Donnerstag, 31. Juli 2014

Standortwechsel

Der letzte Abend in Freiheit war sehr erhellend. Ich verbrachte ihn mit einer Freundin in unserem favorisierten italienischen Lokal, das nicht nur wegen seines Internet-Auftritts überzeugt (www.trattoriaitaliana.de). Das Essen schmeckt und der Chef sorgt für Folklore, indem er häufig Arien singt. Allerdings versuche ich immer noch, hinter den tieferen Sinn des Satzes unter Le Pizze zu kommen: "Fragen Sie einfach wenn wir schon am Mittag  bereit Sind !!!!!"
Irgendwie fühlte ich mich wie beim Ping Pong, weil mein Ohr am Nebentisch wahlweise rechts oder links aktiv sein musste. 
Rechts ein Dinner zu zweit: ein Paar in unserem Alter. So weit so normal, wenn nicht später noch eine weitere Dame dazu gekommen wäre, die durch Küssen und Anfassen demonstrativ ihr Revier markieren musste, denn der Mann - Typ Til Schweiger-Voicealike - war ihrer. Anschließend drehte sich die Konversation um Fahrradsternfahrten und Homöopathie, meine Lieblingsthemen! Schön auch die Reaktion der authentisch italienischen Kellnerin auf das Ansinnen der ersten Dame nach einer Orangensaftschorle: "Mit Wassär?"
Links ein echtes Paar, das allerdings durch Zurückhaltung beim Körperkontakt auffiel. Sie ließ ihr iPhone nur für die Nahrungsaufnahme aus der Hand. Ansonsten war sie zu sehr mit stepstone.de beschäftigt. Heftigste Reaktion des Abends entlockte ihr eine Stellenanzeige, die ihr für sich selbst wie maßgeschneidert vorkam. Ohne den Hintergrund zu kennen, hege ich meine Zweifel aufgrund ihrer Äußerung "Excel? Damit habe ich noch nie gearbeitet!". Das erforderte meine volle asiatische Gesichtsbeherrschung. Ähnlich wie bei seiner Reaktion auf ihre Frage, ob es ihn störe, wenn sie ihre Olivenkerne (Penne ligure) auf das Tellerchen unter dem Pesto lege, und er mit Ja antwortete, aber meinte, dass es ihn nicht störe. Nur mit Mühe hielt ich mich zurück und schrie ihn nicht an: "Dann antworte mit Nein, Du Idiot"
Hinterrücks noch der Tisch mit den zwei Yorkshire-Terriern und zwei voluminösen Damen undefinierbaren Alters, die als Staffage auch noch einen gleichaltrigen Herrn am Start hatten, dessen Highlight es war, eine der Ratten auch mal herzen zu dürfen. Vielleicht bin ich altmodisch, aber in meiner Welt haben Hunde - egal welcher Größe - nichts auf dem Tisch zu suchen; es sei denn, sie sind verzehrfähig.
Manchmal lohnt es sich schon, das beschauliche Dorf für das weltstädtische Eilbek zu verlassen.

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