Freitag, 3. August 2018

Neu gemischt

Dachte ich früher, Einkaufssamstage bei Ikea seien die ultimative Belastungsprobe für Beziehungen, weiß ich heute: es ist der Möbelaufbau.
In meinem Montagewahn habe ich den Sohn übertrieben angequakt. Wieder einmal verkehrte Welt: er wollte doch bloß helfen. Eigentlich der klassische Mutterpart. Und doch, es schafft wenig Entspannung, ein Smartphone-Display mit einem YouTube-Tutorial zur Bauanleitung vor die Nase gehalten zu bekommen. Gerade in dem Moment, als ich mich fragte, ob ich wohl durch einen Fehler des schwedischen Möbelhauses das Manual für Oktopusse (ja, ich weiß, der Kenner sagt „Oktopoden“) erwischt habe. Ich sei jetzt schon überfordert, da brauche ich keine weitere Ablenkung. Aber dadurch sehe ich doch, wie es gehe. Ja, und wenn mir auch dort suggeriert werde, wie pipileicht alles sei, mache mich das nur noch wütender. Ungläubige Blicke. Weitere Argumente, denen ich mich natürlich verschloss. Irgendwann mein Flehen, er möge mich doch einfach in Ruhe und ebenso in meinem Bauschrott verenden lassen. Wenn häufig kritisiert wird, Jugendliche haben im Falle des Scheiterns kein Durchhaltevermögen: stimmt nicht. Der Sohn blieb bei der Stange (!), obwohl ich weiter wütete. Es bringe doch nichts, sich zu ärgern. Der ist gut, den merke ich mir! Natürlich helfe es nicht, aber was bringe am Ende schon etwas? Achtung: Mutter wird aktuell nur im Zustand misanthropisch-philosophisch gereicht. Mir helfe es, er leihe mir eine Hand oder auch zwei - wobei, dafür müsste man das Handy aus einer ebensolchen legen. Dann wären wir zusammen wenigstens ein halber Oktopus. Die Tochter hatte durch ihre Flucht nach Italien den Dreiviertelkraken verhindert. Sie wäre allerdings ohnehin nach meinem ersten Quaken in ihr Zimmer geflohen. Sagen wir so: es trug auch nicht zu meiner Beruhigung bei, dem Sohn Prinzip und Anwendung des Akkuschraubers erklären zu müssen. Auch nicht, als er vorschlug, man könne bei Myhammer jemanden mit dem Aufbau beauftragen. Doch gemeinsam schafften wir die ersten Teile. Sogar ohne digitale Assistenz. Irgendwann schlug der Sohn, ganz Zweitgeborener (was mir nicht zufliegt, habe ich nicht gewollt), vor, die Schubladen brauche man gar nicht, eigentlich sei so alles viel besser und fertig sowieso. Hätte ich bloß auf ihn gehört! Die Schubladen waren zwar ruckzuck zusammengebaut (die zehn Jahre verjährte Erfahrung mit dem Aufbau von etwa 20.000 Küchenschubladen wirkt noch nach), aber ließen sich partout nicht in die Führungen bringen. Wie auch, wenn ich diese seitenverkehrt angebracht hatte. Genau genommen nicht einmal die Führungen, sondern das ganze Konstrukt. Da heißt es heute Abend wieder: zurück auf Los. Mich wundert unterdessen nicht mehr, dass es in Schweden einen hohen Anteil Alkoholiker gibt.

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