Sonntag, 23. Juli 2017

Toll, wenn Vorurteile bestätigt werden

Schon vor langer Zeit wies mich die Tochter darauf hin, dass man Richtungswechselrolltreppen ohne Not nicht benutzen dürfe. Es könne oben jemand stehen, der ohne Rolltreppe nicht zu U-Bahn komme und der dann länger warten müsse. Da ich eine gelehrige Mutter bin, befolge ich diese Verhaltensweise seitdem. Egal, wie schlapp, schwer beladen oder hüftlahm ich gerade bin. Und auch egal, wie sehr ich mich oft darüber ärgere, dass die Tochter all' ihre Umsicht an unserer Haustür abzulegen scheint. Unbeteiligte Gehandicapte können schließlich nichts für meinen Ärger.
Vor diesem Hintergrund staunte ich nicht wenig, als ich gestern Mittag auf dem Weg zur U-Bahn ein solariumgebräuntes Pumperpärchen sah, das von der Bahn zur Muckibude selbstverständlich die Rolltreppe nahm. Ihre locker geschulterten Sporttaschen wirkten nicht, als befänden sich Wackersteine darin. Es blieb wohl bei den üblichen Utensilien wie Handtuch, Körperöl, Eiweiß-Anabolika-Shake und Haarspray (sie), Haargel (er). Ist völlig klar, dass man auf dem etwa 100 Meter weiten, unglaublich ermüdenden Weg zum Olympic Studio die Rolltreppe nutzen muss. Ein Blick in die beiden Gesichter reichte, um zu wissen, dass jeder Hinweis an die beiden zu viele Worte enthalten hätte, um dessen Sinn in die getoasteten Köpfe zu bekommen.

Beim anschließenden Einkauf wunderte ich mich aus gegebenem Anlass wieder einmal, warum bei starkem Regen Menschen mit Schirm denen ohne den Platz unter den Hausvorsprüngen wegnehmen müssen. Als ob Schirme nicht ohnehin schon blöd sind, weil man immer Gefahr läuft, ihre Spitzen in seinen Augen wiederzufinden. Das Beklagen fehlender Umsicht ist vielleicht ein erstes Anzeichen, dass ich unterdessen zur granteligen Alten mutiere? Ich glaube es nicht. Sonst hätte ich mein sturmfreies Wochenende wohl nicht in vollen Zügen genossen.

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