Dienstag, 17. März 2020

Nicht ganz so beschaulich

So schön die Vorstellung vom Home Office auch ist, erstens war der Weg dorthin einigermaßen steinig, zweitens ist es auch in unserem Dorf aktuell nicht ganz so beschaulich. 
Doch immer der Reihe nach. Donnerstag wurden wir in möglichst großer Zahl dazu angehalten, ab dem Folgetag die Heimarbeit zu testen. Um zuhause auf dem MacBook nicht mit Arbeitsbetriebssystem in Konflikte zu geraten, wollte ich mir von der IT-Abteilung gleich ein Laptop ausleihen. Dies wurde mir jedoch mit dem Argument verweigert, ich habe vor Ort doch einen internetfähigen Computer. Vergeblich wies ich auf häufig auftretende Kompabiliätsprobleme hin. Vergeblich forderte der Chef ein Leihgerät für mich ein. Man brauche sie für Bedürftigere. Währenddessen stapelten seine Kollegen viele originalverpackte Laptops für den Notfall in einer Abseite. Am Freitag kam es, wie es kommen musste. Alleine bekam ich die Jobprogramme auf meinem MacBook nicht zum Laufen. Der IT-Kollege nach zwanzig Minuten Telefondiagnose auch nicht. Unser Telefonat endete mit seinen Worten: „Wie lange brauchst du, um hier zu sein?“ Was soll ich sagen? Nach einem Fahrradausflug mit Sturmböen in die Hafencity habe ich hier ein brandneues Notebook. So geht Home Office in Deutschland 2020. Wegen dieser Verzögerungen kam ich erst am Abend zu den notwendigen Versorgungseinkäufen. Da waren alle Beteiligten schon einigermaßen aufgescheucht und die Regale ziemlich geplündert. Auf dem Rückweg durch den Park sah ich ein gerade des Laufens mächtiges Kind, das einen Hundehaufenbeutel fand, diesen an sich nahm und sich damit freudestrahlend zu seiner Mutter aufmachte. Beherzt entriss ich dem Kind, das mich mit großen Augen ansah, den Beutel und sagte zur Mutter: „Besser, wenn ich mich unbeliebt mache.“ Muddie zeigte sich verhalten dankbar und meinte: „Heutzutage wahrscheinlich nicht das Schlimmste, was es mitnehmen kann.“ Meine Kinder hingegen scheinen für Vorratshaltung gänzlich ungeeignet. Sie freuen sich gebührend über all‘ die schönen Sachen, die sich ihnen nach meinen Einkäufen offenbaren, machen sich aber postwendend daran, sie in Bestzeit möglichst rückstandsfrei zu vernichten. Wir werden alle drei einige Kilo zugenommen haben, wenn der Wahnsinn vorbei sein wird. Und in unseren Essgewohnheiten vollkommen verroht. Heute früh fragte ich die Tochter: „Oh, du isst Chips zum Frühstück?“ Was sie zu der sprachlich wenigstens nicht verkorksten Antwort veranlasste: „Nein, die sind nur das Entrée.“



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