Sonntag, 17. Januar 2016

Alte Werte

Manchmal bin ich beeindruckt von der Disziplin der Tochter. Vielleicht deswegen, weil sie so sehr im Gegensatz zu den Bereichen Ordnung und Sauberkeit steht und weil ihr Bruder in vielerlei Hinsicht das Gegenmodell ist. Gestern jedenfalls plante die Tochter Briefe an ihre Großeltern väterlicherseits zu schreiben, um sich für ihre Geburtstagsgeschenke zu bedanken. Mütterlicherseits kann sie zum Glück Telefon-, Mail- und Whatsapp-Verkehr nutzen.
Es ging damit los, dass sie von mir "Schreibpapier" erbat. Als ich fragte, wofür, erklärte sie mir für ihre Verhältnisse ungelenk, was sie vorhabe. Ich brachte ihr bei, dass der korrekte Fachbegriff "Briefpapier" lautet. Das Projekt schritt danach zügig voran. Sie hatte sich neben ihr Briefpapier die Glückwünschkarten gelegt, um alle darin gestellten Fragen zu beantworten. Selbst eine Abschrift (das Original missfiel ihr) fertigte sie in Bestzeit an. Dann kam die erste Hürde: der Umschlag. Wie man den denn schließe? Richtig schwierig wurde es erst anschließend. Nachdem sie die Adressen vorschriftsmäßig auf die Umschläge geschrieben hatte (zugegeben, ich war noch etwas pädagogisch unterwegs, als ich meinte, dass Chaussee weiblich sei und was das bedeute? Dass man es mit doppeltem E schreibe. Das wisse sie. Warum sie es dann nicht so schreibe? Habe sie doch... usw. usf.), wusste sie, dass noch etwas fehlt. Man mache doch noch etwas darauf? Ja, wir alten Hasen nennen es Briefmarke. Ob ich so etwas für sie habe (man stelle sich dabei einen Tonfall vor, als ob sie Unmoralisches von mir verlangte). Dass sich das Porto erhöht hatte, war an ihr natürlich vorbeigegangen, brachte mich aber in die schwere Lage, halbwegs passende Summen zusammenzubringen. Ich gab ihr die Marken. Sie wusste nicht, was sie damit machen sollte. Deswegen fragte sie, wo man die Briefmarken platziere und wie man sie zum Kleben bringe. Ist doch schön, wenn man Dr Jugend noch etwas beibringen kann.

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