Montag, 1. Februar 2016

Weltliteratur

Auch wenn man krank ist, hat das Wochenende Charme. Lange Frühstücke mit der Tochter, gemeinsame (in Anbetracht unser beider Erkältungen: kurze!) Museumsbesuche, anschließend Kuchen. Dessen zwangsläufige Folge der gemeinsame Drang nach etwas Salzigem war. 
So erfuhr ich auch, dass sie bereits Teile ihres Geburtstagsgutscheins in Literatur umgerubelt hat. "Das Schloss" von Franz Kafka ("Der sieht so komisch aus. Der Einband war hübsch. Ich habe mir vorgenommen, mehr Klassiker zu lesen"). Sie schaffen es doch immer wieder zu überraschen.
Diese Worte brachten mich dazu, darüber nachzudenken, wie es damals bei mir mit dem Lesen war.
Ich war im Hinblick auf Bücher ein Spätentwickler der besonderen Art. Mit einem großen Bruder, der nichts Geschriebenes links liegen lassen konnte, hatte ich es manchmal nicht leicht (Oh, die schwere Kindheit!). Er tauchte mit dicken Wälzern in eine Welt ab, aus der man ihn bei aller Liebe nicht herausholen konnte. Irgendwann, ich muss wohl fünf Jahre alt gewesen sein, hatte ich das Prinzip des Lesens begriffen. Nachdem ich das allen Anwesenden unter Beweis gestellt hatte, verfügte ich, man möge mir auch einen "Kamai" reichen. Das waren die dicken, dunkelgrünen Bücher, denen der große Bruder anheimgefallen war. Ich begann. Das Tempo war ob der Unbeholfenheit schleppend. Ich kam nicht über die Anfänge der unglaublich langweiligen Beschreibungen Kurdistans oder irgendeines anderen doofen Ortes der Welt hinaus. Ich war durch mit Büchern! Die waren Mist. Was der große Bruder bloß daran fand? Aber der las ja auch auf der Margarinepackung die gesamte Zutatenliste. Es folgten Jahre mit Comics und Bilderbüchern. Auch als sie vielleicht nicht mehr ganz altersgemäß waren. Ich hatte ohnehin die Theorie, dass Eltern mit dem ersten Kind ihr gesamtes Intelligenzpulver verschossen haben. Damit musste ich als Zweitgeborene zu leben lernen. Irgendwann, ich muss schon im Gymnasium (wie ich das geschafft habe? Nur dank der vehementen Intervention meiner Eltern) gewesen sein, gab ich Büchern wieder eine Chance. Sie hatten immerhin auch ein paar Bilder. So kam ich etwas retardiert zu Astrid Lindgren und Erich Kästner. Um dann nahtlos mit Robert Gernhardt weiterzumachen. Ich stellte fest, dass auch ich vollkommen in die Bücherwelt abtauchen kann. Nur eben in eine vollständig andere, die nicht von Karl May oder Stanislaw Lem geschaffen wurde.

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