Mittwoch, 7. Juli 2021

Tag 20

Gleichgültig, ob der Anpfiff um 18 Uhr oder um 21 Uhr erfolgt, die Tradition will es, dass ich auch zum späteren Termin in letzter Sekunde vor Ort bin. Genau genommen kurz danach. Wieder einmal habe ich den Heimarbeitsplatz nicht rechtzeitig verlassen. Wer braucht schon die langweiligen italienischen und spanischen Nationalhymnen? Als Einzige in unserem lauschigen EM-Studio war ich für Spanien. Weniger aus Leidenschaft als vielmehr, weil mir die Lobhudelei für die italienische Mannschaft auf die Nerven ging. Bis zum Ende der regulären Spielzeit sah mein Favorit nicht schlecht aus. Ich hatte offensichtlich nicht umsonst für kalorisch-moralische Unterstützung gesorgt. In der Verlängerung musste ich mich anders als meine Mitseher zum Glück nicht langweilen. Ich war durch mein Telefon abgelenkt. Nicht etwa, weil ich eine Politikkarriere anstrebe und mein Candy Crush-Level auf das notwendige Niveau bringen wollte. Ich wollte Impftermine für die Tochter und mich klarmachen, nachdem mich der Hinweis erreichte, es seien nun doch neue Termine freigeschaltet. Das Schicksal Spaniens musste dadurch in den Hintergrund treten. Meine Prognose war ohnehin, dass sie verloren seien, wenn sie das Elfmeterschießen nicht vermeiden können. Dazu lag ich mit meinen Geschäften in den letzten Zügen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass der erste Italiener verschießt. Mit dem ersten Spanier auch nicht unbedingt, doch Moratas Unfähigkeit hatte ich im Vorfeld prognostiziert. Meine Vorhersage traf ein. Mein Unglück hielt sich in Grenzen. Was ist schon eine Niederlage auf englischem Rasen gegen zwei astreine Impftermine am Sonntag? Ausreichend früh, um selbst mit Wartezeiten nicht zu spät zum Finale zu kommen. Schau‘n mer mal.



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