Donnerstag, 9. Juni 2016

Straucheln in St. Georg

Gestern Abend unternahm die Tochter mit dem Gitarristen DER Band einen Alsterspaziergang. Da er nun auch hochoffiziell als ihr Freund firmiert, war vermutlich Romantik ihrer beider Behuf. Wenn ja, ging die Rechnung nicht auf. Wenn es jedoch um seine Anpassung an den hiesigen Haushalt ging, war der Ausflug ein voller Erfolg. Nach kurzer Zeit kehrten sie zurück. Er war - wie auch immer - in die Alster gefallen. Blöderweise in einen sehr schlickigen Teil. Glücklicherweise waren nur Hose, Schuhe und Strümpfe betroffen. Er trug es mit Fassung. Auch, dass er nach einer echten Dusche mit recht kurzer Jogginghose (ja, die Kontrolle über sein Leben verloren) der Tochter und zu großen Adiletten des Sohnes unterwegs war. Ich weiß nicht, ob zum Trocknen oder zum Schutz der Wohnung, jedenfalls hatten die beiden seine schlammigen Kleidungsstücke und entsprechendes Schuhwerk vor unsere Haustür gelegt. Sie verschwanden in den Schutz ihres Zimmers.
Irgendwann hörte ich ein aufgebrachtes Klopfen an der Haustür. Ja, man hört an der Art des Klopfens die Emotionen heraus. Vielleicht hätte ich damit bei Wetten dass...?! auftreten sollen. Ich überlegte kurz, ob ich mich ducke. Bestimmt wieder irgendein Penner aus dem Park. Die gute Seele in mir siegte. Zu recht, denn es war ein Nachbar, der vor der Tür am Fahrrad herumwerkelte. Er empörte sich, ob ich gesehen habe, dass irgendein Penner seine ekligen Klamotten vor meine Tür gelegt habe. Es werde ja immer schöner. Ob er den Kram für mich in den Müll werfen solle. Ich versuchte ihm den Hergang zu erklären, war aber nicht allzu überzeugend, fürchte ich. In jedem Fall einigten wir uns, dass ich das Zeug lieber auf unseren Balkon lege. Mit spitzen Fingern trug ich es hoch. 
Als der junge Mann gehen musste - die Tochter ging noch auf das Blixa Bargeld-Konzert; ja, der lebt noch; doch das ist eine andere Geschichte -, wies ich ihn auf die Umsiedlung seiner Kleidung hin und erzählte die Begebenheit mit dem Nachbarn. Er grinste und meinte: "Das tut jetzt mir auch weh." Ich, die ich immer das letzte Wort haben muss, antwortete: "Willkommen in St. Georg!"

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