Dienstag, 21. April 2020

Wie ein Urlaubstag

In letzter Zeit fühle ich mich oft zurückversetzt ins West-Berlin der Achtzigerjahre. Wahrscheinlich liegt es an meiner neuen Playlist, aber vielleicht auch an einer gewissen Isolation. In jedem Fall finde ich, dass ich für aktuelle Herausforderungen, die in unserer Lage zum Glück nicht so dramatisch sind, ganz gut gerüstet bin. Denn damals wie heute lebe ich gerne in der Stadt und bin nicht ständig von Natur- oder Einsamkeitssehnsucht geplagt. Noch besser wird es natürlich, wenn ein - zugegeben nicht hundertprozentig freiwilliger - Urlaubstag ansteht. Da kann einem schon einmal der gute, alte Slogan der Thermen an der Heerstraße einfallen. Wenn dann auch noch die Sonne scheint! Die Kinder habe ich nachhaltig beeindruckt, indem ich ihr Geburtstagsbuch mit über 580 Seiten „jetzt schon“ ausgelesen habe. Das hätte ich wohl auch unter normalen Bedingungen geschafft, aber so etwas muss ich nicht zwingend dazu sagen. Außerdem habe ich den freien Tag dazu verwenden können, nachbarschaftliche Angebote zu nutzen und auf diese Weise zwei Stühle und einen Tisch für den elterlichen Balkon geschenkt zu bekommen, über die sich sowohl die neuen Eigentümer als auch ihre aktuellen Nutzerinnen sehr freuen. Auf diese Aktion folgte der Vorschlag der Nachbarin, einen Ausflug in den Stadtpark zu unternehmen. Gesagt - getan. Mir fiel auf, dass ich unser beschauliches Dorf seit über drei Wochen nicht mehr verlassen habe. Dadurch, dass ich nicht allzu häufig dort bin - eigentlich finde ich die Bezeichnung Stadtpark für einen Park, der aus meiner Perspektive so wenig innerstädtisch ist, immer ein wenig ärgerlich - kam es mir vor, als wäre ich wirklich weit weg, in einer anderen Stadt, vielleicht sogar in einem anderen Land. Sich aus dem Weg zu gehen, fällt dort übrigens viel leichter als hier an der Alster. Selbst an der Bude, an der wir uns Kaffee holten, war es vergleichsweise leer. Die Wirtin meinte, wir seien aber braun geworden. Woher sie diese Erkenntnis nimmt, ohne uns vorher jemals gesehen zu haben, wird wohl ein Mysterium bleiben. Ich hoffe nur, braun war nicht ihre charmante Umschreibung für tomatenrot.
Um den Tag adäquat abzurunden, habe ich abends, als es zu kalt für den Aufenthalt draußen war, gut drei Stunden die Wohnung geputzt. Auf wundersame Weise hatte sie es nötig.

(Ich nenne es: Sinnbild - Hoffnung blüht überall)

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