Sonntag, 28. Februar 2016

Hartes Schicksal

In den Tiefen des App Stores - so stellt es sich mir zumindest dar - hat die Tochter ein Ding gefunden, mit dem man auf Fotos die Gesichter tauschen kann. Obwohl wir uns eigentlich nicht besonders ähnlich sehen, habe ich bei unser beider Bilder mit vertauschten Köpfen kaum einen Unterschied wahrgenommen. Es mag daran liegen, dass die Beleuchtung schummrig war und ich vielleicht doch langsam eine altersgemäße Lesebrille brauche. Viel wahrscheinlicher ist es, dass wir uns am Ende doch ähneln. Denn als die Tochter den Tausch mit Bastian Schweinsteiger, Titelbild der aktuellen Sportbild, vornahm, merkte man den Unterschied. Zum Schlechteren, versteht sich! Während Schweini gewann. Das Foto wurde schnell gelöscht, denn die Tochter befand, sie "sehe aus, als ob sie eine Hasenschwarte habe". Mit dem größten Bedauern korrigierte ich sie. Man hat es nicht leicht als Mutter.

Freitag, 26. Februar 2016

Auf dem Weg zur EM-Form

Es ist weniger verstörend, von gelegentlich passierenden, kopfschüttelnden Greenpeace-Mitarbeitern beim Workout im Treppenhaus gestellt zu werden. Dieses hat die Favoritin meiner Kinder unter meinen Kollegen ins Leben gerufen. 
Es ist vielmehr verstörend, von erklommenen (und herabgestiegenen) 24 Stockwerken pro Tag Muskelkater zu bekommen. 
Als ich gestern, an Tag 2, auf Mitleid der Brut hoffte, hatte ich mich getäuscht. Die Tochter meinte, das habe sie vor nicht allzu langer Zeit in der Schule ohne Muskelkater geschafft. Meine Erwiderung versandete, es sei damals nur der vierte, nicht der sechste Stock gewesen und sie habe das auch nicht zweimal hintereinander absolviert. Ich sah mich gezwungen, pseudo-wissenschaftlich herüberzukommen. Die Anstrengung steige exponentiell. Während man die Stockwerke 1 bis 3 noch pfeifend, federnd oder gar hüpfend nehme, setze ab Stockwerk 4 die pfeifende Atmung ein, um sich ab Stockwerk 5 am Handlauf festgeklammert die letzten Steigungen hochzuschleppen. Mein Bild dazu war das eines Menschen, der ausgedörrt auf letzter Rille einen Wüstenhügel erklimmt. Die Tochter blieb gleichermaßen unbeeindruckt wie unverständig. Was für herzlose Wesen habe ich genährt.

Donnerstag, 25. Februar 2016

Reminiszenzen

Gestern Abend fragte mich der Sohn, ob ich für den kommenden Tag Möhrenkuchen backe. Kam mir unmotiviert vor. Bis mir einfiel, worauf er anspielte, verging einige Zeit, die er mit Auslassungen darüber füllte, wie grauenvoll ebendieser Kuchen sei ("Liegt nicht an dir, Mama. Deiner ist bestimmt besser als die anderen. Aber der ist einfach eklig." usw. usf.). Dann dämmerte es mir. Der Zweiundfünfzigste des Gatten, seines Vaters. Und ich hatte tatsächlich Möhren eingekauft! Ich verkündete, dafür seien jetzt andere zuständig. Sie könne BESTIMMT auch einiges an der Kuchenform. 
Ohne es öffentlich zuzugeben, hatte ich vorher sogar schon an ihn gedacht. Das lag an der Todesnachricht über Peter Lustig. Der wiederum hatte seine (dritte, glaube ich) Frau nämlich genau nach uns am 27. August 1998 auf dem Standesamt Charlottenburg geheiratet. Die Zweckoptimistin in mir sagt: wenigstens diese Ehe hat "Bis der Tod euch scheidet" wörtlich genommen.

Mittwoch, 24. Februar 2016

Regression

Ein lange verschmähtes Spiel wird wiederentdeckt: ich halte so lange die Luft an, bis er sich meldet. Außerdem schieße ich die Ratschläge von Freunden in den Wind, die da sagen, das habe am Ende nur einen blauen Kopf und eine hässliche Fratze zur Folge. Ich entgegne dem mit dreimaligem Aufstampfen und brülle dabei: "Ich will aber!".

Dienstag, 23. Februar 2016

Statistik

Seit 16 Tagen führe ich eine Statistik. Sie deckt auf, was das Schweinesystem uns Lohnsklaven vorgaukeln möchte: es gibt signifikant mehr Montage als Freitage. Manch' einer spricht unter vorgehaltener Hand gar von 50% mehr Wochenanfängen. Ich weiß, diese Veröffentlichung wird mich und meine Familie in größte Schwierigkeiten bringen. Aber das Wissen um die Wahrheit fordert seinen Preis. ¡vincerem

Wellness II

Ein Wochenende mit Massagen, Ruhe und ohne Jobtelefon bzw. mit einem WLAN, in das man sich alle 30 Sekunden wieder einwählen muss, was man dann am Ende ganz lässt, ist sehr erholsam. Wichtig ist nur, dass man den Kontakt mit den Einheimischen auf ein Minimum reduziert. Was nach Besserwessi klingt, ist wahrscheinlich auch so gemeint. Der Ossi scheint an rechtsstaatliche Werte gekommen zu sein wie der Indianer an den Alkohol (den wiederum kennt man im Osten gut). Selten habe ich in kurzer Zeit so viel Ausländerfeindliches gehört - und ich war schon öfter umständehalber in Billstedt.

Samstag, 20. Februar 2016

Wellness I

Um Enttäuschungen vorzubeugen, waren wir gestern Abend nicht an der Bar. Unübertroffen der erste Abend der ersten Wellness-Tradition - als die Tradition noch keine war -, als wir nicht nur den damaligen Drittligisten RB Leipzig nebst Entourage sondern auch Hans-Werner Sinn, die alte Amish-Peitsche im Kaminzimmer antrafen. 
Immerhin, ein gewisser Erkenntnisgewinn war auch heute dabei: in ostdeutschen Massageräumen wird nicht - wie erwartet - die Musik der Böhsen Onkels gespielt sondern ganz klassisch das übliche New-Age-Gedudel.

Freitag, 19. Februar 2016

Wie schreibt man nochmal Wellness?

Das ist eine Frage, mit der man den Sohn derzeit erheitern kann. Das kommt daher, dass er letzthin die Schreibweise "Welnes" sah.
Die Brut ist unterdessen auf sich allein gestellt, während wir Wellness oder eben Welnes erproben.
Diesmal in der vermeintlichen Dienstleistungswüste im nahen Osten. Man möchte so gerne seine Vorurteile den Mecklenburg-Vorpommernern ablegen, doch sie lassen es nicht zu. Der Taxifahrer ("Olaf Krüger - Dieser Taxifahrer kommt immer!) dient uns die Ü 30-Party im LT an und erklärt uns seine Stadt ("Hier wohne ich, das ist noch ein gutes Neubaugebiet. Da wohnen fast keine Ausländer."). In Rostock sei es besser als in Hamburg, denn dort fahren "nur Ölaugen Taxi und bescheißen Dich". Wir atmen auf, als er uns entlässt. Die 37€ habe ich gerne gezahlt, wenn wir ihn damit nur los sind. Wellness kann losgehen!

Donnerstag, 18. Februar 2016

Ich hatte das nicht bestellt

Heute früh bescherte der Blick aus dem Fenster nichts Gutes. So viel Schnee, dass selbst la Blinda ihn erkannte. Wie oft soll ich noch sagen, dass ich ihn nicht will? 
Auch der morgendliche Blick in den Spiegel war ernüchternd. Ein verlebter, fahler Panda. Vielleicht einfach nur altersgemäß, obwohl ich mich weigere, diesen Gedanken konsequent zu Ende zu verfolgen. Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels: das traditionelle Wellness-Wochenende nähert sich in Riesenschritten.

Mittwoch, 17. Februar 2016

Schatten und Licht

Gestern ist ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Leider nicht unbedingt der beste. Und zwar der, in dem man zu unrecht in die Klapse gesteckt wird. Egal wie man reagiert, es wird immer als Bestätigung des eigenen Irrsinns interpretiert. Keine Sorge, ich wurde nicht eingeliefert! Ich war nur mit dem Sohn bei der Kinderärztin. Diese meinte, ich sei eine überambitionierte Eiskunstlaufmutter, die zu viel Druck auf ihren Sohn ausübe. Ich kann sagen: aus der Nummer kommt man nicht raus. Zumindest ich nicht. Natürlich wäre es besser gewesen, ruhig zu bleiben und nicht schnippisch zu werden. Aber überraschenderweise bin ich doch nicht Superwoman. Der Einzige, der dem Ganzen etwas an Fahrt nahm, war der Sohn selbst, der hinterher zu mir sagte: "Mama, reg' Dich nicht auf! Wir wissen doch beide, dass es nicht so ist."
In Sachen Vernunft vom jugendlichen Sohn rechts überholt zu werden, fühlt sich immerhin gut an.

Dienstag, 16. Februar 2016

Eine Busfahrt, die ist lustig

Es ist wie es sein sollte. Ich zehre noch vom Wochenende. Nicht nur vom Freitagabend mit Bauchtanz und arabischem Essen. Nicht nur vom Valentinsblumenstrauß. Und auch nicht nur vom Stadionbesuch. Nein, auch von der Rückfahrt im HVV-Shuttlebus. Absurdes Theater ist Inforadio dagegen. Das lag nicht nur am alkoholgeschwängerten Klima, von dem man kontaktbetrunken wurde, sondern auch am Unterhaltungsprogramm. Ganz vorne wurde mehrmals, nicht in bester Artikulation, skandiert: "Wir sind jetzt vor Schalke auf dem Elften! Schalke ist auf dem Zwölften." Hut ab für derartig einwandfreie arithmetische Leistung bei drei Promille im Turm! Geografisch war der Herr nicht ganz so firm: "Heute feiern, morgen Urlaub, am Freitag auch. Dann spielt Hamburg gegen HSV. In Frankfurt. Bei Hamburg gegen HSV bin ich dabei. In Frankfurt."
Neben uns ein Paar aus Scheeßel. Wegen des Platzmangels sie auf seinem Schoß. Angesichts der Promillezahl und der Tatsache, dass sie einen Becher mit Bier in der Hand hielt, kam das Manöver einem Hochseilakt gleich. Sie fragte ungefähr fünfzehnmal in die Runde, ob Alkoholtrinken während der Busfahrt erlaubt sei. Ebenso oft wurde ihr darauf mit Nein geantwortet, was sie entweder zu ignorieren beschloss oder ihrem Alkoholalzheimer anheimfiel. Selbst der benachbarte Busfahrer außer Dienst konnte mit seiner Aussage nicht in ihr Bewusstsein vordringen. Außerdem wusste sie genauso häufig zu berichten, sie sei aus dem Spreewald ("Ich bin eine Spreewaldgurke."), heiße nicht Mandy oder Doreen sondern Diana ("Nennt mich Lady Di.") und forderte alle auf, noch mit ins "Hunger und Durst" zu kommen ("Da gehen wir nach dem HSV immer hin."). Ein Mann namens Kevin wurde von ihr gefragt, ob er auch aus dem Osten komme (nein, auch waschechte Hamburger heißen wohl so) und ob er noch mitkomme. Auch das verneinte er, diesmal mit dem Argument, wenn er noch mehr trinke, müsse er kotzen. Ich war sehr dankbar, dass er es nicht an Ort und Stelle tat. In Stellingen stieg die Spreewaldgurke mitsamt ihrer Entourage aus. Eine himmlische, wenn auch langweilige Ruhe machte sich breit. Bis die beiden älteren Herren, die der spreewälder Scheeßelerin gegenübersaßen, darüber 
debattierten, dass der Umzug vom Spreewald nach Scheeßel nicht als Aufstieg zu deuten sei. Wahr gesprochen, kämen sie nicht selbst aus Norderstedt. Das übrigens war mit Diana auch schon Thema gewesen: "Norderstedt, wo ist das denn?" "Am nördlichen Stadtrand Hamburgs." "Ach, da, wo die Marmelade herkommt?" "Nein, das ist Bad Schwartau, das ist ungefähr siebzig Kilometer entfernt." 
Die Mauer ist vor vier Monaten gefallen, oder?

Montag, 15. Februar 2016

Und sie merken es doch!

Während ich vorgestern früh noch dachte, meine Fan-Bekundungen erfüllten lediglich einen Selbstzweck, durfte ich feststellen, manchmal bleiben sie nicht unbemerkt. Der Star im eigenen Haus sagte mir, er habe mich letzte Woche auf ihrem Konzert gesehen. "Mein fröhliches Gesicht" sei ihm natürlich aufgefallen. Mehr geht kaum, denkt man. Doch dann erntet man ein wohlwollendes Zunicken von Uwe Seeler, der im Volksparkstadion in Armlänge entfernt (seiner, nicht meiner) neben einem steht. Ob's auch am fröhlichen Ausdruck lag? Egal. Das Überraschendste an unserem Aufenthalt am Volkspark war eigentlich, dass wir es überhaupt dorthin geschafft haben. Auf unserer Anreise hörten wir, wie sich zwei Shuttle-Busfahrer unterhielten. Der eine meinte, er kenne den Weg zum Stadion nicht. Der andere, eindeutig norddeutsch, gab nur ein einsilbiges Wort zur Antwort, das im Motorvorglühen für uns jedoch nicht zu verstehen war. Daraufhin meinte der eine wiederum, ein anderer Kollege habe ihm gesagt, die Route sei wohl selbsterklärend. Ein Hoch auf unseren Busfahrer; es war noch ein anderer. Ich habe gestern zum Glück nichts von einem in Hamburgs Nordwesten umherkreisenden Bus gehört. 

Samstag, 13. Februar 2016

Prognose

Irgendwann stürzt mich dieser ständige Bücherkauf nochmal in den Ruin. Bis dahin bin ich aber halbwegs belesen. Zumindest im Schönen, Historischen und Seichten.


Happy Birthday, Peter G.!

Wieder ein persönliches Novum. Heute habe ich zum ersten Mal einem Star auf seiner Facebook-Seite zum Geburtstag gratuliert. Wenn der miese Tod David Bowies irgendetwas Gutes gehabt haben soll, dann, dass man die Bewunderung für seine Helden rechtzeitig zeigen sollte. Mir ist durchaus bewusst, dass ich unter den zigtausend Gratulanten nicht weiter auffalle. Es geht mehr um meine Zufriedenheit. Aus einem ähnlichen Grund habe ich für die Tochter und mich Karten für das Iggy Pop-Konzert im Mai besucht. Ein gewisses Risiko ist es schon, so kurz nach seinem 69. Geburtstag...
Heute jedoch begehe ich erst einmal den 66. Geburtstag Peter Gabriels, indem ich die Wohnung mit seiner Musik beschalle. Sehr zur Freude der Brut (Achtung, Ironie!).

Freitag, 12. Februar 2016

Julian Fellowes hat kein Herz für Mütter

In letzter Zeit frage ich mich immer häufiger, ob ich die Einzige bin, die das amerikanische Geblöke stört, das fortwährend aus den verschiedenen "mobile devices" der Brut durchs ganze Haus schallt. Der akustische Gewinn der YouTube-Schmink-Tutorials oder Basketballer-Interviews ist zu vernachlässigen, um es charmant auszudrücken. Natürlich freue ich mich, dass sich die Kinder politisch interessieren. Aber muss uns Bernie Sanders' Stimme zuhause immer und überall verfolgen?
Und ich kann dem nicht einmal mehr Downton Abbey entgegensetzen, nachdem die Serie zu Ende ist. 

Donnerstag, 11. Februar 2016

Manöverkritik

Wieder einmal hatte ich gestern Abend wenig Zeit, mich um die Kinder zu kümmern. An den Steuerunterlagen 2014, die noch zusammengetragen werden mussten, lag es nicht. Der Job war ob meiner peniblen Ordnung in wenigen Minuten erledigt. Ach, ich vergaß, online funktioniert Ironie nicht.
Was mich von der Brutpflege abhielt, war die Konditortätigkeit. Mit Ausnahme des Backwerks für sie selbst und für eine besondere Kollegin ist ihnen das ein Dorn im Auge. Irgendwie verständlich. Mutter kümmert sich nicht um sie und es riecht verlockend, ohne dass sie etwas davon hätten. 
Trotzdem konnte ich Studien zu meinen Kindern anstellen: 
Die Tochter fragte mich, ob es bei der Arbeit auch irgendjemand anderen gebe, der mal Kuchen für Kollegen backe. Ich nannte den Namen einer Kollegin. "Ach, dann bekommt er zwei Kuchen zum Geburtstag?"
Der Sohn freute sich zuerst bei der Herstellung: "Ah, du machst Pfannkuchen?" Ich antwortete, dass es keine Eierkuchen (!) werden und fragte, ob er welche wolle. Blöde Frage meinerseits, streichen wir aus dem Protokoll. Ich kannte also mein Abendprogramm nach dem Kuchenbacken. Als kleine Erinnerung bekam ich vier Eier (Größe XL, versteht sich!) herausgelegt. Als typischer Zweitgeborener assistierte der Sohn mir dann beim Spülmaschine-Ausräumen. Man muss die Mutter bei Laune halten. Als der Kuchen fertig war, meinte der Sohn, er sehe aus, als ob er für einen Kleinkindergeburtstag sei. Ich konnte ihm nicht begreiflich machen, dass mir ein zwanzigster Geburtstag auch so vorkomme. 

Und überhaupt: was beschwert er sich? Schließlich sind die vielen übrig gebliebenen Schokobons in seinem Schlund gelandet.

Mittwoch, 10. Februar 2016

Sie will es wissen

Aus der Kategorie "Grenzerfahrung" für heute einen gemeinsamen Termin mit dem Sohn um 8 Uhr ausgemacht. Der Sohn ist nicht das Problem.

Dienstag, 9. Februar 2016

Drei-Wetter-Taft

Es bleibt dabei. Man soll den Tag nicht vor dem Abendessen loben. Heute früh auf dem Weg zur Arbeit war ich schon fast euphorisch. Die Vögel sangen, die Sonne schien und wärmte sogar schon ein wenig. Was für ein Kontrast zum Nachhauseweg. Sturm, Dunkelheit und Regen. Beim Kapuzeaufsetzen stand ich noch mit einer Dame von Greenpeace im Trockenen. Sie meinte, es regne nicht nur, es sei sogar "ein blöder Regen". Im Gegensatz zu ihr finde ich wohl jeden Regen blöd. Ich gebe zu: dieser war besonders eklig, weil er aus allen Richtungen kam.

Montag, 8. Februar 2016

Awaytrikot

Ein Posttitel, den ich mir schon lange wünsche. Ich mag das Wort ob seiner Affigkeit. Und wann wäre es besser platziert als im Februar vor der EM? Da gerade das aktuelle Awaytrikot durch seine Themenverfehlung besticht, muss es hier erwähnt werden. Die deutschen Kerle bei ihrem martialischen Auslandseinsatz in einer bestechenden Mischung aus Feldgrau und Bundeswehroliv? Man fragt sich, ob die Designer nur dummdeutsch oder auch noch bierselig waren. 
Dennoch nehme ich die Herausforderung an. Ich stelle das Trikot für unseren jüngsten Nachbarn nach. Hoffentlich passt es zur EM. Aus dem Nähkastchen (!) geplaudert: in ganz Hamburg ist keine Wolle der passenden Stärke und Qualität im richtigen Mittelgrau aufzutreiben. Ich musste mich mit einer Farbe begnügen, die etwas zu hell ist. Das prangere ich als Handarbeiterin an.

Sonntag, 7. Februar 2016

Änderungen

Eigentlich wollte ich gestern in einen befreundeten Weinladen gehen, dort ein wenig plaudern (so gut, dass ich es klönen nennte, bin ich nun doch nicht im Norden assimiliert) und Wein für den Hausgebrauch kaufen. Man ahnt es schon; es kam anders. Stattdessen ging ich wieder meinem Lieblingswinterhobby nach: der Schimmelentfernung im Schlafzimmer. Ich gehe davon aus, dass ich demnächst bei Budni die RB-Platinum-Card überreicht bekomme. Als Cillit Bang Schimmelentferner Power User steht sie mir eigentlich zu. In jedem Fall kann ich mich rühmen, das hässliche, chlorfreie Geruchsloch zwischen uns und der Alsterschwimmhalle zumindest zeitweilig gestopft zu haben. Ja, es ist nicht alles schlecht. So kann ich heute auch verkünden, dass die Hinrundenschmach getilgt ist. Die lange Zeit der Winterpause (Weihnachten inklusive) musste ich beim Tippspiel drei Punkte hinter dem Neffen fristen. Das wurde entsprechend häufig thematisiert. Wäre ich ein weniger stabiler Charakter, hätte ich von dieser Zeit Schaden getragen. Statt dessen glaubte ich unerschütterlich an meine Prognosefähigkeiten. Erster Rückrundenspieltag: ein Punkt vor dem Neffen. Über den zweiten legen wir den Mantel des Schweigens; er hatte vergessen zu tippen. Am dritten liege ich bisher 21 Punkte vorne. 
Ein Kollege erklärte mir, ab Ende Januar werden die Tage schneller länger. Das liege an der Erdkrümmung. Ein Satz, den man zum Glück nicht verstehen muss, um damit jeden Partysmalltalk zu bereichern. Langer Rede, kurzer Sinn: alles in allem blicke ich zuversichtlich in die nähere Zukunft.

Samstag, 6. Februar 2016

Doch, es gibt blöde Fragen!

Heute titelt das Abendblatt mit der Frage "Helfen Excel-Tabellen bei Presswehen, Herr Professor?". In meiner Branche gilt das als selten dämliche Frage. Excel-Tabellen helfen bekanntlich bei allem. Um das zu wissen, muss man nicht Professor sein.

Speerspitze der Avantgarde der Konsumkritik

Heute will ich auch an dieser Stelle meine Dienstleistungsmentalität unterstreichen. Getreu dem Motto "Wess' Brot ich ess', dess' Lied ich sing'" ist dieser Post eine Auftragsarbeit. Der Wunsch eines treuen Lesers, hier einen Eintrag mit obigem Titel zu sehen. Dem komme ich natürlich gerne nach. Auch wenn ich mich ein wenig in Grundschulzeiten zurück katapultiert fühle: "Schreibt eine mindestens zweiseitige Geschichte, in der die Begriffe "Hund", "Schaf", "Lattenzaun" und "Kunstdünger" vorkommen!" Bei Schule fällt mir ein, dass der Sohn letzthin stolz verkündete, er "übe jetzt, bei der Mathenachhilfe extrovertiert zu sein". Ein Unterfangen, das ihm nach eigener Auskunft so gut gelinge, dass er darin erfolgreicher sei als der Lehrer. Er steigerte in diesem Zusammenhang 'extrovertiert' zu 'extrovertierter'. Irgendwie war ich froh, dass er den Superlativ 'am extrovertiertesten' nicht gebrauchte.
Doch zurück zum Thema Konsumkritik. Gestern wunderte ich mich über Kollegen, die auf ihre Franzbrötchen fett Nutella schmierten. Auf meine Nachfrage meinten sie, es sei (gestern) Welt-Nutella-Tag, da müsse man auf alles Schokoschmadder tun. Ob das stimmt oder sie mich nur foppten, kann ich nicht sagen. In jedem Fall erwiderte ich, wenn das so sei, haben sie das Ganze meines Erachtens zu lieblos durchgezogen. Nur ein popeliges Glas der Normalgröße (ok, +50 Gramm gratis). Es hätte schon mindestens ein 750-Gramm-Glas dort stehen müssen. Außerdem hätte es ein Wurstbrot, eine Laugenbrezel oder Hühnersuppe sein müssen, denen man Nutella hinzufügt. Wenn man diese Marketinggeschichten wie Welt-Nutella-Tag, Halloween oder Valentinstag mitspielt, ist man in der Pflicht, es damit auch anständig bis übertrieben zu halten, finde ich.

Donnerstag, 4. Februar 2016

Fernsehen und Verstand

Erklärend muss ich vorwegschicken: normalerweise halte ich nichts von Bonsche-Pädagogik. Doch das Zeugnis der Tochter war so großartig, dass selbst  ich fand, man könne ihr dafür etwas schenken. Dabei ließ sich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Ich organisierte uns Sonntag noch Karten für das Fraktus-Konzert. Seit Wochen singt (ich sollte eher sagen: performt) die Tochter schließlich ihr Lieblingslied des aktuellen Albums: "Maler und Lackierer". Selbst einen Overall hat sie sich aus Authentizitätsgründen besorgt. 
Als ich gestern Abend von der Arbeit kam, fand ich die Tochter wie üblich chillend vor RTL2s "Köln 50667" vor. Als ich vorwarnend verlauten ließ - wir waren unterdessen bei "Berlin - Tag & Nacht" -, noch eine halbe Stunde bis Abflug, sah mich die Tochter so fragend an, wie man es beim Niveau der Beschallung erwartete. Was soll ich sagen? Sie hatte das Konzert vergessen! Das bedeutete nur eine knappe halbe Stunde für Schminken und Overall. Sie wäre nicht sie, wenn sie es nicht bravourös geschafft hätte.


Mittwoch, 3. Februar 2016

Angsthase

Schon als Kind bin ich ängstlich gewesen. Ist so. Lässt sich wohl als Erwachsene nicht mehr ändern. Als Mutter schon gar nicht. Ein erster Schritt ist vielleicht, wenn ich selbst erkenne, dass ich es mit der Angst übertreibe.
Gestern Abend zogen die Kinder in trauter Zweisamkeit los, um sich bei Jim Block Burger zu besorgen. Der Sohn ist nach wochenlangem (selbst gewähltem!) Fleischentzug gerade scharf darauf, das Verpasste zu kompensieren. Die Tochter gelüstete es nach einem Falafel-Burger. Dass die Kinder bei ihrem Beutezug über den Hansaplatz gehen würden, sorgte mich weniger als der Sturm. In meinem Kopfkino sah ich sie erschlagen von Dachziegeln oder Ästen. Passierte zum Glück natürlich nicht.
Dass meine Angst völlig überzogen war, merkte ich spätestens heute früh. Im Radio war die Rede von Sturmschäden auf der Bahnstrecke Hamburg-Berlin. Die Tochter: "Was für'n Sturm?"

Dienstag, 2. Februar 2016

Pfiffige Geschäftsidee

Oft schon habe ich mich gefragt, warum genau die Produkte, die mir gefallen, in schöner Regelmäßigkeit nicht mehr hergestellt oder vertrieben werden. Kaum, dass ich das Shampoo fürs Leben gefunden habe, wird es bei Budni mit dem neonfarbenen Schild "Ich gehe" versehen und aus dem Programm genommen. Der Besuch bei Rossmann oder dm ergibt leider wenig Anderes. Einziger Unterschied, die Auslauf-Waren werden dort reduziert. Um es an dieser Stelle öffentlich zu äußern: ich habe kein Problem damit, zum Mainstream zu gehören.
Jetzt plane ich, aus diesem Phänomen Profit zu schlagen. Ich biete mich gerne allen möglichen Firmen an, ihre Produkte vorab zu testen. Wenn sie bei mir ankommen, brauchen sie gar nicht erst auf den Markt gebracht zu werden, denn sie sind zum Ladenhüterdasein verdammt. Wie wär's?

Montag, 1. Februar 2016

Weltliteratur

Auch wenn man krank ist, hat das Wochenende Charme. Lange Frühstücke mit der Tochter, gemeinsame (in Anbetracht unser beider Erkältungen: kurze!) Museumsbesuche, anschließend Kuchen. Dessen zwangsläufige Folge der gemeinsame Drang nach etwas Salzigem war. 
So erfuhr ich auch, dass sie bereits Teile ihres Geburtstagsgutscheins in Literatur umgerubelt hat. "Das Schloss" von Franz Kafka ("Der sieht so komisch aus. Der Einband war hübsch. Ich habe mir vorgenommen, mehr Klassiker zu lesen"). Sie schaffen es doch immer wieder zu überraschen.
Diese Worte brachten mich dazu, darüber nachzudenken, wie es damals bei mir mit dem Lesen war.
Ich war im Hinblick auf Bücher ein Spätentwickler der besonderen Art. Mit einem großen Bruder, der nichts Geschriebenes links liegen lassen konnte, hatte ich es manchmal nicht leicht (Oh, die schwere Kindheit!). Er tauchte mit dicken Wälzern in eine Welt ab, aus der man ihn bei aller Liebe nicht herausholen konnte. Irgendwann, ich muss wohl fünf Jahre alt gewesen sein, hatte ich das Prinzip des Lesens begriffen. Nachdem ich das allen Anwesenden unter Beweis gestellt hatte, verfügte ich, man möge mir auch einen "Kamai" reichen. Das waren die dicken, dunkelgrünen Bücher, denen der große Bruder anheimgefallen war. Ich begann. Das Tempo war ob der Unbeholfenheit schleppend. Ich kam nicht über die Anfänge der unglaublich langweiligen Beschreibungen Kurdistans oder irgendeines anderen doofen Ortes der Welt hinaus. Ich war durch mit Büchern! Die waren Mist. Was der große Bruder bloß daran fand? Aber der las ja auch auf der Margarinepackung die gesamte Zutatenliste. Es folgten Jahre mit Comics und Bilderbüchern. Auch als sie vielleicht nicht mehr ganz altersgemäß waren. Ich hatte ohnehin die Theorie, dass Eltern mit dem ersten Kind ihr gesamtes Intelligenzpulver verschossen haben. Damit musste ich als Zweitgeborene zu leben lernen. Irgendwann, ich muss schon im Gymnasium (wie ich das geschafft habe? Nur dank der vehementen Intervention meiner Eltern) gewesen sein, gab ich Büchern wieder eine Chance. Sie hatten immerhin auch ein paar Bilder. So kam ich etwas retardiert zu Astrid Lindgren und Erich Kästner. Um dann nahtlos mit Robert Gernhardt weiterzumachen. Ich stellte fest, dass auch ich vollkommen in die Bücherwelt abtauchen kann. Nur eben in eine vollständig andere, die nicht von Karl May oder Stanislaw Lem geschaffen wurde.