Mittwoch, 1. April 2020

Sittenverfall

Wir verrohen, fürchte ich. 
Kurzzeitig wunderte sich die Tochter, warum DJ Koze, den sie in unserer Halle traf, sie nicht vorschriftsmäßig grüßte. Dann fiel ihr auf, dass sie mit offener Hose durch die Halle lief und wunderte sich nicht mehr. Immerhin zeigt es, dass sie nicht die Kontrolle über ihr Leben verloren hat und auch in diesen Zeiten nicht in Jogginghose unterwegs ist.
Ich fragte mich, ob es statthaft sei, am Vormittag die Fritteuse anzuwerfen und Pommes zu machen. Soul Food soll doch so wichtig sein. Die Tochter fand es richtig. Sie habe den Eindruck, im Netz trinken alle tagsüber Alkohol, dagegen sei fettiges Frühstück wohl nichts. Eine stringente Logik, von der ich mich gerne überzeugen ließ. Die Kartoffeln sind mir auch ziemlich gut gelungen. 
Das Tischtennisspiel zeigt auch immer weniger Regelkonformität. Die Spezialität dieser Tage: der kontaktlose Ballwechsel, der ohne lästige Berührung der Platte auskommt. Insgesamt hat unser Spiel nur bedingt an Qualität gewonnen. Wenn sich überhaupt ein Trainingseffekt bemerkbar macht, dann nur der, dass die Reaktionsfähigkeit etwas zugenommen hat. Die Bälle werden jetzt häufiger retourniert, wenn auch nicht in die richtige Richtung. Ein Augenschmaus ist es garantiert nicht, uns beim Spiel zuzusehen. Das erklärt die kurze Verweildauer etwaiger Beobachter. Die Hymne unseres Spiels kommt - wie sollte es anders sein? - von Element of Crime: „Immer da wo du bist, bin ich nie“.
Doch mein wahres Highlight kommt wieder einmal vom Sohn:

„Mama, das sind Mohnblumen, oder?“

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