Montag, 7. März 2016

Ein Sonntag im Dorf

Vielleicht liegt es am betörenden Duft der Freesien zuhause, vielleicht ist mir die gestrige Begegnung einfach nur zu Kopf gestiegen. 
In jedem Fall beschäftigt mich die Lesung vom Sonntagnachmittag immer noch. 
Sie begann mit den unmotiviert überdramatischen Worten des Schweizer Hoteliers, bei denen man sich fragte, ob die "Trufes du jour" seine einzig konsumierte Droge waren. In einem relativ ungeeigneten Raum seines Hotels - sollte das schon der beste Ort am Platz gewesen sein? - fand das Ganze statt. Abgelöst wurde der Hotelbesitzer von einer ziemlich verstrahlten Dame, die sich jetzt im Engadin engagiert (die Kombination wollte ich schon immer mal bringen) und früher im Hamburger Literaturhaus tätig war. Wir sind recht froh über die (noch) aktuelle Besetzung dort. 
Endlich beginnt die Lesung, wie in der Schule in alphabetischer Reihenfolge. In gewohnt brillanter Manier liefert Sven Amtsberg ab. Einzige Überraschung: das seriöse Outfit zum Auftritt.
Es folgt Sigrid Behrens, von der wir von der Verstrahlten erfahren, sie sei zweisprachig aufgewachsen. Toll. Ansonsten kommen noch zwei kurze Gedichte. Und peinliche Fragen aus der Moderatorenecke.
Dann kommt wegen größerer Ausfälle schon Wolfgang Schömel. So gerne ich dessen Geschichten höre, werde ich den Eindruck nicht los, seine größte Sorge sei, man könne glauben, seine Glocken seien länger als der Turm. In verschiedenen Schattierungen ein ständig wiederkehrendes Sujet.
Im Anschluss für meinen Geschmack viel zu kurz "der große Frank Schulz" (Gerhard Henschel) mit einem Gedicht. Weiterhin nichts als bräsige Fragen von der Verstrahlten. Er gibt großartige Steilvorlagen und sie schafft es nicht einmal, zu erfragen, wann der neue Onno Viets erscheinen wird. 
In der Folge dann Katrin Seddig, die eine schöne Geschichte vorträgt. Dubelige Fragen auch an sie. 
Zu dem, was wir fürs Finale halten kommt Michael Weins, dessen gute "Schtory" (Wolfgang Schömel) leider auch ein wenig durch schwachgeistige Fragen verschüttet wird. Als diese Peinlichkeit ein Ende hat, wirft sich der Hotelier noch einmal dröhnend ins Zeug. Er lebt vermutlich seinen Ruf als Unikat aus. Aber muss es unbedingt vor Publikum sein? Kann er das nicht zuhause oder in der Besenkammer abfeiern? Es wird ein ewiges Mysterium bleiben.

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