Samstag, 19. Juni 2021

Tag 8

Wegen eines Calls verpasste ich nicht nur den Anpfiff sondern gleich die erste Halbzeit des Tages. Mir wurde hinterher zugetragen, ich habe nichts verpasst. Blöderweise ging es in der zweiten Halbzeit und im darauffolgenden Spiel ähnlich weiter. Dabei sei mir schon mehr entgangen, hieß es. Zumindest, wenn spritzendes Blut eine heimliche Leidenschaft sei. Mir machte es nichts aus. Nicht etwa, weil Nasenbluten nicht meine Passion ist. Erstens gab es immer noch die dritte Begegnung. Zweitens hatte der Sohn über Mittag seine vermeintlich erste Impfung ergattert. Über den Arbeitskollegen der Frau eines meiner Kollegen hatte ich sie ihm organisiert (vor ein paar Jahren, erinnere ich mich, war ich sehr stolz, einmal ähnliche Verwebungen auf spanisch erklärt haben zu können). Was ich hier parallel zu Fünfzigstundenwoche und EM organisiere, grenzt schon an Beschaffungskriminalität. Danke für nichts, Jenser! Die Vermittlung jedenfalls bestand aus „einem Astra-Shot“, wie der Kollege es nannte. Leider, leider kam es in der Praxis zu einem Versehen. Der Sohn bekam Johnson & Johnson. Als er die Praxis verlassen hatte, bekam er eine Nachricht, in der sie sich vielmals für ihren Fehler entschuldigten. Feixend beschlossen wir, in unserer unendlichen Güte von Regressforderungen Abstand zu nehmen. Jetzt hat mich der Sohn rechts überholt. Fehlen also nur noch die Tochter (zweimal) und mein zweiter Piks. Meinen Arbeitgeber wird es freuen, dass bald noch mehr Zeit für Heimarbeit bleibt. 
Dann war da noch England gegen Schottland. Wenn ich schon vorher durch Abwesenheit glänzte, wollte ich es wenigstens mit adäquatem Catering ausgleichen. Unser EM-Studio füllte sich mit leichten Anklängen von Fish & Chips-Aromen. Es muss ja kein Brite wissen, dass ich sie nicht aus der Fritteuse zog, sondern aus dem Backofen holte. Auch bei Soße und Getränk pfiffen wir auf Authentizität. Essig und schottischen Wein (oder umgekehrt)? Och, nö. Fettes Essen zu später Stunde bei schwülen 33° ist Hardship genug. Dass die Sieger unserer Herzen mit gefühltem Sieg vom Platz gingen, steigerte die Stimmung. Diese torlose Begegnung war spannend genug, als dass wir sie uns hätten schöntrinken müssen. Doch alles kann, nichts muss.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen