Dienstag, 27. Juni 2023

San Juan

Mögen andere lautstark das Ende dieser Spargelsaison bedauern, ich hatte einigen. Es gibt also nichts zu jammern. Wenn überhaupt, dann über wieder kürzer werdende Tage. Was mich hingegen erfreut: Dass ich fachgerecht saisonal am 24. Juni Johannisbeeren nicht nur geerntet, sondern auch mit Bordmitteln zu 1A-Marmelade verarbeitet habe. Besonderes Augenmerk möchte ich dabei auf  - Achtung! - mein Augenmaß lenken. Auswahl und Anzahl der Gläser entsprechen exakt der finalen Marmeladenmenge. Manchmal scheine ich zu Übermenschlichem in der Lage - Kleiner habe ich es um diese Jahreszeit nicht.



Mittwoch, 21. Juni 2023

Bon retour

Die Mutter in mir ist selig. Der Sohn ist nach ewig dauernder und doch ganz kurzer Zeit wohlbehalten zurück. Braun gebrannt und durchtrainiert mit ganz vielen Geschichten, die sich in dieser Form nicht wiedergeben lassen, weil sie in Erzählweise und Intonation eines begnadeten Causeurs und Darstellers wie ihm bedürfen.
Die zeitweilig alleinstehende, mittelalte Frau in mir muss nun ihre Freiheiten umarrangieren.
Und die Haushaltsführende in mir muss sich wieder an altbekannte Verhältnisse gewöhnen.
Doch am Ende siegt immer die Mutter.

(Küche, nachdem er schon wieder weg war.)

Dienstag, 20. Juni 2023

Aufregende Zeiten

Nach gut zwei Monaten in Asien heißt es nun, der Sohn sei am Morgen in Europa gelandet. Es heißt außerdem, er habe in der Zeit Farbe bekommen und abgenommen. Die besorgte Mutter muss sich jedoch keine Sorgen machen, habe er doch auf diversen Stationen in der Ferne Komplimente für sein gutes Aussehen bekommen - von Frauen wie von Männern. Dies wurde mir von der Tochter zugetragen. Sowie auch, dass er meinte, so viel Lobhudelei tue seinem Ego nicht gut. Ich bin gespannt, ob ich all das bestätigen können werde. Und wann.
Als ob das nicht genug wäre, gab es gestern noch Geburtstagsfeierlichkeiten mit Überraschungsgästen. Nicht nur, dass die jüngste Enkelin der Jubilarin, aka die Tochter, beim schnieken Abendessen ungeplant dabei war, ihr Sohn war es auch. (Sprich der Bruder, der mir gestern im Vorbeigehen die App einrichtete, anhand derer ich nun endlich sehen kann, wie viel mein Balkonkraftwerk produziert.) Als die Dessertkarten verteilt wurden, rief die Tochter aus, was das denn sei, dass man dort überall Fotos von „dreckigen Kindern“ zeige. Das sei ihr auch schon auf der Toilette aufgefallen. Ganz offensichtlich fehlt ihr noch die Reife für die fotografischen Meisterwerke eines Robert Doisneau. Kein Wunder also, dass der frankophone Kellner sie für „under age“ hielt und sich über ihren Wein- und Zigarettenkonsum wunderte.
Im Nachhausekommen waren wir - wenngleich mit Ausnahme der Jubilarin -  auf dem Spielplatz. Die Tochter nutzte juchzend die Seilbahn, während wir klassisch die Schaukeln bevölkerten. Was soll ich sagen? Irgendwann ließ ich es auslaufen (mit ganz viel Sand in den Schuhen), egal wie heimelig es im Schummerlicht war. Weil es mir einfach zu anstrengend wurde, die Beine zu häufig voll auszustrecken. Mein guter Vorsatz zu fast Mittsommer: mehr Workout auf dem Spielplatz. Und Vorfreude auf den Sohn.



Freitag, 16. Juni 2023

Hier und jetzt

Das Wochenende naht und es wird vollständig auf Erholung ausgerichtet sein - so der Plan. Das letzte war zwar sehr schön, trug aber in seiner paritätischen Aufteilung zwischen Hansestadt (Freitagabend bis Samstagmittag plus späterer Sonntag) und Hauptstadt (Samstag- bis Sonntagnachmittag) zur Verwirrung bei. Wo fühle ich mich mehr zu Hause? Die Frage bleibt unentschieden. Schließlich konnten auch die Insekten nicht zur Antwort beitragen. Während sich die Hamburger Mücke bemühte, durch meine ledrige Fußsohle zu stechen, und fette Wirkungstreffer erzielen konnte, setzte ihre Berliner Kollegin in typisch hauptstädtischer Großmannssucht gleich eine ganze Stichstraße auf mein unteres Schulterblatt, das selbst bei mir nicht mit allzu viel Fettschicht über dem Knochen aufwarten kann. Zum Kratzen sind beide Stellen gleichermaßen schlecht geeignet. Vielleicht leichte Vorteile für Berlin, weil der Rücken zwar schwerer zu erreichen ist, sich die Haut jedoch - anders als unterm Fuß - vergleichsweise leicht aufkratzen lässt. Eines ist sicher: Über die Intelligenz der ansässigen Insekten entscheidet sich der Städte-Battle nicht. Übers Wetter auch nicht, das war vor einer Woche hier wie dort schön - wenn auch ausnahmsweise mit kleinen Pluspunkten für die Hansestadt (!), denn dort sah ich keine Wolken.
Blick nach vorne gerichtet! Dieses Wochenende keine Zerrissenheit, nur Chillen, Schlafen, Lesen und maximal Blumengießen. Die Welcome-Back-Feierlichkeiten für den Sohn lassen sich bestimmt zu einem anderem Zeitpunkt organisieren. Um mit dem Profi zu sprechen: „Lösen wir später.“



Freitag, 9. Juni 2023

Kehrwoche

Unterdessen habe ich mich mit meiner Empty-Nest-Testphase arrangiert. In zwei Wochen ist sie schon wieder beendet. Kinder, wie die Zeit vergeht! Ein weiterer Vorteil der Sturmfreiheit besteht darin, viel Platz und viele Schlafgelegenheiten bieten zu können. Kein Problem also, zahlreichen Besuch unterzubringen. So sehr mich die aktuellen Besucher freuen, eine Herausforderung bringen sie doch mit sich: sie kommen aus Schwaben. Das setzt mich als Gastgeberin unter Druck. Weniger, weil sie bei Fußballspielen in jüngster Zeit die Popp-Bandenwerbung sahen und sich zwingend diesen Eiersalat wünschten - diesen Wunsch erfülle ich gerne und im Vorbeigehen. Vielmehr, weil ich im Vorfeld die Notwendigkeit sah, die Wohnung zu putzen, die ich nach Wochen des orgiastischen Alleinlebens natürlich vernachlässigt habe. Den Hinweis meiner Mutter, die Schwaben lieber selbst putzen zu lassen, erstens wegen der größeren Expertise, zweitens weil sie meine kläglichen Versuche ohnehin nicht bemerkten, fand ich sehr richtig, aber leider für mich nicht praktikabel. Schließlich freute ich mich nach langer Durststrecke wirklich auf ihren Besuch. Auch wenn die Jahreszeit nicht dafür gemacht ist: ich putzte. Zumindest oberflächlich. Am Ende war es wie im echten Leben. Gegen die schwäbische Übermacht konnte ich nichts ausrichten, aber ein Treffer gelang dem Nordlicht. Ich habe größere Mengen Popp-Eiersalat.

(Fotos nur draußen)

Montag, 5. Juni 2023

Zweites Standbein

Sollte es irgendwann nicht mehr mit Media hinhauen und das lange totgesagte Fernsehen wirklich verstorben sein, bleibt mir noch immer die Floristik. Falls ich nicht - wie von der Tochter vorgeschlagen - professionelle Geburtstagstischgestalterin werden sollte, spezialisiere ich mich auf Konzeptblumensträuße. Dieser entstand übrigens pünktlich zum Erdbeervollmond. Man könnte den Eindruck bekommen, ich fange an, so transzendental wie das unterdessen kahlköpfige Jugendidol zu werden, das seine neuen Titel zu jedem Vollmond veröffentlicht (Peter Gabriels neue Auskopplung „Road to Joy“). Mit dem Alter darf man schrullig werden, denke ich. Solange nur die Sträuße schön sind.