Montag, 17. Mai 2021

Geht doch

Trotz üblich schwacher Wetteraussichten zogen wir den geplanten Wandertag durch. Das derzeit vorherrschende Grün übt auch bei Grau seine Faszination aus. Dabei fiel mir wie jedes Jahr auf, dass Buchen in meinen Augen die beste Farbe produzieren. Der Wandertagsgeselle nannte das Naturschauspiel einen LSD-Trip. Dem will ich in Unkenntnis nicht widersprechen. Ich stellte auch wieder fest, dass sich mir das Konzept „Blutbuche“ nicht erschließt: Wieso sollte jemand einen Baum pflanzen, der die ganze Laufzeit die gleiche, blöde, herbstliche Farbe behält? Herbsttristesse gibt es für meinen Geschmack in Norddeutschland mehr als ausreichend, da braucht es keine zusätzlichen Akzente. 
Wetterunabhängig konnten wir uns zusätzlich zur Optik auch am Waldboden erfreuen. Unsere Gelenke kommen unterdessen in das Alter, in dem sie diese Verhältnisse goutieren. Wenig altersgemäß war jedoch meine Reaktion auf das federnde Geläuf. Mehrere hundert Meter ging ich wie eine Figur aus der Augsburger Puppenkiste. Tänzelnd mit auf und ab wippenden Händen. Vielleicht wirkte das Setting doch wie Drogen? 

In Ermangelung einer Bank - die kamen erst später und dann zuhauf - machten wir Rast auf dem Boden eines Stegs. Nicht ohne uns vorher zu fragen, ob wir von dort jemals wieder aufstehen können würden. Schließlich war galt es nicht nur das Alter zu berücksichtigen, sondern auch das vom Reiseleiter gleichermaßen hervorragend wie üppig vorbereitete Proviant in Betracht zu ziehen. In dem Moment war es uns egal, da es einer der seltenen mit Sonnenschein war und wir beschlossen, dass es ein angemessener Ort für die letzte Ruhe wäre.

Irgendwie mussten wir es wieder hoch geschafft haben. Der Wandertag konnte weitergehen. Trotz oder wegen des Naturflashs erörterten wir die Weltlage. Ich kann die beruhigende Nachricht durchgeben: alle Probleme sind im Konsens gelöst.

Noch viel besser jedoch: Der Regen setzte ein, als wir uns dem Auto näherten. Da auch noch sehr zaghaft. Als wir uns im Schutz der Karosserie befanden, ging es richtig los. Mit viel Wasser, Hagel und etwas, das ich in erster Panik für Schnee hielt, sich dann aber nur als weggepustete Blütenblätter herausstellte. Gut war nicht nur, dass wir warm und trocken saßen. Der Wagen kam auch zu seiner - wie mir vorher zugetragen wurde - lange entbehrten Vollwäsche. Mit Unterbodenwäsche, so viel ist sicher.





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