Samstag, 3. Mai 2014

Handarbeiten

Da wohnt man in Deutschlands zweitgrößter Stadt und doch ist das Warenangebot unzureichend!
Eierkopp und Helga sollten endlich auch für die WM gerüstet sein. Leider kann man Puppen nur klassisch geschlechtsspezifisch in rosa oder anderen Scheußlichkeiten einkleiden. Weit und breit keine Puppentrikots zu finden. 
Es blieb also nur die Möglichkeit, mich auf meine eigenen Handarbeitsfertigkeiten zu besinnen. Diese sind bei mir deutlich unterdurchschnittlich ausgeprägt; ich möchte sogar meinen, ich gehöre zu denen, die unten in den zwei Prozent der Gaußschen Normalverteilung liegen. Dass ich hier deutliche Defizite aufweise, hat meines Erachtens zwei Gründe: erstens eine erbliche Vorbelastung und zweitens meine Handarbeitslehrerin.
Die Tradition der linken Handarbeitshände wird mütterlicherseits von Generation zu Generation weitergereicht. Meine Mutter kann ihre Architektenseele an dieser Stelle nicht verleugnen. Von jeher wurde bei uns nicht gestopft oder genäht sondern repariert. Folgerichtig sind die wichtigsten Handarbeitswerkzeuge meiner Mutter auch Kleber und Tacker. Ihre einzige Eins in Handarbeiten war eine indirekte, nämlich die, als wir gemeinsam mit allerlei Hilfsmitteln (darunter ein Schnapsglas, das sie großzügig opferte) eine Handpuppe für mein schulisches Fortkommen bastelten. Mein Jäger war vermutlich die einzige Arbeit, die hauptsächlich Klebenähte aufwies. Von meiner Großmutter mütterlicherseits ist überliefert, dass sie befürchtete, in der Hölle für alle Socken stopfen zu müssen.
Selbst mit diesen Erbanlagen hätte vielleicht noch eine halbwegs passable Handarbeiterin werden können, wäre da nicht Frau Kirsch gewesen. Über deren pädagogische Fähigkeiten sei nur so viel gesagt: sie hatte ein Glöckchen auf ihrem Pult, um sich im Bedarfsfall - der häufig eintrat - Ruhe zu verschaffen. Über ihr Alter kann ich nicht mehr viel sagen, da Grundschulkindern die meisten Erwachsenen uralt vorkommen. Gesichert ist nur, dass die Farbe ihrer feinondulierten, halblangen, pechschwarzen Haare der Firma Wella (oder vielleicht Poly Renature?) und nicht der Natur zu verdanken waren. Jedenfalls ist Frau Kirsch in ihren beiden Missionen - Näherbringen des katholischen Glaubens und dem Reüssieren bei Handarbeiten - kläglich gescheitert, zumindest was meine Person angeht.

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