Samstag, 25. August 2018

Altersgemäß

Mein Nähkästchen, aus dem ich plaudere, ist unterdessen prall gefüllt mit Geschichten rund um die Gesundheit. Liegt vielleicht in der Natur der Sache, wenn die Kinder langsam flügge werden.
Es begab sich also, dass ich eine Stunde später als geplant zur Operation abgeholt wurde. Sechs Stunden hatte ich vorher schon vollkommen entmenscht im flotten OP-Hemdchen und feinster Hospital-Lingerie zugebracht. Entsprechend guter Dinge war ich. Der Pfleger, der mich im Bett durch die Gänge schob, ein cooler, offenbar ganzkörpertätowierter Typ mit Bart, fragte mich, was mit mir los sei. Mit zittriger Stimme antwortete ich, wohl Angst zu haben. Im Schutze des Fahrstuhls gestand er mir, „voll der Schisser“ zu sein. Ich hätte ihn mal vor seiner Weisheitszahn-OP erleben sollen. Und das sei ja kein Vergleich zu dem, was mich erwarte. Er merkte, dass mich seine Worte nicht vollständig beruhigten, und schob hinterher, ich sei hier doch in den besten Händen. In den Tiefen des OP-Bereichs stand ich - die Wartezeit war eindeutig nicht lange genug - noch ein wenig im Flur vor dem Saal herum. Immerhin war es schon nicht mehr das Bett sondern eine Liege, auf die man mich festgeschnallt hatte. Weil das so besonders schön war, war es nun vollends um mich geschehen. Eine eigentlich unbeteiligte OP-Schwester rauschte vorbei. Sie blieb neben mir stehen und meinte, das könne sie ja gar nicht sehen. Sie nahm ihren Mundschutz ab und ergriff meine Hand. Was denn los sei? So gut es noch ging, erklärte ich ihr, was mir bevorstehe. Ach, der Operateur, das sei ihr Lieblingsarzt! „Das ist so‘n Hübscher, ne!“ Erzählt sie vielleicht bei jeder vergleichbaren Gelegenheit, aber sie war so nett, dass ich nicht weiter Wrack spielen wollte. Gelang mir jedoch nicht ganz. Beim Reinrollen in den Anästhesieraum hieß es: „Ach, was haben wir denn da? Einen Panda!“ Egal. Relativ bald danach schlief der Panda ja endlich. Auch eingelullt durch die beruhigende, leicht hessisch gefärbte Stimme des Anästhesisten. Wie zu erwarten war die Angst völlig übertrieben. Schließlich waren die ersten Worte, die ich im Anschluss hörte (als man mir die sexy grüne Haube abnahm): „So schöne Haare!“

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