Sonntag, 9. September 2018

Tag des offenen Denkmals

Heute marodieren ausnahmsweise keine Schüler und Abendschüler an unserem Haus vorbei. Heute sind eher ältere Semester in unserem Haus unterwegs. Meinen doch vereinzelte Nachbarn, wir müssten uns der Verantwortung stellen, in einem denkmalgeschützten Gebäude zu wohnen. Verpflichtung hat nun mal nichts mit Freude zu tun. Heute gaffen also Ströme von leberwurstgrau gekleideten Paaren mit vernünftigem Schuhwerk in unsere Fenster. Normalerweise bin ich - im Gegensatz zum Sohn - nicht für übertriebenes Wahren  unserer Privatsphäre bekannt, aber mitleidige Blicke kulturbeflissener Menschen aus dem dicken Teil der umgedrehten Bevölkerungspyramide, die außerdem vergeblich nach einem Eingang suchen, sind mir auf Dauer doch lästig. Leider kann ich ihnen nicht entfliehen. Dieses Ansinnen nach Privacy (unbedingt posh-englisch und nicht amerikanisch auszusprechen, um den Sohn auf die Palme zu bringen) findet der Sohn nicht erklärlich, wenn ich doch ansonsten die Anschaffung/Anbringung von Jalousien oder wenigstens Vorhängen in Küche und Wohnzimmer als Blödsinn abtue. 
Vielleicht wirklich nicht nachvollziehbar. Ich bin mir noch nicht sicher, ob es tausend Geisterfahrer sind oder ob ich einer bin. Nach dem Vorschlag einer anderen Nachbarin, unsere vor Jahrhunderten am Henkersplatz (!) als Erinnerung gepflanzte Blutbuche in „Menstruationsbuche“ umzubenennen, denke ich eher Ersteres.

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