Sonntag, 16. Februar 2020

Das Wort zum Sonntag

Auch wenn ich selbstverständlich nicht alles geschafft habe, das ich mir für dieses Wochenende vorgenommen hatte, kann ich am Ende eine recht positive Bilanz ziehen.
Nicht nur, dass ich in einem Rutsch alle sechs Grantchester-Folgen der vierten Staffel gesehen habe, am Sonnabend war sogar noch „Knives Out“ im Kino dran. Es stimmt übrigens nicht, dass ausgiebiges Starren auf flimmernde Bilder zu viereckigen Augen führt. Habe ich im selbstlosen Selbstversuch für alle getestet.
Trotz dieser cineastischen Strapazen bin ich heute Vormittag noch zu ausdauerndem Herumgammeln gekommen. Dabei habe ich nicht nur zwei Kannen Tee verhaftet, sondern auch fast die ganze Ausgabe der aktuellen Zeit abgearbeitet. Derart kultiviert habe ich dann noch einen Brief geschrieben. So richtig old school mit Stift, Papier und Briefmarken. Dabei fiel mir wieder einmal auf, dass ich für meinen Füller keine Tinte mehr im Haus habe. Als ob das nicht ausreichte an Wiedererkenntnis, stellte ich noch fest, dass ich handschriftlich die neue Rechtschreibung nicht hinbekomme. Ich komme schon sehr alt rüber mit der krakeligen Kugelschreiberschrift und den ganzen „dass“ mit „ß“. Ein Wunder, dass ich nicht gleich in Sütterlin (war klar, dass die Worterkennung hierbei streikt) schrieb. Der Sohn findet es übrigens „voll unnötig, Schreibschrift gelernt zu haben“. Wenn ich ihn auf Zettel kritzeln sehe, teile ich seine Meinung. Diese Äußerungen haben wir vor der Sendung aufgezeichnet, denn das Wochenende über hielt er sich vergleichsweise fern der Heimat. Aber ich will nicht klagen. Merkte er Samstagabend doch unaufgefordert an, er sei nicht zuhause. Ich habe erfolgreich den Impuls bekämpft, ihm auf seine Nachricht mit „Ach, was?!“ zu antworten. Selbst diese Freundlichkeit brachte mir keinen Erkenntnisgewinn in der Frage, wo er denn übernachte. Als er wieder vor Ort war und mich wie üblich beim Betreten der Wohnung fragte, was es Leckeres zu essen gebe, traute ich mich, die Frage zu stellen, ob er das Geheimnis seines Übernachtungsortes lüften werde. War klar, dass seine einzige Reaktion war: „Dann wäre es ja kein Geheimnis mehr.“ Mein Leben bleibt also trotz meines hohen Alters weiter spannend. Zumal es mit sich bringen kann, dass damit der Studienort Frankreich obsolet geworden ist.

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