Dienstag, 12. Juli 2016

St. Georg-Knigge

Die Tochter und ich gingen gestern Abend in den Edeka-Markt unseres beschaulichen Dorfes. Wir hatten den Auftrag des Sohnes/Bruders etwas Leckeres, bevorzugt Portugiesisches mitzubringen. In irgendwelchen Regalreihen wies sie mich unauffällig darauf hin, dass sich weiter hinten Steffen Henssler befinde. Ohne den töchterlichen Hinweis hätte ich ihn wohl übersehen. Er ist deutlich kleiner und dunkelhaariger als ich gedacht hätte. Zudem trug er eine recht prominente Baseballkappe. Wie es der Zufall wollte, standen wir an der Kasse direkt hinter Herrn Henssler, seiner Frau (nehme ich an) und seinen beiden Töchtern. Einen kurzen Moment spielte ich mit dem Gedanken, mich für meine Einkäufe zu schämen, die so direkt hinter den Hensslerschen Lebensmitteln lagen. Schließlich hatten wir in Ermangelung besserer Ideen Tiefkühlgemüse und Garnelen gekauft. Das schlechte Gewissen war in Bestzeit verflogen, als ich in seinen Einkäufen einen Gut-und-Günstig-Schokopudding mit Sahne und vergleichbar Unkoscheres entdeckte. Vollends verabschiedete es sich, als die Tochter in ihrer späteren Manöverkritik feststellte, der Starkoch sei unsympathisch herübergekommen. Man telefoniere nicht, während man bezahle. Vor allem, wenn man die zusammengerollten Scheine ("Hast du den Fünfhunderter gesehen?") lustlos aus der Tasche fischt und ebenso der Kassiererin überreicht. Sie fand, er hätte seiner Frau das Geld geben können, damit sie bezahle und er in Ruhe weiter telefonieren könne. Man lernt so viel von den "Mobile Natives".

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