinem Vater geweckt (sein zweiter Anlauf: zuerst war sein Enkel in meinem Bett fällig). Fast wie damals.

Sonntag, 13. Juli 2014

Guten Morgen!

Aufgewacht bin ich heute, weil ich am linken Oberschenkel ein merkwürdiges Gefühl verspürte. Es hatte sich ein 10-Cent-Stück schon fast vollständig in meine Haut eingearbeitet. Bei der Münze handelte es sich um ein Geschenk meiner Kinder, das sie mir bei ihrer letzten Übernachtung in meinem Bett (in der vorangegangenen Nacht) großzügig auf der Matratze deponiert hatten. Man bekommt so viel zurück.
Mein erster echter Gedanke war tatsächlich, dass ich unbedingt die Balkonblumen und vor allem die guten Harzfeuer-Tomatenpflanzen gießen muss. Mein erster Blick aus dem Fenster, den ich unter größten mentalen Anstrengungen zustandebrachte (erwähnte ich, dass ich kurzsichtig bin und einen Mikrostrabismus habe?), bescherte mir Glück. Der Boden draußen sah so aus, als ob es geregnet habe oder gar immer noch regne. Die Geräusche bestätigten diese Vermutung. Die Freude währte nur kurz. Dann fiel mir wieder ein, dass ich auf dem nicht-überdachten Balkon Wäsche aufgehängt hatte. 
Ich denke noch immer darüber nach, ob das Glas jetzt halbleer oder halbvoll ist.

Samstag, 12. Juli 2014

Mundart

Vorhin fiel mir wieder einmal auf, dass ich auch nach fast zwanzig Jahren Quiddje-Dasein das Hamburger Missingsch immer noch nicht ganz begriffen habe. Es war so: in der Umkleide der Alsterschwimmhalle wurde ich wieder einmal Zeuge der Konversation zweier älterer Damen, die jeden Sonnabend gegen 12 Uhr im Wasser ihre Bahnen ziehen. Eine der beiden fühlt sich übrigens nur dann sicher, wenn sie Spind 944 hat. Als Pfadfindertat des heutigen Tages mein Aufruf: samstags gegen 12 bitte nicht die Nummer 944 der Alsterschwimmhallendamenumkleide nutzen! 
Die kleinere der beiden verkündete, ihren BH habe sie "beim Kars-tadt" erworben (soweit habe ich es begriffen: Karstadt immer in der bestimmten Artikel- oder Präpositionsform!). Die größere gab kurze Zeit später zum besten, ihr Orthopäde erzähle immer "Schtories von seiner Familie, was keinen interessiert" anstatt sie über ihr Knie zu informieren.
Gilt die st-Regel "Deutsches Wort - s-t", "Fremdes Wort - scht"? Ach, ich weiß es nicht.

Mittagspause

Irgendwann muss jeder mal eine Pause machen, ganz gleich, wie sehr man mit Arbeit zugeballert und auf seinem Bürostuhl festgetackert ist. Mein Plan sah gestern vor, schnell bei Edeka reinzugrätschen, einen Salat herauszuziehen, möglichst bald weiterzuarbeiten und einen zeitigen Feierabend einzulegen. Es kam anders. Die Salattheke war mit Ausnahme einiger welker, ehemals grüner Blätter vollständig geplündert. Und ich dachte, die Stadt sei wegen der Ferien wie ausgestorben? Wer kann ahnen, dass alle an einem Traumwettersommerfreitag Lust auf Grünzeug haben? Die Jagd nach Essen musste neu überdacht werden. Döner oder Currywurst/Pommes passen nicht ins Ernährungskonzept. Suppe passt nicht zum Klima. Die Überlegungen wurden hintangestellt, denn plötzlich fiel mir ein, dass ich dringend eine neue Salatschüssel, einen Milchaufschäumer, Kaffeekapseln und Weiteres brauche bzw. der Sohn eine Badehose braucht. All' diese Dinge zu besorgen, verschlang verständlicherweise einige Zeit. Von meiner Packesel-Optik wollen wir gar nicht reden (ein wenig stolz bin ich schon, abends alles nahezu unversehrt auf dem Fahrrad nach Hause gebracht zu haben).
Am Ende bei Jim Block schnell einen Salat reingepresst, anschließend Bauchgrummeln gehabt und trotz meines Teilzeitmuddiestatus' als Letzte aus der Agentur gegangen. Ein ganz normaler Freitag also. Man soll sich Ziele setzen, die man auch erreichen kann - wann lerne ich das endlich?

Freitag, 11. Juli 2014

Läuft

Sommerferien

Habe ich schon erwähnt, wie sehr ich Schulferien liebe? 
Dass jeder Berufstätige neidvoll auf 13 bis 14 Ferienwochen blickt, versteht sich von selbst. Dass gerade Eltern kleinerer Kinder flügelschlagend versuchen müssen, das Betreuungsloch zwischen ihren eigenen Urlaubstagen (!) und den Ferienwochen ihrer Kinder zu stopfen, ist unterdessen schon ein Allgemeinplatz.
Es ist auch nicht so, dass ich meiner Brut - zumindest partiell - nicht die schulfreie Zeit gönnte.
Dennoch merke ich an, dass sich die Wohnung durch den Vollzeit-Aufenthalt zweier Halbwüchsiger nicht zu ihrem Vorteil entwickelt. Zumal Kindern erst recht in ihren Ferien nicht zuzumuten ist, Geschirr in die Küche, gar in die Spülmaschine zu räumen, ihre Zimmer in einem betretbaren Zustand zu hinterlassen oder das Badezimmer von feuchten, zerknüllten Handtüchern und Kosmetika überall zu befreien. Vom Lagerkoller - schönes Wetter wird von Erwachsenen vollkommen überbewertet - und vom kuriosen Tag-Nacht-Rhythmus - wichtig: nächtliche Kalorienzufuhr! - wollen wir gar nicht sprechen. 
So beginnt also mein Feierabend damit, dass mich ein zappeliger Sohn mit den herzlichen Begrüßungsworten "Was gibt's zu Essen?" empfängt. Die Tochter ist, anders als ihre herumliegende Kleidung und ihre halbleeren Müslischalen vermuten lassen, bei einer ihrer Freundinnen, um dort Horrorfilme zu gucken. Was immer zur Folge hat, dass sie nachts wahlweise in meinem Bett oder in dem ihres Bruders schlafen muss, weil die Filme doch eine Spur zu hart waren.

Durchhalten! Schon bald habe ich für gut zwei Wochen sturmfrei. Wetten, dass sie mir dann doch das eine oder andere Mal fehlen?

Donnerstag, 10. Juli 2014

Durchhalten

WM-Jahre sind keine Herrenjahre. Zusätzlich zum Kampf gegen die Müdigkeit musste man gestern einiges erdulden. Das Spiel zog sich wie Kaugummi, und ich habe mir wirklich beim gelangweilten Aussitzen den Ischiasnerv eingeklemmt. Trotz vorangegangener Bekundungen ("Nur die erste Halbzeit, dann muss ich schlafen") blieb unsere Leidensgemeinschaft vergleichsweise lückenlos. Die Mannschaftsleistung zählt.
Nachbar 1 jedoch hat alles richtig gemacht, als er - in leichter Abwandlung seiner üblichen Worte - vor Ende der ersten Halbzeit meinte, hier passiere nichts mehr, er ginge ins Bett. Selbst Nachbar 13 - eingefleischter Oranje-Fan - schien am Ende gebrochen: Hauptsache das Elend nahm irgendwann ein Ende. Das Highlight für uns alle, die wir durchhielten, war, als Nachbar 2 - wenn auch im Trainingsanzug bekleidet - eine authentische Flitzer-Einlage gab. Ausdauer lohnt sich also doch.

Mittwoch, 9. Juli 2014

Wer kann dazu schon nein sagen?

Mein Lieblingsargument des gestrigen Abends: die Fäden der neu gefertigten Trikots unserer Protagonisten dürften nicht vernäht werden, denn genau so brächten sie Glück.
Absolut schlüssige Logik, die sich auf wundersame Weise mit meiner Vermeidungsstrategie trifft.

Dienstag, 8. Juli 2014

Wenigstens...

... untenrum sind sie unterdessen nahezu korrekt bekleidet.

Nachspielzeit

Ich hinke dem Plan hinterher. Der Erfolg des gestrigen Abends war lediglich die Fertigstellung aller Trikotteile und das Zusammenknüppern der Hosen. 
Als rachsüchtige Mutter schiebe ich die Schuld dafür wieder meinen Kindern in die Schuhe. 
Es begann damit, dass mich am Nachmittag auf der Arbeit der Anruf des Sohnes erreichte. Ob ich etwas zu Essen mitbringen könne - so weit nichts Neues. Er könne keine Schnitzel braten, "genau genommen sei es ein Schnitzel-Desaster geworden". Als ich gerade Luft holen und die üblich-kleingeistige Tirade über Ordnung und Sauberkeit loswerden wollte, beruhigte er mich, die "Schweinerei habe er schon weggemacht". Das stellte sich im Nachhausekommen erwartungsgemäß als leichter Euphemismus heraus. Der Status quo ante hatte wahrscheinlich das Zeug zum Hausfrauenalbtraum. Der Status quo jedenfalls reichte noch zur Verwunderung der nicht übertrieben reinlichen Mutter. Die Anwesenheit der Tochter erfuhr ich übrigens nur deshalb leidvoll, weil ich über ihre hingeworfenen Schuhe vor dem Kühlschrank stolperte. Netto zwei Stunden weniger Handarbeitszeit.
Anschließend folgten Kämpfe mit dem Sohn. Erstens um seinen lange fälligen Besuch der Badewanne, zweitens um den Platz auf dem Sofa, drittens um das Fernsehprogramm. Den ersten Kampf hatte ich vergleichsweise schnell gewonnen - was ist da los? Blöd nur, dass sich das Badezimmer in einem Zustand der Verwüstung befand, der Krisengebieten Konkurrenz machte. Auch hier bemerkte ich, dass die Tochter im Haus sein musste. Inklusive Badewasser-Einlaufen-Lassen also auch wieder eine halbe Stunde Verzögerung. Der Vorteil: während des Wannenbads des Sohnes konnte ich auf dem Sofa und vor dem Fernseher Tatsachen schaffen. Im Anschluss folgten jedoch Diskussionen mit dem Sohn, die mich von der großen Aufgabe ablenkten: wer den blöden Barnaby gucke und dann auch noch in einer Wiederholung, warum die Hosen keine drei Streifen haben und so weiter und so fort. Währenddessen fuhrwerkte er mit meiner Schere herum. Die Sorge um meine, seine und Eierkopps wie Helgas Unversehrtheit nahm mich ein wenig gefangen.
Nur gut, dass ich heute frei habe, um die Redewendung "Mit heißer Nadel gestrickt" nachspielen zu können.

Montag, 7. Juli 2014

Work in Progress II

Eigentlich (man ahnt schon, dass irgendetwas anders läuft...) hatte ich geplant, den weiteren spielfreien Tag wegen des letzten großen Erfolges in Sachen Beauty & Wellness zu verbringen. Haste gedacht, Puppe!
Unmöglich können Eierkopp und Helga den weiteren Verlauf der WM in Uruguay-, geschweige denn Brasilien-Trikots verbringen. So verbrachte ich bereits große Teile des Sonnabends (keinesfalls spielfrei!) in wohlsortierten Fachabteilungen des Einzelhandels, um die blöden drei Rottöne des aktuellen deutschen Dresses zusammenzusuchen. Mit so etwas ähnlichem wie Feuereifer machte ich mich gleich ans Werk. Dummerweise wurde ich von einem Kurzbesuch des Ex zeitweilig abgehalten. Er zweifelt fortan noch mehr an meinem Geisteszustand. Zumal er mich bedauerte, weil er nie stricken gelernt habe (deswegen nicht, Schnucki!). Daraufhin die Tochter ein wenig stolz: "Mama auch nicht. Aber sie kann es trotzdem!"
Hiervon wurde ich nur kurz zurückgeworfen. Viel zeitfressender war die Tatsache, dass ich die ersten Versuche dreimal aufribbeln musste, weil die Proportionen nicht stimmten. Hundertprozentig zufrieden bin ich noch nicht. Aber wenn es bis morgen noch etwas werden soll, muss ich mit diesem Material leben.

Ob ich für die Fertigstellung Sonderurlaub beantragen kann? Es geht schließlich um eine nationale Angelegenheit.

Sonntag, 6. Juli 2014

An einem Sonntag im Juli

Der Sohn echauffiert sich, dass sein liebgewonnener Heimatsender ZDF info die unglaublich tendenziösen BBC-Dokumentationen unkommentiert bringt: "Pah, Heinrich der Achte mutig und draufgängerisch, dass ich nicht lache! Der wollte einfach nur mehr Weibers knallen!"
Wie gut, dass wir auch in den Genuss dieser fundierten historischen Erkenntnisse kommen.
Neben seinen geschichtlichen Studien schafft er es noch, einen spannenden Selbstversuch durchzuführen - wie viele Capri-Eise er sich unbeschadet zuführen kann - und für seine Mutter eine lustige Schnitzeljagd mit klebrigen Eisstielen durch die Wohnung zu organisieren. Beeindruckend! Und das bei derartig schwül-heißem Wetter.

Samstag, 5. Juli 2014

Jobangebot

Für den weiteren Verlauf der WM brauchen wir dringend einen Türsteher. Es kann so nicht weitergehen.
Garantiert kein Entrée bekommt der grauhaarige Mann, der gestern mit riesengroßer Deutschlandfahne meine Wohnungstür stürmen wollte. 
Ich (den Weg verbauend): "Kennen wir uns?".
Er (mäßig beschämt): "Ach, ich dachte, das wäre der Eingang?"
Erschwerend kam hinzu, dass seine Frau (folgerichtig Typ "Essgestörte Repräsentationstante") später unsere Würstchen schmarotzte, weil ihre Tochter noch nichts gegessen habe. Wie wär's, wenn man statt der Deutschlandfahne etwas zu Essen mitbrächte? Wenn schon nicht für die Gattin, dann wenigstens für die Tochter.
Zutritt allerstrengstens verboten wird auch dem etwa siebenjährigen ADHS-Knaben, der in einer Lautstärke, die man dem kleinen Resonanzkörper nicht zutraute, ohne Unterlass herumschwadronierte, so dass Steffen Simon nicht mehr zu verstehen war - OK, kein Verlust.
Außerdem ausgeschlossen sind die lesefähigen Kinder, die in Windeseile unsere Trainerbank okkupierten, obwohl sie anders als wir garantiert nicht Hans-Wilhelm, Joachim oder Hans-Dieter heißen.
Schön auch das Mädchen, das über meinen Würstchenteller gebeugt fragte, ob das Würstchen mit Käse seien und dann auf meine Verneinung - man kann nicht einmal ungefragt sagen - eines nahm.
Diese Zwischenfälle haben sich vermutlich beim nächsten Mal wegen des späten Anpfiffs erledigt. Spannender bleibt die Frage, wie der Türsteher mit Nachbarn umgehen soll. Und zwar mit denen, die sich in bester Gutsherrenart über das mangelhafte Getränkeangebot beschweren (ohne jemals selbst etwas zu organisieren) oder ungefragt meine Stühle und Kissen nonchalant für sich und eigene Gäste requirieren.
Ich freue mich aufs anschließende Catchen, wenn ihnen am Dienstag ein "Hier kommst Du net rein!" entgegenschallt. Man wird ja wohl träumen dürfen...

Freitag, 4. Juli 2014

Sie werden groß

Heute früh beschwerte sich die Tochter, ihr Panda(!)-Pflaster am Bein passe nicht zu ihrem Outfit. Sie habe sich beim Rasieren geschnitten und blutete so doll, dass ein Pflaster nötig wurde.
Ich (mit meiner ganzen Erfahrung): "Das kommt daher, dass die Haut beim Duschen aufweicht und man sich dann leichter schneidet."
Sie (trotzdem nicht beruhigt): "Aber das sieht aus wie eine Kriegsverletzung!"
Dann vielleicht doch gut, dass wir noch Kinderpflaster haben.

Freier Abend II

Nominell gab's auch gestern keinen Fußball. Tatsächlich kreisten unsere Gedanken doch darum.
Der Sohn wünschte sich, die Spiele mögen endlich wieder losgehen, damit er zumindest zwischen 18 und 24 Uhr wieder die Hoheit über "seinen" Fernseher und "sein" Sofa zurückerobert.
Seine Nörgelei geübt ignorierend hing ich dem Gedanken nach, warum ich als schwer Frankophile die französische Fußballmannschaft in Summe schon immer unsympathisch fand. Ich glaube, es liegt an diesen blasierten Parvenu-Typen, die man dort geballt antrifft. Damit meine ich nicht die naturalisierten Schwarzafrikaner, die ich mit Ausnahme Paul Pogbas meist eher rührend-engagiert finde. Es sind eher diese Platini-Figuren. Oder Karim Benzema. Dem möchte ich immer ein "Dann spiel' doch für Algerien, Du Lappen!" entgegenschleudern, wenn er wieder betont, er arbeite zwar für Frankreich, sei in seinem Herzen aber Algerier.
Ich verrate jetzt ein seltenes Geheimnis: ich bin heute Abend für Deutschland. Die Jungs stehen wenigstens ganz ehrlich zu ihrer Doofheit - auch hier natürlich mit ein paar unrühmlichen Ausnahmen.

Donnerstag, 3. Juli 2014

Freier Abend I

Und wieder war er dahin, der gute Vorsatz, endlich einmal früh ins Bett zu gehen! Dabei ging es so gut los. Der fußballfreie Abend wurde wie geplant zu Beauty & Wellness-Zwecken genutzt - dringend nötig.
Nur hatte ich wie üblich die Rechnung ohne die Brut gemacht. Zwar hatte ich den Sohn unter Mühen gegen 22 Uhr erfolgreich ins Bett expediert, aber die Tochter wollte sich um diese Uhrzeit noch eine Performance in der HFBK ansehen. Da in der Schule unterdessen nur noch körperliche Anwesenheit gefragt ist und ihre Nach-Hause-Begleitung geklärt war, konnte ich dem zustimmen. Blöd nur, dass ich nicht bedacht hatte, sie hier einlassen zu müssen, da sie - wie üblich - keinen Schlüssel dabei haben würde. Kurz vor Mitternacht konnte ich, bereits blind und bettfein, ihr endlich die Tür öffnen. Im Hereinkommen kam die Tochter ins Straucheln, was sie damit quittierte, sie sei doch etwas angetrunken. So weit, so witzig, wäre da nicht der Sohn gewesen, der aus seinem meterweit entfernten Bett und trotz nachtschlafender Uhrzeit alles mitgehört hatte und sofort angeschossen kam, um seine Schwester ob ihrer Verfehlungen wüst zu rügen. Auch ihr ständig skandiertes "Das war ein Scheeherz!" konnte ihn nicht beruhigen. Derartig aufgebracht half vermutlich nur Kalorienzufuhr. Und so briet er sich ein anständiges Stück Fleisch, darin ist er indes ja Meister. Leider kann er es noch nicht lautlos.

Mittwoch, 2. Juli 2014

Leere

In meinem Kopf herrscht das Vakuum. Nicht eine klitzekleine Idee darin. Lange Verlängerungsnächte fordern ihren Preis. Die Produktivitätsweltmeisterschaft gewinnt man so nicht. Zur Leere im Kopf gesellt sich körperliche Schwäche. Schwere Beine und schwere Lider waren selten gute Partner. Gestern morgen muss ich dem Falschparker vor unserem Haus ein Bild für die Götter geboten haben, als ich nicht schaffte, mein Fahrrad zu besteigen, weil es mir nicht gelang, das Bein ausreichend zu heben. Ich fahre ein Damenrad.
Vielleicht helfen zwei fußballfreie Abende in der Eistonne?

Dienstag, 1. Juli 2014

Superlative

Es muss wahre Mutterliebe sein, dass ich mich überwunden habe, dem Sohn ein Buch zu kaufen, das ich eigentlich nicht hätte kaufen können, weil sich mir beim Lesen des Rückentextes sämtliche Finger- und Fußnägel kräuselten. Ich bin zu lange mit einem mathematisch-versierten Menschen liiert gewesen, um so etwas klaglos lesen zu können. Auch wenn der Pressekommentar vermutlich dazu angetan gewesen sein sollte, das Buch noch besser zu verkaufen.
Liebe Süddeutsche Zeitung, das hätte man sicherlich noch optimaler formulieren können. Am Idealsten wäre allerdings gewesen, Ihr und der Malik Verlag hättet es einfach gelassen.

Nebenberuf

Ein deutlich positiver Nebeneffekt der WM ist der Zustand unseres WCs. Das kommt leider nicht von alleine, aber irgendwas ist ja immer. Wer Kinder hat, weiß, wie sinnvoll es ist, sich vom Status der Toilette zu überzeugen, ehe man Externe dorthin lässt, und gegebenenfalls (ehrlicherweise fast immer) nachzuarbeiten. Es sei denn, man pfeift auf nachbarschaftliche Beziehungen. Ursprünglich dachte ich, dieses Phänomen gäbe sich, sobald die Kinder ein zweistelliges Alter erreicht haben. Da habe ich mich getäuscht. Ebenso wie ich als Kind dachte, als Erwachsene könnte ich automatisch meine Blusen oder Jacken richtig knöpfen. Ein weiterer Irrglaube.
So friste ich also seit drei Wochen jeden frühen Abend - mit Ausnahme des letzten Freitags - mein Dasein als Klofrau, damit ich guten Gewissens unsere Sanitärräume anbieten kann. Die schönste Anfrage in der Hinsicht kam übrigens am Sonntag von einer Dame iberischen Ursprungs: "Würden Sie mir eine Toilette ausleihen?"