Donnerstag, 29. November 2018

Schwacher Geist in schwachem Körper

Die Zeiten mögen sich ändern, der Muskelkater nicht. Zumindest nicht zum Besseren. Daher beschließe ich, mein heutiges Sportprogramm auf exzessives Treppensteigen zu beschränken. Allein das Telefon hat bis 16 Uhr 26 Stockwerke erfasst, aber das habe ich - anders als die Generation X, Y, Z oder wie sie jetzt heißt - nicht ständig dabei. Also widme ich mich mehr dem Denksport. Mich beschäftigt seit längerem die Frage, ob in Deutschbüchern für Nicht-Muttersprachler (auf dem englischen Markt heißen die Standardwerke wahrscheinlich „Kraut 1-3“, in Frankreich „Ersatz 1-3“ und im spanischen Sprachraum vielleicht „Knackwurst 1-3“) als Replik auf „Danke“ unterdessen „Gerne“ gelehrt wird. Mit Freude nahm ich heute wahr, dass ein zugegeben nicht mehr blutjunger Mann in der U-Bahn auf mein Dankeschön mit Bitteschön antwortete. Ja, ich weiß, Sprache lebt, entwickelt und verändert sich. Doch mir gefällt nun mal das aussterbende „Bitte“ besser als „Gerne“. Vielleicht weil ersteres durch Betonung mehr (ironische) Spielarten zulässt. Meinen armen Kindern habe ich mit dem Einbleuen (nicht Einbläuen!) von „Ja, bitte!“ und dem als Objekt verpflichtenden Endungs-N bei Herrn sowie den korrekten Konjunktivformen eine vollends antiquierte Sprechweise eingetrichtert. Wie sollen sie da in der Gegenwart bestehen? Doch vielleicht brauche ich mir keine Gedanken zu machen, solange sie - wie beispielsweise letzthin der Sohn - aphoristische Sätze heraushauen wie: „Ein Freundeskreis ist keine Subkultur.“

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