Mittwoch, 29. Juli 2015

Controlling

Um es vorweg zu schicken: ich bin gerne Mutter, denn ich liebe meine Kinder. Sie sind toll, wenn auch nicht immer pflegeleicht.
Manchmal gibt es jedoch Momente, in denen das Mutterdasein auf eine übertrieben harte Probe gestellt wird.
Gerade war wieder so einer.
Dabei hätte alles so schön sein können. Die Tochter kehrte aus ihrem ersten Urlaub allein unter Teenagern zurück. Gut, die Landung um 16:55 Uhr hatte zur Folge, dass ich im Schweinsgalopp von der Arbeit zum Flughafen hasten musste. Aber immerhin konnte ich mein erstgeborenes Kind in Empfang nehmen. Schade nur, dass es sich in lädiertem Zustand befand. Blass waren alle Mitreisenden - das ist Satz, wenn man als Sechzehnjährige aus Barcelona kommt -, aber meine Tochter zierte als Einzige eine knallrote Nase. Verschnupft bezeichnet ihren Zustand nur unzureichend. Sie schniefte, hustete und klagte über Druck auf den Ohren und dem Kopf. Die besorgte Mutter wäre ohnehin auf den Plan gerufen; verstärkt wurde die Sorge jedoch noch um das Wissen, dass sie am Folgetag mit ihrem Vater weiterzureisen gedachte. Selten drängte sich mir der Gedanke 'Fitspritzen' so sehr auf wie gestern. Dennoch versuchte ich es mit herkömmlichen Mitteln. Kaum Zuhause begann ich mit der Zubereitung einer Hühnersuppe sowie eines Bananenquarks. Letzterer macht sich fast von selbst, erstere leider nicht. Parallel ließ ich drei Waschmaschinenladungen laufen und hängte sie anschließend auf. Mit der Zeit reagierte ich auch zunehmend angestrengter auf die Fragen des Sohnes, wann das Essen fertig sei. Der Tag im Schweinsgalopp blieb nicht ohne Folgen. Ich war müde, gehetzt, besorgt und meine Hüfte quakte. Zum Nach-Nachtisch gab es für die Tochter noch eine Portion Aspirin Complex. Hatte sie doch vorher geklagt, sie schmecke und rieche nichts, konnte ihr die eklige Plörre nichts anhaben. Haste gedacht! "Man schmeckt die Ekligkeit.", waren die genauen Worte, ehe sie das Experiment abbrach mit den Worten "sonst muss ich kotzen". Gegen 22 Uhr erreichte sie nach vielen Versuchen endlich ihren Vater, um die genauen Reisedaten in Erfahrung zu bringen. Von ihm erfuhr sie, dass sie erst einen Tag später fahren würden. Im ersten Moment ärgerte ich mich über den unnötigen Zeitdruck, im zweiten wurde mir bewusst, dass ein weiterer Genesungstag zuhause nicht das schlechteste sei.
Heute früh ereilten mich auf dem Weg zur Arbeit zwei Anrufe der Tochter. Papa habe angerufen, sie verreisen nun doch heute. Die Nachfrage nach der Uhrzeit ergab 10 Uhr (Zeitpunkt des Telefonats: 9 Uhr). Also auf dem Absatz kehrt und letzte Instruktionen für Gepäck und Verhalten geben! Was für ein stoisches Kind ich doch habe, dass sie die kurzfristige Umplanung so klaglos hinnahm. Oder lag es am erkältungsbedingten Dämmerzustand?
Man merkt jedenfalls in allen Lebenslagen, dass der Ex-Partner Controller ist.

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