Freitag, 21. August 2015

Küchenpädagogik

Gestern verfestigte sich in meinem Kopf ein Erziehungskonzept, das darin schon lange herumwabert. Ich habe über Nacht auch einen griffigen Namen dafür gefunden: diagonale Erziehung.
Anlass war, dass ich die Tochter und ihre Freundin zum Dockville-Festival brachte. Sack und Pack für drei bis vier Tage erforderten die mütterliche Eskorte. Zum Glück haben wir nette Nachbarn, deren Auto ich ausleihen durfte, so dass keine Beschaffungskriminalität notwendig war. Ein wenig unruhig war ich schon - und das weniger wegen des etwas fremden Wagens. Besonders seit mein Chef meinte, als ich ihm vom töchterlichen Vorhaben erzählte, sie käme doch garantiert schwanger zurück. Herr gib, dass die feministische Phase noch mindestens vier Tage anhält! Je näher wir unserem Ziel kamen, desto mehr Ratschläge gab ich den beiden Mädchen im Fond (sie hatten sich wie in einem Taxi arrangiert). Im Rückspiegel sah ich links heftiges Augenrollen (die Tochter), rechts Aufmerksamkeit (die Freundin). Da fiel mir ein, dass wir vor gar nicht allzu langer Zeit am Flughafen genau die umgekehrte Reaktion hatten, als die Mutter der Freundin Verhaltensregeln ausgab. Wichtiger als eigene pädagogische Maximen zu postulieren, scheint es mir also, die Eltern der besten Freundin/des besten Freundes vom eigenen Erziehungskonzept zu überzeugen. Damit sie es an geeigneter Stelle loswerden können.
Dass ich in den Augen der Tochter keine Instanz bin, merkte ich gestern schon allein daran, dass sie mich verwundert (und lautstark!) fragte: "Was? Du warst noch nie auf einem Festival?" Sie müsste es wissen, da mir Zelten ein Graus ist. Als  liebende Mutter brüskierte ich sie nicht mit der genauso lautstarken Replik, dieses sei doch auch ihr erstes. Ich hielt den Mund. Als es darum ging, nach dem Weg zu fragen, sollte ich diesen dann doch öffnen. Die beiden trauten sich nicht.

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