Freitag, 9. Juli 2021

Spielfrei VII

Nicht nur, dass wir noch ewig auf das blöde Finale warten müssen. (Warum überhaupt an einem Sonntag am späten Abend? Wenn es ohnehin kein Spiel um Platz 3 gibt, hätte es doch gut am Sonnabend stattfinden können. Aber das wäre für die UEFA vermutlich zu zuschauerorientiert gedacht. Damit rechnen sie bloß.) Nein, dieser spielfreie Tag wurde noch weiter abgewirtschaftet. In meiner Mittagspause wollte ich einen weiteren Versuch starten, mich vom in der letzten Woche erhobenen Bußgeld der Verkehrsbetriebe zu befreien oder den Betrag zumindest herunterzuhandeln. Ich mag unterdessen so verhandlungssicher sein, dass ich mir sogar ersteres zutraue. Doch soweit kam es gar nicht erst. Nachdem ich letztes Wochenende am Hauptbahnhof abgeschmettert wurde, weil ich dort an der falschen Stelle sei, versuchte ich mein Glück an besagter anderer Stelle. Erstes Ärgernis: es gibt dort weit und breit keine Fahrradstellplätze. Zweites: Man sei dort - wen wundert‘s? - nicht zuständig. Und verwies mich stattdessen auf den Hauptbahnhof. Mein Leben im Zirkelbezug. Als ich darob etwas unmutig wurde, empfahl mir die Servicekraft eine andere Stelle unweit der anderen beiden. Bevor ich vollständig unverrichteter Dinge den Rückzug antrat, merkte ich noch an, dass Fahrradparkplätze in der Nähe sinnvoll seien. Darauf wurde mir freundlich, aber bestimmt beschieden, „das sei unerwünscht“. Bei so viel Kundendienst klärte ich nicht mehr, ob es sich beim Unerwünschten um meine Anmerkung oder um die Fahrradmöglichkeiten handelte. Konnte mir aber dennoch ein „Sehr umweltfreundlich gedacht.“ nicht verkneifen. Letzte Worte als Magengeschwürprophylaxe. Nächster Versuch. Am Gebäude kein Hinweisschild für die so genannte Servicestelle. Der unfreundliche Pförtner muffelte etwas vom sechsten Stock, Treppenaufgang dahinten. Frisch ans Workout (sechs Altbaustockwerke = 7,5 im Neubau)! Etwas außer Atem durchsuchte ich die kafkaesk menschenleeren Räume, bis sich endlich eine junge Frau bequemte, mich anzusehen. Ich hatte mein Anliegen nicht einmal vorgetragen, da sagte sie mit einem Blick auf meinen Bon - wen wundert‘s? -, dafür habe sie keine Berechtigung. Ich müsse mein Anliegen schriftlich einreichen. Als Zeichen ihres großen Entgegenkommens kringelte sie mir die Adressen (postalisch und digital!) auf meinem Ticket ein. Ich weiß nicht, ob ich mit so viel Dienstleistungsmentalität umgehen kann. Als Zeichen meiner Hochachtung schlug ich erst einmal die Tür zu und ließ ein gepflegtes „Blöde Pissnelke!“ verlauten. Dankbarkeit für bald anderthalb Jahre Treue und Subvention ohne Nutzung sieht für mich anders aus. Neben Mail oder Brief heißt mein nächstes Projekt nun in jedem Fall: Wie schnell kann ich mein HVV-Abo kündigen? Ich hoffe, an diese Information komme ich leichter als die, an welcher Stelle ich Beschwerde einlegen kann. Gerade in dieser Zeit ist es wichtig, sich jugendlichen Idealismus zu erhalten.

(Darauf wenigstens postre y cafecito.)

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