Samstag, 19. November 2016

Zeit

Es ist soweit: es lässt sich wohl nicht mehr leugnen, dass ich alt werde. Heute früh wachte ich um 6:40 Uhr auf und konnte nicht mehr wieder einschlafen. Selbst die üblichen Tricks erwiesen sich als zwecklos. Lesen schläferte mich nicht ein, eine Mail an die Nachbarn nicht und auch nicht die Überlegung, was ich anziehen werde, die normalerweise ein Garant für unverzügliches Wegschlummern ist. Zugegeben, am Samstag ist die Kleiderfrage meist keine Herausforderung. Es geht lediglich darum, welches der Räuberzivile mitteleuropäischen Sauberkeitsstandards entspricht. Das geht einfach.
Im Grunde kann ich mich schon glücklich schätzen, erst jetzt von seniler Bettflucht angefallen zu werden. Meine eigene Prognose sagte sie bereits voraus, sobald die Kinder nicht mehr vor sechs Uhr ins elterliche Bett gekrochen kämen und Unterhaltung wünschten. 
Ich stand also vor meiner üblichen Wochenendzeit auf. Die Tochter war bereits unter der Dusche. Ich zog in die Küche, stellte mir Musik an und trank Tee. Kurze Zeit später kam die Tochter in die Küche gewirbelt und meinte: "Du weißt, was jetzt kommen muss?" Ich muss sie einigermaßen blöde angeguckt haben, denn ich wusste es nicht. Kurzerhand steckte sie ihr Telefon auf die (meine, wenn ich wie üblich kleinlich sein will) Dockingstation, sah mich strahlend an und stellte "Last Christmas" an. Anschließend tanzte sie durch Küche und Wohnzimmer und wiederholte den Titel, weil es so schön war.
Vielleicht kann ich den frühen Morgenstunden am Ende doch noch etwas abgewinnen?

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