Mittwoch, 16. Juli 2014

Historisch

Unerklärlich wieso, aber derzeit muss ich an vergangene deutsche Weltmeistertitel denken.
Nun gehöre ich nicht der Generation derer an, die bereits echte Erinnerung an den Titel 1974 haben. Meine erste bewusste WM war 1978, wobei ich über sie auch nicht mehr sagen kann, als dass ich im Vorfeld von meinem Großvater die Buenos-Dias-Argentina-Kassette geschenkt bekommen habe, diese Udo-Jürgens-getreu mitträllern konnte und dass Helmut Schön damals noch Bundestrainer war. Der Mann mit der Mütze geht nach Haus, die lange Zeit des Langen sie ist aus... Tralala...
Allerdings gehöre ich schon der Generation an, die die WM 1990 als Erwachsene - zumindest hielt ich mich dafür - erlebt hat. Wer sagt, echten Siegestaumel gibt es erst heutzutage, war damals nicht in Berlin. Erst nach dem Spiel war ich bei meinem damaligen Freund gelitten. Das lag vermutlich daran, dass ich damals noch nicht Mutter eines Sohnes, eines wandelnden Kicker Almanachs war. Sehr süß, letzthin sein peinlich-berührtes Lächeln, als ich vor versammelter Mannschaft kundtat, dass ich fast alles, was ich über Fußball wisse, von ihm wisse. 

Aber zurück ins Jahr 1990. Nach Abpfiff des Finales wollte ich also von Kreuzberg nach Spandau fahren. Wegen der fortgerückten Stunde entschied ich mich fürs Auto und nicht fürs übliche Fahrrad. Super Idee. Vor allem bei der Routenwahl via Budapester Straße. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur anführen, ich war jung und unerfahren. Nicht nur, dass wegen des Fahnen schwenkenden Mobs nicht an Vorankommen zu denken war. Ich hatte Angst um Leib und Leben. Einige der Herren hatten ihre Fahnen zur Seite gestellt und rüttelten an den zum Stehen gekommenen Autos, um sie zum Umkippen zu bewegen. So auch meins. Unter akrobatischem Einsatz drückte ich schnell noch alle vier Türnubbsis herunter, um in meinem Todeskampf wenigstens keinen der johlenden Spinner in meinem Auto ertragen zu müssen. Zentralverriegelung kannten wir damals nicht. Nach gefühlten Stunden verlor das Würfelspiel seinen Reiz und ich konnte endlich weiterfahren. In Spandau angekommen trafen recht unterschiedliche Stimmungslagen aufeinander: der Freund in Hochstimmung, ich außer der Zunge in kompletter Schockstarre. Meiner Meinung nach sollte nie wieder ein deutscher Titel geholt werden.
Mein Trauma scheint überwunden. Ich habe mich Sonntag mit unseren Jungs gefreut.

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